Schaumgebremste Reform
- Mittwoch, 13. April 2016 @ 16:54
Lilian Stadler über den Pensionsgipfel
Dieser 29. Februar sollte wohl ein denkwürdiger werden: Neue Erkenntnisse über unser Pensionssystem und deren Folgewirkungen wurden angekündigt, eine Pensionsreform, die endlich alle künftigen Finanzierungsprobleme auf Dauer lösen sollte. Und es meldeten sich im Vorfeld auch gleich alle möglichen „Experten“, die ihre Vorstellungen und Begehrlichkeiten einbrachten. Vor allem von Seiten der ÖVP aber auch der Neos wurden die Messer geschliffen: sowohl die Anhebung des Pensionsalters insgesamt auf Grund der demographischen Entwicklung, die sogenannte 'Pensionsautomatik', als auch die vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters - egal wie die reale Entwicklung am Arbeitsplatz ausschaut – wurden wieder einmal ins Spiel gebracht.
Doch dann kam der ÖVP die Bundespräsidentenwahl dazwischen und ihr Lieblingskandidat abhanden. Also setzte man auf den altgedienten Parteisoldaten Andreas Khol, der allerdings als Präsident des Seniorenrates sich schwerlich für eine Verschlechterung des Pensionssystems hergeben konnte, noch dazu wo sein „Widerpart“ Sozialminister Rudolf Hundstorfer ebenfalls zur Wahl antritt. Das würde sein Stimmenpotential eindeutig schwächen. So wurde es je näher der „Gipfel“ heranrückte immer leiser.
Herausgekommen ist ein zehnseitiges „Paket“ mit zum Teil vagen Absichtserklärungen und Sollbestimmungen.
Der größte Aufreger, den Zuverdienst für ASVG-PensionistInnen mit Abzügen auf die Eigenpension zu koppeln, war sofort vom Tisch. Man müsse noch weiterverhandeln wurde von Regierungsseite versichert, an eine Bestrafung sei nicht gedacht, man wolle nur erreichen, dass die Menschen später in Pension gehen.
Fix ist die Verkleinerung der „Pensionskommission“. Wer darin vertreten sein wird ist nicht geklärt, neu sollen jedoch Jugend- und Senioren-Vertreter mit im Team sein, weitere Experten sowie zwei internationale Fachleute (!?) nur mehr ohne Stimmrecht kooptiert werden. Die Empfehlungen der Kommission sollen der Regierung vorgelegt und entweder so beschlossen oder durch gleichwertige Alternativen ersetzt werden. Schon bisher machte die Kommission Vorschläge, allerdings wurden da gerne Äpfel mit Birnen verglichen und Horrorszenarien über den künftigen Anstieg der staatlichen Zuschüsse zum Pensionssystem verbreitet.
Ob es dann bei den Pensionen beim „Primat der Politik“ (Sozialminister Stöger) bleibt oder über einen „Gerechtigkeitsmechanismus“ (Finanzminister Schelling) doch zu einer Pensionsautomatik kommt, wird vom politischen Kräfteverhältnis bestimmt werden.
Beim Bonus-Malus-System wurde gerade mal nur eine Hälfte angegangen: wer länger über das gesetzliche Pensionsalter hinaus arbeitet, dem werden für die ersten drei Jahre nur die halben Pensionsversicherungsbeiträge verrechnet. Damit erhöht sich der Bonus von 4,2 auf 5,1 Prozent. Der Malus für Kündigungen älterer Arbeitnehmer wird dank des Einflusses der Wirtschaftskammer auch weiterhin von der Portokasse zu bedienen sein.
Für ab 1955 geborene Frauen sollen Kindererziehungszeiten bis zu acht Jahren pensionsbegründend angerechnet werden und auch beim „Pensionssplitting“ wird eine Verlängerung von vier auf sieben Jahre pro Kind in Aussicht gestellt (wenn ein Elternteil dem anderen, der sich der Kindererziehung widmet, bis zu 50 Prozent der Teilgutschrift im Pensionskonto überträgt). Ein echtes Minderheitenprogramm, denn in den Jahren 2007 bis 2015 wurde davon gerade 296-mal davon Gebrauch gemacht.
