Abkehr von 35-Stundenwoche: Ein Schritt zurück
- Donnerstag, 2. Juli 2009 @ 14:07
Von Karin Antlanger, BRV EXIT-sozial Linz und GLB-Bundesvorsitzende
Die Frage ist, ob und wie der ÖGB mit seinem vorliegenden Grundsatzprogramm der Situation gerecht wird. Abgesehen von zahlreichen außer Zweifel stehenden guten und richtigen Forderungen stehen meines Erachtens die Schlüsselsätze dazu schon in der Einleitung dieses Grundsatzprogramms. Es ist nämlich nicht so, dass Staaten Steuermilliarden investieren um die Wirtschaft zu stabilisieren, sondern umgekehrt, dass nämlich die Konzerne den Staat und damit die Lohnabhängigen abzocken, ohne Auflagen zu erhalten oder Garantien zu geben. Das sind also keine Investitionen des Staates im klassischen Sinn, sondern staatliches Spielgeld für Zocker. Steuergeld für Pleiteunternehmen wäre daher nur dann gerechtfertigt, wenn sie mit der Enteignung der Besitzer und mit einer Abschöpfung der Profite und
Die bürgerliche Tageszeitung die „Presse“ hat letzte Woche recht süffisant festgestellt, dass der ÖGB Abschied von der 35-Stunden-Woche nimmt. Tatsächlich fehlt im vorliegenden Programm erstmals seit zwanzig Jahren diese konkrete Forderung. Ich sehe es als einen Schritt zurück, wenn Präsident Foglar auf flexiblere Lösungen setzt. Wohin wir damit gekommen sind, zeigt die fatale Entwicklung der Teilzeitarbeit, über welche jetzt von Parlamentspräsidentin Prammer abwärts die Frauenpolitikerinnen von ÖGB und SPÖ klagen.
Gewiss, die Forderung nach der 35-Stunden-Woche war seit 20 Jahren nur eine Alibihandlung. Gemessen am Stand der Produktivität wäre nämlich schon längst eine 30-Stunden-Woche möglich. Der Philosoph Frithjof Bergmann meinte vor kurzem sogar, dass bei einer vernünftigen Organisierung der Wirtschaft sogar zehn Stunden Arbeit pro Woche ausreichen würden um gut leben zu können.
Und ich halte es auch demokratiepolitisch für nicht gerade förderlich, wenn ein neu zu wählender ÖGB-Präsident dem Bundeskongress schon vor dessen Zusammentreten über die „Presse“, den „Standard“ und die „Kleine Zeitung“ ausrichten lässt, was er beschließen wird.
Aber genauso schlimm wie das klammheimliche Abgehen von der Forderung nach der 35 Stunden-Woche ist der Abschied von der damit verbundenen Forderung nach vollem Lohnausgleich. Präsident Foglar wurde von einer Redakteurin der „Kleinen Zeitung“ zum Verzicht auf die genannte Forderung interviewt und meinte wörtlich: „Ein Autospengler könnte von einer 30-Stunden-Woche vielleicht leben, eine Pflegerin sicher nicht.“
Da drängt sich doch der Verdacht auf, dass sich die Herren da oben mit der WKO schon ausgemacht haben, dass in Zukunft bei einer Arbeitszeitverkürzung nur die unteren Einkommensgruppen einen Lohnausgleich bekommen sollen. Dies würde im Klartext heißen, dass durch eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich die oberen Einkommensgruppen, zu denen Präsident Foglar offensichtlich bereits die Autospengler zählt, auf das Einkommensniveau der PflegerInnen herunter nivelliert werden sollen.
Will der ÖGB Einkommensgerechtigkeit dadurch herstellen, dass alle gleich wenig verdienen, dass alle in die unteren Einkommensgruppen rutschen? Ist die Nivellierung nach unten das neueste Ziel in der Lohnpolitik des ÖGB? Ist das die neue Vision von Gleichheit? – Alle verdienen gleich wenig (und manche ungleich mehr!)
