Sozialbericht zeigt Handlungsbedarf für Regierung
- Donnerstag, 2. Februar 2017 @ 12:22
Geht es nach dem Sozialbericht 2015/16, so ist klar was die Schwerpunkte der künftigen Regierungspolitik sein müssten. Leider widerspiegelt sich das im Arbeitsabkommen Neu der rot-schwarzen Koalition für 2017/2018 in keiner Weise, kritisiert Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB). Laut dem jetzt vom Sozialministerium vorgelegten Bericht besitzt das reichste oberste Prozent in Österreich 34 Prozent des gesamten Nettovermögens – laut einer Studie der Europäischen Zentralbank der höchste Anteil aller EU-Länder – und damit ebenso viel wie untersten 80 Prozent der Bevölkerung.
Nur 1,4 Prozent der Abgaben stammen in Österreich aus vermögensbezogenen Steuern wie etwa der Grundsteuer – im Durchschnitt der EU15 sechs, der OECD-Länder 5,5 Prozent - während die Arbeit ungeachtet der letzten Lohnsteuerreform vergleichsweise hoch besteuert wird. Um welche Dimensionen es bei den Vermögen geht wird daran deutlich, dass von 2015-2035 die Summe der jährlich vererbten Vermögen von zwölf auf über 20 Mrd. Euro steigen wird.
Rund 400.000 Beschäftigte – davon zwei Drittel Frauen – verdienen trotz Vollzeitarbeit immer noch weniger als 1.500 Euro brutto monatlich, was netto 1.199 Euro entspricht. Dabei sind die Einkommen des untersten Viertels bedingt durch die gerade für diese Gruppe besonders starke Teilzeitquote von 2008-2015 um magere 1,1 Prozent gestiegen – bei einer Teuerung von 12,2 Prozent. Aber auch die Vollzeitjobs liegen mit einem Plus von 14 Prozent nur knapp über der Inflation – von Produktivitätsabgeltung kann da keine Rede sein. Auch weist Österreich mit 22,9 Prozent die größte Differenz bei den Stundenlöhnen von Frauen und Männern in Europa auf. 75 Prozent der Männereinkommen liegen über dem Median der Fraueneinkommen.
Mit Stand von 2015 haben laut diesem Bericht 13,2 Prozent der Bevölkerung ein Einkommen von weniger als 60 Prozent des Medieneinkommens von 1.163 Euro monatlich und gelten damit als armutsgefährdet. 23 Prozent der Österreicher_innen leben in Haushalten die keine unerwarteten Ausgaben in Höhe von mehr als 1.100 Euro finanzieren können. Infolge einer massiven Prekarisierung gelten 297.000 Menschen trotz Arbeit als arm. Vom „Working poor“ sind vor allem Frauen, Alleinerziehende, Menschen mit geringer Bildung und Migrant_innen betroffen.
Alarmierend ist auch, dass sich seit der Krise von 2008 die Zahl Langzeitarbeitsloser mehr als verdreifacht hat. Trotz monatlicher Schönfärberei bei der Arbeitsmarktbilanz durch Schönreden der Beschäftigtenzahl und Kleinreden der Arbeitslosigkeit steigt die Prekarisierung ständig an, bereits mehr als die Hälfte der Frauen arbeiten nur in Teilzeit, hingegen nur zehn Prozent der Männer. Im Ergebnis sind auch die Alterspensionen der Männer um fast zwei Drittel höher als jene der Frauen.
Als besonders brisanter Faktor für soziale Ungleichheit gelten auch die Wohnkosten: Seit 2008 sind diese pro Quadratmeter für Niedrigeinkommensbezieher fast dreimal so stark gestiegen wie für Haushalte mit hohen Einkommen. Seit Jahren steigen die Wohnkosten im Dritt dreimal so stark wie der allgemeine Verbraucherpreisindex.
