Statement der Zivilgesellschaft für Netzneutralität
- Dienstag, 3. Mai 2016 @ 11:30
In einem offenen Brief wenden sich 72 zivilgesellschaftliche Organisationen aus 31 Ländern an die europäischen Telekom-Regulierungsbehörden und fordern eine starke Absicherung des Prinzips der Netzneutralität in den laufenden Verhandlungen über die Umsetzung der Telekom-Binnenmarkt-Verordnung der Europäischen Union. Mit den neuen Regeln wird in Europa geklärt, ob Internetanbieter künftig bezahlte Überholspuren im Internet anbieten dürfen, ob einzelne Dienste blockiert werden dürfen, ob verschlüsselte Verbindungen pauschal benachteiligt werden dürfen und ob Provider den Inhalt der Datenpakete ihrer Kunden inspizieren dürfen. Noch gibt es die Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger, der eigenen Stimme in der Diskussion um Netzneutralität auf www.SaveTheInternet.eu Gehör zu verschaffen.
Das Gremium Europäischer Regulierungsbehörden für elektronische Kommunikation (BEREC) und die 28 nationalen Telekom-Regulierungsbehörden verhandeln zurzeit über Leitlinien, die viele offene Fragen zum im Oktober 2015 beschlossenen, zweideutigen europäischen Netzneutralitätsgesetz klären sollen. Die Regulierer haben bis August Zeit, ihre endgültigen Leitlinien zu veröffentlichen und werden dazu eine öffentliche Konsultation von Juni bis Juli abhalten.
„Mit diesen neuen Leitlinien zur Netzneutralität entscheidet sich ein jahrelanger Kampf um Netzneutralität in Europa. Nach den großen Erfolgen in den USA, Indien, Canada, Chile, den Niederlanden und Slowenien muss die EU nun festlegen, ob sie eine der größten Erfindungen der Menschheit weiter offen und neutral gestalten will, oder ob sich das Internet künftig in eine Art Kabelfernsehen entwickelt. Noch hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit, diese Entscheidung auf www.SaveTheInternet.eu mitzugestalten“, sagt Thomas Lohninger, Datenschützer von der Bürgerrechtsorganisation AKVorrat.
Der Brief von 72 NGOs stellt folgende Forderungen an die Regulatoren:
• So genannte Spezialdienste müssen sehr exakt und eng definiert werden. Ansonsten besteht das Risiko, dass große Diensteanbieter den Netzneutralitätsschutz mit bezahlten Überholspuren im Internet umgehen. Eigene Regelungen für Spezialdienste dürfen nur für Dienstleistungen verwendet werden, die technisch gar nicht über das offene Internet möglich wären.
• Zero-Rating sollte klar verboten sein, weil es eine schädliche Praxis ist, die die Wahlmöglichkeiten der Konsumentinnen und Konsumenten einschränkt, den Wettbewerb verzerrt, geringe Datenvolumen befördert und die Freiheit untergräbt, Dienstleistungen ohne Diskriminierung anzubieten.
• Verkehrsmanagement sollte so anwendungsagnostisch wie möglich sein. Wenn Telekommunikationsfirmen über die Priorität von Datenpaketen entscheiden, werden Diskriminierung von Dienstanbietern sowie von verschlüsseltem Datenverkehr riskiert und die Wahlmöglichkeiten von Kundinnen und Kunden eingeschränkt.
Der Gesetzestext lässt viele der Kernfragen der Netzneutralität unbeantwortet und kann auf zwei Arten ausgelegt werden. Die politische Entscheidung über Netzneutralität liegt jetzt in den Händen der 28 EU Regulierungsbehörden. Ob es bezahlte Überholspuren, Zero-Rating oder Verkehrsmanagement – das mit Deep-Packet-Inspection (DPI) tief in die Privatsphäre eindringt – geben wird, liegt in den Händen von Behörden, die nicht demokratisch gewählt sind.
Hintergrund
Europa ist in der letzten Phase im Kampf um die Netzneutralität. Die europäische Regulierungsbehörde (BEREC) entscheidet derzeit über verbindliche Richtlinien, die die zweideutige gesetzliche Basis klären, die im Oktober 2015 beschlossen wurde. Das Ergebnis dieses Prozesses ist völlig offen. Ob Zero-Rating, DPI oder bezahlte Priorisierung für eine halbe Milliarde Menschen erlaubt werden, hängt von den Richtlinien ab, die Ende August veröffentlicht werden. Europa kann entweder dem globalen Trend zu einem starken Schutz der Netzneutralität folgen oder einen gefährlichen Präzedenzfall für das Gegenteil schaffen.
