Gerechtigkeit muss sein...
- Mittwoch, 13. April 2016 @ 16:47
Michael Heindl über die Verteilung von Reichtum
…meint nicht nur die Arbeiterkammer. In Österreich verdienen viele in einem ganzen Arbeitsjahr nicht einmal 14.000 Euro für sich und ihre Familie zum Ausgeben. Die meisten bringen es auf etwa 29.000 Euro, nicht wenige kriegen das Zehnfache und ganz wenige das Hundertfache davon. Daran entscheidet sich das ganze Leben: Für manche reicht es nicht einmal für eine richtige Wohnung, für andere reicht's dazu gerade, wieder andere haben die Villa im Grünen und manche noch eine in Südfrankreich dazu. Manche rechnen schon beim Fleisch und machen niemals Urlaub, andere leisten sich den Urlaub und für einige ist das Leben Urlaub.
Diese Leute arbeiten gar nicht und verdienen, was man mit Arbeit nie verdienen könnte. Ganz zu schweigen von der anderen Sorte von Arbeitslosen, die nicht arbeiten dürfen und sich nichts verdienen können, jene kriegen dann oft nicht mehr als 10.053 Euro im Jahr - deren reichliche Freizeit ist kein Urlaub, sondern Öde, weil man sogar zum Genuss der freien Zeit Geld braucht, und das nicht knapp.
Zwang zur Vermögensbildung
Viele Einkommen reichen nicht für ein gescheites Leben, manche dagegen kann ihr Bezieher beim besten Willen nicht verjubeln, sie zwingen einfach zur Vermögensbildung. Die krass unterschiedlichen Einkommen und Lebenslagen brauchen die Mitglieder unserer Wohlstandsgesellschaft natürlich überhaupt nicht zu interessieren - schon gleich nicht, wenn sie sich an das Gebot des Christengottes: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus ...“ halten.
Aber die Sache lässt ihnen keine Ruhe, und, bei Lichte betrachtet, hat ja auch der Höchste den Neid nicht abgeschafft, sondern verboten. Kurz, das hält keiner aus, dass er zu den Schlechtergestellten gehört, ohne dass so einer sich fragt, ob das auch in Ordnung geht. Sogar die Reichen und Mächtigen stellen sich die Frage, denn auch sie haben ein Gewissen und könnten ihre Villa im Nyons et Baronnies und die Jacht im Mittelmeer nicht genießen, ohne dem Bewusstsein, dies gerechterweise zu tun.
Verdienen sie das auch?
… ist eine heikle Frage, an der schon mancher gescheitert ist. Denn wie soll das entschieden werden? Klar kann man die Gehälter in Staat und Wirtschaft für ziemlich gerecht halten. Dazu muss man sich die Sache etwa so denken: Ein Manager kriegt seine Million nur fürs Managen, ein Arbeiter seinen Lohn nur fürs Arbeiten und sogar ein Fußballstar hat sein Ausnahmegehalt nur dann verdient, wenn seine, geradezu selbstlose, Hingabe der Gelenke und Sehnen für reichlich Unterhaltung sorgt.
Für das, was bezahlt wird, darf die andere Seite die versprochene Leistung erwarten, wenn viel und sehr viel bezahlt wird, dann muss die Leistung eine ganz Außerordentliche sein - würde sonst jemand so viel bezahlen? Eine feine Rechnung: Was einer verdient, wird er schon verdienen, sonst würde es ihm ja keiner bezahlen. Und da ein Pfarrer doppelt so viel kriegt, wie ein ungelernter Arbeiter, muss er ja wohl auch doppelt so viel leisten. Es ist also bloß gerecht, wenn er auch doppelt so viel kriegt! Das Verfahren dieser Überlegungen ist herrlich einfach: Aus dem Verdienst erfahren wir die Größe der Leistung, und aus der Größe der Leistung erfahren wir, dass der Verdienst gerecht ist.
Einkommensgerechtigkeit!
