Pro und Contra der Pflegereform
- Dienstag, 24. Februar 2015 @ 13:59
Mark Staskiewicz zur aktuellen Debatte
Derzeit wird auf Bundesebene eine Pflegereform diskutiert. Diese wird in jedem Fall eine Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes und des Berufsreifeprüfungsgesetzes zur Folge haben. Bisher gibt es nur eine „Arbeitsfassung“. Was also letztlich die konkreten Änderungen sein werden, ist noch nicht 100-prozentig entschieden. Schön jetzt deuten sich aber PRO und CONTRA an. Und deshalb sollten wir auch Stellung beziehen.
Mehr Professionen am Pflegebett
Es wird eine stärkere Ausdifferenzierung von Professionen geben. Am Krankenbett kann das dazu führen, dass künftig z.B. fünf verschiedene Personen in der Pflege und Betreuung involviert sind. Künftig soll es Unterstützungskräfte geben, die z.B. für Hol- und Bringedienste oder im Hauswirtschaftsbereich eingesetzt werden.
Da sie aber kein Gesundheitsberuf an sich ist, werden sie im Stellenplan nicht verpflichtend auftauchen. Dann kommt die Pflegeassistenz (die die frühere Pflegehilfe ersetzet). Es folgt die Pflegeassistenz mit Zusatzqualifikation (PA+). Wer zwei Zusatzqualifikationen vorweisen kann und eine Fachbereichsarbeit schreibt, kann den Titel „PflegefachassistentIn“ (PSA) erreichen.
Da diese Ausbildung mit den Zusatzmodulen 2.500 Stunden ergibt, besteht künftig die Möglichkeit der Berufsreifeprüfung. Letzte wird künftig auch für die gehobenen Dienste der Gesundheits- und Krankenpflege erforderlich sein. Denn diese Ausbildung wird zum Fachhochschulstudium mit einem Bachelorabschluss. Auch weitere Zusatzqualifikationen mit neuen Titeln für die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sind in Diskussion.
Zusätzliche Aufgaben
Ein klares Ziel der Neuregelungen ist es Tätigkeiten von oben nach unten abzugeben. Sprich, die Ärzte sollen entlastet werden. D.h. das die unteren Berufsgruppen mit zusätzlichen Aufgaben und Verantwortungen ausgestattet werden. Dem gehobene Dienst wird künftig z.B. die „Verabreichung von Zytostatika, Kontrastmittel, Transfusionen, die Handhabung von Infusionspumpen, das Legen periphervenöser Verweilkanülen und die Anpassung von Schmerztherapien gestattet sein“ [ZAK direkt Nr. 14/ 2014].
Die PA+ darf künftig „diagnostische Programme (z.B. EKG, EEG) durchführen sowie nasogastrale Sonden […] legen und Infusionen bei den liegenden periphervenösem Gefäßzugang“ anhängen [ebenda]. Die Reform zielt offensichtlich darauf ab Kosten einzusparen, da ein/e Ärztin/ Arzt mehr verdient als ein/e DGKS/-P und diese mehr als die Pflegeassistenz.
Die Pro-Argumente
Die Aufwertung der ehemaligen Pflegehilfe ist positiv.
Die Möglichkeit der künftigen Pflegeassistenz (PA), mit Modulen zu je 350-500 Stunden sich z.B. im Bereich wie (Altenpflege, Menschen mit Behinderung etc.) weiter zu qualifizieren ist positiv.
Auch die Möglichkeit der die Berufsreifeprüfung abzulegen ist ein positiver Aspekt.
Aktuell müssen Pflegehelfer und im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege tätige Menschen oft auch Aufgaben übernehmen, die sie eigentlich nicht tun dürften. Durch die Neuregelung kommt es zu einer juristischen Absicherung.
Insgesamt gibt es die Möglichkeit weitere Kompetenten zu erlangen.
Die Gesundheits- und Krankenpflege wird durch ein Studium aufgewertet (derzeit ist es in den meisten EU-Ländern bereits ein Studium)
Die Contra-Argumente
Bleibt es bei den bisherigen Stellenschlüsseln, kommt es zu einer Arbeitsverdichtung. Sprich man bekommt in derselben Zeit weitere Aufgaben.
