Wie weiter mit dem ÖGB?
- Samstag, 24. Februar 2007 @ 20:03
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Seit Jahren gibt es massive Bestrebungen der Handelskonzerne – unterstützt von kapitalfreundlichen Lifestyle-Medien und neoliberalen PolitikerInnen – die geregelten Ladenöffnungszeiten aufzuheben und ein als Freizeitgestaltung propagiertes Einkaufen rund um die Uhr zu ermöglichen. Im Zuge dieser Entwicklung wurden bereits die Ladenöffnungszeiten an Wochentagen und Samstagen wesentlich ausgeweitet, in Fremdenverkehrsgemeinden gibt es zahlreiche Ausnahmeregelungen und mit Verweis auf den Tourismus gibt es einen starken Druck die Geschäfte allgemein auch an Sonntagen offenzuhalten.
Der BAWAG-Skandal hat im Frühjahr 2006 eine tiefe Krise des ÖGB deutlich gemacht, deren eigentliche Ursachen freilich weit in die Vergangenheit zurückreichen und viel tiefer liegen. Zu Recht erwarten sich die Mitglieder, darüber hinaus aber alle Unselbständigen, vom kommenden ÖGB-Kongress im Jänner 2007 Antworten, wie die Zukunft der Gewerkschaften als ihre Interessenvertretung aussehen soll.
Der Großteil der Lohnnebenkosten sind elementare Bestandteile des Einkommens und der sozialen Sicherheit der Lohnabhängigen. Die Kommunalabgabe ist eine wichtige Grundlagen der Gemeindefinanzen, ihre Abschaffung würde ein Finanzloch der Gemeinden und der Kapitallogik folgend Tarif- und Gebührenerhöhungen zur Folge haben. Die Abschaffung der Beiträge zur Wohnbauförderung würde das Wohnen noch mehr verteuern. Die Beiträge zur Berufsausbildung sind für ein funktionierendes Bildungssystems unerläßlich.
In zahlreichen Branchen sind in Österreich nach wie vor Löhne bzw. Gehälter von weniger als tausend Euro brutto üblich, in vielen davon sogar weniger als 900 Euro – und dies für Vollzeitarbeitsplätze. Die niedrigsten Mindestlöhne gibt es für ZeitungszustellerInnen (670), SkilehrerInnen (683) und FußpflegerInnen (705). Gerade in Branchen die gewerkschaftlich wenig organisiert sind (Ärzte, Rechtsanwälte, Freiberufler, Gastgewerbe, Dienstleistungen etc.) sind teilweise auch die niedrigsten Verdienste zu finden.
Nach dem BAWAG-Skandal dürfen die hochbezahlten ÖGB-Spitzen nicht weitertun, als ob nichts geschehen wäre. Die Gewerkschaftsbewegung muss wieder Boden unter den Füßen gewinnen. Mehr denn je brauchen die Menschen in diesem Land eine starke Interessenvertretung. Wir wollen, dass der ÖGB wieder an Vertrauen bei Mitgliedern und in der Öffentlichkeit gewinnt. Dazu sind radikale Änderungen nötig. Daher fordern wir, dass die ÖGB-Spitzen für Gewerkschaftsmitglieder und künftige Mitglieder konkrete, sichtbare Zeichen setzen.
Der BAWAG-Skandal hat schlagartig eine tiefe Krise des ÖGB deutlich gemacht. Die Übernahme neoliberaler Denkmuster und Handlungsweisen und fehlende Kontrollen verbunden mit einem Selbstverständnis als Ordnungsfaktor, der Entfremdung von der Basis durch horrende Privilegien der Führungsspitze, dem Verzicht auf Kampfmaßnahmen und die Unterordnung unter Parteiinteressen haben den ÖGB politisch ohnmächtig gemacht.