GLB-AK-Rat Robert Hobek mit kritischer EU-Bilanz
- Mittwoch, 17. Oktober 2012 @ 21:00
Bei der 158. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer am 17. Oktober 2012 wurde Rudolf Kaske zum neuen Vizepräsidenten der Wiener AK gewählt. AK-Rat Robert Hobek (GLB) gratulierte Kaske zunächst zur erfolgreichen Wahl, verbunden mit dem Wunsch, sich gemeinsam für die Interessen der Beschäftigten einzusetzen. Mehrere Anträge, in denen sich die Hoffnung auf ein „soziales Europa“ widerspiegelt, nahm Hobek zum Anlass, aus Sicht der Beschäftigten eine kritische Bilanz seit dem Beitritt Österreichs zur EU zu ziehen. So wird immer wieder die Notwendigkeit von wirtschaftlichem Wachstum betont – dies führt aber noch lange nicht zu mehr sozialen Rechten.
Nach der Zerschlagung der verstaatlichten Industrie wurde damit begonnen, öffentliche Dienstleistungen zu demontieren, beispielsweise wurde die Post nicht etwa verfassungsrechtlich geschützt, sondern an die Börse gebracht. Der Slogan „die Post bringt allen was“ hat sich bewahrheitet – den Kunden hat sie zwar weniger Postämter, dafür „Postpartner“ mit begrenztem Angebot und höhere Gebühren gebracht. Den Beschäftigten – unter anderem mit dem Argument, aus Umweltgründen Papier sparen zu wollen - ein GPS-fähiges Gerät, mit dem mobil Daten bzw. Unterschriften erfasst werden können.
Während die FSG in einer Resolution die positiven Erfahrungen mit der Kurzarbeit 2008/2009 lobt und diese, erweitert um Bildungsangebote etc., als besonders sinnvolle und effiziente Maßnahme der aktiven Beschäftigungspolitik empfiehlt, erinnerte GLB-Arbeiterkammerrat Hobek daran, dass es eigentlich an der Zeit sei, statt über Kurzarbeit über eine deutliche Verkürzung der Arbeitszeit (natürlich mit vollem Lohn- und Personalausgleich) nachzudenken.
Die bisherige Erfahrung zeigt auch, dass ein bekannter Slogan der Wirtschaftskammer eigentlich abgewandelt heißen müsste „geht´s der Wirtschaft gut, geht´s den Menschen noch lang nicht gut“. Der auch mit Zustimmung von GewerkschafterInnen vom Parlament beschlossene Fiskalpakt und die bisherigen Erfahrungen lassen ahnen, dass es sich bei Begriffen wie „sozialer Gerechtigkeit“ eher um leere Slogans der EU handelt, den davon – und von einem „sozialen Europa“ ist sie weiter weg denn je: „Wenn es um die Forderungen nach Vermögensbesteuerung oder für Arbeitszeitverkürzung geht – diese unterstützen wir und setzen uns dafür ein. Nicht aber für das nationale bzw. internationale Kapital“, so Robert Hobek.
In der weiteren Diskussion war unter anderem bemerkenswert, dass der GdG-Vorsitzende Christian Meidlinger zur Diskussion über Nulllohnrunden im Öffentlichen Dienst bemerkte, Lohnpolitik gehöre nicht in die AK sondern in die Gewerkschaften. Bemerkenswert auch, dass die FSG-Mehrheit einen Antrag für faire und rechtskonforme Dienstverhältnisse für die AbfallberaterInnen der MA 48 einfach ablehnte.
