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Worte, die nicht gesagt werden durften

  • Freitag, 6. Dezember 2013 @ 14:40
GPA Von Heike Fischer, BRV Zentrum Spattstraße Linz

Es ist mir ein ausdrückliches Bedürfnis, dem Beitrag von Karin Antlanger „Hände falten – Goschen halten“ noch was drauf zu geben.
Als Verhandlungsleiterin der ArbeitnehmerInnen bei den Kollektivvertragsverhandlungen für die Diakonie Österreich war mir im Oktober, nachdem wir DiakonielerInnen unser Forderungspapier beschlossen hatten klar, dass es meine Aufgabe sein würde, während der BR-Konferenz der privaten Gesundheits- und Sozialdienste am 4. Dezember über unsere Beschlüsse zu berichten und auch kurz ein persönliches Stimmungsbild zu liefern. Das hielt ich einfach für selbstverständlich. Deshalb hat es mich nicht weiter gewundert, dass nie eine Tagesordnung für den geplanten Ablauf der Konferenz bei mir ankam. Also habe ich mich vorbereitet ohne zu wissen, an welcher Stelle ich zu Wort kommen werde, kein Problem.

Aber oh Wunder, bei meinem Eintreffen im Haus der Begegnung wurde mir durch die zuständigen Sekretäre von GPA-djp und Vida sogleich mitgeteilt, dass ich während eines Interviews einfach nur Stellung zu einer inhaltlichen Frage nehmen soll, maximale Redezeit drei Minuten. Dass ich ein wenig mehr zu sagen hätte, wurde damit abgewiesen, dass dafür keine Zeit wäre.

Die Erläuterungen zu den einzelnen KV-Forderungen möchte ich an dieser Stelle nicht wiedergeben, allerdings mein persönliches Statement zur Erhöhung der Löhne und Gehälter, das ich während der Konferenz gern abgegeben hätte.

Oö-Nachrichten vom 16.11.2013: „Die Inflationsrate ist in Ö. im Oktober auf 1,4 Prozent zurückgegangen... Grund dafür waren Verbilligungen bei Treibstoffen, Gebrauchtwagen und Flugtickets. Deutlich teurer hingegen wurden Nahrungsmittel. Der typische tägliche Einkauf, der vor allem Nahrungsmittel enthält, hat in Ö. im Oktober um 3,8 Prozent mehr gekostet als ein Jahr zuvor. So verteuerten sich Milch, Käse, Eier ... um insgesamt 5,2 Prozent. Brot und Getreideerzeugnisse wurden um 3,5 Prozent, Fleisch um 2,8 Prozent teurer. Auch Obst (plus 4,8 Prozent) und Gemüse (plus 3,7 Prozent) kostete zuletzt deutlich mehr ... wobei Mieten im Durchschnitt um 2,8 Prozent und Betriebskosten um 3,3 Prozent stiegen.“

Wir bekommen es immer wieder zu hören oder zu lesen: Gesunken sind Neuwagenpreise, Fernreisen billig wie noch nie, Luxuslimousinen und Segeljachten zum Schnäppchenpreis, Treibstoffe im Sinkflug ... Aber ich frage euch wirklich: Wem bringt das was? Den vielen alleinerziehenden und Teilzeit arbeitenden Müttern in meiner Einrichtung bestimmt nicht. Da müssen einige tatsächlich überlegen, ob sie lieber essen oder heizen wollen. An Fernreisen denken die ganz sicher nicht. Und selbst die etwas besser Verdienenden im Diakonie-KV, ich sag mal Vollzeit ab Verwendungsgruppe 8, können sich nicht jährlich neue Autos oder Fernreisen leisten.

Ganz im Gegenteil, ich bin entsetzt darüber, wie es mich in diesem Jahr erwischt hat:
- Miete plus 4,9 Prozent – ich lebe in einer 56 qm großen Genossenschaftswohnung, also nicht übertrieben luxuriös
- E-Card plus 3,0 Prozent
- Rezeptgebühr plus 2,9 Prozent, ab 2014 um weitere 1,9 Prozent – bin sehr froh, dass ich mich noch bester Gesundheit erfreue und relativ wenig Medikamente benötige
- Energie plus 5,0 Prozent – Stromanbieter wechseln bringt langfristig auch nix günstigeres
- GPA-Mitgliedschaft plus 3,1 Prozent auf den Höchstbetrag, weil die KV Abschlüsse des vergangenen Jahres angeblich so erfolgreich waren.
- Sorry, das Erfolgreiche daran muss ich übersehen haben, ich habe nur 2,75 Prozent Gehaltserhöhung gehabt.

In einem Logo zum Diakonie-Jahr 2013 heißt es: „... dass es zu einem Ausgleich komme“ aus dem 2. Korinther, 8. Kapitel. In der Geschichte geht es um den Überfluss in der Stadt Jerusalem, der verteilt gehört. Ja, einen Ausgleich hätte ich gern, sehr gern! Deshalb ist für mich jeder Gehaltsabschluss, der wie in vielen Branchen heuer einen lächerlichen Zweier vorm Komma hat absolut inakzeptabel und ein Schlag ins Gesicht für alle Beschäftigten in der Diakonie.

Und nicht zu vergessen, die Forderung des diesjährigen ÖGB-Kongresses nach einem Mindestlohn von 1500 Euro. Wenn ich diese Forderung ernst nehme, und das möchte ich als Gewerkschaftsmitglied schon, dann bedeutet das für den Diakonie-KV Verwendungsgruppe 2 eine Anhebung um ca. 7,5 Prozent. Warum nicht? Verdient haben es unsere Beschäftigten allemal.

Soweit zu den Worten, die ich gern gesagt hätte. Ich habe kurzzeitig überlegt, ob ich sie nicht einfach sage, wenn ich das Mikro in der Hand habe. Aber irgendwie würde ich mich damit auch auf eine Stufe mit Herrn Stronach stellen, der keine Fragen beantwortet sondern nur seinen Senf abgibt. Obwohl mein Senf schon einen Applaus wert gewesen wäre. Ich hab`s dann sein gelassen und war sehr diszipliniert und gewerkschaftstreu. Irgendwie steckt mir da meine DDR-Kindheit und Jugend immer noch unter der Haut. Und manchmal denke ich, unsere Gewerkschaft wäre super in der DDR gewesen – sie lebe hoch!