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Warum nicht beschlagnahmen?

  • Sonntag, 20. April 2014 @ 22:16
Meinung Leo Furtlehner über Steuerflucht

Nun hat´s also auch Alice Schwarzer erwischt. Die streitbare „Emma“-Herausgeberin musste unversteuertes Schwarzgeld in der Schweiz eingestehen, kommt aber durch Selbstanzeige mit einer Zahlung von 200.000 Euro davon. Nun beklagt sie, dass sie mit Verweis auf ihr eigenes Credo „Das private ist politisch“ medial zerrissen wird. Als „Buße“ will sie eine Million für feministische Zwecke spenden. Man kann sich ausrechnen, wie hoch ihr steuerschonend im klassischen Ziel der Steuersünder angelegtes Vermögen ist.

Wurstkönig hinter Gittern

FC Bayern-Chef Ulli Hoeneß hat es nicht so gut erwischt. Er gestand nur einen Teil seiner Steuerhinterziehung ein, was nach deutschem Recht nicht für eine Amnestie ausreicht und so musste der Wurstkönig vor Gericht und wurde verurteilt. Ins Rollen kam der systematische Steuerbetrug schon 2008 durch den Fall des deutschen Ex-Postchefs Klaus Zuwinkel, dem Steuerhinterziehung in Höhe von einer Million Euro zur Last gelegt wurde.

In Deutschland müssen derart ertappte Steuersünder_innen bei Selbstanzeige die Steuerschuld nachzahlen. Zuzüglich einer jährlichen Verzinsung von sechs Prozent und ab 50.000 Euro zudem eine Pönale von fünf Prozent. Das tut schon etwas weh. Wer in Österreich unversteuertes Schwarzgeld im Ausland eingesteht wird lediglich mit einem Säumniszuschlag von zwei Prozent über dem Basiszinssatz bestraft. Da dieser Zinssatz derzeit einen Negativwert von 0,12 Prozent aufweist, bedeutet das magere 1,88 Prozent Aufschlag auf die nachzuzahlende Steuer. Ein zusätzlicher Unterschied ist, dass in Deutschland wie Österreich die Steuerschuld erst nach zehn Jahren verjährt, der Austro-Aufschlag allerdings nur für vier Jahre zu leisten ist.

Klassendenken in der Steuerpolitik

Wenn jemand einen Diebstahl begeht oder ein Geschäft ausraubt und später das Diebesgut zurückgibt wird er trotzdem nicht der Strafe entgehen. Anders bei millionenschwerem Betrug an der Gesellschaft. Hier wird mit Samthandschuhen gearbeitet.

Während gewöhnliche Steuerzahler_innen erst gar nicht gefragt werden, ob und wieviel sie Steuer zahlen wollen, herrscht gegenüber den Gestopften eine mehr als lockere Laissez-faire-Mentalität. Wer droht erwischt zu werden, zeigt sich halt schnell selber an, zahlt eine Bagatelle an Steuern nach und die Sache ist gegessen. Würde man die kriminellen Steuerhinterzieher_innen wirklich treffen wollen, müsste man freilich härtere Register ziehen. Wie wäre es etwa damit, das gesamte derart der Steuerleistung entzogene Vermögen zu beschlagnahmen und der maroden Staatskasse einzuverleiben.

Die etablierte Politik mauert

Während Finanzexperte Werner Doralt und der grüne Finanzsprecher Werner Kogler immerhin schärfere Sanktionen verlangen meint die SPÖ-Staatssekretärin Sonja Steßl beschwichtigend über verschärfte Regeln nachzudenken sei „legitim“. Aus Finanzminister Michael Spindeleggers Büro verlautet, dass es ohnehin „bereits gute und strenge Regeln“ gäbe. Der Linzer Steueranwalt Roman Leitner warnt gar vor hohen Hürden bei Selbstanzeigen. Und Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, also jener Branche die auf „Gestaltungsmöglichkeiten“ spezialisiert ist, meint treuherzig, dass Steuersünder_innen nach einer Selbstanzeige „wieder ruhig schlafen“ können.

Allein 2013 erfolgten rund 11.000 solcher Selbstanzeigen verbunden mit Straffreiheit, davon waren 4.000 in die Schweiz „geflüchtete“ Steuerhinterzieher_innen. Ex-Finanzministerin Maria Fekter versuchte die anonyme Offenlegung von 19.000 Konten in der Schweiz als Erfolg zu verkaufen, weil damit rund 500 Millionen Euro in den Staatssäckel fließen. Man kann sich unschwer ausrechnen, dass de facto ein Vielfaches dieser Summe an Steuern hinterzogen wurde.

Die Sprachrohre der millionen- und milliardenschwere Clique der Vermögenden blocken also ab. Bekanntlich bedeutet Reichtum immer auch Macht und das wird hier wieder einmal deutlich. Steueroase Österreich

Schon 1993 hat der damalige SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina mit der Einführung steuerschonender Privatstiftungen einen Dammbruch zur Konzentration großer Vermögen bewirkt und namhafte milliardenschwere Ausländer veranlasst ihr „Kleingeld“ hierzulande zu bunkern. An der Attraktivität dieser Stiftungen hat sich trotz einiger Verschärfungen nichts Grundsätzliches geändert. Und so liegen mit Stand vom Oktober 2013 laut Eigenangaben des Verbandes Österreichischer Privatstiftungen mindestens 70 Milliarden, laut Experten aber eher hundert Milliarden Euro in den aktuell 3.270 Stiftungen.

Raiffeisenbanken an der Nähe der italienischen Grenze in Tirol bewerben ganz ungeniert attraktive Anlagemöglichkeiten für Steuerflüchtlinge aus Italien, im Vorarlberger Kleinen Walsertal sogar mit einem „Goldfinger“-Konto für solche aus Deutschland. Ein Trumpf dabei ist das bislang eiserne Beharren auf dem Bankgeheimnis. Freilich fürchten sowohl Banken als auch dubiose Anleger wie der Teufel das Weihwasser, dass abtrünnige Bankangestellte Daten an die Finanzbehörden verkaufen.

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“