Staatsstreich in Zeitlupe
- Samstag, 18. Juli 2015 @ 23:15
Dieter Kaltenbeck über CETA, TTIP & TISA
Es geht um mehr als „nur“ um Chlorhühner und Hormonfleisch! Mit den Handelsabkommen CETA, TTIP und TISA werden die Parlamente und die ordentlichen Gerichte entmachtet. Radikale Entdemokratisierung und Aushöhlung des Rechtsstaats sollen die Interessen des Kapitals leichter durchsetzbar machen. Ziel der von der EU angestrebten Handelsabkommen mit Kanada und den USA ist der Abbau aller Handelshemmnisse. Zur Disposition stehen damit so gut wie alle dem Gemeinwohl dienenden rechtsstaatlichen Regulierungen oder Beschränkungen des Profitstrebens.
Handelshemmnis Arbeitsrechtsstandards
Die USA haben die meisten Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über Kernarbeitsnormen nicht unterzeichnet, darunter auch die Konventionen über Kollektivverhandlungen, Koalitionsfreiheit und Vereinigungsrecht.
Zu den Maßnahmen, die ein Hindernis für den Handel zwischen den USA und der EU darstellen, zählt die EU-Kommission folgerichtig auch kollektive Arbeitsvereinbarungen (Kollektivverträge, Betriebsvereinbarungen). Kollektivvertragliche Mindestarbeitsbedingungen könnten künftig als Einschränkung des Wettbewerbsmodells angefochten werden. Verbesserungen der arbeitsrechtlichen Bestimmungen wären nach in Kraft treten der Verträge nahezu unmöglich durchzusetzen, weil sie nach den Bestimmungen zum Investorenschutz Kompensationsforderungen seitens europäischer und US-amerikanischer Konzerne nach sich ziehen könnten – Forderungen, über die nicht von den ordentlichen Gerichten sondern von internationalen Schiedsgerichten zu entscheiden wäre.
Handelshemmnis Konsumentenschutz
In der EU kann ein für die menschliche Gesundheit potentiell gefährliches Produkt vom Markt genommen werden. Die Gefährdung muss nicht von öffentlicher Seite belegt werden, sondern die Unternehmen müssen nachweisen, dass ihr Produkt sicher ist. Dieses „Vorsorgeprinzip” gilt in den USA nicht, dafür ist dort das Haftungsrecht strenger.
Mit TTIP soll nun das Vorsorgeprinzip in Europa ausgehebelt werden, ohne freilich die Produkthaftung zu verschärfen. Die Kombination von Zulassungsregulierung nach amerikanischem Modell und Haftung nach europäischem Modell käme einer weitgehenden Beseitigung des Konsumentenschutzes gleich.
Entmachtung demokratischer Institutionen
Nach den Bestimmungen zum Investitionsschutz sollen Konzerne künftig das Recht bekommen, Staaten vor internationalen Schiedsgerichten auf Schadenersatz zu verklagen, wenn die Durchsetzung oder Änderung gesetzlicher Bestimmungen im Interesse des Gemeinwohls die erwarteten Gewinne aus ihren Investitionen mindert. Darüber hinaus sollen die Konzerne frühzeitig in die Gesetzgebungsprozesse einbezogen werden. Einmal auf internationaler Ebene vereinbart, wäre diese neue „Verfassung” praktisch irreversibel.
Bei CETA, TTIP und TISA geht es um mehr als um Chlorhühner und Hormonfleisch. Es geht um den Versuch, die Entscheidung darüber, was, wie, wo, unter welchen Bedingungen produziert wird, vollständig und dauerhaft jeder demokratischen Willensbildung zu entziehen. Diesen umfassenden und tiefgreifenden Angriff auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gilt es abzuwehren.
Dieter Kaltenbeck ist Betriebsrat der Universität Graz und steirischer AK-Rat der Liste Kaltenbeck
Kurz erklärt
TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership): Transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen, das von der EU auf Auftrag des Europaparlaments mit der USA verhandelt wird. Das geheime Verhandlungsmandat für die seit Juli 2013 laufenden Freihandelsgespräche wurde auf Druck der Öffentlichkeit kürzlich erstmals veröffentlicht.
CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement): Umfassendes Freihandels- und Investitionsabkommen, das die EU-Kommission mit Kanada verhandelt hat. Gilt als Vorbild für TTIP.
TiSA (Trade in Service Agreement): Freihandelsabkommen zum Handel mit Dienstleistungen. Das Vertragswerk wird seit Anfang 2013 zwischen der EU, den USA und weiteren 19 Wirtschaftsnationen wie z.B. Kanada, Japan und Australien verhandelt.