Der GLB brachte Anträge zur Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes und zu dessen Entkoppelung vom Beamtendienstrecht (für jene, die gezwungen sind, ihr Privatauto beruflich zu verwenden), zur verpflichtenden Einführung betrieblicher Datenschutzbeauftragter, zur 35-Stunden-Woche und zum gesetzlichen Mindestlohn ein. Zusätzlich unerstützte der GLB zwei gemeinsame Anträge mehrerer Fraktionen betreffend Gemeinsame Lösungen für PendlerInnen in der Ostregion bzw. Unterstützung der „Kritischen Literaturtage“ durch die AK Wien.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Antrag 1: Anhebung des Kilometergeldes (Zuweisung, auch von jenen der FSG, die aus der GPA-djp kommen, obwohl diesen Antrag der GPA-djp Beschlusslage entspricht)
Die 158. Vollversammlung der AK Wien fordert die sofortige Anhebung des amtlichen km-Geldes auf 50 Cent/km. Weiters setzt sie sich dafür ein, dass auf Kollektivvertragsebene ein kostendeckendes und steuerfreies Kilometergeld in angemessener Höhe vereinbart werden kann und fordert eine entsprechende Änderung des Einkommensteuergesetzes. Die Passage „Als Kilometergeld sind höchstens die den Bundesbediensteten zustehenden Sätze zu berücksichtigen“ (EStG § 26/4/a) soll wie folgt ersetzt werden: „Als Kilometergeld sind die tatsächlichen durchschnittlichen Kosten zu berücksichtigen, wie sie im PKW-Kostenindex der Statistik Austria ausgewiesen werden“.
Begründung: Die Erhöhung der Mineralölsteuer und weitere Preisschübe beim Treibstoff, bei Versicherungen und Reparaturen haben inzwischen die tatsächlichen Kosten lt. Statistik Austria auf fast 54 Cent pro Kilometer hinaufgetrieben. Daher ist ein kostendeckendes steuerfreies Kilometergeld von mindestens 50 Cent/km dringend erforderlich.
Darüber hinaus muss es möglich sein, auch im Zuge von Kollektivvertragsverhandlungen ein angemessenes, kostendeckendes steuerfreies km-Geld zu vereinbaren. Derzeit jedoch ist die Steuerfreiheit vom amtlichen Kilometergeld abhängig und an das Beamtendienstrecht gebunden. Daher ist eine entsprechende Änderung des Einkommensteuergesetzes notwendig.
Antrag 2: Betriebliche Datenschutzbeauftragte (angenommen)
Die 158. Vollversammlung der AK Wien fordert die verpflichtende Einführung betrieblicher Datenschutzbeauftragter
Begründung: Moderne Kommunikationsmittel – Handy, Laptop, Tankkarte etc. – sorgen dafür, dass sich immer mehr Beschäftigte überwacht bzw. permanent kontrolliert fühlen. Dazu trägt auch die immer stärkere Videoüberwachung bei. Diese Befürchtung ist oft nicht unbegründet, in etlichen Betrieben gibt es daher entsprechende Betriebsvereinbarungen, die im Fall der Videoüberwachung eigentlich zwingend vorgeschrieben ist.
Moderne Kommunikationsmittel kommen immer öfter zum Einsatz – jüngstes Beispiel ist die Post AG, bei denen GPS-fähige Geräte in der Zustellung zum Einsatz kommen sollen. Bereits jetzt sind etliche ZustellerInnen in einer „Probephase“ gezwungen, diese Geräte zu verwenden.
Bei einer Umfrage der IG work external in der GPA-djp stellte sich heraus, dass der Datenschutz für 94 Prozent der Befragten (v.a. Beschäftigte im Außendienst) von hoher Wichtigkeit ist. In vielen Betrieben gibt es bereits Datenschutzbeauftragte – es ist jedoch notwendig, dass möglichst viele Beschäftigte davon profitieren. Daher möge sich die AK Wien mit diesem wichtigen Thema beschäftigen und einen entsprechenden Vorschlag erarbeiten, um diese Forderung zu untermauern.
Antrag 3: 35-Stunden-Woche (Zuweisung)
Die 158. Vollversammlung der AK Wien spricht sich für die gesetzliche Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich aus. Damit auch ein voller Personalausgleich stattfinden kann, ist dieser Arbeitszeitverkürzungsschritt mit entsprechender Vorlaufzeit schlagartig umzusetzen. Die AK wird zur Umsetzung alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, inklusive jenem der Gesetzesinitiative, einsetzen.
Begründung: In Österreich arbeiten jene, die Vollzeitarbeitsplätze haben, lt. Eurostat durchschnittlich bis zu 44,1 Wochenstunden. Das ist nach Griechenland (44,3) die zweitlängste reale Wochenarbeitszeit. Die Produktivität steigt ständig, der Leistungsdruck wirkt sich negativ auf die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen aus.
