Vom „Reformkongress“ zum grundsatzlosen Pragmatismus oder sonst wohin?
- Freitag, 19. Februar 2010 @ 11:19
Von Werner Beier
In der ORF-„Pressestunde“ und der „Solidarität“ Ausgabe 2/2010 fand durch ÖGB-Präsident Foglar die breite öffentliche Vorstellung der ÖGB-Linie statt. Eingangs eine ebenso kurze wie verhaltene Bestandsaufnahme der katastrophalen Umstände, wie Arbeit in Österreich geschieht und bewertet wird. Der Präsident irrt aber, wenn dies als alleinige und unausweichliche Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise dargestellt wird. Die Bergabfahrt des Faktors Arbeit mit dessen gleichzeitig überproportionaler Belastung sowie der soziale Abstieg der Arbeitenden findet bereits geraume Zeit – unter Abnicken des ÖGB – statt. Die sogenannte „Krise“ wirkt aber zweifellos als Beschleuniger und auch der in Folge von Foglar angesprochene Strukturwandel der Wirtschaft, weg von der klassischen Produktion ist ein dauernder Prozess, der allerdings auch deutlich an Dynamik gewonnen hat. Folglich werden noch mehr Menschen ihre Arbeitsplätze in der Sachgüterproduktion verlieren, was Foglar auch unausgesprochen aussagt.
Aber auch der Herr Präsident weiß, dass Arbeitslosigkeit Kosten, Steuer- und Beitragsausfälle verursacht und Arbeitslose schlechte Konsumenten der schönen neuen Dienstleistungswelt sind. Darum kommen auch mit allen Wassern gewaschene Sozialpartner letztlich nicht ganz um das große Tabuthema der 2. Republik herum: Verteilungskampf! Einmal als DIE gewerkschaftliche Aufgabe und einmal als sozialpartnerschaftliche Parodie darauf.
In diesem Sinne belebt Foglar einerseits alte linke Forderungen nach deutlicher Vermögensbesteuerung und ganz diffus irgendeine Abgabe im Banken- und Finanzsektor, um gleich darauf im neoliberalen Stereotyp eine effizientere Verwaltung als staatliche Einsparungsmöglichkeit zu fordern. Die ArbeitnehmerInnen in der öffentlichen Verwaltung wissen schon, was Effizienzsteigerung im Klartext bedeutet und danken für diese „innovative“ Idee, Herr Präsident! Soweit eigentlich alles nichts Neues im weichgespülten ÖGB – oder?
Im Sinne der Beschlusslage des 17. ÖGB - Kongresses im Vorjahr hat Foglar aber nun die Eckpunkte einer tatsächlich neuen Gangart des ÖGB breit veröffentlicht: Abkehr von der seit Jahrzehnten bestehenden Forderung nach der 35-Stundenwoche mit vollem Lohnausgleich zugunsten irgendwelcher flexibler Arbeitszeitmodelle.
Doch hier wird es schwammig, denn jede Konkretisierung wird schuldig geblieben. Wer die heimischen Zahlen kennt, fragt sich ohnehin, wie weit den Wünschen der Unternehmer nach noch mehr Flexibilität überhaupt noch entsprochen werden soll. Auch die Frage eines vollen oder nur teilweisen Lohnausgleiches wird geschickt unbeantwortet gelassen, wie auch überhaupt die nach der Zukunft der Kollektivverträge. Kommt nach der Branchendifferenzierung gar der Abschied vom Flächen-KV zum Ausgleich regionaler Profitdefizite?
Der ÖGB begibt sich in diesen prinzipiellen Punkten auf gefährliches, bis zum Grundsatzstatut reichendes Glatteis und es hat verwundert, wie leichtfertig die Delegierten des ÖGB-Kongresses gestimmt und damit der Führung das entsprechende Pouvoir ohne wesentlichen Diskussionsprozess gegeben haben. Der GLB hat als einzige Fraktion die Zustimmung verweigert.
