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Vertrauensbildender Verzicht?

  • Montag, 8. Juli 2013 @ 11:51
Meinung Von Heike Fischer

Die Einen, meistens Frauen, leisten täglich physisch und psychisch anstrengende Arbeit. Sie haben sich in den vergangenen Jahren daran gewöhnt, dass sie in immer kürzerer Zeit immer mehr Menschen betreuen, pflegen und unterstützen müssen. Der Bedarf ist groß. Geholfen werden soll allen, die bedürftig sind. Aber mehr kosten darf es nicht. Sie haben sich auch daran gewöhnt, dass Arbeit mit Menschen scheinbar weniger Wert ist als andere Arbeit. Das können sie allmonatlich an ihrem Gehaltszettel ablesen. Und trotzdem tun sie ihre Arbeit gern. Und sie haben sich auch daran gewöhnt, dass jährlich die Preise für den täglichen Warenkorb, fürs Wohnen, für Fahrkosten usw. steigen. Sie fordern nun, dass sich auch ihre Gehälter an das stetige Wachsen anpassen, denn sie wollen so leben können, dass sie auch weiterhin ihren Job für andere Menschen zuverlässig und gern machen können. Das sind die Einen.

Die Anderen managen die Einen. Auch sie wollen, dass die vielen Beschäftigten beständig und zuverlässig mit den bedürftigen Menschen arbeiten. Ihre Verantwortung besteht darin, den Einen Bedingungen zu schaffen, die gute Arbeit ermöglicht. Konkret heißt das u.a. sich zu kümmern, dass ausreichende finanzielle Mittel für die Einen organisiert werden, denn nur so kann deren Arbeitskraft auf längere Dauer erhalten bleiben. Die Aufgaben sind also klar verteilt: Die Anderen haben Sorge zu tragen bei den zuständigen Stellen die notwendigen Gelder zu bekommen. Das ist ihr Job und dafür werden sie bezahlt. Vermutlich haben die Anderen einen ebenso anstrengenden Job wie die Einen.

Aber die Anderen wollen ihren Job nicht machen, sie sind zu feige, drücken sich vor Konflikten. Diese haben sie zwangsläufig mit jenen, die finanzielle Mittel hergeben oder auch nicht. Um dem Konflikt aus dem Weg zu gehen, berufen sie sich darauf, dass die Geldgeber oder vielleicht besser „Nichtgeldgeber“ so arm sind, weil diese durch Schulden und Spekulationen der Banken im Sozialbereich kürzen müssen. Die Anderen haben also Mitleid mit ihrem Konfliktgegner, ducken sich weg, drehen sich um und sagen zu den Einen: „Geh, kommt´s, verzichten wir auf mehr Geld, dann vertrauen uns auch die Geldgeber wieder.“ Und damit Friede, Freude, Eierkuchen.

Aber nicht einmal sie werden daran glauben, dass im nächsten Jahr das Vertrauen plötzlich so groß ist, dass sie bekommen, was alle brauchen.

Freiwilliger Verzicht schafft kein Vertrauen. Er bringt nur Missmut denen gegenüber, die ihren Job nicht machen. Deshalb ist es notwendig, dass die Einen den Anderen immer wieder Druck machen.

Heike Fischer ist Diplompädagogin und BRV im Zentrum Spattstraße in Linz