„Psychische Erkrankungen sind in den letzten Jahren dramatisch angestiegen. Im vergangenen Jahr waren 2,4 Millionen Krankenstandstage auf psychische Krankheiten zurückzuführen“, berichtet die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse. Andererseits arbeiten 24 Prozent der Beschäftigten (in Teilzeit, also ohne Lohnausgleich) weniger als 30 Stunden. Hier handelt es sich vorwiegend um Frauen. Durch zu geringe Stundenanzahl und zu niedrigem Lohn sind sie doppelt betroffen. Viele müssen Zusatzjobs annehmen, um überhaupt über die Runden zu kommen.
Der 10. Bundeskongress des ÖGB hat bereits 1983 die Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich beschlossen. Viele Gründe sprechen dafür, nach fast 30 Jahren die „35“ endlich umzusetzen: die Produktivität, die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen.
Antrag 4: Gesetzlicher Mindestlohn (Zuweisung)
Die 158. Vollversammlung der AK Wien setzt sich für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro brutto pro Stunde ein.
Begründung: Die Arbeiterkammer hat sich immer zu Recht für den Erhalt und Ausbau des Sozialstaates eingesetzt. Ein Grundgedanke des Sozialstaates ist, dass Menschen ohne Vermögen wenigstens durch ihre Arbeit am Zuwachs des gesellschaftlichen Reichtums beteiligt werden. Aber in Österreich stagniert bzw. sinkt die Lohnquote seit Ende der 70er Jahre, während die Kosten für Wohnen, Energie und andere Grundbedürfnisse überdurchschnittlich steigen.
In einigen Branchen wurde ein kollektivvertraglicher Mindestlohn von 1.300 Euro umgesetzt, in anderen ist dieses Ziel noch nicht erreicht. Und etliche Jobs unterliegen keinem kollektivvertraglich geregelten Mindestlohn. Die amtliche Armutsgefährdungsschwelle liegt derzeit bei 994 Euro. Daher sind immer mehr Menschen trotz Arbeit armutsgefährdet.
Eine solidarische Lohnpolitik mit guten Kollektivvertragsabschlüssen und einer hohen Kollektivvertragsdichte ist wichtig. Damit aber alle arbeitenden Menschen zu einem Mindestlohn kommen, ist auch ein gesetzlicher notwendig, den es bereits in 20 von 27 EU-Ländern gibt.
Gemeinsamer Antrag Nr. 1 von FSG, FCG, FA, AUGE/UG, GA, Perspektive, Mosaik, GLB, UÖTA, KI und BDA: Gemeinsame Lösungen für PendlerInnen in der Ostregion (angenommen)
Regionale Kooperation spielt in der Ostregion (Wien, Niederösterreich, Burgenland) eine immer wichtiger werdende Rolle. Die Beziehungen zwischen den Bundesländern – nicht nur im Verkehrsbereich – nehmen ständig zu. So stiegen bei den AK-Mitgliedern zwischen 2006 bis 2011 die EinpendlerInnen nach Wien von rund 170.000 auf über 190.000 (+12 Prozent). Gleichzeitig ist beispielsweise die Zahl der AuspendlerInnen nach Niederösterreich um rund 15 Prozent auf aktuell fast 58.000 WienerInnen, die in Niederösterreich arbeiten, gestiegen.
Diese Bundesländergrenzen überschreitende Entwicklung in der Ostregion bedeutet, dass auf Landesebene abgegrenzte Instrumente und Organisationen teilweise nicht mehr den Anforderungen entsprechen. Notwendig ist eine zwischen den Ländern abgestimmte Vorgangsweise als Basis für erforderliche Maßnahmen und Investitionen in den Stadtgrenzen überschreitenden öffentlichen Verkehr.
Eine immer wichtigere Rolle in der Erstellung des ÖV-Angebotes in der Ostregion spielen dabei bewährte Organisationen regionaler Zusammenarbeit wie die Planungsgemeinschaft Ost (PGO) und der Verkehrsverbund Ostregion (VOR). Der Ein- und AuspendlerInnenanteil wird auch in Zukunft weiter wachsen. Verkehrspolitik ist nicht nur am Ziel sondern vor Allem an der Quelle lösbar.
