Nichts zu erwarten
- Montag, 5. November 2012 @ 15:21
Interview mit Peter Scherz
Frank Stronach, Milliardär mit doppelter Staatsbürgerschaft in Kanada und Österreich, hat einen Wohnsitz in Zug, dem „steuergünstigsten“ Kanton der Schweiz. Mit 1,75 Mrd. Franken Vermögen sieht ihn das Magazin „Bilanz“ dort auf Platz 83 der 300 Reichsten. Nun will er Politiker in Österreich werden. Er hat die Partei „Team Stronach“ gegründet. Mit ihr will er zur Nationalratswahl mit dem Slogan „Wahrheit – Transparenz – Fairness“ antreten. „Die Arbeit“ interviewte dazu Peter Scherz, er hat 46 Jahre bei Steyr Daimler Puch in Graz gearbeitet, davon 31 als GLB-Betriebsrat, 13 Jahre davon im Magna Konzern von Stronach.
Arbeit: Peter, was sagst Du zu Stronachs Slogan „Wahrheit – Transparenz – Fairness“?
Scherz: Stronach hat im kanadischen Konzern Magna mit nur sieben Prozent Aktienanteil in der Hauptversammlung die Stimmenmehrheit gehalten und so den gesamten Konzern beeinflusst. Ist das „fair“? Fairness ist bei ihm nur ein Aushängeschild.
Arbeit: 1998 kaufte er Steyr Daimler Puch in Graz. Wurde die Betriebsratsarbeit leichter?
Scherz: Wir haben in Österreich eine Arbeitsverfassung, das die Einhaltung von Gesetzen und Kollektivverträgen, Einstellungen und Kündigungen, den Abschluss einer Betriebsvereinbarung regelt. Stronach wollte uns als Konkurrenz zum Betriebsrat ein „Fairness-Komitee“ einreden. Hört sich gut an, hat aber keine gesetzlich geschützten Rechte.
Natürlich konnte er bei unserer starken Gewerkschaftstradition den Betriebsrat nicht abschaffen. Aber versucht hat er es. Sein Personalchef war damals Karl-Heinz Grasser. In anderen Magna-Werken in der Steiermark gibt es jedoch keinen Betriebsrat. Es ist schon bekannt, dass mit sanften und weniger sanften Methoden Betriebsratswahlen verhindert wurden.
Arbeit: Der Schweizer „Tagesanzeiger“ zitiert Stronach, wie er den großen Autokonzernen sein Dienste anbiete: „Sagt mir, was ihr braucht, ich mach es schneller und billiger als die Konkurrenz.“ Wie hat er das gemacht?
Scherz: Magna ist bestens organisiert. Es gibt Personaleinsatzrechnungen. Wenn zuviel Personal im Verhältnis zum Auftrag da ist, wird abgebaut. Nirgends wurde so konsequent wie bei den Arbeitern der Lohn sofort verringert, wenn es nach unten ging. Gab es eine Umsetzung nach oben, mussten die Kollegen oft mehrere Monate warten, der Betriebsrat musste mehrmals „betteln“ gehen.
Stronach verstand es auch immer geschickt, den Leuten nach dem Mund zu reden. 2009 gelang es ihm, den Angestellten einen freiwilligen Lohnverzicht einzureden. Einigen wurde dann sogar gekündigt. Wenn du zuviel bist, bist du zuviel, da kannst du noch so viel auf Gehalt verzichten.
Arbeit: In der Zeitung war zu lesen, dass sich Stronach über eine Milliarde Dollar auszahlen lassen hat, als er den Konzern verließ. Fair?
Scherz: Das beweist um so mehr, dass er ein kalter Rechner ist, der mit dem Aushängeschild Fairness den Leuten etwas vorgaukeln will. Es gibt nur den kalten Rechner, sonst überlebt einer nicht als Milliardär im Kapitalismus. Wir kleinen Leuten haben von ihm nichts zu erwarten.
Arbeit: Manche Medien unterstellen Stronach eine gewisse Verrücktheit, Eitelkeit, Widersprüchlichkeit, ja sogar politische Unkenntnis. Es gibt auch Häme über sein Vorhaben in die Politik einzusteigen. Was glaubst Du, ist das Ziel seiner Partei?
Scherz: Ich bin überzeugt, dass es in großen Teilen der Wirtschaft ein Interesse an einer starken Unternehmerpartei gibt. Diese Kapitalisten bestärken Stronach. Sie brauchen seine Popularität, um Druck auf die ÖVP zu machen, damit Unternehmerinteressen stärker zur Geltung kommen und in Gesetze gegossen werden. Stronachs Programm ist Reduzierung ihrer Steuern, weniger Verwaltung, also Personalabbau, unsere Schutzgesetze einzudämmen.
Aber sie haben ja weit mehr vor: Arbeitszeitverlängerung und Flexibilisierung soll möglichst gesetzlich verankert werden, das gesetzliche Pensionssystem soll den Finanzhaien zum privaten Profit vorgeworfen werden. Da kann eine von Stronach geführte Partei schon ungeheuren Druck machen, nicht nur im Parlament. Und sie kann sich Anzeigen kaufen.
Arbeit: Was hältst Du davon, dass er einerseits ein „starkes Europa“ will und andererseits „ganz neue Regeln für den Euro“?
Scherz: Er verspricht halt allen das, was sie hören wollen. Hauptsache, Arbeiter und Angestellte geben ihm ihre Stimme. Im Parlament arbeiten will er ja selber gar nicht. Er will nur unsere Stimmen und den Weg bestimmen. Da brauchen wir einfachen Menschen uns gar nichts für uns zu erwarten. Das einer allen alles verspricht, das gab es ja schon mal in der Geschichte.
