Service top, Politik flop
- Montag, 8. Juli 2013 @ 11:46
Von Leo Furtlehner
Laut einer IFES-Umfrage halten 91 Prozent der Beschäftigten in Oberösterreich die Arbeiterkammer für eine wichtige Interessenvertretung, die AK ist die Institution mit dem höchsten Vertrauen. Ausgangspunkt für diese guten Imagewerte war die 1989 durch die Privilegien des damaligen steirischen AK-Präsidenten Rechberger ausgelöste Krise, die zu einer gründlichen Reform und zum AK-Gesetz 1992 führte. 1996 beteiligten sich bei einer Mitgliederbefragung zwei Drittel der AK-Mitglieder und sprachen sich zu 90 Prozent für die Kammern als öffentlich-rechtliche Institution mit Pflichtmitgliedschaft aus. Der Preis der Reform war freilich, dass sich das politische Gewicht der AK zugunsten ihres verstärkten Servicecharakters verschob.
Das Leistungsangebot der Arbeiterkammern ist vielfältig: Arbeits- und Sozialrecht, Konsumentenschutz, Lohnsteuerrecht, Insolvenzrecht, Mietrecht, Bildung, Lehrlingsausbildung und Gleichbehandlung gehören dazu. So vertritt die AK ihre Mitglieder bei Bedarf gegenüber Unternehmen und vor Gericht, schult LaienrichterInnen und entsendet diese in die Arbeits- und Sozialgerichte. Darüber hinaus betreibt die AK Bildungseinrichtungen wie Volkshochschule und Berufsförderungsinstitut und ist auch im Kulturbereich engagiert.
So gab die oö Arbeiterkammer 2012 nicht weniger als 348.000 Menschen Rat und Hilfe, davon 228.000 zum Arbeits- und Sozialrecht, 101.000 zum Konsumentenschutz und 16.000 zu Bildungsfragen. In 17.000 Fällen übernahm die AK in Oberösterreich die Rechtsvertretung, davon wurden 10.000 Fälle abgeschlossen und 85 Millionen Euro erkämpft.
Die Basis für diese Aktivitäten ist die AK-Umlage, die mit 0,5 Prozent der Beitragsgrundlage der Krankenversicherung festgelegt ist. In Oberösterreich betrug dieser „Mitgliedsbeitrag“ 2012 durchschnittlich 6,16 Euro netto monatlich. Wobei Lehrlinge, Arbeitslose sowie karenzierte und geringfügig Beschäftigte keinen Beitrag zahlen. Unter Einrechnung aller Leistungen, von den erkämpften Beträgen bis zu kostenlosen Dienstleistungen und Angeboten wie Konsumentenberatung oder Bildungsbonus fließt jedoch der von den Mitgliedern geleistete Beitrag in dreifacher Höhe wieder an sie zurück.
Im Vergleich mit den anderen Kammern gilt die AK als recht effizient. So werden pro MitarbeiterIn bei der Arbeiterkammer rund 1.400 Mitglieder betreut, bei der Landwirtschaftskammer rund 120 und bei der Wirtschaftskammer rund 60. Umgekehrt hat die AK derzeit pro Jahr und Mitglied rund 119 Euro zur Verfügung, die Landwirtschaftskammer rund das Zehnfache und die Wirtschaftskammer sogar das 18-fache.
Seit ihrer Gründung besteht zwischen AK und ÖGB eine enge Symbiose. Entsprechend dieser Arbeitsteilung ist der als Verein mit freiwilliger Mitgliedschaft organisierte ÖGB für die Lohnpolitik und Unterstützung der Betriebsräte zuständig, die auf Pflichtmitgliedschaft beruhende AK für Rechtsvertretung und Einfluss auf die Gesetzgebung. Entsprechend dem Ergebnis der AK-Wahlen entsendet die AK auch VertreterInnen in die Gremien der Gebietskrankenkasse (GKK), der Unfallversicherung (AUVA) und der Pensionsversicherungsanstalt (PVA).
Der politische Kopf wäre eigentlich die Bundesarbeitskammer (BAK) als Dachorganisation der neun Länderkammern. Freilich definiert sich die AK ebenso wie der ÖGB neben Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer als eine der vier Säulen der Sozialpartnerschaft, für die „der bestmögliche Interessenausgleich durch Verhandlungen und Kompromissbereitschaft“ oberste Richtlinie ist. So wie sich der ÖGB zum Schaden der Lohnabhängigen bei den Lohnkämpfen vornehm zurückhält verzichtet die AK darauf, die Interessen ihrer Mitglieder bei Gesetzen hartnäckig zu vertreten, wie sich zuletzt etwa beim Belastungspaket 2012 deutlich gezeigt hat.