Diskussionsbeitrag zum Grundsatzprogramm beim 17. ÖGB-Kongress am 2. Juli 2009
Die Frage ist, ob und wie der ÖGB mit seinem vorliegenden Grundsatzprogramm der Situation gerecht wird. Abgesehen von zahlreichen außer Zweifel stehenden guten und richtigen Forderungen stehen meines Erachtens die Schlüsselsätze dazu schon in der Einleitung dieses Grundsatzprogramms. Es ist nämlich nicht so, dass Staaten Steuermilliarden investieren um die Wirtschaft zu stabilisieren, sondern umgekehrt, dass nämlich die Konzerne den Staat und damit die Lohnabhängigen abzocken, ohne Auflagen zu erhalten oder Garantien zu geben. Das sind also keine Investitionen des Staates im klassischen Sinn, sondern staatliches Spielgeld für Zocker. Steuergeld für Pleiteunternehmen wäre daher nur dann gerechtfertigt, wenn sie mit der Enteignung der Besitzer und mit einer Abschöpfung der Profite und
Die bürgerliche Tageszeitung die „Presse“ hat letzte Woche recht süffisant festgestellt, dass der ÖGB Abschied von der 35-Stunden-Woche nimmt. Tatsächlich fehlt im vorliegenden Programm erstmals seit zwanzig Jahren diese konkrete Forderung. Ich sehe es als einen Schritt zurück, wenn Präsident Foglar auf flexiblere Lösungen setzt. Wohin wir damit gekommen sind, zeigt die fatale Entwicklung der Teilzeitarbeit, über welche jetzt von Parlamentspräsidentin Prammer abwärts die Frauenpolitikerinnen von ÖGB und SPÖ klagen.
Gewiss, die Forderung nach der 35-Stunden-Woche war seit 20 Jahren nur eine Alibihandlung. Gemessen am Stand der Produktivität wäre nämlich schon längst eine 30-Stunden-Woche möglich. Der Philosoph Frithjof Bergmann meinte vor kurzem sogar, dass bei einer vernünftigen Organisierung der Wirtschaft sogar zehn Stunden Arbeit pro Woche ausreichen würden um gut leben zu können.
Und ich halte es auch demokratiepolitisch für nicht gerade förderlich, wenn ein neu zu wählender ÖGB-Präsident dem Bundeskongress schon vor dessen Zusammentreten über die „Presse“, den „Standard“ und die „Kleine Zeitung“ ausrichten lässt, was er beschließen wird.
Aber genauso schlimm wie das klammheimliche Abgehen von der Forderung nach der 35 Stunden-Woche ist der Abschied von der damit verbundenen Forderung nach vollem Lohnausgleich. Präsident Foglar wurde von einer Redakteurin der „Kleinen Zeitung“ zum Verzicht auf die genannte Forderung interviewt und meinte wörtlich: „Ein Autospengler könnte von einer 30-Stunden-Woche vielleicht leben, eine Pflegerin sicher nicht.“
Da drängt sich doch der Verdacht auf, dass sich die Herren da oben mit der WKO schon ausgemacht haben, dass in Zukunft bei einer Arbeitszeitverkürzung nur die unteren Einkommensgruppen einen Lohnausgleich bekommen sollen. Dies würde im Klartext heißen, dass durch eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich die oberen Einkommensgruppen, zu denen Präsident Foglar offensichtlich bereits die Autospengler zählt, auf das Einkommensniveau der PflegerInnen herunter nivelliert werden sollen.
Will der ÖGB Einkommensgerechtigkeit dadurch herstellen, dass alle gleich wenig verdienen, dass alle in die unteren Einkommensgruppen rutschen? Ist die Nivellierung nach unten das neueste Ziel in der Lohnpolitik des ÖGB? Ist das die neue Vision von Gleichheit? – Alle verdienen gleich wenig (und manche ungleich mehr!)
Diskussionsbeitrag zum Grundsatzprogramm beim 17. ÖGB-Kongress am 2. Juli 2009