Nach zwei Jahre dauernden Verhandlungen hat die EU ein Netzneutralitätsgesetz beschlossen, das viele Kernpunkte offen für Interpretation lässt. Die Telekom-Binnenmarkt-Verordnung wurde im Oktober 2015, im zweiten Anlauf, vom Europäischen Parlament beschlossen.
Quelle und Infos: akvorrat.at
Das Gremium Europäischer Regulierungsbehörden für elektronische Kommunikation (BEREC) und die 28 nationalen Telekom-Regulierungsbehörden verhandeln zurzeit über Leitlinien, die viele offene Fragen zum im Oktober 2015 beschlossenen, zweideutigen europäischen Netzneutralitätsgesetz klären sollen. Die Regulierer haben bis August Zeit, ihre endgültigen Leitlinien zu veröffentlichen und werden dazu eine öffentliche Konsultation von Juni bis Juli abhalten.
„Mit diesen neuen Leitlinien zur Netzneutralität entscheidet sich ein jahrelanger Kampf um Netzneutralität in Europa. Nach den großen Erfolgen in den USA, Indien, Canada, Chile, den Niederlanden und Slowenien muss die EU nun festlegen, ob sie eine der größten Erfindungen der Menschheit weiter offen und neutral gestalten will, oder ob sich das Internet künftig in eine Art Kabelfernsehen entwickelt. Noch hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit, diese Entscheidung auf www.SaveTheInternet.eu mitzugestalten“, sagt Thomas Lohninger, Datenschützer von der Bürgerrechtsorganisation AKVorrat.
Der Brief von 72 NGOs stellt folgende Forderungen an die Regulatoren:
• So genannte Spezialdienste müssen sehr exakt und eng definiert werden. Ansonsten besteht das Risiko, dass große Diensteanbieter den Netzneutralitätsschutz mit bezahlten Überholspuren im Internet umgehen. Eigene Regelungen für Spezialdienste dürfen nur für Dienstleistungen verwendet werden, die technisch gar nicht über das offene Internet möglich wären.
• Zero-Rating sollte klar verboten sein, weil es eine schädliche Praxis ist, die die Wahlmöglichkeiten der Konsumentinnen und Konsumenten einschränkt, den Wettbewerb verzerrt, geringe Datenvolumen befördert und die Freiheit untergräbt, Dienstleistungen ohne Diskriminierung anzubieten.
• Verkehrsmanagement sollte so anwendungsagnostisch wie möglich sein. Wenn Telekommunikationsfirmen über die Priorität von Datenpaketen entscheiden, werden Diskriminierung von Dienstanbietern sowie von verschlüsseltem Datenverkehr riskiert und die Wahlmöglichkeiten von Kundinnen und Kunden eingeschränkt.
Der Gesetzestext lässt viele der Kernfragen der Netzneutralität unbeantwortet und kann auf zwei Arten ausgelegt werden. Die politische Entscheidung über Netzneutralität liegt jetzt in den Händen der 28 EU Regulierungsbehörden. Ob es bezahlte Überholspuren, Zero-Rating oder Verkehrsmanagement – das mit Deep-Packet-Inspection (DPI) tief in die Privatsphäre eindringt – geben wird, liegt in den Händen von Behörden, die nicht demokratisch gewählt sind.
Hintergrund
Europa ist in der letzten Phase im Kampf um die Netzneutralität. Die europäische Regulierungsbehörde (BEREC) entscheidet derzeit über verbindliche Richtlinien, die die zweideutige gesetzliche Basis klären, die im Oktober 2015 beschlossen wurde. Das Ergebnis dieses Prozesses ist völlig offen. Ob Zero-Rating, DPI oder bezahlte Priorisierung für eine halbe Milliarde Menschen erlaubt werden, hängt von den Richtlinien ab, die Ende August veröffentlicht werden. Europa kann entweder dem globalen Trend zu einem starken Schutz der Netzneutralität folgen oder einen gefährlichen Präzedenzfall für das Gegenteil schaffen.
Nach zwei Jahre dauernden Verhandlungen hat die EU ein Netzneutralitätsgesetz beschlossen, das viele Kernpunkte offen für Interpretation lässt. Die Telekom-Binnenmarkt-Verordnung wurde im Oktober 2015, im zweiten Anlauf, vom Europäischen Parlament beschlossen.
Quelle und Infos: akvorrat.at