Ganz wunderbar neoliberal
- Mittwoch, 23. November 2016 @ 12:12
Leo Furtlehner über die Schattenseiten der Sharing-Economy
Für Konsument_innen mag es verlockend klingen. Insbesondere, wenn ihnen Vorschriften oder Steuerleistung ohnehin suspekt sind. Zimmer statt über ein Hotel via AirBnB buchen, ein Taxi statt über die Taxizentrale via Uber bestellen – da werden Ressourcen freigelegt, da wird die Wirtschaft angekurbelt. Was so toll klingt hat freilich massive Schattenseiten, leuchtet man die Geschäftsmodelle dieser Sharing Economy genauer aus. Etwa wenn sich der von einer Taxlerprüfung befreite Uber-Fahrer als ortskundig herausstellt und den Fahrgast im dichtesten Autoverkehr aussteigen läßt. Oder wenn sich private Zimmervermieter vor Steuerleistung und Ortstaxe drücken.
Sowohl hinter AirBnB (bereits in 191 Ländern aktiv) als auch hinter Uber (in 55 Ländern aktiv) oder dem Carsharing-Dienst Drivy (38.000 Autos, eine Million Kunden) – alle in kurzer Zeit zu global agierenden Unternehmen expandiert – stehen letztlich Konzerne die kräftig kassieren. Etwa indem sie die für sie tätigen Autobesitzer oder Zimmervermieter als freie Unternehmer mit vollem Risiko bei Steuern, Sozialversicherung oder Qualifikationen betrachten.
Mittlerweile sind in den USA bereits Gerichtsverfahren anhängig, bei denen solche Sharing-Unternehmer gegen „ihren“ Konzern ihre Rechte und soziale Sicherheiten durchsetzen wollen. Die deutsche Hauptstadt Berlin hat mit einem Zweckentfremdungsgesetzt reagiert um zu verhindern, dass Wohnungen via Airbnb dem Markt entzogen werden.
Hat sich doch herausgestellt, dass findige Unternehmer ganze Häuser über solche Modelle vermieten und damit satte Kohle machen. Mit dem Ergebnis, dass die Wohnungspreise in den Citys in astronomische Höhen schießen und sich „normal Sterbliche“ dort das Wohnen immer weniger leisten können. Immerhin werden auch in Wien bereits rund 6.000 Wohnungen via AirBnB angeboten.
Nicht selten wird diese, nur mit Zustimmung von Hauseigentümer, bei Eigentumswohnungen der Miteigentümer mögliche, bei Gemeindewohnungen generell untersagte, Art der Untervermietung umgangen. Und es gibt sogar Beispiele, wie mit gezielter Umgehung regulärer mietrechtlicher Bestimmungen Betten für „Schlafgeher“ wie im 19. Jahrhundert um Wucherpreise vermietet werden.
Den Hohepriestern des Neoliberalismus gelten solche Totengräber regulärer Arbeits- und Wirtschaftsverhältnisse freilich als Zukunft der Ökonomie. Und diese Sharing Economy ist im Wachsen begriffen: Von 2004 bis 2015 hat sich allein in der EU28 der Umsatz auf rund 28 Milliarden Euro verdoppelt. Die dem Neoliberalismus stets zugeneigte EU-Kommission sieht mit diesem Modell große Chancen und will Uber, Airbnb und Konsorten vor nationalstaatlicher Willkür der Mitgliedsländer schützen.
Um „kreative Menschen“ zu fördern, wie die Kommissarinnen Elzbieta Bienkowska und Jyrki Katainen treuherzig meinen. Zumal die beiden Damen nationalstaatliche Auflagen gar als „Kampf gegen Windmühlen“ betrachten und mit dem vergeblichen Widerstand gegen die Einführung des Buchdrucks im Mittelalter vergleichen.
