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Frauen hört die Signale

  • Donnerstag, 20. Februar 2014 @ 12:46
Meinung Rosalia Krenn zum Internationalen Frauentag

Die aktuelle Ausgabe rückt die frauenpolitischen Aspekte der Arbeitnehmer_innenschaft in den Vordergrund. Frauen sind Männern gegenüber in der Arbeitswelt immer noch strukturell benachteiligt. Die Caritas in Salzburg hat sich etwa erst kürzlich dafür entschieden, für die Leitungsposition ihrer Notschlafstelle eine qualifizierte Frau mit etwa dreijähriger Berufserfahrung abzulehnen, um diese Position mit einem Mann zu besetzen, der keinerlei berufliche Erfahrung in diesem Bereich aufweisen kann. Frauen sind Männern bei weitem noch nicht gleichgestellt, weder finanziell noch im Bereich ihrer beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, unabhängig von ihrer beruflichen Qualifikation.

Familien, die in den unteren Einkommensverhältnissen angesiedelt sind, werden es sich schlicht und ergreifend nicht leisten können, wenn der Vater eines Kindes das höhere Einkommen bezieht, Väterkarenz in Anspruch zu nehmen. Der Kapitalismus sorgt für die Entrechtung der Arbeitnehmer_innen. In seiner patriarchalen Ausprägung trifft es Frauen noch um einiges härter als Männer.

Klassische Niedriglohnbranchen sind Branchen, die mehrheitlich Frauen beschäftigen, etwa der Sozial- und Gesundheitsbereich. Im Sozial- und Gesundheitsbereich werden unerträglich niedrige Löhne und Gehälter bezahlt. Der BAGS-Kollektivvertrag begnügt sich mit einem inakzeptablen Lohn- und Gehaltsabschluss von 2,5 Prozent Gehaltsanpassung und hat sogar einen Lohn und Gehaltsabschluss ausverhandelt, der uns Arbeitnehmer_innen für das nächste Jahr Reallohnverlust beschert. Für 2015 werden die Gehälter um eine phantasierte Inflation plus 0,35 Prozent angepasst werden. Angesichts dessen, dass die Gehälter in diesem Bereich ein Hohn sind und die tatsächlichen Kostensteigerungen des täglichen Lebens mit dem errechneten Verbraucherpreisindex nix zu tun haben, ist dieser Abschluss ein Skandal.

Die am Verhandlungstisch sitzenden Gewerkschaftsfunktionär_innen haben noch versucht, dieses extraschlechte Verhandlungsergebnis als Erfolg zu verkaufen. Jubel tönte aus den Reihen der Gewerkschaftsfunktionär_innen vor allem von Seiten der FSG. Danke!

Diese Leute müssen ja auch nicht mit dem Geld überleben. Ich schon. Als alleinerziehende Sozialarbeiterin bin ich mit Mietkostensteigerungen sowie Steigerungen der Kosten des alltäglichen Bedarfs konfrontiert, die langsam aber sicher meine Möglichkeiten übersteigen. Wenn meine Tochter studieren möchte, wird sie zusätzlich arbeiten müssen.

Ich frage mich, was die gewerkschaftlichen Kollektivvertragsverhandler_innen zu einem strahlenden Siegerlächeln bringt, wenn mein Lohnzettel so aussieht, dass ich meinem Kind nicht einmal das Studium finanzieren kann. Um das berühmte Brecht-Zitat abzuwandeln: Wär Mann nicht reich, wär Frau nicht arm. Frauen, hört die Signale!

Rosalia Krenn ist Betriebsrätin bei der Lebenshilfe Salzburg und Stv. GLB-Bundesvorsitzende