Nur eine Variante ist akzeptabel
- Dienstag, 24. Februar 2015 @ 14:31
Leo Furtlehner über die Gegenfinanzierung einer Steuerreform
Über die Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung der Lohnsteuerzahler_innen durch die Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 Prozent auf 25 Prozent sind sich eigentlich alle einig. Weitgehend auch darüber, dass die Besteuerung für Einkommensteile von derzeit 11.000 auf 18.000 Euro im Jahr hinaufgesetzt werden soll und eine wirksame Entlastung ein Volumen von mehr als fünf Milliarden Euro erfordert. Völlig gegensätzliche Vorstellungen gibt es hingegen über die dazu erforderliche Gegenfinanzierung.
Keine Lösung wäre eine Steuerentlastung auf Kosten einer weiteren Zunahme der ohnehin schon hohen Staatsverschuldung. Das würde nur die Abhängigkeit von den Banken weiter verstärken und der Staat zahlt schon jetzt rund neun Milliarden Euro Zinsen im Jahr.
Nebenkosten im Visier
WKO, Industriellenvereinigung und Konsorten schwärmen nicht erst jetzt von einer Senkung der Lohnnebenkosten. Profitieren würden davon freilich nicht die Beschäftigten, sondern nur die Unternehmen, weil die Finanzierungsbasis für die Sozialversicherung und wichtige Sozialleistungen ausgehöhlt würde. Ein Schuss ins eigene Knie wäre eine Gegenfinanzierung durch Wegfall der Steuerbegünstigung für den 13./14. Bezug.
Besonders glorreich ist die Idee, die Steuerreform durch die Abschaffung des begünstigten Mehrwertsteuersatzes zu finanzieren. 20 statt 10 Prozent Mehrwertsteuer würde Wohnen, Heizung, Nahverkehr, Medikamente etc. verteuern. Doppelt gestraft wären dabei Kleinstverdiener_innen die keine Lohnsteuer zahlen und für die auch die Negativsteuer nicht angehoben werden soll.
Zinsen im Visier
Ebenso „originell“ ist der Vorschlag, Grundsteuer und Kapitalertragssteuer anzuheben. Ersteres wäre dann akzeptabel, wenn die Grundsteuer nicht mehr wie bisher auf die Betriebskosten abgewälzt würde und damit die Wohnkosten verteuert. Und die unter SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky eingeführte Kapitalertragssteuer steuert rigoros 25 Prozent der Zinsen weg, egal ob vom Sparbuch mit hundert Euro oder einem Millionenvermögen statt Zinserträge progressiv mit der Einkommensteuer zu besteuern.
Besonders findige Gegenfinanzierer_innen meinen angesichts gesunkener Treibstoffpreise, dass die Steuerreform ohnehin bereits durch billigeres Benzin finanziert sei. Dem halten umgekehrt besonders Ökofixierte entgegen, man müsse die gesunkenen Preise durch höhere Steuern auf Treibstoffe ausgleichen. Nun gäbe es freilich Ansatzpunkte im Umweltsektor: Etwa die Möglichkeit der Aufhebung der Steuerfreiheit für Kerosin oder der ursprünglich als Agrarförderung gedachten Niedrigsteuersätze für Diesel und Biosprit. Und laut Verkehrsclub Österreichs (VCÖ) bedeuten rund 400.000 privat genutzte Firmenwagen einen Steuerentfall von 600 Millionen Euro pro Jahr.
Ebenso wäre eine Gegenfinanzierung durch Kürzung der Staatsausgaben der falsche Weg. Das zielt auf Sozialabbau und Einsparungen beim Personal hin, denn wo sonst will man in der Verwaltung im großen Stil Kosten reduzieren. Hingegen soll nicht verschwiegen werden, dass es beim überbordenden Föderalismus, durch neun Landesgesetzgebungen völlig antiquiert, Einsparungspotential gäbe.
