FPÖ sägt an der Basis der Arbeiterkammer
- Mittwoch, 11. Mai 2016 @ 18:00
Die 5. Vollversammlung am 11. Mai 2016 stand ganz im Zeichen des 70. Jahrestages der Neukonstituierung der Arbeiterkammer, im Rahmen eines Festaktes sprach Sozialminister Alois Stöger. In seinem Bericht verwies AK-Präsident Johann Kalliauer auf Erfolge der AK, vor allem beim Konsument_innenschutz, zeigte aber auch die schwierige Lage am Arbeitsmarkt auf und kritisierte das gezielte Schlechtreden durch Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung.
AK-Rat Thomas Erlach (GLB) meinte, die AK sei eine staatstragende Organisation, die viel zum Gelingen des gesellschaftlichen Lebens beigetragen habe. Es sei daher bedenklich, wenn von der FPÖ Angriffe auf die AK-Umlage erfolgen, gleichzeitige Bekenntnisse zur AK seien daher unglaubwürdig. Auch erinnerte er daran, dass er von der FA als „Pflastersteinwerber“ verunglimpft wurde, weil er die Sozialpartnerschaft kritisiert hatte.
Erlach forderte eine energische Reaktion auf die Negativkampagne der WKO zum 1. Mai und als Antwort einen Ausbau der staatlichen Bereiche. Die Existenzsicherung als zentrale Frage müsste von der Erwerbstätigkeit abgekoppelt werden. Den Vorschlägen beim Bonus-Malus oder einer Neuverteilung der Arbeitsplätze müsse Nachdruck verliehen werden. Etwa mit der GLB-Forderung nach einer 30-Stundenwoche bei einem Mindestlohn von 13 Euro pro Stunde.
„Angst ist ein schlechter Ratgeber, die Sozialpartnerschaft gibt dieser Angst zu viel Raum, daher muss die Angst bekämpft werden“, so Erlach. Die Lohnabhängigen müssten die Stärke ihrer Mehrheit besser gegen das Jammern der WKO nützen. Zur Steuerreform merkte Erlach an, dass angesichts der kalten Progression bereits jetzt die nächste Reform begonnen werden müsse.
Die Vollversammlung behandelte sieben gemeinsame und 26 Fraktionsanträge. Die GLB-Resolutionen zu Mindestsicherung und Tariferhöhungsstopp im öffentlichen Verkehr wurden ebenso den Ausschüssen zugewiesen wie die gemeinsamen Anträge von AUGE und GLB zum Bettelverbot und sechs Wochen Urlaub für Lehrlinge.
Einstimmig beschlossen wurde die Nominierung von 660 Laienrichter_innen (davon vier des GLB) für die Periode 2017-2021 sowie der Rechnungsabschluss 2015. Bedingt durch die unklare Formulierung wurde eine Änderung der Funktionsgebührenordnung über die private Nutzung eines Dienstautos durch den Präsidenten nur bei Stimmenthaltung von AUGE und GLB beschlossen.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Resolution 1: Mindestsicherung verbessern statt kürzen
Die 2011 eingeführte bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) ist eine wichtige Sozialleistung. Sie soll verhindern, dass Menschen in Armut leben müssen und gewährleisten, dass niemand von der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen ist.
Die BMS beträgt für Einzelpersonen maximal 914 Euro, für Paare 1.287 Euro und für die ersten drei Kinder 210 Euro pro Kind. Die oö Landesregierung plant jedoch eine Kürzung auf 520 Euro für Asylberechtigte und subsidiär Schutzbedürftige. Der überwiegende Teil der Bezieher_innen erhält eine BMS allerdings deutlich unter diesen Beträgen nur als Aufstockung auf durch Teilzeitarbeit oder auch Niedriglöhne bei Vollzeitarbeit viel zu geringe Einkommen, zu geringes Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder niedrige Pensionen.
Zusätzlich gibt es Pläne die BMS zu deckeln sowie vermehrt als Sachleistung zu gewähren und die „Anreize“ zur Arbeitsaufnahme zu verstärken. Argumentiert werden solche Verschlechterungen mit einem zu geringen Abstand zu aktuellen Erwerbseinkommen. Statt einer Verschlechterung der sozialen Absicherung ist jedoch eine Erhöhung der Mindestlöhne notwendig.