… fordern Menschen, wenn sie unzufrieden sind, und tun so, als wüssten sie, wieviel Euro eine Stunde Schraubeneindrehen, Liturgiesingen oder Diplomatengelage wert sind. Da wird so getan, als wäre es eine feststehende und natürliche Eigenschaft der Arbeit, irgendeine Summe Geld einzubringen, als gäbe es und als wüssten sie ein gerechtes Verhältnis von Lohn und Leistung.
Das finden sie natürlich nicht: Wie sollte man auch entscheiden, ob die Leistung eines Straßenkehrers oder eines Arztes nützlicher sind. Wenn sie schon alle ein Beitrag sein sollen, dann sind sie doch für das Ganze alle gleichermaßen nötig, keine könnte fehlen, ohne dass etwas fehlt.
Einen Grund für Unterschiede der Bezahlung gibt das gerade nicht her. So halten sie sich eben doch wieder an die tatsächlichen Löhne und Einkommen für die tatsächlichen Berufe: Die Kritik richtet sich im Prinzip immer auf Fälle, in denen die Leistung, die zu einem bestimmten Beruf gehört, nicht gebracht worden ist: Wenn die Fußballer nicht siegen, die Arbeitgeber keine Arbeit geben, die Politiker nicht im Parlament sitzen, dann verdienen sie nicht, was sie verdienen. Sonst schon!
Der Vergleich von Lohn und Leistung, der die Menschen dauernd beschäftigt und nicht mehr loslässt, wird letzten Endes eben bloß dort angestellt, wo das Vergleichen geht: Mit dem Bundeskanzler, dem Zahnarzt oder Universitätsprofessor vergleicht ein Mensch an der Drehbank weder seine Leistung noch sein Einkommen.
Die Idee der gerechten Entlohnung ist von vornherein so unkritisch, dass sie sich auf den verwegenen Versuch gar nicht einlässt, den Einkommensunterschied eines Arbeiters und eines Bankiers aus deren Leistungsunterschiede zu erklären - an so einem Versuch würde die Idee einer Entlohnung nach Leistung auch endgültig scheitern: „Jede Gesellschaft hat ihre eigene Gerechtigkeit“ sagte Marx - mit der Forderung nach Gerechtigkeit kann man keine Gesellschaft kritisieren.
Michael Heindl ist GLB-Aktivist in Wien
…meint nicht nur die Arbeiterkammer. In Österreich verdienen viele in einem ganzen Arbeitsjahr nicht einmal 14.000 Euro für sich und ihre Familie zum Ausgeben. Die meisten bringen es auf etwa 29.000 Euro, nicht wenige kriegen das Zehnfache und ganz wenige das Hundertfache davon. Daran entscheidet sich das ganze Leben: Für manche reicht es nicht einmal für eine richtige Wohnung, für andere reicht's dazu gerade, wieder andere haben die Villa im Grünen und manche noch eine in Südfrankreich dazu. Manche rechnen schon beim Fleisch und machen niemals Urlaub, andere leisten sich den Urlaub und für einige ist das Leben Urlaub.
Diese Leute arbeiten gar nicht und verdienen, was man mit Arbeit nie verdienen könnte. Ganz zu schweigen von der anderen Sorte von Arbeitslosen, die nicht arbeiten dürfen und sich nichts verdienen können, jene kriegen dann oft nicht mehr als 10.053 Euro im Jahr - deren reichliche Freizeit ist kein Urlaub, sondern Öde, weil man sogar zum Genuss der freien Zeit Geld braucht, und das nicht knapp.
Zwang zur Vermögensbildung
Viele Einkommen reichen nicht für ein gescheites Leben, manche dagegen kann ihr Bezieher beim besten Willen nicht verjubeln, sie zwingen einfach zur Vermögensbildung. Die krass unterschiedlichen Einkommen und Lebenslagen brauchen die Mitglieder unserer Wohlstandsgesellschaft natürlich überhaupt nicht zu interessieren - schon gleich nicht, wenn sie sich an das Gebot des Christengottes: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus ...“ halten.
