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Was uns Wahlplakate sagen…

  • Dienstag, 18. März 2014 @ 17:32
OÖ Vom 18. bis 31. März 2014 findet in Oberösterreich die Arbeiterkammerwahl statt. Insbesondere die vier derzeit in der Vollversammlung vertretenen Fraktionen investieren enorme Mittel in die Wahlwerbung. Die sinkende Wahlbeteiligung – 2004 nahmen noch 50 Prozent, 2009 nur mehr 44 Prozent der AK-Mitglieder ihr demokratisches Recht in Anspruch – steht im Widerspruch dazu. Während die Funktion der Arbeiterkammer als Serviceinstitution bei Arbeitsrecht, Sozialrecht, Konsumentenschutz etc. unbestritten ist, wird ihre Rolle als politische Interessenvertretung viel zuwenig gesehen. Eine wesentliche Ursache dafür ist sicher die Unterordnung der AK unter die Interessen von Kapital (Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung) sowie Regierung (Parlamentsfraktionen).

Aber eine Arbeiterkammer nach dem Motto „Service Top, Politik Flop“ ist zuwenig. Während Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung de facto die Sozialpartnerschaft schon aufgekündigt haben, halten AK und ÖGB immer noch an dieser überholten Politik fest. Unter die Räder kommen dabei die Lohnabhängigen, wie regelmäßige Belastungspakete der Regierung zeigen. Sieht man sich die Wahlwerbung an, wird dies deutlich.

FSG: Wegen der Arbeit

Die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter_innen (FSG) wirbt mit dem Slogan „Wegen der Arbeit“, meist in Kombination mit dem Konterfei des amtierenden AK-Präsidenten Kalliauer. Quasi als „Bonus“ hat die FSG „ihren“ Präsidenten auch für eine Zusatzwahlwerbung auf Kosten der AK-Mitglieder eingesetzt, indem er auf Plakaten, Inseraten, Videospots etc. für die Kammer und die Wahrnehmung des Wahlrechts wirbt. Das für Regierungsmitglieder erlassene „Kopfverbot“, demzufolge die Information öffentlicher Körperschaften nicht als indirekte Parteiwerbung missbraucht werden darf, gilt für die Kammer formal nicht und sich freiwillig daran zu halten kommt der allmächtigen FSG nicht in den Sinn.

Die FSG-Mehrheit in der Arbeiterkammer kritisiert in ihrer Wahlwerbung jetzt Punkte, denen ihre eigenen Spitzenvertreter Katzian & Co. beim Regierungsprogramm 2013-2018 zugestimmt haben. Während Leitl & Co. durch gezielte Nachverhandlungen eine Aufweichung des Regierungsprogramms zu Gunsten der Unternehmerseite erreicht hat, üben sich Arbeiterkammer und ÖGB als Interessenvertretung der Lohnabhängigen in sozialpartnerschaftlicher Unterwürfigkeit gegenüber Faymann & Spindelegger.

Die FSG „entdeckt“ im Wahlkampf Themen wie Gerechtigkeit, Respekt, Sicherheit und Chancen, läßt allerdings konkrete Maßnahmen vermissen: Etwa ein gesetzlicher Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde, eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstunden, die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe für eine nachhaltige Finanzierung von Gesundheitswesen und Pensionen, höhere Steuern auf Profite und Vermögen zur Finanzierung des Sozialstaates, armutsfeste Arbeitslosengelder, Notstandshilfen, Mindestsicherungen und Pensionen, ein Stopp der Privatisierungspolitik und Rücknahme der unsozialen „Pensionsreform“ von 2003.

ÖAAB: Mehr netto

Der Österreichische Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB) läßt seinen Spitzenkandidaten Helmut Feilmair, Betriebsratschef der Raiffeisen-Landesbank, via Plakat „Mehr netto“ fordern. Das ist gut und schön und wird übrigens auch von allen anderen Fraktionen geteilt. Fragt sich freilich, wer aktuell den Finanzminister stellt und ob Feilmair zu Spindelegger so gar keinen guten Draht hat. Denn dieser läßt uns in trauter Eintracht mit Kanzler Faymann wissen, dass laut Regierungsabkommen eine Steuerreform mit dem Schwerpunkt Senkung des extrem hohen Eingangssteuersatzes von 36,5 Prozent bei einem Jahreseinkommen ab 11.000 Euro (nach Abzug der Sozialversicherungsabgaben) frühestens 2018 wenn überhaupt in Frage kommt.

Bis dahin dürfen die Lohnabhängigen für die völlig vermurkste Hypo-Lösung via Abbaugesellschaft blechen bis sie schwarz im wahrsten Sinne des Wortes werden. Politisch verantwortlich für das Milliarden-Desaster sind angefangen von Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) über die Finanzminister Josef Pröll und Michael Spindelegger (beide ÖVP) bis zu Notenbank-Chef Ewald Nowotny und Kanzler Werner Faymann (SPÖ) die drei stärksten Parlamentsparteien gleichermaßen. Statt aber die Katastrophenbank in die wohlverdiente Insolvenz zu schicken machen sie den Banken, insbesondere dem tiefschwarzen Raiffeisen-Imperium, den Hypo-Spekulanten und dem ausufernden Föderalismus Marke Kärnten die Mauer. Ob freilich Spindelegger 2018 noch Finanzminister ist, steht überhaupt in den (EU-)Sternen.

