Spekulieren geht über Studieren
- Mittwoch, 10. April 2013 @ 09:43
Von Lutz Holzinger
Der Wunsch aus Dreck Gold zu machen, beseelt die Menschheit seit jeher. Für die Verwalter öffentlicher Haushalte, die – politisch unkorrekt auf Wienerisch – notorisch neger sind, dürfte es sich ebenfalls um einen erhebenden Gedanken handeln. Leider ist das entsprechende chemische Verfahren bisher nicht erfunden worden. Und alles, was nach einer Lösung des Problems aussieht, erweist sich als Holzweg. Allerdings gibt es immer wieder Trends, die das Vorurteil zu bestätigen scheinen, dass Geld arbeite und sich selbst vermehren könne. Der Höhenflug der Aktien an den Börsen erweckte diesen Anschein. Ab Beginn der 90er Jahre musste man nur mutig genug sein, Aktien selbst für geborgtes Geld zu erwerben, um reich zu werden. Denn mit der Wertsteigerung hätten aufgenommene Kredite rasch zurückgezahlt werden können.
Chance, die keine war
Und bald hatte beinahe jeder, der vermeintlich keine weiche Birne und ein etwas überdurchschnittliches Einkommen hatte, ein Aktien-Portefeuille im Eigentum. Wir wissen, dass die Sache schief gegangen ist. Als vor kurzem die „Financial Times Deutschland“ eingestellt wurde, befragte ich dazu einen Freund, der in Nordrhein-Westfalen lebt und mir als Kenner der deutschen Verhältnisse gilt.
Er erklärte mir, dass zur Zeit der Höhenflüge an den Börsen nahezu jeder mittlere Angestellte das Blatt gekauft hat, um über die Wertsteigerung seiner Aktien und Fonds Bescheid zu wissen. Als sich der Wert dieser Papiere in Luft aufgelöst hat oder in den Keller gefallen ist, verschwand das Interesse dieser Schicht an den Börsennachrichten. Mit der Einstellung der Abonnements schlug auch die Todesstunde der „FTD“.
Warum das hier erzählt wird? Weil daran zu erinnern ist, dass es nicht lange her ist, dass jeder Bankangestellte Kunden belächelt hat, die ihre Notgroschen auf ein Sparbuch gelegt haben. Es war gewissermaßen gesellschaftspolitischer Konsens, die Börse als Mechanismus der Bereicherung zu nutzen.
Bekanntlich sind Politiker und die ihnen unterstellten Beamten keineswegs bessere Menschen. Ganz zu schweigen davon, dass sie über den Lauf der Welt genauer Bescheid wüssten wie unsereins. Daher konnte es nicht ausbleiben, dass die öffentliche Hand – Bund, Länder und Gemeinden – angestiftet und geleitet von den Großbanken, die sehr wohl über das damit verbundene Risiko Bescheid wussten, das vorhandene Finanzdilemma auf dem Weg der Spekulation mit Aktien und anderen Papieren zu lösen versuchten.
Dass unsere Politiker Kaiser ohne Kleider sind, hat sich leider erst im Nachhinein herausgestellt. Als nämlich klar wurde, dass sie in Finanzfragen um keinen Deut klüger sind als jeder andere Mitbürger. Interessant, dass selbst die mit dem Management der Staatsschulden beauftragten Experten Feuer geschrieen haben, als die Finanzagentur des Bundes für sich und zusammen mit Finanzabteilungen der Länder das Börsenkasino aufgesucht hat.
Angeblich ist allein das Land Steiermark vor herben Spekulationsverlusten verschont geblieben. Ausschlaggebend dafür war, dass ein Finanzfachmann aus dem Bankwesen in den Landesdienst gewechselt ist. Seine erste Tat soll es gewesen sein, Aktiengeschäfte und dergleichen strikt zu verbieten. So ist diesem ohnehin von der Sparwut der Landesregierung geplagten Bundesland ein zusätzlicher Aderlass erspart geblieben.
Vertuschter Skandal
Für Geldanlagen existiert der Begriff „mündelsicher“. Er bedeutet nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine absolut sichere Geldanlage, die zwar Zinsen bringt, aber kein Risiko birgt. Unter den zulässigen Anlagemöglichkeiten finden sich weder Aktien noch Fonds. Dass die Verwalter der öffentlichen Finanzen nicht die Vorsicht walten ließen, wie sie dem Vormund eines Waisenkindes abverlangt wird, ist der eigentliche Skandal, der von der herrschenden politischen Klasse vertuscht wird.
Das Land Salzburg sowie die Stadt Linz mit der BAWAG und 16 niederösterreichische Gemeinden mit der RLB Niederösterreich-Wien als Vermittler sind lediglich die Spitze des Eisberges. Betroffen ist die gesamte öffentliche Hand. Ein Dilemma, das wie üblich über Einsparungen im Sozialbereich ausgebügelt werden soll.
