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Keine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten!

  • Sonntag, 18. Februar 2007 @ 18:10
Positionen Seit Jahren gibt es massive Bestrebungen der Handelskonzerne – unterstützt von kapitalfreundlichen Lifestyle-Medien und neoliberalen PolitikerInnen – die geregelten Ladenöffnungszeiten aufzuheben und ein als Freizeitgestaltung propagiertes Einkaufen rund um die Uhr zu ermöglichen. Im Zuge dieser Entwicklung wurden bereits die Ladenöffnungszeiten an Wochentagen und Samstagen wesentlich ausgeweitet, in Fremdenverkehrsgemeinden gibt es zahlreiche Ausnahmeregelungen und mit Verweis auf den Tourismus gibt es einen starken Druck die Geschäfte allgemein auch an Sonntagen offenzuhalten. Begünstigt werden die Vorstöße der Handelsunternehmen dadurch, dass teilweise offene Gesetzesbrüche entweder gar nicht geahndet oder als Bagatelldelikte mit wirkungslosen Strafen behandelt und diese teilweise sogar von den zuständigen Landeshauptleuten nachträglich aufgehoben wurden.

Die bereits jetzt geltende Regelung, wonach wöchentlich 66 Stunden Ladenöffnungszeiten möglich sind, ist den Konzernen noch zuwenig: Sie machen Druck in Richtung 72 Stunden bzw. wollen solche Regelungen mit Verweis auf den „freien Markt“ überhaupt aufheben. Dass sich bei einer solchen totalen Konkurrenz nur die großen Konzerne mit ihrem Filialnetz durchsetzen liegt freilich auf der Hand.

Nutznießer einer völligen Aufhebung von Regelungen sind also vor allem die großen Handelskonzerne. Denn gerade kleine Geschäfte haben nachweislich kein Interesse am unbegrenzten Aufsperren, ist doch die zeitliche Belastung dieser Selbständigen schon jetzt am Limit. Der Vorstoss des Freien Wirtschaftsverbandes der SPÖ in der Wiener Wirtschaftskammer für eine Sonntagsöffnung für Familienbetriebe ist daher ein Bärendienst für diese und stellt eigentlich nichts anderes als einen Türöffner für die großen Handelskonzerne.

Ausgeblendet wird bei dieser Debatte auch, dass die Menschen ihr Geld nur einmal ausgeben können, dass bei längeren Öffnungszeiten also kein unbegrenztes Wachstum des Konsums erfolgt, sondern nur eine Umverteilung von den kleinen zu den großen Unternehmen. Da die Einkommen seit Jahren durch magere Lohn- und Gehaltserhöhungen bzw. Pensionsanhebungen verbunden mit einer massiven Teuerung vor allem bei Grundbedürfnissen wie Wohnen und Energie und großen Einschnitten bei Sozialleistungen stagnieren kann nicht erwartet werden, dass die Menschen bei längeren Öffnungszeiten mehr ausgeben als bisher.

Unbegrenzte Ladenöffnungszeiten zielen aber über die reinen Profitinteressen der Konzerne auf Kosten der kleinen Handelsunternehmen hinaus auf die Durchsetzung einer totalen Mobilität und Flexibilität der Menschen. Rund um die Uhr einkaufen bedeutet als Kehrseite nämlich auch rund um die Uhr arbeiten. Dass die Konzerne dies möglichst ohne Überstundenzuschläge und bei jederzeitigen Verfügbarkeit wollen, ist bekannt.

Auf der Strecke bleibt bei einer solchen Entwicklung vor allem die Lebensqualität, die sich entgegen der Propaganda des Kapitals nicht auf Shopping beschränkt, sondern an ganz anderen Kriterien zu messen ist. Zu bedenken ist, dass Einkaufen und in der Folge auch Arbeiten rund um die Uhr zunehmend gemeinsame Abende und Wochenenden aufhebt und damit auf Kosten einer gemeinsamen Freizeitgestaltung und des Familienlebens geht.

Mit der Ausweitung der Öffnungszeiten im Handel hat auch die Prekarisierung massiv zugenommen, indem frühere Vollzeitarbeitsplätze sukzessive durch Teilzeitbeschäftigungen, geringfügige Arbeitsverhältnisse oder gar Arbeit auf Abruf ersetzt wurden. Die Hauptbetroffenen dabei sind einmal mehr Frauen, die kaum eine Chance haben aus dieser Prekarisierungsfalle wieder herauszukommen. Mit ihrer Bereitschaft Flexibilisierungsmaßnahmen mitzutragen haben die Gewerkschaften zu dieser Entwicklung mit beigetragen.

Jede weitere Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten ist daher strikt abzulehnen, weil damit der Druck auf eine weitere Flexiblisierung der Arbeitsbedingungen steigt und sich die Prekarisierung für immer mehr Menschen verstärkt. Der Handel dient derzeit als Versuchslabor, weil die Entwicklung in weiterer Folge Auswirkungen auf andere Branchen hat. Einkaufen rund um die Uhr wie es im Interesse des Kapitals von den Medien propagiert wird bedeutet in der Folge auch arbeiten rund um die Uhr und zwar ohne Zuschläge. Die Lebensqualität würde damit auf der Strecke bleiben.

GLB-Bundesleitung 8. Dezember 2006