Die Fragen stellte Anne Rieger
Frank Stronach, Milliardär mit doppelter Staatsbürgerschaft in Kanada und Österreich, hat einen Wohnsitz in Zug, dem „steuergünstigsten“ Kanton der Schweiz. Mit 1,75 Mrd. Franken Vermögen sieht ihn das Magazin „Bilanz“ dort auf Platz 83 der 300 Reichsten. Nun will er Politiker in Österreich werden. Er hat die Partei „Team Stronach“ gegründet. Mit ihr will er zur Nationalratswahl mit dem Slogan „Wahrheit – Transparenz – Fairness“ antreten. „Die Arbeit“ interviewte dazu Peter Scherz, er hat 46 Jahre bei Steyr Daimler Puch in Graz gearbeitet, davon 31 als GLB-Betriebsrat, 13 Jahre davon im Magna Konzern von Stronach.
Arbeit: Peter, was sagst Du zu Stronachs Slogan „Wahrheit – Transparenz – Fairness“?
Scherz: Stronach hat im kanadischen Konzern Magna mit nur sieben Prozent Aktienanteil in der Hauptversammlung die Stimmenmehrheit gehalten und so den gesamten Konzern beeinflusst. Ist das „fair“? Fairness ist bei ihm nur ein Aushängeschild.
Arbeit: 1998 kaufte er Steyr Daimler Puch in Graz. Wurde die Betriebsratsarbeit leichter?
Scherz: Wir haben in Österreich eine Arbeitsverfassung, das die Einhaltung von Gesetzen und Kollektivverträgen, Einstellungen und Kündigungen, den Abschluss einer Betriebsvereinbarung regelt. Stronach wollte uns als Konkurrenz zum Betriebsrat ein „Fairness-Komitee“ einreden. Hört sich gut an, hat aber keine gesetzlich geschützten Rechte.
Natürlich konnte er bei unserer starken Gewerkschaftstradition den Betriebsrat nicht abschaffen. Aber versucht hat er es. Sein Personalchef war damals Karl-Heinz Grasser. In anderen Magna-Werken in der Steiermark gibt es jedoch keinen Betriebsrat. Es ist schon bekannt, dass mit sanften und weniger sanften Methoden Betriebsratswahlen verhindert wurden.
Arbeit: Der Schweizer „Tagesanzeiger“ zitiert Stronach, wie er den großen Autokonzernen sein Dienste anbiete: „Sagt mir, was ihr braucht, ich mach es schneller und billiger als die Konkurrenz.“ Wie hat er das gemacht?
Scherz: Magna ist bestens organisiert. Es gibt Personaleinsatzrechnungen. Wenn zuviel Personal im Verhältnis zum Auftrag da ist, wird abgebaut. Nirgends wurde so konsequent wie bei den Arbeitern der Lohn sofort verringert, wenn es nach unten ging. Gab es eine Umsetzung nach oben, mussten die Kollegen oft mehrere Monate warten, der Betriebsrat musste mehrmals „betteln“ gehen.
Stronach verstand es auch immer geschickt, den Leuten nach dem Mund zu reden. 2009 gelang es ihm, den Angestellten einen freiwilligen Lohnverzicht einzureden. Einigen wurde dann sogar gekündigt. Wenn du zuviel bist, bist du zuviel, da kannst du noch so viel auf Gehalt verzichten.
Arbeit: In der Zeitung war zu lesen, dass sich Stronach über eine Milliarde Dollar auszahlen lassen hat, als er den Konzern verließ. Fair?
Scherz: Das beweist um so mehr, dass er ein kalter Rechner ist, der mit dem Aushängeschild Fairness den Leuten etwas vorgaukeln will. Es gibt nur den kalten Rechner, sonst überlebt einer nicht als Milliardär im Kapitalismus. Wir kleinen Leuten haben von ihm nichts zu erwarten.
Arbeit: Manche Medien unterstellen Stronach eine gewisse Verrücktheit, Eitelkeit, Widersprüchlichkeit, ja sogar politische Unkenntnis. Es gibt auch Häme über sein Vorhaben in die Politik einzusteigen. Was glaubst Du, ist das Ziel seiner Partei?
Scherz: Ich bin überzeugt, dass es in großen Teilen der Wirtschaft ein Interesse an einer starken Unternehmerpartei gibt. Diese Kapitalisten bestärken Stronach. Sie brauchen seine Popularität, um Druck auf die ÖVP zu machen, damit Unternehmerinteressen stärker zur Geltung kommen und in Gesetze gegossen werden. Stronachs Programm ist Reduzierung ihrer Steuern, weniger Verwaltung, also Personalabbau, unsere Schutzgesetze einzudämmen.
Aber sie haben ja weit mehr vor: Arbeitszeitverlängerung und Flexibilisierung soll möglichst gesetzlich verankert werden, das gesetzliche Pensionssystem soll den Finanzhaien zum privaten Profit vorgeworfen werden. Da kann eine von Stronach geführte Partei schon ungeheuren Druck machen, nicht nur im Parlament. Und sie kann sich Anzeigen kaufen.
Arbeit: Was hältst Du davon, dass er einerseits ein „starkes Europa“ will und andererseits „ganz neue Regeln für den Euro“?
Scherz: Er verspricht halt allen das, was sie hören wollen. Hauptsache, Arbeiter und Angestellte geben ihm ihre Stimme. Im Parlament arbeiten will er ja selber gar nicht. Er will nur unsere Stimmen und den Weg bestimmen. Da brauchen wir einfachen Menschen uns gar nichts für uns zu erwarten. Das einer allen alles verspricht, das gab es ja schon mal in der Geschichte.
Die Fragen stellte Anne Rieger