Gefahr des Ausverkaufs
- Sonntag, 14. Februar 2016 @ 08:00
Michael Graber über Staatseigentum, OMV und Gazprom
Nach dem Ausverkauf der verstaatlichten Industrie ab den 1980er Jahren und dem Privatisierungswahn der schwarz-blauen Regierung in den 2000er Jahren ist es etwas stiller um das noch verbliebene öffentliche Eigentum in der österreichischen Industrie und Wirtschaft geworden. In der ÖIAG verblieben letztlich nur mehr der 31,5 Prozent Aktien-Anteil an der ÖMV, der Mehrheitsanteil von 52,85 Prozent an der österreichischen Post und knapp über ein Drittel an den Casinos Austria (33,24 Prozent). Der Anteil der Republik Österreich an der Telekom ist nach dem Einstieg des mexikanischen Milliardärs Slim auf 28,42 Prozent gesunken. Daneben wird noch ein Immobilien-Rest der ehemals verstaatlichten Schoeller-Bleckmannwerke verwaltet.
ÖBIB anstelle der ÖIAG
Immerhin wurde die ÖIAG in den letzten Jahren unter der SPÖ-geführten Koalitionsregierung, die durch die schwarz-blaue Regierung in eine Privatisierungsagentur verwandelt wurde, in der sich die Leute der Industriellenvereinigung jeweils die Klinke in die Hand gedrückt hatten, in die ÖBIB umgewandelt, wobei die Vertreter der Regierung, konkret der Finanzminister, wieder die politische Kontrolle und Verantwortung übernommen haben.
Die weiteren größten öffentlichen Infrastrukturbetriebe, die ÖBB, die Asfinag und der Verbundkonzern (dessen 51prozentiger staatlicher, verfassungsmäßig abgesicherter Aktienanteil), werden nicht von der ÖBIB gehalten, sondern unterstehen den jeweiligen Ministerien und damit direkter und nicht indirekter Kontrolle.
Nachdem die privaten Aktien der in der ÖBIB gehaltenen Konzerne an der Börse gehandelt werden, ist der Börsenwert der jeweiligen ÖBIB-Anteile abschätzbar, er beträgt gegenwärtig etwa 4,5 Mrd. Euro. Nimmt man noch den staatlichen Anteil an dem Verbundkonzern dazu, sind es etwa 5,4 Mrd. Euro. All diese Konzerne bestehen aus über 33.000 Arbeitsplätzen, im Verbund sind es 5.000.
Schwarz-blaue Geldflüsse
Dieser Rest der ehemals verstaatlichten Industrie lieferte seit 2003, abgesehen von den jeweiligen zu zahlenden Steuern, 2,5 Mrd. Euro an Dividenden ins Budget ab. Diese hätten allerdings wesentlich höher sein können, wenn nicht in den Konzernzentralen absurd hohe Managergehälter gezahlt würden. Außerdem sind in den Privatisierungen unter der schwarz-blauen Regierung dutzende Millionen an „Provisionen“ und Schwarzgelder geflossen, die noch immer mühsam durch die Justiz aufgearbeitet werden müssen.
Allerdings steht der Casino-Austria Anteil noch immer auf der Privatisierungsliste des derzeitigen Finanzminister Schelling, was auch die Österreichischen Lotterien, die sich im Eigentum der Casinos Austria befinden, betreffen würde. Nach einigen Turbulenzen der letzten Monate ist der Ausgang dieses Coups noch offen.
Abtausch OMV-Gazprom?
Wesentlich wichtiger ist allerdings die derzeitige Auseinandersetzung über die Politik der ÖMV-Konzernspitze. Wie in den Medien nach einem öffentlichen Aufschrei der ehemaligen ÖIAG-Aufsichtsrätin und Siemens-Managerin Brigitte Ederer bekannt wurde, verhandelt die ÖMV mit der russischen Gazprom über einen Tausch von Eigentumsanteilen. Die ÖMV will sich an einem russischen Gasfeld in Sibirien beteiligen und unter Umständen dafür Teile der Raffinerie Schwechat abgeben.
Nun ist zwar die enge Zusammenarbeit mit dem russischen Öl- und Gaslieferanten nichts Neues. Bereits 1968 kam der erste Gasliefervertrag mit der damaligen Sowjetunion zustande, von dem Österreich stark profitiert und über Jahrzehnte die Versorgung gesichert hat. Das hat Jahrzehnte ohne gegenteilige Beteiligungen funktioniert. Warum soll das jetzt anders sein? Gazprom ist zwar ein staatlich kontrollierter Konzern, der größte des derzeitigen Russland, warum soll diesem aber Eigentumsrechte an Österreichs größtem Konzern eingeräumt werden? Der Einfluss Österreichs auf die ÖMV und damit auch auf die Raffinerie ist nicht nur durch die Drittelbeteiligung sondern auch durch einen Syndikatsvertrag mit den anderen arabischen Großaktionären gesichert. Durch eine Drittelbeteiligung am Borealis-Konzern kontrolliert die ÖMV auch wesentlich die österreichische Petrochemie. Auch hier besteht die Gefahr eines Ausverkaufs an Gazprom.
Die Interessen Österreichs
Die Sicherung der nationalen Interessen an diesen größten österreichischen Industrieunternehmen ist allerdings Sache Österreichs selbst. Die Zurufe aus der EU sind dazu überflüssig. Dieser geht es nur darum, die Zusammenarbeit mit Gazprom zugunsten der Sanktionspolitik gegenüber Russland zu behindern. Aber auch das hat mit den nationalen Interessen Österreichs nichts zu tun.