2014 lebten laut Statistik Austria bundesweit 256.405 Alleinstehende und 152.839 Menschen in Bedarfsgemeinschaften unter Armutsbedingungen. 30 Prozent der BMS-BezieherInnen sind Kinder. Bundesweit verfügen 297.000, in Oberösterreich 49.000 Menschen als „working poor“ trotz Arbeit über kein existenzsicherndes Einkommen.
Laut AK-Reichtumsticker wächst das Vermögen der reichsten zehn Prozent der Bevölkerung pro Sekunde um 958 Euro. Diese Minderheit besitzt 60 Prozent des gesamten Vermögens, hingegen müssen sich 90 Prozent der Bevölkerung mit 40 Prozent des Kuchens zufriedengeben.
In Zeiten akuter Massenarbeitslosigkeit ist die Kürzung von Leistungen, wenn Betroffene angeblich zuwenig Bemühungen unternehmen eine Arbeit zu finden, unsozial. Angesichts der fehlenden Arbeitsplätze ist daher die Bedarfsorientierung in Frage zu stellen. Es ist auch mit einem modernen Sozialstaatsverständnis nicht vereinbar, wenn Sozialämter Betroffene dazu auffordern, ihre Angehörigen auf Unterhalt zu klagen. Denn zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern bestehen nur in Ausnahmefällen tatsächlich Unterhaltspflichten.
Um eine gleichwertige, ebenbürtige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen soll die BMS auf 1.000 Euro angehoben werden. Dass das Ziel eines kollektivvertraglichen Mindestlohns von 1.700 Euro brutto noch nicht flächendeckend umgesetzt ist, darf nicht zu Lasten der Ärmsten gehen.
Die Vollversammlung der oö Arbeiterkammer fordert die oö Landesregierung und den Bundesminister für Soziales auf, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen Kürzungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung kommt. Vielmehr soll die Bedarfsorientierung aus dem Gesetz entfernt, die Unterhaltspflichten der Angehörigen entschärft und die Höhe der BMS für Alleinstehende auf 1.000 Euro angehoben werden.
Resolution 2: Tariferhöhungsstopp im öffentlichen Verkehr
Knapp ein Viertel der in Österreich zurückgelegten Wege sind Fahrten zu oder von der Arbeit. Davon entfallen im Schnitt rund 70 Prozent auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) und ca. 20 Prozent auf den öffentlichen Personenverkehr (ÖV). Wobei es größere regionale Unterschiede je nach Ausbaugrad des ÖV gibt. Laut AK-Pendlerbefragung aus dem Jahre 2012 lag der ÖV-Anteil in Steyr bei 9,1 Prozent, in Wels bei 9,6 Prozent in Linz jedoch bei 22,8 Prozent.
Die Investitionen in den Ausbau der Straße sind weit höher als jene in den öffentlichen Verkehr, und das obwohl Oberösterreichs PendlerInnen sich laut AK-Pendlerbefragung mit überwältigender Mehrheit verstärkte Investitionen in den öffentlichen Verkehr (83 Prozent) wünschen.
Auch bei den individuellen Fahrkosten kommt es zu einer Ungleichbehandlung: Während die Spritpreise aufgrund der niedrigen weltweiten Mineralölpreise gesunken sind und auch steuerlich inflationsbereinigt die Mineralölsteuer in den letzten Jahren um fast 20 Prozent zurückgegangen ist, werden die Preise im öffentlichen Verkehr für ÖV-PendlerInnen jedes Jahr kräftig erhöht. So stiegen die Preise für Wochen-, Monats- und Jahreskarten im Oberösterreichischen Verkehrsverbund (OÖVV) in den letzten Jahren zwischen 1,5 bis 6 Prozent.
Auch andere Verkehrsbetriebe wie etwa die ÖBB oder die Linz Linien erhöhen ihre eigenen Tarife fast im Jahresrhythmus. In den letzten zehn Jahren sind somit die Tickets im OÖVV durch so genannte „Tarifanpassungen“ deutlich gestiegen.
Die Konkurrenznachteile die der öffentliche Verkehr gegenüber dem privaten motorisierten Individualverkehr aufgrund einer das Auto bevorzugenden Verkehrspolitik und fehlender Kostenwahrheit ohnehin hat, dürfen durch jährlich steigende Fahrpreise nicht noch größer werden.
Die AK-Vollversammlung fordert das Land OÖ und den Oberösterreichischen Verkehrsverbund (OÖVV) auf, die Valorisierung der Ticketpreise in Form der jährlichen Tarifanpassungen auszusetzen, um dadurch die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs für BerufspendlerInnen auch hinsichtlich der Kosten zu wahren.