Damit in Zukunft noch mehr PendlerInnen mit dem Öffentlichen Verkehr ihren Arbeitsweg bewältigen können, ist ein ausreichendes und leistbares ÖV-Angebot für die ArbeitnehmerInnen unbedingt sicherzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das Stadtgrenzen überschreitende S-Bahnnetz noch weiter ausgebaut und vorhandenes Potential in Wien, aber auch in NÖ und im Burgenland optimal genutzt und attraktiviert werden. In NÖ und im Burgenland muss das Park&Ride (P&R) Angebot - das für die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs zentrale Voraussetzung ist – weiter massiv ausgebaut und ergänzt werden.
Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien fordert daher:
• Die Planungsgemeinschaft Ost (PGO) und der Verkehrsverbund Ostregion (VOR) müssen zu Organisationen mit Entscheidungsbefugnis in der Ostregion aufgewertet werden. Der VOR sollte in Zukunft - koordinierend für Wien, NÖ und Bgld. - die Verhandlungen zu den Verkehrsdiensteverträgen mit der ÖBB führen. Nur dadurch ist ein optimal abgestimmtes ÖV-Angebot in der Ostregion in Zukunft sichergestellt.
• Auch in Fragen der Raumplanung – Siedlungsentwicklung, Baulandreserven… - ist eine vernetzte Betrachtungsweise anzustreben und die PGO mit Koordinations- und Entscheidungsbefugnissen auszustatten.
• Der Nahverkehr muss rasch ausgebaut werden. Insbesondere ist das Schnellbahnnetz auf ein Mindestintervall von 15 Minuten zu optimieren. Zusätzlich sind auch der Ausbau und die Attraktivierung der Regional- und Nebenbahnen mit ihrer Zubringerfunktion erforderlich.
• Der Taktverkehr muss umgesetzt und Umsteigerelationen zu den Bus-Linien müssen optimiert werden.
• Das P&R Ausbauprogramm in NÖ und Bgld muss ergänzt und ausgebaut werden. Das P&R Angebot in Wien muss durch Einführung von Kombitickets attraktiviert werden.
Gemeinsamer Antrag Nr. 2 von KI, AUGE/UG, GLB, Mosaik und BDA: Unterstützung der „Kritischen Literaturtage“ durch die AK Wien (abgelehnt )
Seit 2010 finden in Wien die sogenannten „Kritischen Literaturtage“ statt. Ziel der Kritischen Literaturtage (KriLit) ist es Verlagen mit alternativen, gesellschafts- und sozialkritischen Büchern, insbesondere aber unabhängigen und kleinen Verlagen aus Österreich und im deutschsprachigen Raum, die Möglichkeit zu geben, ihre Bücher und Schriften zu präsentieren.
Die ersten zwei Male wurde die Literaturmesse abseits des kommerziellen Mainstreams in der ÖGB-Zentrale mit finanzieller und organisatorischer Unterstützung durch den Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung (VÖGB) durchgeführt. Am 26. und 27. Oktober 2012 findet die Veranstaltung in der Brunnenpassage in Wien Ottakring statt. Die KriLit´12 wurde von einem engagierten Team aus ehrenamtlichen KulturarbeiterInnen und VertreterInnen von progressiven Verlagen und Initiativen vorbereitet. Sie haben sich entschlossen dieses in Wien einzigartige Projekt weiterzuführen.
Zur Finanzierung des Vorhabens wurden Gespräche mit zahlreichen Institutionen geführt. Auch die Kulturabteilung der AK Wien wurde kontaktiert, eine Förderung der Kritischen Literaturtage jedoch abgewiesen. Während also von der Arbeiterkammer viel Geld in die Hand genommen wird, um richtigerweise für Verteilungsgerechtigkeit zu kampagnisieren, werden jene Stimmen, die in ihrer tagtäglichen Arbeit als Multiplikatoren dieser Forderungen auftreten, im Regen stehen gelassen.
In einer mittlerweile fast gleichgeschalteten österreichischen Mainstream-Medienlandschaft sind jedoch alternative Zeitschriften und Verlage für die fortschrittliche Arbeiterbewegung besonders wichtig. Aufgabe der Arbeiterkammer sollte es deshalb sein, diese in ihrer publizistischen Tätigkeit tatkräftig zu unterstützen.
