So kann es nicht weitergehen
- Montag, 8. Juli 2013 @ 11:50
Von Thomas Erlach
Der seit 2004 bestehende Kollektivvertag im Sozialbereich heißt nun „Sozialwirtschaft Österreich (BAGS-KV)“. Die Arbeitgebervereinigung hat sich einen neuen Namen gegeben, der jetzt auch nach außen sichtbar macht um was es im Sozialbereich nun geht: Ausbeutung der Beschäftigten. Produktivitätssteigerung um den Preis der Gesundheit der Belegschaften, weitere Absenkung des ohnehin schon miserabel niedrigen Lohnniveaus. Schon in der Entstehungsphase war der Kollektivvertag bei den Beschäftigten umstritten, da er die erwarteten Verbesserungen bei Einkommen und Arbeitsbedingungen nicht mit sich brachte. Vielmehr versuchte die Gewerkschaft damit Stimmung zu machen, dass ja mehr als 50 Prozent der Beschäftigten durch den Kollektivvertag mehr verdienen würden als vorher. Dadurch hat die Gewerkschaft den Kreis der organisierten ArbeitnehmerInnen bewusst gespalten und uns eine jahrelange vollkommen sinnlose Neiddebatte beschert.
Damit wurde davon abgelenkt, dass die prognostizierten Verbesserungen weitgehend ausgeblieben sind. Weil die Arbeitgeber neue Stellenbeschreibungen erfanden, konnte aufgrund einer neuen Einstufungspraxis das Lohnniveau sogar noch abgesenkt werden.
Die Hälfte der Betroffenen, die schon vor 2004 in einem Beschäftigungsverhältnis waren, wurde als „die Altverträge“ zum neuen Feindbild von Arbeitgebern und Geldgebern, und das nur deswegen, weil sie mehr als den gesetzlichen Mindestlohn verdienen.
Vor der Unterzeichnung wurde uns von Gewerkschaftsseite versprochen, dass der Kollektivvertrag in den jährlichen Verhandlungen laufend verbessert werden würde, so dass er nach einigen Jahren dann ganz passabel sei. Darauf warten wir Beschäftigte bis heute vergeblich.
Die BAGS-Einkommen liegen um 18 Prozent unter dem Durchschnitt, obwohl sich Gewerkschaft und Arbeitgeber in ihren Bekundungen über die Bedeutung des Sozialbereichs die Zukunftsbranche Österreichs gegenseitig übertreffen. In einem Ranking der schlechtesten Kollektivverträge kam der BAGS-KV auf Platz 18. Nur weitere 17 Kollektivverträge sind noch mieser.
Schuld daran sind die zu niedrigen Abschlüsse bei den jährlichen Verhandlungen. Abschlüsse unter oder knapp über der Inflationsrate bringen keine Verbesserung, sondern eine schleichende Verschlechterung für die Beschäftigten. Im Rahmenrecht wurde von den Arbeitgebern auch noch nie etwas zugestanden, dass sie wirklich Geld gekostet hätte.
Der KV-Abschluss 2012 mit 2,75 Prozent ist eindeutig zu niedrig ausgefallen. Bei einer Inflation von 2,6 Prozent und dem längst fälligen Ausgleich für die laufende Produktivitätssteigerung und Leistungsverdichtung, stellt sich die Frage wie lange wir noch auf realistische Arbeits- und Einkommensbedingungen warten sollen und wollen.
Das Ergebnis wurde auf Arbeitnehmerseite nur mit einer Stimme angenommen, fast die Hälfte der BetriebsrätInnen stimmte gegen diesen Abschluss. Es gibt schon seit den Verhandlungen Proteste von unzufriedenen BetriebsrätInnen und Belegschaften, die aber von der Gewerkschaft unter den Teppich gekehrt werden. Proteste, die aber nicht nachlassen, und in die KV-Verhandlungen des nächsten Jahres einfließen werden.
Jährlich finden im Rahmen der KV-Runde österreichweite Demonstrationen statt. Das ist mittlerweile zu wenig. Wenn wir Beschäftigte mehr erreichen wollen als in der Vergangenheit, braucht es härtere Kampfmaßnahmen. Ein Streik im Sozialbereich ist unumgänglich. Je früher je besser. Sonst wird sich nichts ändern.
Eins steht fest: So kann es nicht weitergehen. Das Anheben der Einkommen im Sozialbereich um 18 Prozent, also zumindest einmal auf den österreichischen Durchschnitt, wäre schon lange von der Gewerkschaft einzufordern. Wir kritischen BetriebsrätInnen arbeiten darauf hin, und rufen alle Beschäftigten im Sozialbereich auf, dafür mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu kämpfen.
Thomas Erlach ist Praxeologe und BRV bei EXIT-sozial Linz
Mehrere freie Radios haben ein Interview mit Thomas Erlach über Budgetkürzungen im Sozialbereich gesendet. Zum Anhören unter http://cba.fro.at/110677.