Im Bereich Invaliditätspension und Rehabilitation sollen letztendlich durch Frühintervention der Krankenversicherungsträger bzw. Umschulungsmaßnahmen des AMS Kosten gespart werden. Unter dem Titel „Wiedereingliederung nach langem Krankenstand“ - die Bezeichnung „Teilzeitkrankenstand“ wurde wieder fallen gelassen – soll es Personen nach längerer Krankheit ermöglicht werden mit reduziertem Stundenumfang in ihren Job zurückzukehren, der Verdienstentgang soll mit Krankengeld ausgeglichen werden. Dies nur auf freiwilliger Basis wird versichert, wie die Arbeitgeber dazu stehen ist nicht geklärt.
Umschulungsmaßnahmen bei Rehabilitation sollen schon während der medizinischen Behandlung ansetzen und auch für Versicherte ohne Berufsschutz möglich werden.
Ob damit mehr Menschen in neue Jobs vermittelt werden können wie bisher ist mehr als fraglich. Durch eine bessere Kooperation von Gebietskrankenkassen, AMS und Pensionsversicherungsanstalt werden noch lange keine Arbeitsplätze geschaffen.
Den bei der Steuerreform eindeutig benachteiligten AusgleichszulagenbezieherInnen - sie gehen bekanntlich bei der „Negativsteuer“ leer aus – soll die Ausgleichszulage auf 1.000 Euro erhöht werden. Dies gilt aber nur für jene, die 30 echte Beitragsjahre gearbeitet haben. Den übrigen an die 200.000 Betroffenen wird nicht geholfen.
Wenn auch die schlimmsten Befürchtungen, wie die Anhebung des Pensionsalters und die Pensionsautomatik, vorerst nicht eingetreten sind, ist Jubel nicht angesagt. Denn die Arbeitslosenzahlen steigen, die Verunsicherung bleibt und die privaten Pensionsvorsorger lachen sich weiterhin ins Fäustchen. Dem wird sich der ÖGB stellen müssen.
Lilian Stadler vertritt den Zentralverband der PensionistInnen im Österreichischen Seniorenrat
Dieser 29. Februar sollte wohl ein denkwürdiger werden: Neue Erkenntnisse über unser Pensionssystem und deren Folgewirkungen wurden angekündigt, eine Pensionsreform, die endlich alle künftigen Finanzierungsprobleme auf Dauer lösen sollte. Und es meldeten sich im Vorfeld auch gleich alle möglichen „Experten“, die ihre Vorstellungen und Begehrlichkeiten einbrachten. Vor allem von Seiten der ÖVP aber auch der Neos wurden die Messer geschliffen: sowohl die Anhebung des Pensionsalters insgesamt auf Grund der demographischen Entwicklung, die sogenannte 'Pensionsautomatik', als auch die vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters - egal wie die reale Entwicklung am Arbeitsplatz ausschaut – wurden wieder einmal ins Spiel gebracht.
Doch dann kam der ÖVP die Bundespräsidentenwahl dazwischen und ihr Lieblingskandidat abhanden. Also setzte man auf den altgedienten Parteisoldaten Andreas Khol, der allerdings als Präsident des Seniorenrates sich schwerlich für eine Verschlechterung des Pensionssystems hergeben konnte, noch dazu wo sein „Widerpart“ Sozialminister Rudolf Hundstorfer ebenfalls zur Wahl antritt. Das würde sein Stimmenpotential eindeutig schwächen. So wurde es je näher der „Gipfel“ heranrückte immer leiser.
Herausgekommen ist ein zehnseitiges „Paket“ mit zum Teil vagen Absichtserklärungen und Sollbestimmungen.
Der größte Aufreger, den Zuverdienst für ASVG-PensionistInnen mit Abzügen auf die Eigenpension zu koppeln, war sofort vom Tisch. Man müsse noch weiterverhandeln wurde von Regierungsseite versichert, an eine Bestrafung sei nicht gedacht, man wolle nur erreichen, dass die Menschen später in Pension gehen.