Deshalb beschließt die Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien:
• Finanzielle Unterstützung der Kritischen Literaturtage 2012 durch die Kulturabteilung der AK Wien
• Bewerbung der Kritischen Literaturtage 2012 in den Print- & Onlinemedien der AK Wien
• Aufnahme von Gesprächen der AK-Wien-Kulturabteilung mit den Veranstaltern der Kritischen Literaturtage 2012 über die weitere Unterstützung des Projekts in den kommenden Jahren.
Nach der Zerschlagung der verstaatlichten Industrie wurde damit begonnen, öffentliche Dienstleistungen zu demontieren, beispielsweise wurde die Post nicht etwa verfassungsrechtlich geschützt, sondern an die Börse gebracht. Der Slogan „die Post bringt allen was“ hat sich bewahrheitet – den Kunden hat sie zwar weniger Postämter, dafür „Postpartner“ mit begrenztem Angebot und höhere Gebühren gebracht. Den Beschäftigten – unter anderem mit dem Argument, aus Umweltgründen Papier sparen zu wollen - ein GPS-fähiges Gerät, mit dem mobil Daten bzw. Unterschriften erfasst werden können.
Während die FSG in einer Resolution die positiven Erfahrungen mit der Kurzarbeit 2008/2009 lobt und diese, erweitert um Bildungsangebote etc., als besonders sinnvolle und effiziente Maßnahme der aktiven Beschäftigungspolitik empfiehlt, erinnerte GLB-Arbeiterkammerrat Hobek daran, dass es eigentlich an der Zeit sei, statt über Kurzarbeit über eine deutliche Verkürzung der Arbeitszeit (natürlich mit vollem Lohn- und Personalausgleich) nachzudenken.
Die bisherige Erfahrung zeigt auch, dass ein bekannter Slogan der Wirtschaftskammer eigentlich abgewandelt heißen müsste „geht´s der Wirtschaft gut, geht´s den Menschen noch lang nicht gut“. Der auch mit Zustimmung von GewerkschafterInnen vom Parlament beschlossene Fiskalpakt und die bisherigen Erfahrungen lassen ahnen, dass es sich bei Begriffen wie „sozialer Gerechtigkeit“ eher um leere Slogans der EU handelt, den davon – und von einem „sozialen Europa“ ist sie weiter weg denn je: „Wenn es um die Forderungen nach Vermögensbesteuerung oder für Arbeitszeitverkürzung geht – diese unterstützen wir und setzen uns dafür ein. Nicht aber für das nationale bzw. internationale Kapital“, so Robert Hobek.
In der weiteren Diskussion war unter anderem bemerkenswert, dass der GdG-Vorsitzende Christian Meidlinger zur Diskussion über Nulllohnrunden im Öffentlichen Dienst bemerkte, Lohnpolitik gehöre nicht in die AK sondern in die Gewerkschaften. Bemerkenswert auch, dass die FSG-Mehrheit einen Antrag für faire und rechtskonforme Dienstverhältnisse für die AbfallberaterInnen der MA 48 einfach ablehnte.
Der GLB brachte Anträge zur Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes und zu dessen Entkoppelung vom Beamtendienstrecht (für jene, die gezwungen sind, ihr Privatauto beruflich zu verwenden), zur verpflichtenden Einführung betrieblicher Datenschutzbeauftragter, zur 35-Stunden-Woche und zum gesetzlichen Mindestlohn ein. Zusätzlich unerstützte der GLB zwei gemeinsame Anträge mehrerer Fraktionen betreffend Gemeinsame Lösungen für PendlerInnen in der Ostregion bzw. Unterstützung der „Kritischen Literaturtage“ durch die AK Wien.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Antrag 1: Anhebung des Kilometergeldes (Zuweisung, auch von jenen der FSG, die aus der GPA-djp kommen, obwohl diesen Antrag der GPA-djp Beschlusslage entspricht)
Die 158. Vollversammlung der AK Wien fordert die sofortige Anhebung des amtlichen km-Geldes auf 50 Cent/km. Weiters setzt sie sich dafür ein, dass auf Kollektivvertragsebene ein kostendeckendes und steuerfreies Kilometergeld in angemessener Höhe vereinbart werden kann und fordert eine entsprechende Änderung des Einkommensteuergesetzes. Die Passage „Als Kilometergeld sind höchstens die den Bundesbediensteten zustehenden Sätze zu berücksichtigen“ (EStG § 26/4/a) soll wie folgt ersetzt werden: „Als Kilometergeld sind die tatsächlichen durchschnittlichen Kosten zu berücksichtigen, wie sie im PKW-Kostenindex der Statistik Austria ausgewiesen werden“.