Werner Beier ist Stv. GLB-Bundesvorsitzender
In der ORF-„Pressestunde“ und der „Solidarität“ Ausgabe 2/2010 fand durch ÖGB-Präsident Foglar die breite öffentliche Vorstellung der ÖGB-Linie statt. Eingangs eine ebenso kurze wie verhaltene Bestandsaufnahme der katastrophalen Umstände, wie Arbeit in Österreich geschieht und bewertet wird. Der Präsident irrt aber, wenn dies als alleinige und unausweichliche Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise dargestellt wird. Die Bergabfahrt des Faktors Arbeit mit dessen gleichzeitig überproportionaler Belastung sowie der soziale Abstieg der Arbeitenden findet bereits geraume Zeit – unter Abnicken des ÖGB – statt. Die sogenannte „Krise“ wirkt aber zweifellos als Beschleuniger und auch der in Folge von Foglar angesprochene Strukturwandel der Wirtschaft, weg von der klassischen Produktion ist ein dauernder Prozess, der allerdings auch deutlich an Dynamik gewonnen hat. Folglich werden noch mehr Menschen ihre Arbeitsplätze in der Sachgüterproduktion verlieren, was Foglar auch unausgesprochen aussagt.
Aber auch der Herr Präsident weiß, dass Arbeitslosigkeit Kosten, Steuer- und Beitragsausfälle verursacht und Arbeitslose schlechte Konsumenten der schönen neuen Dienstleistungswelt sind. Darum kommen auch mit allen Wassern gewaschene Sozialpartner letztlich nicht ganz um das große Tabuthema der 2. Republik herum: Verteilungskampf! Einmal als DIE gewerkschaftliche Aufgabe und einmal als sozialpartnerschaftliche Parodie darauf.
In diesem Sinne belebt Foglar einerseits alte linke Forderungen nach deutlicher Vermögensbesteuerung und ganz diffus irgendeine Abgabe im Banken- und Finanzsektor, um gleich darauf im neoliberalen Stereotyp eine effizientere Verwaltung als staatliche Einsparungsmöglichkeit zu fordern. Die ArbeitnehmerInnen in der öffentlichen Verwaltung wissen schon, was Effizienzsteigerung im Klartext bedeutet und danken für diese „innovative“ Idee, Herr Präsident! Soweit eigentlich alles nichts Neues im weichgespülten ÖGB – oder?
Im Sinne der Beschlusslage des 17. ÖGB - Kongresses im Vorjahr hat Foglar aber nun die Eckpunkte einer tatsächlich neuen Gangart des ÖGB breit veröffentlicht: Abkehr von der seit Jahrzehnten bestehenden Forderung nach der 35-Stundenwoche mit vollem Lohnausgleich zugunsten irgendwelcher flexibler Arbeitszeitmodelle.
Doch hier wird es schwammig, denn jede Konkretisierung wird schuldig geblieben. Wer die heimischen Zahlen kennt, fragt sich ohnehin, wie weit den Wünschen der Unternehmer nach noch mehr Flexibilität überhaupt noch entsprochen werden soll. Auch die Frage eines vollen oder nur teilweisen Lohnausgleiches wird geschickt unbeantwortet gelassen, wie auch überhaupt die nach der Zukunft der Kollektivverträge. Kommt nach der Branchendifferenzierung gar der Abschied vom Flächen-KV zum Ausgleich regionaler Profitdefizite?
Der ÖGB begibt sich in diesen prinzipiellen Punkten auf gefährliches, bis zum Grundsatzstatut reichendes Glatteis und es hat verwundert, wie leichtfertig die Delegierten des ÖGB-Kongresses gestimmt und damit der Führung das entsprechende Pouvoir ohne wesentlichen Diskussionsprozess gegeben haben. Der GLB hat als einzige Fraktion die Zustimmung verweigert.
Werner Beier ist Stv. GLB-Bundesvorsitzender