Das Zurückbleiben der Arbeitseinkommen gemessen an der Produktivität infolge einer defensiven Lohnpolitik wird durch einen vergleichsweise gut funktionierenden Sozialstaat gemildert. Ohne solche Leistungen wäre statt eines Anstiegs der Haushaltseinkommen um 19 Prozent von 2008-2015 wahrscheinlich nicht einmal die Inflation abgedeckt worden. Die ständigen Attacken gegen die angeblich unerträglich hohe Steuer- und Abgabenquote zielen daher ganz unmissverständlich auf die soziale Demontage und damit
Der Sozialbericht macht die dramatische Schieflage zwischen Arbeit und Kapital deutlich, die an der seit den 1970er Jahre – nur kurzfristig durch die Krise 2008 unterbrochen – ständig sinkende Lohnquote, also dem Anteil der Löhne am Volkseinkommen deutlich wird. Ausdruck dieser Schieflage ist das Zurückbleiben der Löhne gemessen an der Produktivität der Wirtschaft, aber auch, dass ein zunehmender Anteil der Gewinne von den Unternehmen nicht im Sinne der Sicherung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze investiert, sondern am Finanzmarkt spekulativ angelegt wird.
Während die Einkommen des obersten Prozents der Bevölkerung zu 45 Prozent aus Arbeit und zu 25 Prozent aus Kapitaleinkommen gespeist wird, spielen für die restlichen 99 Prozent Kapitaleinkommen mit sieben Prozent eine völlig untergeordnete Rolle. Während Kapitalerträge per Flat-Tax einheitlich mit 25 Prozent besteuert werden steigt die Besteuerung von Arbeitseinkommen progressiv bis auf 55 Prozent.
Für den GLB sind daher die Schlussfolgerungen aus dem Sozialbericht eindeutig: Ein gesetzlicher Mindestlohn von 1.700 Euro brutto für Vollzeitarbeit. Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche. Besteuerung der Millionenvermögen und Erbschaften. Entlastung der unteren Einkommensgruppen bei der Lohnsteuer. Jährliche Anpassung der Lohnsteuerstufen zur Abschaffung der kalten Progression. Besteuerung von Kapitalerträgen nach der Einkommensteuer bis zum Spitzensteuersatz. Zeitgemäße Anpassung der Grundsteuer nach dem Verkehrswert ohne Überwälzung auf die Wohnungsmieten. Reform des Mietrechts mit dem Kernpunkt klarer Mietzinsobergrenzen für ein leistbares Wohnen. Stärkung des Umlagesystems der Sozialversicherungen statt Begünstigung privater Vorsorge. Beschäftigungsimpulse durch Aufträge der öffentlichen Hand zum Ausbau der Infrastruktur.
„Diese Punkte zeigen, wo der Handlungsbedarf für die Regierung liegt. Der Koalitionspakt Neu von SPÖ und ÖVP geht allerdings in die Gegenrichtung und verschärft die soziale Lage noch mehr“, so Stingl abschließend.
Nur 1,4 Prozent der Abgaben stammen in Österreich aus vermögensbezogenen Steuern wie etwa der Grundsteuer – im Durchschnitt der EU15 sechs, der OECD-Länder 5,5 Prozent - während die Arbeit ungeachtet der letzten Lohnsteuerreform vergleichsweise hoch besteuert wird. Um welche Dimensionen es bei den Vermögen geht wird daran deutlich, dass von 2015-2035 die Summe der jährlich vererbten Vermögen von zwölf auf über 20 Mrd. Euro steigen wird.
Rund 400.000 Beschäftigte – davon zwei Drittel Frauen – verdienen trotz Vollzeitarbeit immer noch weniger als 1.500 Euro brutto monatlich, was netto 1.199 Euro entspricht. Dabei sind die Einkommen des untersten Viertels bedingt durch die gerade für diese Gruppe besonders starke Teilzeitquote von 2008-2015 um magere 1,1 Prozent gestiegen – bei einer Teuerung von 12,2 Prozent. Aber auch die Vollzeitjobs liegen mit einem Plus von 14 Prozent nur knapp über der Inflation – von Produktivitätsabgeltung kann da keine Rede sein. Auch weist Österreich mit 22,9 Prozent die größte Differenz bei den Stundenlöhnen von Frauen und Männern in Europa auf. 75 Prozent der Männereinkommen liegen über dem Median der Fraueneinkommen.
Mit Stand von 2015 haben laut diesem Bericht 13,2 Prozent der Bevölkerung ein Einkommen von weniger als 60 Prozent des Medieneinkommens von 1.163 Euro monatlich und gelten damit als armutsgefährdet. 23 Prozent der Österreicher_innen leben in Haushalten die keine unerwarteten Ausgaben in Höhe von mehr als 1.100 Euro finanzieren können. Infolge einer massiven Prekarisierung gelten 297.000 Menschen trotz Arbeit als arm. Vom „Working poor“ sind vor allem Frauen, Alleinerziehende, Menschen mit geringer Bildung und Migrant_innen betroffen.
