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Spiegelbild einer Systemkrise

  • Montag, 24. November 2014 @ 11:14
Meinung Der Wirtschaftsfaktor Leiharbeit blickt mittlerweile auf eine etwa 20-jährige Geschichte zurück. Zeit für eine kurze Bilanz. Welche gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen hat sie wirklich gebracht? Die Leiharbeit wurde ursprünglich von ÖVP und SPÖ für eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ins Leben gerufen. Sie sollte die Wirtschaft mit genügend Arbeitskräften (vor allem Facharbeitskräften) versorgen, und damit eine effizientere Produktion sowie Nutzung des Arbeitsmarktes ermöglichen.

Veränderung des Arbeitsmarktes

Welche strukturelle und gesellschaftliche Veränderung des Arbeitsmarktes brachte die Leiharbeit? Die Anzahl der Stammbelegschaft in den Mittel- und Großunternehmen geht von Jahr zu Jahr zurück, sie wird immer mehr durch LeiharbeiterInnen verdrängt. Die Großunternehmen gründen zum Teil selbst Leihfirmen und verleihen an sich selbst ArbeiterInnen. Das führt dazu, dass es innerhalb eines Großunternehmens mehrere Kollektivverträge (Kollektivvertrag alt und neu, Leiharbeit innerhalb der eigenen Firmenkonstruktion, fix und auf gewisse Zeit angestellte LeiharbeiterInnen durch Fremdfirmen) gibt.

Die ArbeitnehmerInnen werden in verschiedene „Klassen“ (Kasten) geteilt und menschlich unterschiedlich bewertet, trotz gleicher Ausbildung. Die Höhe des Gehalts wird durch die Gruppenzugehörigkeit bestimmt und nicht durch Fachkenntnisse und Arbeitsleistung. Eine solche Konstruktion führt zu Konkurrenz und Wettbewerb innerhalb des Unternehmens. Das Lohndumping und die resignative Haltung innerhalb der Belegschaft haben negative Auswirkungen auf Leistung und Qualität der Arbeit sowie auf den Gesundheitszustand der LeiharbeiterInnen.

Fluktuation der Arbeitskräfte

Die Wirtschaftstreibenden versuchen diese Missstände durch Fluktuation von Arbeitskräften aus den Billiglohnländern abzufedern, und sind ständig auf der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften, die sie zu niedrigeren Kollektivvertragsbedingungen einstellen können. Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist stets im Steigen. Den Nutzen aus der Leiharbeit ziehen nur die Großunternehmen, kleine korrupte Scheinfirmen sowie Arbeitskräfteüberlassungsfirmen, die in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden gewachsen sind.

Welche wirtschaftlichen Veränderungen brachte die Leiharbeit? Die verworrenen Firmenkonstruktionen und mangelnde Transparenz lassen bei der Lohnabrechnung der LeiharbeiterInnen viele bilanz- und steuertechnische Schlupflöcher offen, die schonungslos ausgenützt werden. Die privaten Unternehmen profitieren von laxen Sozialstrukturen der Leiharbeit und setzen die verstaatlichten Unternehmen immer mehr unter Konkurrenzdruck und verdrängen diese, unter dem Vorwand der Wirtschaftlichkeit, vom Markt. Der Staat finanziert als Auftragsgeber vor allem den sozialen sowie nicht profitablen Bereich und die Arbeitskräfteüberlasser sind die Nutznießer dieser Situation.

In wirtschaftlichen Krisenzeiten werden LeiharbeiterInnen als Erste entlassen und die Last wird wieder an den Staat also an die Allgemeinheit weitergegeben. Das Unternehmen kann jederzeit seine Produktion schließen und in ein anderes Land verlegen. Insgesamt kann man sagen, dass die Leiharbeit ausschließlich den Unternehmen finanzielle Vorteile bringt, auf Kosten der Allgemeinheit, somit ist Leiharbeit auch Mitverursacher des Sozialabbaus sowie der immer höher werdenden Staatsverschuldung.

Zukunft der Leiharbeit

Das Wirtschaftswachstum und die gegenseitige Konkurrenz zwingen die Unternehmen zu stets riskanteren und kriminelleren Methoden, die Überlebenschancen von Klein- und Mittelbetrieben werden immer geringer. Die Möglichkeiten das Lohnniveau weiter zu senken, ohne eine Gefahr der Deflation oder Inflation, sind begrenzt, da schwache Kaufkraft das System genauso zum Stürzen bringt. Aus diesem Grund wird die Lösung für die Wirtschaftskrise somit auch für die Lohnkrise nicht mehr auf einer europäischen EU-Ebene, sondern auf einer globalen Ebene gesucht. Die multinationalen Großkonzerne agieren global und suchen schon längst eine globale Lösung für die EU-Wirtschafts- und Lohnkrise. Sie glauben die Lösung in einem globalisierten Arbeitsmarkt gefunden zu haben.

So wollen sie aus der Lohnarbeit eine globalisierte Ware in Form einer Dienstleistung machen, damit die menschliche Arbeitsleistung und mit ihr der Mensch zu einer globalen Handelsware wird. Diese Dienstleistung wird dann an ein Unternehmen verkauft und unterliegt nicht mehr den nationalen Arbeits- und Sozialgesetzen des Landes wohin die Dienstleistung transferiert wird, sondern den Arbeits- und Sozialgesetz des Ursprungslandes (z.B. China zwei Euro pro Stunde). An diesen Gesetzesänderungen wird schon seit längerer Zeit in dem sogenannten TISA-Abkommen (Trade in Services Agreement) verhandelt.

Summa summarum ist die Leiharbeit die Folge und das Spiegelbild einer weltweiten Systemkrise.

Ein Beitrag von Rosa Stein