Willkommen bei GLB - Gewerkschaftlicher Linksblock (Alte Website - Archiv seit Mai 2023) 

Genosse der Bosse

  • Donnerstag, 24. November 2016 @ 11:48
Meinung Anne Rieger über die Pläne von Kanzler Kern

97 Prozent der Delegierten wählten den Manager Kern am 25. Juni 2016 zum SPÖ-Parteichef. Jubel in Medien, Wirtschaft und Partei: „Wir wollen die Ungleichheit reduzieren und für Beschäftigung sorgen“, versprach Kern. Daher brauche es mehr Steuergerechtigkeit.

Österreich habe im OECD-Schnitt eine der niedrigsten Vermögenssteuern, daher werde man bei diesem Thema dranbleiben. Knapp drei Wochen später verkündete Kern frohgemut das Gegenteil: Die Bankenabgabe werde ab 2017 reduziert – von 640 auf 100 Mio. Euro.

Lohnnebenkosten im Visier

Schon eine Woche zuvor wurden für „innovative“ Start-up Unternehmen die Lohnnebenkosten aus Steuermitteln ersetzt. Die Dienstgeberbeiträge werden für drei Beschäftigte im ersten Jahr zur Gänze, im zweiten Jahr zu zwei Dritteln und im dritten Jahr zu einem Drittel ersetzt. In dem 185 Mio. Euro-Paket sei das einer der wichtigsten Punkte, berichtete der „Standard“.

Freilich das ist keine sehr hohe Summe und noch keine Kürzung der Einkommen. Aber das Paket zeigt die Richtung der Kernschen Politik: „Mein Ziel ist, die Lohnnebenkosten zu senken“ bekräftigte er beim Wirtschaftsforum in Velden Ende September. Die Senkung ist für die Dienstgeber eine Erhöhung ihrer Profite, für die Beschäftigten eine Senkung ihres Einkommens. Bisherige Sozialleistungen müssen sie dann vom Nettolohn zukaufen.

Voest begünstigt

Mit dem neuen Begriff „Beschäftigungs-Bonus“ wirbt Kern für eine Wertschöpfungsabgabe. Die gesamte Wertschöpfung umfasst neben der Lohnsumme auch Abschreibungen, Gewinne, Fremdkapitalzinsen, Mieten, Pachten und Steuern. Eine Umstellung würde jene Unternehmen stärker belasten, die am stärksten rationalisieren. Da eine solche die Bemessungsgrundlage für Sozialabgaben rascher steigt als die sinkende Lohnsumme müsste eine solche Wertschöpfungsabgabe zur Steigerung des Beitragsaufkommens der Dienstgeber führen.

Das hat Kern nicht im Sinn. Mit dem Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) soll ein erster Versuch der Umstellung gestartet werden – aber „aufkommensneutral“. Das bedeutet: Insgesamt soll nicht mehr Geld in die Sozialversicherung fließen. Es gehe lediglich darum, wie die Belastung innerhalb der Unternehmen verteilt wird. Kern: „Eine Voest wäre in diesem Modell ein Begünstigter, die hätte einen Vorteil.“

Eine deutliche Erhöhung der Ökosteuern, vor allem jener auf fossile Energie (Treibstoff, Heizöl und Kohle) ist angekündigt. Tabak und Alkohol sollen ebenfalls höher besteuert werden. Für die Schwerindustrie, die durch CO²-Steuern massiv belastet werden würde, müsse man sich Sonderregeln einfallen lassen, so Kern.

In wessen Interesse die fünf von der Regierung im Mai eingesetzten Arbeitsgruppen zu Wirtschaft und Arbeit, Sicherheit und Integration, Bildung, Entbürokratisierung, Forschung und Technologie Maßnahmen erarbeiten werden und die Kern-Regierung dann umsetzen wird, wird man sehr genau beobachten und kommunizieren müssen. Denn dem Manager im Kanzleramt gelingt es exzellent, in seinen Reden einen schönen – beschäftigtenfreundlichen - Schein für uns zu entwickeln. Gehandelt hat er bisher nur im Interesse der Bosse.

An seinem Graz-Tag Ende September zeigte er seine Prioritäten: Am Vormittag nahm er die „Zielvorgaben“ des steirischen Industriellen-Präsidenten Georg Knill sowie des Obmanns des Fachverbands der Maschinen-, Metallwaren und Gießereiindustrie Christian Knill entgegen. Erst danach mischte er sich nachmittags in der Kanzler-Bim unters Volk.

Anne Rieger ist Vorstandsmitglied des GLB-Steiermark