Gemeinsame Resolution 1 von AUGE und GLB: Aufhebung des Bettelverbotes
2011 beschloss der oö Landtag das Verbot des „organisierten“ und „aggressiven“ Bettelns. Mit einer Verschärfung wurde 2014 auch „organisiertes“ Betteln verboten und kann durch sektorale Bettelverbote auch „stilles“ Betteln verboten werden. Zur Bekämpfung von laufend in der Betteldebatte unterstellten Begleiterscheinungen wie Diebstahl, tätliche Angriffe, Körperverletzung, Einsatz von Kindern, Prostitution oder Menschenhandel bietet jedoch das Strafgesetzbuch eine ausreichende Handhabe und braucht es daher keine eigenen Gesetze.
Entsprechend den Wünschen der Geschäftswelt und als Ergebnis einer medialen und politischen Kampagne wurden bettelnde Menschen pauschal als „Bettelmafia“ und „Banden“ kriminalisiert, stigmatisiert, zum Feindbild erklärt, damit das soziale Klima vergiftet und die Entsolidarisierung verstärkt. Es ist bedenklich, wenn Betteln nicht als sozialpolitisches Problem, sondern nur durch die Brille von Kriminalisierung, Überwachung, Ausgrenzung und Abschiebung gesehen wird und die Notlage bettelnder Menschen und die sozialen Umstände in deren Herkunftsländern in einem angeblich vereinten Europa ignoriert werden. Da Land und Gemeinden bislang die Betreuung bettelnder Menschen sozialen Organisationen überlassen haben sind Ankündigungen die Verschärfung des Bettelverbotes mit „sozialpolitischen Maßnahmen flankieren“ zu wollen wenig glaubwürdig.
Niemand ist gezwungen bettelnden Menschen etwas zu geben, der Anblick bettelnder Menschen ist jedoch sehr wohl zumutbar. Armutsreisende stören das Bild einer heilen Konsumwelt, sie sind aber eine Erscheinungsform des realen Kapitalismus als einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft. Die Unterscheidung zwischen „still“, „organisiert“ oder „gewerbsmäßig“ bettelnden Menschen verkennt die Natur des Bettelns und dient nur zur Diffamierung. Denn gebettelt wird aus Not und nicht aus Jux oder weil es so lukrativ wäre.
Wer soziale Unterstützung kürzen, bestimmten Gruppen vorenthalten oder nur einer einheimischen „Volksgemeinschaft“ zukommen lassen will, wer mit Bettelverboten Arme statt Armut bekämpfen will, muss zwangsläufig Menschengruppen abwerten und macht die Verrohung von Moral und ethischen Empfinden salonfähig. Auch wenn die sozialen Zustände hierzulande nicht das Ausmaß wie in südosteuropäischen Ländern haben und offene Pogrome gegen die Ärmsten (noch) nicht zum Alltag gehören sind die Parallelen im Umgang mit Armut und Elend offensichtlich. Der Anblick von Armut ist nicht schön, wenn Diffamierung bettelnder Menschen dazukommt, ist dies jedoch ein Schlag gegen aufgeklärte Toleranz und soziales Denken.
Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich fordert den oö Landtag auf, das 2011 beschlossene und 2014 novellierte Bettelverbot ersatzlos aufzuheben, weil für allfällige Übergriffe das Strafgesetzbuch völlig ausreichend ist, und anstelle von Verboten Maßnahmen der Sozialpolitik zu setzen.
Gemeinsame Resolution 2 von AUGE und GLB: Mehr Chancengleichheit im Match „Lehre oder Schule“
Die Ferien in der Schule sind nicht nur für manche das Schönste an der ganzen „Veranstaltung“, sie stellen auch eine wichtige Ressource für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen dar. Eine Ressource der Auseinandersetzung mit sich selbst und der Sammlung von Lebens-Erfahrungen außerhalb eines institutionellen und zeitlichen Korsetts.
Die Schulferien umfassen an die 14 Kalenderwochen, unabhängig davon, ob die Weihnachtsfeiertage in einem Jahr „günstig“ oder „ungünstig“ fallen.
Die Entscheidung, eine Lehre zu machen und nur mehr 5 Wochen Urlaub zu haben, bedeutet somit für die Jugendlichen, von heute auf morgen pro Jahr auf neun Wochen an freier Zeit zu verzichten!
