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Genormte Unterfinanzierung des Sozialbereichs

  • Donnerstag, 31. Oktober 2013 @ 12:08
Meinung Von Thomas Erlach

Vor einigen Jahren setzte die Sozialabteilung des Landes Oberösterreich das sogenannte Normkostenmodell als Finanzierungsschablone für den Sozialbereich ein. Die Sozialvereine rechneten damals viele Monate. Mehrmals monatlich wurden die unterschiedlichsten Berechnungen von ihnen verlangt. Niemand konnte mehr sagen, was eigentlich gerechnet wurde.

Letztendlich zog man Berechnungsmodelle aus der industriellen Produktion als Grundlage für die zukünftige Finanzierung des Sozialberreichs heran. Schon der Name „Normkostenmodell“ ist irreführend. Es wäre schön, wenn sich die realen Kosten der Sozialvereine darin finden würden. Leider spiegeln sich darin lediglich die Ausgabenwünsche des Geldgebers wieder, und die sind niedriger als der tatsächliche Bedarf.

Das führt zu laufenden Einsparungen zu Lasten der Beschäftigten. Die betroffenen Geschäftsführungen haben es leider verabsäumt mit der nötigen Deutlichkeit auf diese Problematik hinzuweisen, bzw. Änderungen der Finanzierungssituation herbeizuführen, wie es eigentlich ihre Aufgabe wäre. Die Sozialabteilung des Landes Oberösterreich hat bisher jegliche Kritik am Normkostenmodell konsequent ignoriert. Dabei machen es folgende Aspekte für uns MitarbeiterInnen besonders belastend:

Diskriminierung langjähriger MitarbeiterInnen

Die Beschäftigten werden dahingehend normiert, dass durchschnittlich 15 Berufsjahre im Modell vorgesehen sind. Nach Ablauf dieser Frist werden die Beschäftigten zunehmend unfinanzierbar. Eine Lebensplanung die auf 45 Jahre soziale Arbeit aufbaut ist daher unrealistisch geworden. Junge BerufseinsteigerInnen müssen sich heute schon Gedanken machen in welche Branche sie sich nach 15 Jahren umorientieren wollen.

Im Sozialbereich werden sie keine Beschäftigung mehr finden. Langjährige Beschäftigte, die ihr durch das Normkostenmodell festgelegtes Ablaufdatum schon überschritten haben, geraten zunehmend unter Druck billiger arbeiten zu müssen, Stunden zu reduzieren, oder gekündigt zu werden. Wie real diese Praxis ist, zeigen die Kündigungen von mehreren MitarbeiterInnen der Volkshilfe Oberösterreich, die sich bereits in Altersteilzeit befanden. Die Pensionierung vor Augen haben sie wegen Unfinanzierbarkeit ihren Arbeitsplatz verloren.

Kollektivvertrag

Die Sozialabteilung des Landes Oberösterreich gibt nach Außen vor den BAGS Kollektivvertrag zu akzeptieren. Das entspricht leider nicht der Realität. Tatsächlich wird er aber dahingehend missbraucht, dass er als Kürzungsparameter in das Normkostenmodell integriert wurde. So werden die kollektivvertraglichen Untergrenzen der Einkommen zu Obergrenzen der Finanzierung umdefiniert.

Außerdem werden die jährlich ausverhandelten Valorisierungen der Gehälter und die im KV-Schema fixierten Biennalsprünge nicht finanziert, obwohl sie kollektivvertraglich verankert sind. Es ist ein Skandal, dass sich ein gesetzgebendes Gremium wie die Landesregierung weigert den Kollektivvertrag, der ja Gesetzesrang hat, zu akzeptieren. Gesetze werden völlig beliebig, wenn sich sogar der Gesetzgeber nur an solche hält, die ihm in den Kram passen.

Schlussfolgerungen

Das sogenannte Normkostenmodell ist ein klassisch neoliberales Kürzungsinstrument, das die von der öffentlichen Hand gewünschte Unterfinanzierung des Sozialbereiches regelt. Dabei fühlt sich die Landesregierung nicht an geltendes Recht gebunden. Die dramatischen Auswirkungen auf die Beschäftigten wie jährlich schlechtere Arbeitsbedingungen, sinkende Einkommen, drohender Arbeitsplatzverlust aufgrund zu vieler Dienstjahre, sind der Politik gleichgültig. Diese Missstände gehören schleunigst behoben.

Daher fordere Ich:

• Überarbeitung des Normkostenmodells mit Ausrichtung an den wahren Kosten der Sozialvereine.
• Schluss mit der Diskriminierung älterer und langjähriger MitarbeiterInnen. Lebenslange Berufskarrieren ohne Einkommensverluste müssen auch im Sozialbereich möglich sein.
• Der Kollektivvertag darf nicht länger als Kürzungsinstrument missbraucht werden. Die Finanzierung muss Einkommen über dem gesetzlichen Minimum ermöglichen.
• Die Landesregierung hat den Kollektivvertrag umgehend zu akzeptieren. Die jährlichen Valorisierungen und die Biennalsprünge müssen fester Bestandteil der Finanzierung werden.

Thomas Erlach ist Praxeologe und BRV von EXIT-sozial Linz