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Warnungen des GLB vor Teilzeitfalle bestätigt

  • Mittwoch, 21. Dezember 2016 @ 11:44
News Sogar die in der Wolle neoliberal gefärbten NEOS müssen erkennen, dass die Teilzeitfalle insbesondere für Frauen der Hauptgrund für niedrige Einkommen und daraus folgernd Pensionen ist, sieht Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) als Bestätigung für die rasche Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und einen Prekarisierungs- und Flexibilisierungsstopp. Laut Einkommensbericht 2016 des Rechnungshofes beträgt die Einkommensdifferenz bei Vollzeitbeschäftigung zwischen Männern und Frauen immer noch 17 Prozent und sinken durch die massiv steigende Zahl von Teilzeitbeschäftigten – darunter 82 Prozent Frauen – Einkommen und Pensionen. Besonders krass wird der Lohnunterschied, wenn nicht nur Vollzeit-, sondern alle unselbstständig Beschäftigten verglichen werden. Denn da verdienen Frauen sogar 38 Prozent weniger als Männer, weil bereits 52 Prozent aller Frauen in Teilzeit arbeiten, hingegen nur zehn Prozent der Männer.

Die seinerzeit auch von den ÖGB-Frauen entgegen den Warnungen des GLB bejubelte Ausweitung der Teilzeitarbeit rächt sich jetzt: „Laut Arbeitsklimaindex möchte ein großer Teil von Teilzeit in Vollzeit wechseln, was jedoch die Wirtschaft blockiert. Kein Wunder fährt man doch im Sinne der Profitmaximierung mit prekären und flexiblen Jobs am besten“, so Stingl. Dass eine Grundvoraussetzung für mehr Lohngleichheit für Frauen ein entsprechendes Angebot von Kinderbildungseinrichtungen mit passenden Öffnungszeiten und das Zurückdrängen flexibler, ergo familienfeindlicher Arbeitszeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist, versteht sich eigentlich von selbst.

Fragwürdig sind „Rezept“ wie von NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker die Negativsteuer als „Subvention qualifizierter Teilzeitarbeit im Niedriglohnbereich“ abzuschaffen bzw. an ein Mindestarbeitsausmaß zu knüpfen: „Würde den NEOS wirklich was am Wohl der Menschen in prekären Jobs und mit Niedrigeinkommen liegen, sollten sie sich lieber ihre Unternehmerfreunde überzeugen, dass rasch ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt und eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung stattfindet um möglichst viele Vollzeitjobs zu schaffen“ so Stingl.

Dass die Lohnschere bei Vertragsbediensteten im öffentlichen Dienst nur sieben Prozent, bei Angestellten in der Privatwirtschaft hingegen 33 Prozent beträgt ist weniger eine Frage der Transparenz, wie Frauenministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) meint, sondern der Lohnpolitik der Gewerkschaften. Während die Metall- und Chemiebranche mittlerweile das offizielle ÖGB-Ziel eines Mindestlohns von 1.700 Euro brutto überschritten haben, liegen der Handel mit 1.546 Euro weit davon entfernt und zahlreiche Branchen oft sogar noch deutlich unter 1.500 Euro. Rund 344.000 Vollzeitbeschäftigte in Österreich – davon 53 Prozent Frauen – verdienten 2014 weniger als 1.700 Euro brutto (1.310 Euro netto), dem aktuellen gewerkschaftlichen Mindestlohnziel.

Die offizielle Armutsgefährdungsschwelle eines Einpersonenhaushalts liegt 2016 bei 1.163 Euro netto monatlich bzw. 13.956 Euro im Jahr. Das bedeutet, dass Personen mit einem Monatseinkommen bis 1.180 Euro brutto inklusive der Sonderzahlungen bereits als armutsgefährdet gelten. Zudem gelten laut Statistik Austria acht Prozent der Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 64 Jahren als „Working Poor“, sind also trotz Vollzeitarbeit arm.

Der GLB teilt nicht die Meinung mancher Spitzengewerkschafter_innen, dass ein gesetzlicher Mindestlohn ein Eingriff in die Lohnkompetenz der Gewerkschaften wäre und zu einem allgemeinen Lohndumping führen würde wie auch die Erfahrung in den 15 der 28 EU-Länder mit einem gesetzlichen Mindestlohn zeigt. Bei der Verschlechterung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) wird damit argumentiert, dass die Differenz zwischen BMS und KV-Mindestlöhnen so gering sei, dass es sich für manche nicht lohnen würde zu arbeiten: „Tatsächlich ist nicht die Mindestsicherung zu hoch, sondern sind die Mindestlöhne zu niedrig“ kontert Stingl.

Ein entsprechend hoher Mindestlohn wäre nicht nur ein klarer Anreiz für eine existenzsichernde Arbeit, sondern würde auch zum Entfall der Aufstockung niedriger Löhne durch die BMS führen: „Es kann ja nicht Aufgabe des Staates sein, Niedriglöhne durch Aufstockung mittels Mindestsicherung aus Steuergeldern auszugleichen, damit sich die Unternehmen das Produktivitätswachstum voll unter den Nagel reißen können“ so Stingl.