Die Arbeiterkammern verfügen in ihren Abteilungen über einen enormen Brain-Trust mit hochqualifiziertem wissenschaftlichem Personal. Sie legen regelmäßig Studien und Expertisen zu den verschiedensten Bereichen als Handlungsgrundlagen für die Gewerkschaften vor, die freilich nicht den nötigen politischen Niederschlag finden. Sei es durch faule Kompromisse bei Lohnverhandlungen oder durch die Zustimmung von SpitzengewerkschafterInnen im Parlament zu Gesetzen zum Schaden der Lohnabhängigen.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
Laut einer IFES-Umfrage halten 91 Prozent der Beschäftigten in Oberösterreich die Arbeiterkammer für eine wichtige Interessenvertretung, die AK ist die Institution mit dem höchsten Vertrauen. Ausgangspunkt für diese guten Imagewerte war die 1989 durch die Privilegien des damaligen steirischen AK-Präsidenten Rechberger ausgelöste Krise, die zu einer gründlichen Reform und zum AK-Gesetz 1992 führte. 1996 beteiligten sich bei einer Mitgliederbefragung zwei Drittel der AK-Mitglieder und sprachen sich zu 90 Prozent für die Kammern als öffentlich-rechtliche Institution mit Pflichtmitgliedschaft aus. Der Preis der Reform war freilich, dass sich das politische Gewicht der AK zugunsten ihres verstärkten Servicecharakters verschob.
Das Leistungsangebot der Arbeiterkammern ist vielfältig: Arbeits- und Sozialrecht, Konsumentenschutz, Lohnsteuerrecht, Insolvenzrecht, Mietrecht, Bildung, Lehrlingsausbildung und Gleichbehandlung gehören dazu. So vertritt die AK ihre Mitglieder bei Bedarf gegenüber Unternehmen und vor Gericht, schult LaienrichterInnen und entsendet diese in die Arbeits- und Sozialgerichte. Darüber hinaus betreibt die AK Bildungseinrichtungen wie Volkshochschule und Berufsförderungsinstitut und ist auch im Kulturbereich engagiert.
So gab die oö Arbeiterkammer 2012 nicht weniger als 348.000 Menschen Rat und Hilfe, davon 228.000 zum Arbeits- und Sozialrecht, 101.000 zum Konsumentenschutz und 16.000 zu Bildungsfragen. In 17.000 Fällen übernahm die AK in Oberösterreich die Rechtsvertretung, davon wurden 10.000 Fälle abgeschlossen und 85 Millionen Euro erkämpft.
Die Basis für diese Aktivitäten ist die AK-Umlage, die mit 0,5 Prozent der Beitragsgrundlage der Krankenversicherung festgelegt ist. In Oberösterreich betrug dieser „Mitgliedsbeitrag“ 2012 durchschnittlich 6,16 Euro netto monatlich. Wobei Lehrlinge, Arbeitslose sowie karenzierte und geringfügig Beschäftigte keinen Beitrag zahlen. Unter Einrechnung aller Leistungen, von den erkämpften Beträgen bis zu kostenlosen Dienstleistungen und Angeboten wie Konsumentenberatung oder Bildungsbonus fließt jedoch der von den Mitgliedern geleistete Beitrag in dreifacher Höhe wieder an sie zurück.
Im Vergleich mit den anderen Kammern gilt die AK als recht effizient. So werden pro MitarbeiterIn bei der Arbeiterkammer rund 1.400 Mitglieder betreut, bei der Landwirtschaftskammer rund 120 und bei der Wirtschaftskammer rund 60. Umgekehrt hat die AK derzeit pro Jahr und Mitglied rund 119 Euro zur Verfügung, die Landwirtschaftskammer rund das Zehnfache und die Wirtschaftskammer sogar das 18-fache.
Seit ihrer Gründung besteht zwischen AK und ÖGB eine enge Symbiose. Entsprechend dieser Arbeitsteilung ist der als Verein mit freiwilliger Mitgliedschaft organisierte ÖGB für die Lohnpolitik und Unterstützung der Betriebsräte zuständig, die auf Pflichtmitgliedschaft beruhende AK für Rechtsvertretung und Einfluss auf die Gesetzgebung. Entsprechend dem Ergebnis der AK-Wahlen entsendet die AK auch VertreterInnen in die Gremien der Gebietskrankenkasse (GKK), der Unfallversicherung (AUVA) und der Pensionsversicherungsanstalt (PVA).
Der politische Kopf wäre eigentlich die Bundesarbeitskammer (BAK) als Dachorganisation der neun Länderkammern. Freilich definiert sich die AK ebenso wie der ÖGB neben Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer als eine der vier Säulen der Sozialpartnerschaft, für die „der bestmögliche Interessenausgleich durch Verhandlungen und Kompromissbereitschaft“ oberste Richtlinie ist. So wie sich der ÖGB zum Schaden der Lohnabhängigen bei den Lohnkämpfen vornehm zurückhält verzichtet die AK darauf, die Interessen ihrer Mitglieder bei Gesetzen hartnäckig zu vertreten, wie sich zuletzt etwa beim Belastungspaket 2012 deutlich gezeigt hat.
Die Arbeiterkammern verfügen in ihren Abteilungen über einen enormen Brain-Trust mit hochqualifiziertem wissenschaftlichem Personal. Sie legen regelmäßig Studien und Expertisen zu den verschiedensten Bereichen als Handlungsgrundlagen für die Gewerkschaften vor, die freilich nicht den nötigen politischen Niederschlag finden. Sei es durch faule Kompromisse bei Lohnverhandlungen oder durch die Zustimmung von SpitzengewerkschafterInnen im Parlament zu Gesetzen zum Schaden der Lohnabhängigen.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“