Der seit 2004 bestehende Kollektivvertag im Sozialbereich heißt nun „Sozialwirtschaft Österreich (BAGS-KV)“. Die Arbeitgebervereinigung hat sich einen neuen Namen gegeben, der jetzt auch nach außen sichtbar macht um was es im Sozialbereich nun geht: Ausbeutung der Beschäftigten. Produktivitätssteigerung um den Preis der Gesundheit der Belegschaften, weitere Absenkung des ohnehin schon miserabel niedrigen Lohnniveaus. Schon in der Entstehungsphase war der Kollektivvertag bei den Beschäftigten umstritten, da er die erwarteten Verbesserungen bei Einkommen und Arbeitsbedingungen nicht mit sich brachte. Vielmehr versuchte die Gewerkschaft damit Stimmung zu machen, dass ja mehr als 50 Prozent der Beschäftigten durch den Kollektivvertag mehr verdienen würden als vorher. Dadurch hat die Gewerkschaft den Kreis der organisierten ArbeitnehmerInnen bewusst gespalten und uns eine jahrelange vollkommen sinnlose Neiddebatte beschert.
Damit wurde davon abgelenkt, dass die prognostizierten Verbesserungen weitgehend ausgeblieben sind. Weil die Arbeitgeber neue Stellenbeschreibungen erfanden, konnte aufgrund einer neuen Einstufungspraxis das Lohnniveau sogar noch abgesenkt werden.
Die Hälfte der Betroffenen, die schon vor 2004 in einem Beschäftigungsverhältnis waren, wurde als „die Altverträge“ zum neuen Feindbild von Arbeitgebern und Geldgebern, und das nur deswegen, weil sie mehr als den gesetzlichen Mindestlohn verdienen.
Vor der Unterzeichnung wurde uns von Gewerkschaftsseite versprochen, dass der Kollektivvertrag in den jährlichen Verhandlungen laufend verbessert werden würde, so dass er nach einigen Jahren dann ganz passabel sei. Darauf warten wir Beschäftigte bis heute vergeblich.
Die BAGS-Einkommen liegen um 18 Prozent unter dem Durchschnitt, obwohl sich Gewerkschaft und Arbeitgeber in ihren Bekundungen über die Bedeutung des Sozialbereichs die Zukunftsbranche Österreichs gegenseitig übertreffen. In einem Ranking der schlechtesten Kollektivverträge kam der BAGS-KV auf Platz 18. Nur weitere 17 Kollektivverträge sind noch mieser.
Schuld daran sind die zu niedrigen Abschlüsse bei den jährlichen Verhandlungen. Abschlüsse unter oder knapp über der Inflationsrate bringen keine Verbesserung, sondern eine schleichende Verschlechterung für die Beschäftigten. Im Rahmenrecht wurde von den Arbeitgebern auch noch nie etwas zugestanden, dass sie wirklich Geld gekostet hätte.
Der KV-Abschluss 2012 mit 2,75 Prozent ist eindeutig zu niedrig ausgefallen. Bei einer Inflation von 2,6 Prozent und dem längst fälligen Ausgleich für die laufende Produktivitätssteigerung und Leistungsverdichtung, stellt sich die Frage wie lange wir noch auf realistische Arbeits- und Einkommensbedingungen warten sollen und wollen.
Das Ergebnis wurde auf Arbeitnehmerseite nur mit einer Stimme angenommen, fast die Hälfte der BetriebsrätInnen stimmte gegen diesen Abschluss. Es gibt schon seit den Verhandlungen Proteste von unzufriedenen BetriebsrätInnen und Belegschaften, die aber von der Gewerkschaft unter den Teppich gekehrt werden. Proteste, die aber nicht nachlassen, und in die KV-Verhandlungen des nächsten Jahres einfließen werden.
Jährlich finden im Rahmen der KV-Runde österreichweite Demonstrationen statt. Das ist mittlerweile zu wenig. Wenn wir Beschäftigte mehr erreichen wollen als in der Vergangenheit, braucht es härtere Kampfmaßnahmen. Ein Streik im Sozialbereich ist unumgänglich. Je früher je besser. Sonst wird sich nichts ändern.
Eins steht fest: So kann es nicht weitergehen. Das Anheben der Einkommen im Sozialbereich um 18 Prozent, also zumindest einmal auf den österreichischen Durchschnitt, wäre schon lange von der Gewerkschaft einzufordern. Wir kritischen BetriebsrätInnen arbeiten darauf hin, und rufen alle Beschäftigten im Sozialbereich auf, dafür mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu kämpfen.
Thomas Erlach ist Praxeologe und BRV bei EXIT-sozial Linz
Mehrere freie Radios haben ein Interview mit Thomas Erlach über Budgetkürzungen im Sozialbereich gesendet. Zum Anhören unter http://cba.fro.at/110677.