Bisher ist noch nicht im Gespräch, dass es durch die Zusatzaufgaben auch zu einer erhöhten Entlohnung kommt. D.h. gleiche Entlohnung für höher qualifizierte Ausbildung.
Inwieweit die 350-500 Stunden-Module für die entsprechende Qualifizierung ausreichen ist mehr als fraglich.
Die Zusatzmodule, wie z.B. im Bereich „Menschen mit Behinderung“ kann dazu führen, dass die in BAGS 5 eingestufte Pflegeassistenz, die Fachsozialbetreuer, die nach BAGS 6 vergütet werden ersetzen. Dies würde zu einer geringeren Qualifikation in der Begleitung führen.
Das Fachhochschulstudium in der Gesundheits- und Krankenpflegen wird, bei gängigen Fachhochschulmodellen dazu führen, dass der Praxisanteil geringer wird als bisher.
Das Fachhochschulstudium kann, bezüglich der Zugangsvoraussetzungen auch eine Hürde sei, die Menschen die an sich die Potenziale hätten abschrecken kann.
Berufe wie Diplom-SozialbetreuerInnen bzw. FachsozialbetreuerInnen tauchen in der Diskussion nicht auf. D.h. sie werden ggf. nicht in den Stellenplänen berücksichtigt. Dies führt zu einer Kostenersparnis auf Kosten der Begleitungsqualität. Schon jetzt übernehmen z.B. „Freizeitanimateure“ in Pflegeheimen Aufgaben, die eigentlich Teilbereiche dieser Qualifikation wären. Die Freizeitanimateure sind aber natürlich deutlich günstiger.
Wie steht die AK dazu?
Die AK sieht die Reform durchaus kritisch, wie der erwähnte Text in der „ZAK direkt“ auch zeigt. In den Sitzungen des „Arbeitskreises für Gesundheits- und Sozialberufe“ der AK-Steiermark, wird diese Reform intensiv thematisiert. Über alle Fraktionen hinweg hat man eine kritische Haltung eingenommen, in der Pro und Contra ausdifferenziert werden. Noch ist nichts beschlossen, aber auch wenn es so kommen sollte, die folgenden Forderungen müssen wir stellen:
Der Stellenschlüssel muss erweitert werden, damit es nicht zu einer Mehrbelastung in einem ohnehin schon sehr belasteten Arbeitsbereich kommt. Schon jetzt gibt es viele Meldungen über zu wenig Zeit und Informationsfluss, die bei der PatientInnen- und Pflegeombudschaft eingehen. Sie haben ihre Ursache in zu geringen Stellenschlüsseln. Der Stellenschlüssel soll künftig konkret an die Qualifikation gebunden sein. Dies kann je nach Höhe positiv oder negativ sein.
Bei höher qualifizierter Arbeit, mehr Aufgaben, muss es eine entsprechende höhere Entlohnung geben.
Die Pflegeassistenz sowie die Zusatzmodule sollten mit mehr Ausbildungsstunden ausgestattet sein.
Das Fachhochschulstudium, sollte einen hohen polytechnischen Anteil vorweisen (sprich viele praktische Übungen, insbesondere der neuen Tätigkeiten).
Es muss eine klare Regelung gerade im Bereich der mobilen Dienste geben, damit es nicht erforderlich wird, das 3-4 Qualifikationen eine Person abwechselnd pflegen. Dies wäre auch bindungstechnisch eine Verschlechterung.
Durch die höhere Anzahl an Professionen und dem viel stärken Erfordernis des Austausches und der Vernetzung, sollten die Übergabezeiten erweitert und auch vorgeschrieben werden.
Des Weiteren sollte das Ausmaß der verpflichteten Supervision erweitert werden um die Teamentwicklung entsprechend professionell zu entwickeln und Krisen sowie Konflikte möglichst zu vermeiden bzw. besser begleiten zu können.
Diplom-SozialbetreuerInnen bzw. FachsozialbetreuerInnen sollten aufgenommen und im Stellenschlüssel verpflichtet angeführt werden, um den Abbau von qualifizierter Arbeit durch minder qualifizierte und kostengünstige „Scheinberufe“ zu verhindern.