Fix ist die Verkleinerung der „Pensionskommission“. Wer darin vertreten sein wird ist nicht geklärt, neu sollen jedoch Jugend- und Senioren-Vertreter mit im Team sein, weitere Experten sowie zwei internationale Fachleute (!?) nur mehr ohne Stimmrecht kooptiert werden. Die Empfehlungen der Kommission sollen der Regierung vorgelegt und entweder so beschlossen oder durch gleichwertige Alternativen ersetzt werden. Schon bisher machte die Kommission Vorschläge, allerdings wurden da gerne Äpfel mit Birnen verglichen und Horrorszenarien über den künftigen Anstieg der staatlichen Zuschüsse zum Pensionssystem verbreitet.
Ob es dann bei den Pensionen beim „Primat der Politik“ (Sozialminister Stöger) bleibt oder über einen „Gerechtigkeitsmechanismus“ (Finanzminister Schelling) doch zu einer Pensionsautomatik kommt, wird vom politischen Kräfteverhältnis bestimmt werden.
Beim Bonus-Malus-System wurde gerade mal nur eine Hälfte angegangen: wer länger über das gesetzliche Pensionsalter hinaus arbeitet, dem werden für die ersten drei Jahre nur die halben Pensionsversicherungsbeiträge verrechnet. Damit erhöht sich der Bonus von 4,2 auf 5,1 Prozent. Der Malus für Kündigungen älterer Arbeitnehmer wird dank des Einflusses der Wirtschaftskammer auch weiterhin von der Portokasse zu bedienen sein.
Für ab 1955 geborene Frauen sollen Kindererziehungszeiten bis zu acht Jahren pensionsbegründend angerechnet werden und auch beim „Pensionssplitting“ wird eine Verlängerung von vier auf sieben Jahre pro Kind in Aussicht gestellt (wenn ein Elternteil dem anderen, der sich der Kindererziehung widmet, bis zu 50 Prozent der Teilgutschrift im Pensionskonto überträgt). Ein echtes Minderheitenprogramm, denn in den Jahren 2007 bis 2015 wurde davon gerade 296-mal davon Gebrauch gemacht.
Im Bereich Invaliditätspension und Rehabilitation sollen letztendlich durch Frühintervention der Krankenversicherungsträger bzw. Umschulungsmaßnahmen des AMS Kosten gespart werden. Unter dem Titel „Wiedereingliederung nach langem Krankenstand“ - die Bezeichnung „Teilzeitkrankenstand“ wurde wieder fallen gelassen – soll es Personen nach längerer Krankheit ermöglicht werden mit reduziertem Stundenumfang in ihren Job zurückzukehren, der Verdienstentgang soll mit Krankengeld ausgeglichen werden. Dies nur auf freiwilliger Basis wird versichert, wie die Arbeitgeber dazu stehen ist nicht geklärt.
Umschulungsmaßnahmen bei Rehabilitation sollen schon während der medizinischen Behandlung ansetzen und auch für Versicherte ohne Berufsschutz möglich werden.
Ob damit mehr Menschen in neue Jobs vermittelt werden können wie bisher ist mehr als fraglich. Durch eine bessere Kooperation von Gebietskrankenkassen, AMS und Pensionsversicherungsanstalt werden noch lange keine Arbeitsplätze geschaffen.
Den bei der Steuerreform eindeutig benachteiligten AusgleichszulagenbezieherInnen - sie gehen bekanntlich bei der „Negativsteuer“ leer aus – soll die Ausgleichszulage auf 1.000 Euro erhöht werden. Dies gilt aber nur für jene, die 30 echte Beitragsjahre gearbeitet haben. Den übrigen an die 200.000 Betroffenen wird nicht geholfen.
Wenn auch die schlimmsten Befürchtungen, wie die Anhebung des Pensionsalters und die Pensionsautomatik, vorerst nicht eingetreten sind, ist Jubel nicht angesagt. Denn die Arbeitslosenzahlen steigen, die Verunsicherung bleibt und die privaten Pensionsvorsorger lachen sich weiterhin ins Fäustchen. Dem wird sich der ÖGB stellen müssen.
Lilian Stadler vertritt den Zentralverband der PensionistInnen im Österreichischen Seniorenrat