Pfeifkonzert für die Regierung
- Montag, 22. Januar 2007 @ 20:10
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Der Kanzler eröffnete seine Rede mit dem Stehsatz „Nichts ist so stark wie eine Idee, deren Zeit gekommen war“, ließ die Idee dann allerdings vermissen, denn ein aufgewärmter Neoliberalismus kann es wohl nicht sein. Dafür sprach er von einer Wiederherstellung der Solidarität auf „neuer Ebene“ in einer „modernen Wettbewerbswirtschaft“. Den Dank an die Sozialpartner für ihren Beitrag zum Regierungsprogramm sieht Gusenbauer als „neue Dimension der Sozialpartnerschaft als Reformmotor“, was Hundstorfer artig mit der Beteuerung einer „sehr aktiven Rolle des ÖGB“ dabei erwiderte.
Mit kräftigen Zwischenrufen „Studiengebühren abschaffen“ wurde Gusenbauer konfrontiert, als er die Bildungspolitik der neuen Regierung anpries. Mit dem Motto „Fordern und fördern“ und analog dem Bartenstein-Motto „Trampolin statt Hängematte“ sieht auch der Kanzler die Maßnahmen der Regierung als Sprungbrett in die Leistungsgesellschaft und wendet sich gegen eine Finanzierung der Armut. Umverteilung, etwa durch höhere Steuern für Kapital und Vermögen oder eine Wertschöpfungsabgabe ist für Gusenbauer hingegen kein Thema, folglich wird darüber auch nicht gesprochen.
Unterstützend agiert auch Bundespräsident Fischer und meint relativierend, man dürfe „nicht alles für falsch halten, was in den vergangene Jahren geschehen ist“. Die vom ihm gepriesene „solide Mehrheit“ im Parlament könnte sich in Hinblick auf Verfassungsgesetze etwa bei der Privatisierung der E-Wirtschaft freilich als gefährliche Drohung erweisen. Wenn Fischer das Bekenntnis zur Neutralität „positiv aufgefallen“ ist, hat er offensichtlich im Koalitionsabkommen nicht gelesen, dass dieses Bekenntnis durch die klare Ansage zur Beteiligung an der Militarisierung der EU konterkariert wird.
Ob sich die Wirtschaft am Hinweis des Bundespräsidenten auf die Rahmenbedingungen der aus der Struktur der Gesellschaft resultierenden Unterschiede bei Einkommen oder Machtverteilung einzuwirken ist mehr als fraglich. Wenn Fischer gleichzeitig einer „hohen Ausmaß an Zusammenarbeit“ der Sozialpartnerschaft das Wort redet, bezieht er auch den ÖGB dabei mit ein. Von der Forderung „Leistung mit Verantwortung für Schwächere“ zu verbinden ist nach den Erfahrungen der letzten Jahre nur die Leistung geblieben.
Somit bleibt als Eindruck der Eröffnungszeremonie des ÖGB-Kongresses der Eindruck, dass die teilweise sozial verbrämten Politiker-Aussagen den passenden Rahmen dafür abgeben, dass sicht rotz einer tiefen Krise des ÖGB mit diesem Kongress nichts ändern, sondern der „bewährte“ Kurs fortgesetzt wird.
Leo Furtlehner