FA: Gehälter und Pensionen…

Die Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) verkünden großsprecherisch „Gehälter und Pensionen müssen sich wieder lohnen“. Das ist sehr mutig, denkt man daran, wie vehement sich FPÖ-Unternehmer stets gegen KV-Erhöhungen wehren und dass die FPÖ mit verantwortlich für die Pensionsreform 2003, den massivsten Einschnitt in die Pensionen in der zweiten Republik ist. Dass diese „Reform“ 2006 von der SPÖ nach ihrem Wiedereintritt in die Regierung nicht in Frage gestellt wurde macht die Sache nicht besser. Wahrscheinlich waren Gusenbauer & Faymann in ihrem neoliberalen Wahn überglücklich, dass schwarzblau für sie die unsoziale Dreckarbeit erledigt hat.

Dass auf der Liste der FA gleich mehrere sich durch Nazi-Postings auf Facebook auszeichnende Aktivisten kandidieren macht diese Fraktion zusätzlich unappetitlich, verwundert aber letztlich nicht. Gehört es in Oberösterreich mittlerweile schon zum Alltag, dass sich in der und um die FPÖ versammelte blaubraune Aktivisten via Facebook ihre Nazi-affine Geisteswelt schwarz auf weiß ausbreiten und dies mit dem Bierdienst der Stammtische verwechseln.

Und außerdem zeichnet sich der FA-Spitzenkandidat Manfred Pühringer durch ein höchst sinniges Bauch-Tattoo mit Adler und dem Spruch „Ehre, Treue, Vaterland“ aus, was die SPÖ im Linzer Gemeinderat freilich nicht hindert, Pühringers Anträge für Sozialabbau (Abschaffung des Gratisessens in Kindergärten, Verschlechterung des Aktivpasses) wohlwollend aufzugreifen und in rotblauer Gemeinsamkeit umzusetzen.

AUGE: Mehr Grüne…

Die Wahlwerbung der Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen (AUGE) reduziert sich auf die Losung „Mehr Grüne in die AK“. Und dabei fällt auf, dass sich die bei früheren Wahlen immer großen Wert auf ihre Unabhängigkeit legende AUGE diesmal von der grünen Landespartei auffallend kräftig an die Brust nehmen lässt. Und so dürfen Landesrat Rudolf Anschober, Landessprecherin maria Buchmayr und die Linzer Stadträtin Eva Schobesberger Werbung für die Arbeiterkammer machen, eine Institution mit der Berufspolitiker_innen eigentlich nichts zu tun haben.

Einen Ausritt der AUGE gegen die mangelhafte Aktivität der FSG parlierte diese mit einem Gegenangriff auf unsoziale Haltungen der Grünen im oö Landtag. Den Grünen wird bekanntlich gerne ein soziales Image zugeordnet. Wo sie regieren handeln sie freilich oft alles andere als sozial. Etwa in der oö Landespolitik. Mit dem Ruf nach dem Landesrechnungshof leistete die Anschober-Partei dem Druck auf die Beschäftigten der Sozialvereine pro mente und EXIT-sozial unter Regie von Soziallandesrat Ackerl (SPÖ) und Finanzreferent LH Pühringer (ÖVP) Vorschub.

Gemeinsam mit ÖVP und FPÖ haben die Grünen die Nullrunde für den Landes- und Gemeindedienst im Jahre 2012 mitgetragen. Nicht vergessen ist auch die Zustimmung zur Teilprivatisierung der landeseigenen Energie AG nachdem der euphorisch propagierte Börsegang gescheitert war. Jetzt forcieren die Grünen im Gleichklang mit Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung, getarnt als steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit, die Reduzierung der Lohnnebenkosten. Sie verschweigen, dass dies faktisch Lohnraub und Sozialabbau durch die Hintertür bedeutet.

GLB: Mut zum Widerspruch

Im Gegensatz zu den vier etablierten Fraktionen zielt die Ansage „Mut zum Widerspruch“ auf den Wahlplakaten des GLB auf Widerstand gegen die Kapitaloffensive und sich häufenden unsozialen Anschläge der Politik auf wichtige soziale Errungenschaften der Lohnabhängigen. Der GLB ruft auch dazu auf, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen und als richtige Antwort auf den Frust über die Politik der Mehrheitsfraktion nicht auf das Wahlrecht zu verzichten, sondern den GLB (Liste 5) zu wählen.

Das Motto „Mut zum Widerspruch“ ist für GLB-Spitzenkandidat Thomas Erlach nicht nur eine Ansage für eine konsequente Stimme von links in der Arbeiterkammer gegen die laufenden Anschläge auf die Interessen der arbeitenden Menschen, sondern ist gleichzeitig eine Aufforderung an die AK-Mitglieder, sich gegen soziale Ungerechtigkeit und Belastungspakete zu wehren.