Begründung: Die Erhöhung der Mineralölsteuer und weitere Preisschübe beim Treibstoff, bei Versicherungen und Reparaturen haben inzwischen die tatsächlichen Kosten lt. Statistik Austria auf fast 54 Cent pro Kilometer hinaufgetrieben. Daher ist ein kostendeckendes steuerfreies Kilometergeld von mindestens 50 Cent/km dringend erforderlich.
Darüber hinaus muss es möglich sein, auch im Zuge von Kollektivvertragsverhandlungen ein angemessenes, kostendeckendes steuerfreies km-Geld zu vereinbaren. Derzeit jedoch ist die Steuerfreiheit vom amtlichen Kilometergeld abhängig und an das Beamtendienstrecht gebunden. Daher ist eine entsprechende Änderung des Einkommensteuergesetzes notwendig.
Antrag 2: Betriebliche Datenschutzbeauftragte (angenommen)
Die 158. Vollversammlung der AK Wien fordert die verpflichtende Einführung betrieblicher Datenschutzbeauftragter
Begründung: Moderne Kommunikationsmittel – Handy, Laptop, Tankkarte etc. – sorgen dafür, dass sich immer mehr Beschäftigte überwacht bzw. permanent kontrolliert fühlen. Dazu trägt auch die immer stärkere Videoüberwachung bei. Diese Befürchtung ist oft nicht unbegründet, in etlichen Betrieben gibt es daher entsprechende Betriebsvereinbarungen, die im Fall der Videoüberwachung eigentlich zwingend vorgeschrieben ist.
Moderne Kommunikationsmittel kommen immer öfter zum Einsatz – jüngstes Beispiel ist die Post AG, bei denen GPS-fähige Geräte in der Zustellung zum Einsatz kommen sollen. Bereits jetzt sind etliche ZustellerInnen in einer „Probephase“ gezwungen, diese Geräte zu verwenden.
Bei einer Umfrage der IG work external in der GPA-djp stellte sich heraus, dass der Datenschutz für 94 Prozent der Befragten (v.a. Beschäftigte im Außendienst) von hoher Wichtigkeit ist. In vielen Betrieben gibt es bereits Datenschutzbeauftragte – es ist jedoch notwendig, dass möglichst viele Beschäftigte davon profitieren. Daher möge sich die AK Wien mit diesem wichtigen Thema beschäftigen und einen entsprechenden Vorschlag erarbeiten, um diese Forderung zu untermauern.
Antrag 3: 35-Stunden-Woche (Zuweisung)
Die 158. Vollversammlung der AK Wien spricht sich für die gesetzliche Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich aus. Damit auch ein voller Personalausgleich stattfinden kann, ist dieser Arbeitszeitverkürzungsschritt mit entsprechender Vorlaufzeit schlagartig umzusetzen. Die AK wird zur Umsetzung alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, inklusive jenem der Gesetzesinitiative, einsetzen.
Begründung: In Österreich arbeiten jene, die Vollzeitarbeitsplätze haben, lt. Eurostat durchschnittlich bis zu 44,1 Wochenstunden. Das ist nach Griechenland (44,3) die zweitlängste reale Wochenarbeitszeit. Die Produktivität steigt ständig, der Leistungsdruck wirkt sich negativ auf die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen aus.
„Psychische Erkrankungen sind in den letzten Jahren dramatisch angestiegen. Im vergangenen Jahr waren 2,4 Millionen Krankenstandstage auf psychische Krankheiten zurückzuführen“, berichtet die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse. Andererseits arbeiten 24 Prozent der Beschäftigten (in Teilzeit, also ohne Lohnausgleich) weniger als 30 Stunden. Hier handelt es sich vorwiegend um Frauen. Durch zu geringe Stundenanzahl und zu niedrigem Lohn sind sie doppelt betroffen. Viele müssen Zusatzjobs annehmen, um überhaupt über die Runden zu kommen.