Michael Graber ist Volkswirt und Wirtschaftssprecher der KPÖ
Nach dem Ausverkauf der verstaatlichten Industrie ab den 1980er Jahren und dem Privatisierungswahn der schwarz-blauen Regierung in den 2000er Jahren ist es etwas stiller um das noch verbliebene öffentliche Eigentum in der österreichischen Industrie und Wirtschaft geworden. In der ÖIAG verblieben letztlich nur mehr der 31,5 Prozent Aktien-Anteil an der ÖMV, der Mehrheitsanteil von 52,85 Prozent an der österreichischen Post und knapp über ein Drittel an den Casinos Austria (33,24 Prozent). Der Anteil der Republik Österreich an der Telekom ist nach dem Einstieg des mexikanischen Milliardärs Slim auf 28,42 Prozent gesunken. Daneben wird noch ein Immobilien-Rest der ehemals verstaatlichten Schoeller-Bleckmannwerke verwaltet.
ÖBIB anstelle der ÖIAG
Immerhin wurde die ÖIAG in den letzten Jahren unter der SPÖ-geführten Koalitionsregierung, die durch die schwarz-blaue Regierung in eine Privatisierungsagentur verwandelt wurde, in der sich die Leute der Industriellenvereinigung jeweils die Klinke in die Hand gedrückt hatten, in die ÖBIB umgewandelt, wobei die Vertreter der Regierung, konkret der Finanzminister, wieder die politische Kontrolle und Verantwortung übernommen haben.
Die weiteren größten öffentlichen Infrastrukturbetriebe, die ÖBB, die Asfinag und der Verbundkonzern (dessen 51prozentiger staatlicher, verfassungsmäßig abgesicherter Aktienanteil), werden nicht von der ÖBIB gehalten, sondern unterstehen den jeweiligen Ministerien und damit direkter und nicht indirekter Kontrolle.
Nachdem die privaten Aktien der in der ÖBIB gehaltenen Konzerne an der Börse gehandelt werden, ist der Börsenwert der jeweiligen ÖBIB-Anteile abschätzbar, er beträgt gegenwärtig etwa 4,5 Mrd. Euro. Nimmt man noch den staatlichen Anteil an dem Verbundkonzern dazu, sind es etwa 5,4 Mrd. Euro. All diese Konzerne bestehen aus über 33.000 Arbeitsplätzen, im Verbund sind es 5.000.
Schwarz-blaue Geldflüsse
Dieser Rest der ehemals verstaatlichten Industrie lieferte seit 2003, abgesehen von den jeweiligen zu zahlenden Steuern, 2,5 Mrd. Euro an Dividenden ins Budget ab. Diese hätten allerdings wesentlich höher sein können, wenn nicht in den Konzernzentralen absurd hohe Managergehälter gezahlt würden. Außerdem sind in den Privatisierungen unter der schwarz-blauen Regierung dutzende Millionen an „Provisionen“ und Schwarzgelder geflossen, die noch immer mühsam durch die Justiz aufgearbeitet werden müssen.
Allerdings steht der Casino-Austria Anteil noch immer auf der Privatisierungsliste des derzeitigen Finanzminister Schelling, was auch die Österreichischen Lotterien, die sich im Eigentum der Casinos Austria befinden, betreffen würde. Nach einigen Turbulenzen der letzten Monate ist der Ausgang dieses Coups noch offen.
Abtausch OMV-Gazprom?
Wesentlich wichtiger ist allerdings die derzeitige Auseinandersetzung über die Politik der ÖMV-Konzernspitze. Wie in den Medien nach einem öffentlichen Aufschrei der ehemaligen ÖIAG-Aufsichtsrätin und Siemens-Managerin Brigitte Ederer bekannt wurde, verhandelt die ÖMV mit der russischen Gazprom über einen Tausch von Eigentumsanteilen. Die ÖMV will sich an einem russischen Gasfeld in Sibirien beteiligen und unter Umständen dafür Teile der Raffinerie Schwechat abgeben.
Nun ist zwar die enge Zusammenarbeit mit dem russischen Öl- und Gaslieferanten nichts Neues. Bereits 1968 kam der erste Gasliefervertrag mit der damaligen Sowjetunion zustande, von dem Österreich stark profitiert und über Jahrzehnte die Versorgung gesichert hat. Das hat Jahrzehnte ohne gegenteilige Beteiligungen funktioniert. Warum soll das jetzt anders sein? Gazprom ist zwar ein staatlich kontrollierter Konzern, der größte des derzeitigen Russland, warum soll diesem aber Eigentumsrechte an Österreichs größtem Konzern eingeräumt werden? Der Einfluss Österreichs auf die ÖMV und damit auch auf die Raffinerie ist nicht nur durch die Drittelbeteiligung sondern auch durch einen Syndikatsvertrag mit den anderen arabischen Großaktionären gesichert. Durch eine Drittelbeteiligung am Borealis-Konzern kontrolliert die ÖMV auch wesentlich die österreichische Petrochemie. Auch hier besteht die Gefahr eines Ausverkaufs an Gazprom.
Die Interessen Österreichs
Die Sicherung der nationalen Interessen an diesen größten österreichischen Industrieunternehmen ist allerdings Sache Österreichs selbst. Die Zurufe aus der EU sind dazu überflüssig. Dieser geht es nur darum, die Zusammenarbeit mit Gazprom zugunsten der Sanktionspolitik gegenüber Russland zu behindern. Aber auch das hat mit den nationalen Interessen Österreichs nichts zu tun.
Michael Graber ist Volkswirt und Wirtschaftssprecher der KPÖ