Mark Staskiewicz ist Supervisor und Coach und als Wohnverbund-Leiter bei der Lebenshilfe-GUV und für den GLB im „Arbeitskreis für Gesundheits- und Sozialberufe“ der AK-Steiermark tätig
Derzeit wird auf Bundesebene eine Pflegereform diskutiert. Diese wird in jedem Fall eine Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes und des Berufsreifeprüfungsgesetzes zur Folge haben. Bisher gibt es nur eine „Arbeitsfassung“. Was also letztlich die konkreten Änderungen sein werden, ist noch nicht 100-prozentig entschieden. Schön jetzt deuten sich aber PRO und CONTRA an. Und deshalb sollten wir auch Stellung beziehen.
Mehr Professionen am Pflegebett
Es wird eine stärkere Ausdifferenzierung von Professionen geben. Am Krankenbett kann das dazu führen, dass künftig z.B. fünf verschiedene Personen in der Pflege und Betreuung involviert sind. Künftig soll es Unterstützungskräfte geben, die z.B. für Hol- und Bringedienste oder im Hauswirtschaftsbereich eingesetzt werden.
Da sie aber kein Gesundheitsberuf an sich ist, werden sie im Stellenplan nicht verpflichtend auftauchen. Dann kommt die Pflegeassistenz (die die frühere Pflegehilfe ersetzet). Es folgt die Pflegeassistenz mit Zusatzqualifikation (PA+). Wer zwei Zusatzqualifikationen vorweisen kann und eine Fachbereichsarbeit schreibt, kann den Titel „PflegefachassistentIn“ (PSA) erreichen.
Da diese Ausbildung mit den Zusatzmodulen 2.500 Stunden ergibt, besteht künftig die Möglichkeit der Berufsreifeprüfung. Letzte wird künftig auch für die gehobenen Dienste der Gesundheits- und Krankenpflege erforderlich sein. Denn diese Ausbildung wird zum Fachhochschulstudium mit einem Bachelorabschluss. Auch weitere Zusatzqualifikationen mit neuen Titeln für die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sind in Diskussion.
Zusätzliche Aufgaben
Ein klares Ziel der Neuregelungen ist es Tätigkeiten von oben nach unten abzugeben. Sprich, die Ärzte sollen entlastet werden. D.h. das die unteren Berufsgruppen mit zusätzlichen Aufgaben und Verantwortungen ausgestattet werden. Dem gehobene Dienst wird künftig z.B. die „Verabreichung von Zytostatika, Kontrastmittel, Transfusionen, die Handhabung von Infusionspumpen, das Legen periphervenöser Verweilkanülen und die Anpassung von Schmerztherapien gestattet sein“ [ZAK direkt Nr. 14/ 2014].
Die PA+ darf künftig „diagnostische Programme (z.B. EKG, EEG) durchführen sowie nasogastrale Sonden […] legen und Infusionen bei den liegenden periphervenösem Gefäßzugang“ anhängen [ebenda]. Die Reform zielt offensichtlich darauf ab Kosten einzusparen, da ein/e Ärztin/ Arzt mehr verdient als ein/e DGKS/-P und diese mehr als die Pflegeassistenz.
Die Pro-Argumente
Die Aufwertung der ehemaligen Pflegehilfe ist positiv.
Die Möglichkeit der künftigen Pflegeassistenz (PA), mit Modulen zu je 350-500 Stunden sich z.B. im Bereich wie (Altenpflege, Menschen mit Behinderung etc.) weiter zu qualifizieren ist positiv.
Auch die Möglichkeit der die Berufsreifeprüfung abzulegen ist ein positiver Aspekt.
Aktuell müssen Pflegehelfer und im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege tätige Menschen oft auch Aufgaben übernehmen, die sie eigentlich nicht tun dürften. Durch die Neuregelung kommt es zu einer juristischen Absicherung.
Insgesamt gibt es die Möglichkeit weitere Kompetenten zu erlangen.
Die Gesundheits- und Krankenpflege wird durch ein Studium aufgewertet (derzeit ist es in den meisten EU-Ländern bereits ein Studium)
Die Contra-Argumente
Bleibt es bei den bisherigen Stellenschlüsseln, kommt es zu einer Arbeitsverdichtung. Sprich man bekommt in derselben Zeit weitere Aufgaben.
Bisher ist noch nicht im Gespräch, dass es durch die Zusatzaufgaben auch zu einer erhöhten Entlohnung kommt. D.h. gleiche Entlohnung für höher qualifizierte Ausbildung.