Es geht um mehr als „nur“ um Chlorhühner und Hormonfleisch! Mit den Handelsabkommen CETA, TTIP und TISA werden die Parlamente und die ordentlichen Gerichte entmachtet. Radikale Entdemokratisierung und Aushöhlung des Rechtsstaats sollen die Interessen des Kapitals leichter durchsetzbar machen. Ziel der von der EU angestrebten Handelsabkommen mit Kanada und den USA ist der Abbau aller Handelshemmnisse. Zur Disposition stehen damit so gut wie alle dem Gemeinwohl dienenden rechtsstaatlichen Regulierungen oder Beschränkungen des Profitstrebens.
Handelshemmnis Arbeitsrechtsstandards
Die USA haben die meisten Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über Kernarbeitsnormen nicht unterzeichnet, darunter auch die Konventionen über Kollektivverhandlungen, Koalitionsfreiheit und Vereinigungsrecht.
Zu den Maßnahmen, die ein Hindernis für den Handel zwischen den USA und der EU darstellen, zählt die EU-Kommission folgerichtig auch kollektive Arbeitsvereinbarungen (Kollektivverträge, Betriebsvereinbarungen). Kollektivvertragliche Mindestarbeitsbedingungen könnten künftig als Einschränkung des Wettbewerbsmodells angefochten werden. Verbesserungen der arbeitsrechtlichen Bestimmungen wären nach in Kraft treten der Verträge nahezu unmöglich durchzusetzen, weil sie nach den Bestimmungen zum Investorenschutz Kompensationsforderungen seitens europäischer und US-amerikanischer Konzerne nach sich ziehen könnten – Forderungen, über die nicht von den ordentlichen Gerichten sondern von internationalen Schiedsgerichten zu entscheiden wäre.
Handelshemmnis Konsumentenschutz
In der EU kann ein für die menschliche Gesundheit potentiell gefährliches Produkt vom Markt genommen werden. Die Gefährdung muss nicht von öffentlicher Seite belegt werden, sondern die Unternehmen müssen nachweisen, dass ihr Produkt sicher ist. Dieses „Vorsorgeprinzip” gilt in den USA nicht, dafür ist dort das Haftungsrecht strenger.
Mit TTIP soll nun das Vorsorgeprinzip in Europa ausgehebelt werden, ohne freilich die Produkthaftung zu verschärfen. Die Kombination von Zulassungsregulierung nach amerikanischem Modell und Haftung nach europäischem Modell käme einer weitgehenden Beseitigung des Konsumentenschutzes gleich.
Entmachtung demokratischer Institutionen
Nach den Bestimmungen zum Investitionsschutz sollen Konzerne künftig das Recht bekommen, Staaten vor internationalen Schiedsgerichten auf Schadenersatz zu verklagen, wenn die Durchsetzung oder Änderung gesetzlicher Bestimmungen im Interesse des Gemeinwohls die erwarteten Gewinne aus ihren Investitionen mindert. Darüber hinaus sollen die Konzerne frühzeitig in die Gesetzgebungsprozesse einbezogen werden. Einmal auf internationaler Ebene vereinbart, wäre diese neue „Verfassung” praktisch irreversibel.
Bei CETA, TTIP und TISA geht es um mehr als um Chlorhühner und Hormonfleisch. Es geht um den Versuch, die Entscheidung darüber, was, wie, wo, unter welchen Bedingungen produziert wird, vollständig und dauerhaft jeder demokratischen Willensbildung zu entziehen. Diesen umfassenden und tiefgreifenden Angriff auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gilt es abzuwehren.
Dieter Kaltenbeck ist Betriebsrat der Universität Graz und steirischer AK-Rat der Liste Kaltenbeck
Kurz erklärt
TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership): Transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen, das von der EU auf Auftrag des Europaparlaments mit der USA verhandelt wird. Das geheime Verhandlungsmandat für die seit Juli 2013 laufenden Freihandelsgespräche wurde auf Druck der Öffentlichkeit kürzlich erstmals veröffentlicht.
CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement): Umfassendes Freihandels- und Investitionsabkommen, das die EU-Kommission mit Kanada verhandelt hat. Gilt als Vorbild für TTIP.
TiSA (Trade in Service Agreement): Freihandelsabkommen zum Handel mit Dienstleistungen. Das Vertragswerk wird seit Anfang 2013 zwischen der EU, den USA und weiteren 19 Wirtschaftsnationen wie z.B. Kanada, Japan und Australien verhandelt.