Der 10. Bundeskongress des ÖGB hat bereits 1983 die Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich beschlossen. Viele Gründe sprechen dafür, nach fast 30 Jahren die „35“ endlich umzusetzen: die Produktivität, die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen.
Antrag 4: Gesetzlicher Mindestlohn (Zuweisung)
Die 158. Vollversammlung der AK Wien setzt sich für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro brutto pro Stunde ein.
Begründung: Die Arbeiterkammer hat sich immer zu Recht für den Erhalt und Ausbau des Sozialstaates eingesetzt. Ein Grundgedanke des Sozialstaates ist, dass Menschen ohne Vermögen wenigstens durch ihre Arbeit am Zuwachs des gesellschaftlichen Reichtums beteiligt werden. Aber in Österreich stagniert bzw. sinkt die Lohnquote seit Ende der 70er Jahre, während die Kosten für Wohnen, Energie und andere Grundbedürfnisse überdurchschnittlich steigen.
In einigen Branchen wurde ein kollektivvertraglicher Mindestlohn von 1.300 Euro umgesetzt, in anderen ist dieses Ziel noch nicht erreicht. Und etliche Jobs unterliegen keinem kollektivvertraglich geregelten Mindestlohn. Die amtliche Armutsgefährdungsschwelle liegt derzeit bei 994 Euro. Daher sind immer mehr Menschen trotz Arbeit armutsgefährdet.
Eine solidarische Lohnpolitik mit guten Kollektivvertragsabschlüssen und einer hohen Kollektivvertragsdichte ist wichtig. Damit aber alle arbeitenden Menschen zu einem Mindestlohn kommen, ist auch ein gesetzlicher notwendig, den es bereits in 20 von 27 EU-Ländern gibt.
Gemeinsamer Antrag Nr. 1 von FSG, FCG, FA, AUGE/UG, GA, Perspektive, Mosaik, GLB, UÖTA, KI und BDA: Gemeinsame Lösungen für PendlerInnen in der Ostregion (angenommen)
Regionale Kooperation spielt in der Ostregion (Wien, Niederösterreich, Burgenland) eine immer wichtiger werdende Rolle. Die Beziehungen zwischen den Bundesländern – nicht nur im Verkehrsbereich – nehmen ständig zu. So stiegen bei den AK-Mitgliedern zwischen 2006 bis 2011 die EinpendlerInnen nach Wien von rund 170.000 auf über 190.000 (+12 Prozent). Gleichzeitig ist beispielsweise die Zahl der AuspendlerInnen nach Niederösterreich um rund 15 Prozent auf aktuell fast 58.000 WienerInnen, die in Niederösterreich arbeiten, gestiegen.
Diese Bundesländergrenzen überschreitende Entwicklung in der Ostregion bedeutet, dass auf Landesebene abgegrenzte Instrumente und Organisationen teilweise nicht mehr den Anforderungen entsprechen. Notwendig ist eine zwischen den Ländern abgestimmte Vorgangsweise als Basis für erforderliche Maßnahmen und Investitionen in den Stadtgrenzen überschreitenden öffentlichen Verkehr.
Eine immer wichtigere Rolle in der Erstellung des ÖV-Angebotes in der Ostregion spielen dabei bewährte Organisationen regionaler Zusammenarbeit wie die Planungsgemeinschaft Ost (PGO) und der Verkehrsverbund Ostregion (VOR). Der Ein- und AuspendlerInnenanteil wird auch in Zukunft weiter wachsen. Verkehrspolitik ist nicht nur am Ziel sondern vor Allem an der Quelle lösbar.
Damit in Zukunft noch mehr PendlerInnen mit dem Öffentlichen Verkehr ihren Arbeitsweg bewältigen können, ist ein ausreichendes und leistbares ÖV-Angebot für die ArbeitnehmerInnen unbedingt sicherzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das Stadtgrenzen überschreitende S-Bahnnetz noch weiter ausgebaut und vorhandenes Potential in Wien, aber auch in NÖ und im Burgenland optimal genutzt und attraktiviert werden. In NÖ und im Burgenland muss das Park&Ride (P&R) Angebot - das für die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs zentrale Voraussetzung ist – weiter massiv ausgebaut und ergänzt werden.
Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien fordert daher:
• Die Planungsgemeinschaft Ost (PGO) und der Verkehrsverbund Ostregion (VOR) müssen zu Organisationen mit Entscheidungsbefugnis in der Ostregion aufgewertet werden. Der VOR sollte in Zukunft - koordinierend für Wien, NÖ und Bgld. - die Verhandlungen zu den Verkehrsdiensteverträgen mit der ÖBB führen. Nur dadurch ist ein optimal abgestimmtes ÖV-Angebot in der Ostregion in Zukunft sichergestellt.
• Auch in Fragen der Raumplanung – Siedlungsentwicklung, Baulandreserven… - ist eine vernetzte Betrachtungsweise anzustreben und die PGO mit Koordinations- und Entscheidungsbefugnissen auszustatten.
• Der Nahverkehr muss rasch ausgebaut werden. Insbesondere ist das Schnellbahnnetz auf ein Mindestintervall von 15 Minuten zu optimieren. Zusätzlich sind auch der Ausbau und die Attraktivierung der Regional- und Nebenbahnen mit ihrer Zubringerfunktion erforderlich.
• Der Taktverkehr muss umgesetzt und Umsteigerelationen zu den Bus-Linien müssen optimiert werden.
• Das P&R Ausbauprogramm in NÖ und Bgld muss ergänzt und ausgebaut werden. Das P&R Angebot in Wien muss durch Einführung von Kombitickets attraktiviert werden.
Gemeinsamer Antrag Nr. 2 von KI, AUGE/UG, GLB, Mosaik und BDA: Unterstützung der „Kritischen Literaturtage“ durch die AK Wien (abgelehnt )
Seit 2010 finden in Wien die sogenannten „Kritischen Literaturtage“ statt. Ziel der Kritischen Literaturtage (KriLit) ist es Verlagen mit alternativen, gesellschafts- und sozialkritischen Büchern, insbesondere aber unabhängigen und kleinen Verlagen aus Österreich und im deutschsprachigen Raum, die Möglichkeit zu geben, ihre Bücher und Schriften zu präsentieren.
Die ersten zwei Male wurde die Literaturmesse abseits des kommerziellen Mainstreams in der ÖGB-Zentrale mit finanzieller und organisatorischer Unterstützung durch den Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung (VÖGB) durchgeführt. Am 26. und 27. Oktober 2012 findet die Veranstaltung in der Brunnenpassage in Wien Ottakring statt. Die KriLit´12 wurde von einem engagierten Team aus ehrenamtlichen KulturarbeiterInnen und VertreterInnen von progressiven Verlagen und Initiativen vorbereitet. Sie haben sich entschlossen dieses in Wien einzigartige Projekt weiterzuführen.
Zur Finanzierung des Vorhabens wurden Gespräche mit zahlreichen Institutionen geführt. Auch die Kulturabteilung der AK Wien wurde kontaktiert, eine Förderung der Kritischen Literaturtage jedoch abgewiesen. Während also von der Arbeiterkammer viel Geld in die Hand genommen wird, um richtigerweise für Verteilungsgerechtigkeit zu kampagnisieren, werden jene Stimmen, die in ihrer tagtäglichen Arbeit als Multiplikatoren dieser Forderungen auftreten, im Regen stehen gelassen.
In einer mittlerweile fast gleichgeschalteten österreichischen Mainstream-Medienlandschaft sind jedoch alternative Zeitschriften und Verlage für die fortschrittliche Arbeiterbewegung besonders wichtig. Aufgabe der Arbeiterkammer sollte es deshalb sein, diese in ihrer publizistischen Tätigkeit tatkräftig zu unterstützen.
Deshalb beschließt die Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien:
• Finanzielle Unterstützung der Kritischen Literaturtage 2012 durch die Kulturabteilung der AK Wien
• Bewerbung der Kritischen Literaturtage 2012 in den Print- & Onlinemedien der AK Wien
• Aufnahme von Gesprächen der AK-Wien-Kulturabteilung mit den Veranstaltern der Kritischen Literaturtage 2012 über die weitere Unterstützung des Projekts in den kommenden Jahren.