Alarmierend ist auch, dass sich seit der Krise von 2008 die Zahl Langzeitarbeitsloser mehr als verdreifacht hat. Trotz monatlicher Schönfärberei bei der Arbeitsmarktbilanz durch Schönreden der Beschäftigtenzahl und Kleinreden der Arbeitslosigkeit steigt die Prekarisierung ständig an, bereits mehr als die Hälfte der Frauen arbeiten nur in Teilzeit, hingegen nur zehn Prozent der Männer. Im Ergebnis sind auch die Alterspensionen der Männer um fast zwei Drittel höher als jene der Frauen.
Als besonders brisanter Faktor für soziale Ungleichheit gelten auch die Wohnkosten: Seit 2008 sind diese pro Quadratmeter für Niedrigeinkommensbezieher fast dreimal so stark gestiegen wie für Haushalte mit hohen Einkommen. Seit Jahren steigen die Wohnkosten im Dritt dreimal so stark wie der allgemeine Verbraucherpreisindex.
Das Zurückbleiben der Arbeitseinkommen gemessen an der Produktivität infolge einer defensiven Lohnpolitik wird durch einen vergleichsweise gut funktionierenden Sozialstaat gemildert. Ohne solche Leistungen wäre statt eines Anstiegs der Haushaltseinkommen um 19 Prozent von 2008-2015 wahrscheinlich nicht einmal die Inflation abgedeckt worden. Die ständigen Attacken gegen die angeblich unerträglich hohe Steuer- und Abgabenquote zielen daher ganz unmissverständlich auf die soziale Demontage und damit
Der Sozialbericht macht die dramatische Schieflage zwischen Arbeit und Kapital deutlich, die an der seit den 1970er Jahre – nur kurzfristig durch die Krise 2008 unterbrochen – ständig sinkende Lohnquote, also dem Anteil der Löhne am Volkseinkommen deutlich wird. Ausdruck dieser Schieflage ist das Zurückbleiben der Löhne gemessen an der Produktivität der Wirtschaft, aber auch, dass ein zunehmender Anteil der Gewinne von den Unternehmen nicht im Sinne der Sicherung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze investiert, sondern am Finanzmarkt spekulativ angelegt wird.
Während die Einkommen des obersten Prozents der Bevölkerung zu 45 Prozent aus Arbeit und zu 25 Prozent aus Kapitaleinkommen gespeist wird, spielen für die restlichen 99 Prozent Kapitaleinkommen mit sieben Prozent eine völlig untergeordnete Rolle. Während Kapitalerträge per Flat-Tax einheitlich mit 25 Prozent besteuert werden steigt die Besteuerung von Arbeitseinkommen progressiv bis auf 55 Prozent.
Für den GLB sind daher die Schlussfolgerungen aus dem Sozialbericht eindeutig: Ein gesetzlicher Mindestlohn von 1.700 Euro brutto für Vollzeitarbeit. Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche. Besteuerung der Millionenvermögen und Erbschaften. Entlastung der unteren Einkommensgruppen bei der Lohnsteuer. Jährliche Anpassung der Lohnsteuerstufen zur Abschaffung der kalten Progression. Besteuerung von Kapitalerträgen nach der Einkommensteuer bis zum Spitzensteuersatz. Zeitgemäße Anpassung der Grundsteuer nach dem Verkehrswert ohne Überwälzung auf die Wohnungsmieten. Reform des Mietrechts mit dem Kernpunkt klarer Mietzinsobergrenzen für ein leistbares Wohnen. Stärkung des Umlagesystems der Sozialversicherungen statt Begünstigung privater Vorsorge. Beschäftigungsimpulse durch Aufträge der öffentlichen Hand zum Ausbau der Infrastruktur.
„Diese Punkte zeigen, wo der Handlungsbedarf für die Regierung liegt. Der Koalitionspakt Neu von SPÖ und ÖVP geht allerdings in die Gegenrichtung und verschärft die soziale Lage noch mehr“, so Stingl abschließend.