Inwieweit die 350-500 Stunden-Module für die entsprechende Qualifizierung ausreichen ist mehr als fraglich.
Die Zusatzmodule, wie z.B. im Bereich „Menschen mit Behinderung“ kann dazu führen, dass die in BAGS 5 eingestufte Pflegeassistenz, die Fachsozialbetreuer, die nach BAGS 6 vergütet werden ersetzen. Dies würde zu einer geringeren Qualifikation in der Begleitung führen.
Das Fachhochschulstudium in der Gesundheits- und Krankenpflegen wird, bei gängigen Fachhochschulmodellen dazu führen, dass der Praxisanteil geringer wird als bisher.
Das Fachhochschulstudium kann, bezüglich der Zugangsvoraussetzungen auch eine Hürde sei, die Menschen die an sich die Potenziale hätten abschrecken kann.
Berufe wie Diplom-SozialbetreuerInnen bzw. FachsozialbetreuerInnen tauchen in der Diskussion nicht auf. D.h. sie werden ggf. nicht in den Stellenplänen berücksichtigt. Dies führt zu einer Kostenersparnis auf Kosten der Begleitungsqualität. Schon jetzt übernehmen z.B. „Freizeitanimateure“ in Pflegeheimen Aufgaben, die eigentlich Teilbereiche dieser Qualifikation wären. Die Freizeitanimateure sind aber natürlich deutlich günstiger.
Wie steht die AK dazu?
Die AK sieht die Reform durchaus kritisch, wie der erwähnte Text in der „ZAK direkt“ auch zeigt. In den Sitzungen des „Arbeitskreises für Gesundheits- und Sozialberufe“ der AK-Steiermark, wird diese Reform intensiv thematisiert. Über alle Fraktionen hinweg hat man eine kritische Haltung eingenommen, in der Pro und Contra ausdifferenziert werden. Noch ist nichts beschlossen, aber auch wenn es so kommen sollte, die folgenden Forderungen müssen wir stellen:
Der Stellenschlüssel muss erweitert werden, damit es nicht zu einer Mehrbelastung in einem ohnehin schon sehr belasteten Arbeitsbereich kommt. Schon jetzt gibt es viele Meldungen über zu wenig Zeit und Informationsfluss, die bei der PatientInnen- und Pflegeombudschaft eingehen. Sie haben ihre Ursache in zu geringen Stellenschlüsseln. Der Stellenschlüssel soll künftig konkret an die Qualifikation gebunden sein. Dies kann je nach Höhe positiv oder negativ sein.
Bei höher qualifizierter Arbeit, mehr Aufgaben, muss es eine entsprechende höhere Entlohnung geben.
Die Pflegeassistenz sowie die Zusatzmodule sollten mit mehr Ausbildungsstunden ausgestattet sein.
Das Fachhochschulstudium, sollte einen hohen polytechnischen Anteil vorweisen (sprich viele praktische Übungen, insbesondere der neuen Tätigkeiten).
Es muss eine klare Regelung gerade im Bereich der mobilen Dienste geben, damit es nicht erforderlich wird, das 3-4 Qualifikationen eine Person abwechselnd pflegen. Dies wäre auch bindungstechnisch eine Verschlechterung.
Durch die höhere Anzahl an Professionen und dem viel stärken Erfordernis des Austausches und der Vernetzung, sollten die Übergabezeiten erweitert und auch vorgeschrieben werden.
Des Weiteren sollte das Ausmaß der verpflichteten Supervision erweitert werden um die Teamentwicklung entsprechend professionell zu entwickeln und Krisen sowie Konflikte möglichst zu vermeiden bzw. besser begleiten zu können.
Diplom-SozialbetreuerInnen bzw. FachsozialbetreuerInnen sollten aufgenommen und im Stellenschlüssel verpflichtet angeführt werden, um den Abbau von qualifizierter Arbeit durch minder qualifizierte und kostengünstige „Scheinberufe“ zu verhindern.
Mark Staskiewicz ist Supervisor und Coach und als Wohnverbund-Leiter bei der Lebenshilfe-GUV und für den GLB im „Arbeitskreis für Gesundheits- und Sozialberufe“ der AK-Steiermark tätig