Subventionen im Visier
Aufs Korn genommen hat man auch die Subventionen. Bei der Debatte über Mehrfachförderungen wird freilich verschwiegen, dass viele Projekte ausdrücklich auf der Förderung durch EU, Bund, Land und Gemeinden beruhen. Eine Vereinheitlichung auf eine Förderstelle würde daher eine Umschichtung der Fördermittel verlangen oder das Aus für viele Sozial- oder Kulturprojekte bedeuten.
Die einzig sinnvolle Gegenfinanzierung einer Steuerreform ist und bleibt daher, den Einnahmenausfall durch höhere Steuern auf die Profite und die Millionenvermögen auszugleichen. Nur dadurch wird die Kaufkraft der unteren Einkommensgruppen gestärkt und damit auch die schwache Konjunktur belebt und der Anstieg der Arbeitslosigkeit gebremst. Das ist freilich so gar nicht nach dem Geschmack der wirklich Reichen, die sich trotz Millionenvermögen ganz in der ÖVP-Diktion gerne als „Mittelstand“ verstehen.
Geld ist vorhanden
Laut D.A.CH-Report gab es 2013 in Österreich 82.300 Millionär_innen mit einem Vermögen von 262 Milliarden Euro. Nur ein Prozent Vermögenssteuer auf die Vermögensanteile über einer Million Euro würden jährlich 1,8 Mrd. Euro jährlich für die Staatskasse bringen. Und dass Erben eine Leistung ist kann wohl auch niemand ernsthaft behaupten.
Weitere konkrete Ansatzpunkte wären etwa die Streichung absurder Steuerbegünstigungen wie der Gruppenbesteuerung für Kapitalgesellschaften (Steuerausfall 600 Mio. Euro pro Jahr) oder für Betriebs- und Privatpensionen (2 Mrd. Euro). Weiters die Eintreibung offener Steuerschulden (1,74 Mrd. Euro) und Rückstände bei Sozialabgaben (0,96 Mrd. Euro). Laut einer EU-Studie gingen 2012 in Österreich dem Staat durch Mehrwertsteuerbetrug wie etwa Karussellgeschäfte 3,24 Mrd. Euro verloren.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
Über die Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung der Lohnsteuerzahler_innen durch die Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 Prozent auf 25 Prozent sind sich eigentlich alle einig. Weitgehend auch darüber, dass die Besteuerung für Einkommensteile von derzeit 11.000 auf 18.000 Euro im Jahr hinaufgesetzt werden soll und eine wirksame Entlastung ein Volumen von mehr als fünf Milliarden Euro erfordert. Völlig gegensätzliche Vorstellungen gibt es hingegen über die dazu erforderliche Gegenfinanzierung.
Keine Lösung wäre eine Steuerentlastung auf Kosten einer weiteren Zunahme der ohnehin schon hohen Staatsverschuldung. Das würde nur die Abhängigkeit von den Banken weiter verstärken und der Staat zahlt schon jetzt rund neun Milliarden Euro Zinsen im Jahr.
Nebenkosten im Visier
WKO, Industriellenvereinigung und Konsorten schwärmen nicht erst jetzt von einer Senkung der Lohnnebenkosten. Profitieren würden davon freilich nicht die Beschäftigten, sondern nur die Unternehmen, weil die Finanzierungsbasis für die Sozialversicherung und wichtige Sozialleistungen ausgehöhlt würde. Ein Schuss ins eigene Knie wäre eine Gegenfinanzierung durch Wegfall der Steuerbegünstigung für den 13./14. Bezug.
Besonders glorreich ist die Idee, die Steuerreform durch die Abschaffung des begünstigten Mehrwertsteuersatzes zu finanzieren. 20 statt 10 Prozent Mehrwertsteuer würde Wohnen, Heizung, Nahverkehr, Medikamente etc. verteuern. Doppelt gestraft wären dabei Kleinstverdiener_innen die keine Lohnsteuer zahlen und für die auch die Negativsteuer nicht angehoben werden soll.