Lutz Holzinger ist Journalist in Wien
Der Wunsch aus Dreck Gold zu machen, beseelt die Menschheit seit jeher. Für die Verwalter öffentlicher Haushalte, die – politisch unkorrekt auf Wienerisch – notorisch neger sind, dürfte es sich ebenfalls um einen erhebenden Gedanken handeln. Leider ist das entsprechende chemische Verfahren bisher nicht erfunden worden. Und alles, was nach einer Lösung des Problems aussieht, erweist sich als Holzweg. Allerdings gibt es immer wieder Trends, die das Vorurteil zu bestätigen scheinen, dass Geld arbeite und sich selbst vermehren könne. Der Höhenflug der Aktien an den Börsen erweckte diesen Anschein. Ab Beginn der 90er Jahre musste man nur mutig genug sein, Aktien selbst für geborgtes Geld zu erwerben, um reich zu werden. Denn mit der Wertsteigerung hätten aufgenommene Kredite rasch zurückgezahlt werden können.
Chance, die keine war
Und bald hatte beinahe jeder, der vermeintlich keine weiche Birne und ein etwas überdurchschnittliches Einkommen hatte, ein Aktien-Portefeuille im Eigentum. Wir wissen, dass die Sache schief gegangen ist. Als vor kurzem die „Financial Times Deutschland“ eingestellt wurde, befragte ich dazu einen Freund, der in Nordrhein-Westfalen lebt und mir als Kenner der deutschen Verhältnisse gilt.
Er erklärte mir, dass zur Zeit der Höhenflüge an den Börsen nahezu jeder mittlere Angestellte das Blatt gekauft hat, um über die Wertsteigerung seiner Aktien und Fonds Bescheid zu wissen. Als sich der Wert dieser Papiere in Luft aufgelöst hat oder in den Keller gefallen ist, verschwand das Interesse dieser Schicht an den Börsennachrichten. Mit der Einstellung der Abonnements schlug auch die Todesstunde der „FTD“.
Warum das hier erzählt wird? Weil daran zu erinnern ist, dass es nicht lange her ist, dass jeder Bankangestellte Kunden belächelt hat, die ihre Notgroschen auf ein Sparbuch gelegt haben. Es war gewissermaßen gesellschaftspolitischer Konsens, die Börse als Mechanismus der Bereicherung zu nutzen.
Bekanntlich sind Politiker und die ihnen unterstellten Beamten keineswegs bessere Menschen. Ganz zu schweigen davon, dass sie über den Lauf der Welt genauer Bescheid wüssten wie unsereins. Daher konnte es nicht ausbleiben, dass die öffentliche Hand – Bund, Länder und Gemeinden – angestiftet und geleitet von den Großbanken, die sehr wohl über das damit verbundene Risiko Bescheid wussten, das vorhandene Finanzdilemma auf dem Weg der Spekulation mit Aktien und anderen Papieren zu lösen versuchten.
Dass unsere Politiker Kaiser ohne Kleider sind, hat sich leider erst im Nachhinein herausgestellt. Als nämlich klar wurde, dass sie in Finanzfragen um keinen Deut klüger sind als jeder andere Mitbürger. Interessant, dass selbst die mit dem Management der Staatsschulden beauftragten Experten Feuer geschrieen haben, als die Finanzagentur des Bundes für sich und zusammen mit Finanzabteilungen der Länder das Börsenkasino aufgesucht hat.
Angeblich ist allein das Land Steiermark vor herben Spekulationsverlusten verschont geblieben. Ausschlaggebend dafür war, dass ein Finanzfachmann aus dem Bankwesen in den Landesdienst gewechselt ist. Seine erste Tat soll es gewesen sein, Aktiengeschäfte und dergleichen strikt zu verbieten. So ist diesem ohnehin von der Sparwut der Landesregierung geplagten Bundesland ein zusätzlicher Aderlass erspart geblieben.
Vertuschter Skandal
Für Geldanlagen existiert der Begriff „mündelsicher“. Er bedeutet nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine absolut sichere Geldanlage, die zwar Zinsen bringt, aber kein Risiko birgt. Unter den zulässigen Anlagemöglichkeiten finden sich weder Aktien noch Fonds. Dass die Verwalter der öffentlichen Finanzen nicht die Vorsicht walten ließen, wie sie dem Vormund eines Waisenkindes abverlangt wird, ist der eigentliche Skandal, der von der herrschenden politischen Klasse vertuscht wird.
Das Land Salzburg sowie die Stadt Linz mit der BAWAG und 16 niederösterreichische Gemeinden mit der RLB Niederösterreich-Wien als Vermittler sind lediglich die Spitze des Eisberges. Betroffen ist die gesamte öffentliche Hand. Ein Dilemma, das wie üblich über Einsparungen im Sozialbereich ausgebügelt werden soll.
Lutz Holzinger ist Journalist in Wien