Aber die Sache lässt ihnen keine Ruhe, und, bei Lichte betrachtet, hat ja auch der Höchste den Neid nicht abgeschafft, sondern verboten. Kurz, das hält keiner aus, dass er zu den Schlechtergestellten gehört, ohne dass so einer sich fragt, ob das auch in Ordnung geht. Sogar die Reichen und Mächtigen stellen sich die Frage, denn auch sie haben ein Gewissen und könnten ihre Villa im Nyons et Baronnies und die Jacht im Mittelmeer nicht genießen, ohne dem Bewusstsein, dies gerechterweise zu tun.
Verdienen sie das auch?
… ist eine heikle Frage, an der schon mancher gescheitert ist. Denn wie soll das entschieden werden? Klar kann man die Gehälter in Staat und Wirtschaft für ziemlich gerecht halten. Dazu muss man sich die Sache etwa so denken: Ein Manager kriegt seine Million nur fürs Managen, ein Arbeiter seinen Lohn nur fürs Arbeiten und sogar ein Fußballstar hat sein Ausnahmegehalt nur dann verdient, wenn seine, geradezu selbstlose, Hingabe der Gelenke und Sehnen für reichlich Unterhaltung sorgt.
Für das, was bezahlt wird, darf die andere Seite die versprochene Leistung erwarten, wenn viel und sehr viel bezahlt wird, dann muss die Leistung eine ganz Außerordentliche sein - würde sonst jemand so viel bezahlen? Eine feine Rechnung: Was einer verdient, wird er schon verdienen, sonst würde es ihm ja keiner bezahlen. Und da ein Pfarrer doppelt so viel kriegt, wie ein ungelernter Arbeiter, muss er ja wohl auch doppelt so viel leisten. Es ist also bloß gerecht, wenn er auch doppelt so viel kriegt! Das Verfahren dieser Überlegungen ist herrlich einfach: Aus dem Verdienst erfahren wir die Größe der Leistung, und aus der Größe der Leistung erfahren wir, dass der Verdienst gerecht ist.
Einkommensgerechtigkeit!
… fordern Menschen, wenn sie unzufrieden sind, und tun so, als wüssten sie, wieviel Euro eine Stunde Schraubeneindrehen, Liturgiesingen oder Diplomatengelage wert sind. Da wird so getan, als wäre es eine feststehende und natürliche Eigenschaft der Arbeit, irgendeine Summe Geld einzubringen, als gäbe es und als wüssten sie ein gerechtes Verhältnis von Lohn und Leistung.
Das finden sie natürlich nicht: Wie sollte man auch entscheiden, ob die Leistung eines Straßenkehrers oder eines Arztes nützlicher sind. Wenn sie schon alle ein Beitrag sein sollen, dann sind sie doch für das Ganze alle gleichermaßen nötig, keine könnte fehlen, ohne dass etwas fehlt.
Einen Grund für Unterschiede der Bezahlung gibt das gerade nicht her. So halten sie sich eben doch wieder an die tatsächlichen Löhne und Einkommen für die tatsächlichen Berufe: Die Kritik richtet sich im Prinzip immer auf Fälle, in denen die Leistung, die zu einem bestimmten Beruf gehört, nicht gebracht worden ist: Wenn die Fußballer nicht siegen, die Arbeitgeber keine Arbeit geben, die Politiker nicht im Parlament sitzen, dann verdienen sie nicht, was sie verdienen. Sonst schon!
Der Vergleich von Lohn und Leistung, der die Menschen dauernd beschäftigt und nicht mehr loslässt, wird letzten Endes eben bloß dort angestellt, wo das Vergleichen geht: Mit dem Bundeskanzler, dem Zahnarzt oder Universitätsprofessor vergleicht ein Mensch an der Drehbank weder seine Leistung noch sein Einkommen.
Die Idee der gerechten Entlohnung ist von vornherein so unkritisch, dass sie sich auf den verwegenen Versuch gar nicht einlässt, den Einkommensunterschied eines Arbeiters und eines Bankiers aus deren Leistungsunterschiede zu erklären - an so einem Versuch würde die Idee einer Entlohnung nach Leistung auch endgültig scheitern: „Jede Gesellschaft hat ihre eigene Gerechtigkeit“ sagte Marx - mit der Forderung nach Gerechtigkeit kann man keine Gesellschaft kritisieren.
Michael Heindl ist GLB-Aktivist in Wien