Zinsen im Visier
Ebenso „originell“ ist der Vorschlag, Grundsteuer und Kapitalertragssteuer anzuheben. Ersteres wäre dann akzeptabel, wenn die Grundsteuer nicht mehr wie bisher auf die Betriebskosten abgewälzt würde und damit die Wohnkosten verteuert. Und die unter SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky eingeführte Kapitalertragssteuer steuert rigoros 25 Prozent der Zinsen weg, egal ob vom Sparbuch mit hundert Euro oder einem Millionenvermögen statt Zinserträge progressiv mit der Einkommensteuer zu besteuern.
Besonders findige Gegenfinanzierer_innen meinen angesichts gesunkener Treibstoffpreise, dass die Steuerreform ohnehin bereits durch billigeres Benzin finanziert sei. Dem halten umgekehrt besonders Ökofixierte entgegen, man müsse die gesunkenen Preise durch höhere Steuern auf Treibstoffe ausgleichen. Nun gäbe es freilich Ansatzpunkte im Umweltsektor: Etwa die Möglichkeit der Aufhebung der Steuerfreiheit für Kerosin oder der ursprünglich als Agrarförderung gedachten Niedrigsteuersätze für Diesel und Biosprit. Und laut Verkehrsclub Österreichs (VCÖ) bedeuten rund 400.000 privat genutzte Firmenwagen einen Steuerentfall von 600 Millionen Euro pro Jahr.
Ebenso wäre eine Gegenfinanzierung durch Kürzung der Staatsausgaben der falsche Weg. Das zielt auf Sozialabbau und Einsparungen beim Personal hin, denn wo sonst will man in der Verwaltung im großen Stil Kosten reduzieren. Hingegen soll nicht verschwiegen werden, dass es beim überbordenden Föderalismus, durch neun Landesgesetzgebungen völlig antiquiert, Einsparungspotential gäbe.
Subventionen im Visier
Aufs Korn genommen hat man auch die Subventionen. Bei der Debatte über Mehrfachförderungen wird freilich verschwiegen, dass viele Projekte ausdrücklich auf der Förderung durch EU, Bund, Land und Gemeinden beruhen. Eine Vereinheitlichung auf eine Förderstelle würde daher eine Umschichtung der Fördermittel verlangen oder das Aus für viele Sozial- oder Kulturprojekte bedeuten.
Die einzig sinnvolle Gegenfinanzierung einer Steuerreform ist und bleibt daher, den Einnahmenausfall durch höhere Steuern auf die Profite und die Millionenvermögen auszugleichen. Nur dadurch wird die Kaufkraft der unteren Einkommensgruppen gestärkt und damit auch die schwache Konjunktur belebt und der Anstieg der Arbeitslosigkeit gebremst. Das ist freilich so gar nicht nach dem Geschmack der wirklich Reichen, die sich trotz Millionenvermögen ganz in der ÖVP-Diktion gerne als „Mittelstand“ verstehen.
Geld ist vorhanden
Laut D.A.CH-Report gab es 2013 in Österreich 82.300 Millionär_innen mit einem Vermögen von 262 Milliarden Euro. Nur ein Prozent Vermögenssteuer auf die Vermögensanteile über einer Million Euro würden jährlich 1,8 Mrd. Euro jährlich für die Staatskasse bringen. Und dass Erben eine Leistung ist kann wohl auch niemand ernsthaft behaupten.
Weitere konkrete Ansatzpunkte wären etwa die Streichung absurder Steuerbegünstigungen wie der Gruppenbesteuerung für Kapitalgesellschaften (Steuerausfall 600 Mio. Euro pro Jahr) oder für Betriebs- und Privatpensionen (2 Mrd. Euro). Weiters die Eintreibung offener Steuerschulden (1,74 Mrd. Euro) und Rückstände bei Sozialabgaben (0,96 Mrd. Euro). Laut einer EU-Studie gingen 2012 in Österreich dem Staat durch Mehrwertsteuerbetrug wie etwa Karussellgeschäfte 3,24 Mrd. Euro verloren.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“