Ohne Regeln, ohne Steuern – die neuesten Gewächse im neoliberalen Dschungel entpuppen sich somit als fleischfressende Pflanzen auf Kosten erkämpfter Standards. Dem Jubel zeitgeistig neoliberal verseuchter Politiker Marke NEOS und einschlägiger Experten und Medien steht somit die Besorgnis seriös arbeitender Branchen und von Beschäftigten gegenüber die um wichtige Rechte und Errungenschaften bangen müssen.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
Für Konsument_innen mag es verlockend klingen. Insbesondere, wenn ihnen Vorschriften oder Steuerleistung ohnehin suspekt sind. Zimmer statt über ein Hotel via AirBnB buchen, ein Taxi statt über die Taxizentrale via Uber bestellen – da werden Ressourcen freigelegt, da wird die Wirtschaft angekurbelt. Was so toll klingt hat freilich massive Schattenseiten, leuchtet man die Geschäftsmodelle dieser Sharing Economy genauer aus. Etwa wenn sich der von einer Taxlerprüfung befreite Uber-Fahrer als ortskundig herausstellt und den Fahrgast im dichtesten Autoverkehr aussteigen läßt. Oder wenn sich private Zimmervermieter vor Steuerleistung und Ortstaxe drücken.
Sowohl hinter AirBnB (bereits in 191 Ländern aktiv) als auch hinter Uber (in 55 Ländern aktiv) oder dem Carsharing-Dienst Drivy (38.000 Autos, eine Million Kunden) – alle in kurzer Zeit zu global agierenden Unternehmen expandiert – stehen letztlich Konzerne die kräftig kassieren. Etwa indem sie die für sie tätigen Autobesitzer oder Zimmervermieter als freie Unternehmer mit vollem Risiko bei Steuern, Sozialversicherung oder Qualifikationen betrachten.
Mittlerweile sind in den USA bereits Gerichtsverfahren anhängig, bei denen solche Sharing-Unternehmer gegen „ihren“ Konzern ihre Rechte und soziale Sicherheiten durchsetzen wollen. Die deutsche Hauptstadt Berlin hat mit einem Zweckentfremdungsgesetzt reagiert um zu verhindern, dass Wohnungen via Airbnb dem Markt entzogen werden.
Hat sich doch herausgestellt, dass findige Unternehmer ganze Häuser über solche Modelle vermieten und damit satte Kohle machen. Mit dem Ergebnis, dass die Wohnungspreise in den Citys in astronomische Höhen schießen und sich „normal Sterbliche“ dort das Wohnen immer weniger leisten können. Immerhin werden auch in Wien bereits rund 6.000 Wohnungen via AirBnB angeboten.
Nicht selten wird diese, nur mit Zustimmung von Hauseigentümer, bei Eigentumswohnungen der Miteigentümer mögliche, bei Gemeindewohnungen generell untersagte, Art der Untervermietung umgangen. Und es gibt sogar Beispiele, wie mit gezielter Umgehung regulärer mietrechtlicher Bestimmungen Betten für „Schlafgeher“ wie im 19. Jahrhundert um Wucherpreise vermietet werden.
Den Hohepriestern des Neoliberalismus gelten solche Totengräber regulärer Arbeits- und Wirtschaftsverhältnisse freilich als Zukunft der Ökonomie. Und diese Sharing Economy ist im Wachsen begriffen: Von 2004 bis 2015 hat sich allein in der EU28 der Umsatz auf rund 28 Milliarden Euro verdoppelt. Die dem Neoliberalismus stets zugeneigte EU-Kommission sieht mit diesem Modell große Chancen und will Uber, Airbnb und Konsorten vor nationalstaatlicher Willkür der Mitgliedsländer schützen.
Um „kreative Menschen“ zu fördern, wie die Kommissarinnen Elzbieta Bienkowska und Jyrki Katainen treuherzig meinen. Zumal die beiden Damen nationalstaatliche Auflagen gar als „Kampf gegen Windmühlen“ betrachten und mit dem vergeblichen Widerstand gegen die Einführung des Buchdrucks im Mittelalter vergleichen.
Ohne Regeln, ohne Steuern – die neuesten Gewächse im neoliberalen Dschungel entpuppen sich somit als fleischfressende Pflanzen auf Kosten erkämpfter Standards. Dem Jubel zeitgeistig neoliberal verseuchter Politiker Marke NEOS und einschlägiger Experten und Medien steht somit die Besorgnis seriös arbeitender Branchen und von Beschäftigten gegenüber die um wichtige Rechte und Errungenschaften bangen müssen.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“