Das ist ein Verlust von über 60 Prozent der vorherigen Ferienzeit. Zusätzlich damit verbunden ist die Gefahr, dass Jugendliche ziemlich abrupt auch aus jenen sozialen Einbettungen fallen, die an ein gewisses Maß an verfügbarer Frei- und „Ferien“-Zeit gebunden sind – vor allem im Rahmen von Vereinen, die mit der Abhaltung von Trainings-Camps und ähnlichen zeitlich geblockten Aktivitäten verbunden sind.
In dem Alter, in dem sie sich zwischen Schule und Lehre entscheiden müssen, orientieren sich die Jugendlichen im Regelfall an einem relativ kurzen Zeithorizont. Der unmittelbar drohende und massive Verlust von Ferienzeit stellt somit einen schwerwiegenden Attraktivitätsnachteil für die Wahl eines Lehrberufs dar.
Die Lehre – darin sind sich die Sozialpartner einig – ist eine zentrale aber leider immer brüchiger werdende Säule einer nachhaltig wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Jede „Stellschraube“, die gefunden werden kann, um die Lehre wieder zu stärken, sollte deshalb genützt werden.
Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich lädt daher die Sozialpartner ein, Verhandlungen über eine Erhöhung des Urlaubsanspruchs für Lehrlinge auf mindestens 6 Wochen pro Jahr aufzunehmen, als eine konkrete Maßnahme, um die Attraktivität der Lehre gegenüber einem längeren Schulbesuch zu erhöhen.
AK-Rat Thomas Erlach (GLB) meinte, die AK sei eine staatstragende Organisation, die viel zum Gelingen des gesellschaftlichen Lebens beigetragen habe. Es sei daher bedenklich, wenn von der FPÖ Angriffe auf die AK-Umlage erfolgen, gleichzeitige Bekenntnisse zur AK seien daher unglaubwürdig. Auch erinnerte er daran, dass er von der FA als „Pflastersteinwerber“ verunglimpft wurde, weil er die Sozialpartnerschaft kritisiert hatte.
Erlach forderte eine energische Reaktion auf die Negativkampagne der WKO zum 1. Mai und als Antwort einen Ausbau der staatlichen Bereiche. Die Existenzsicherung als zentrale Frage müsste von der Erwerbstätigkeit abgekoppelt werden. Den Vorschlägen beim Bonus-Malus oder einer Neuverteilung der Arbeitsplätze müsse Nachdruck verliehen werden. Etwa mit der GLB-Forderung nach einer 30-Stundenwoche bei einem Mindestlohn von 13 Euro pro Stunde.
„Angst ist ein schlechter Ratgeber, die Sozialpartnerschaft gibt dieser Angst zu viel Raum, daher muss die Angst bekämpft werden“, so Erlach. Die Lohnabhängigen müssten die Stärke ihrer Mehrheit besser gegen das Jammern der WKO nützen. Zur Steuerreform merkte Erlach an, dass angesichts der kalten Progression bereits jetzt die nächste Reform begonnen werden müsse.
Die Vollversammlung behandelte sieben gemeinsame und 26 Fraktionsanträge. Die GLB-Resolutionen zu Mindestsicherung und Tariferhöhungsstopp im öffentlichen Verkehr wurden ebenso den Ausschüssen zugewiesen wie die gemeinsamen Anträge von AUGE und GLB zum Bettelverbot und sechs Wochen Urlaub für Lehrlinge.
Einstimmig beschlossen wurde die Nominierung von 660 Laienrichter_innen (davon vier des GLB) für die Periode 2017-2021 sowie der Rechnungsabschluss 2015. Bedingt durch die unklare Formulierung wurde eine Änderung der Funktionsgebührenordnung über die private Nutzung eines Dienstautos durch den Präsidenten nur bei Stimmenthaltung von AUGE und GLB beschlossen.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Resolution 1: Mindestsicherung verbessern statt kürzen
Die 2011 eingeführte bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) ist eine wichtige Sozialleistung. Sie soll verhindern, dass Menschen in Armut leben müssen und gewährleisten, dass niemand von der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen ist.
Die BMS beträgt für Einzelpersonen maximal 914 Euro, für Paare 1.287 Euro und für die ersten drei Kinder 210 Euro pro Kind. Die oö Landesregierung plant jedoch eine Kürzung auf 520 Euro für Asylberechtigte und subsidiär Schutzbedürftige. Der überwiegende Teil der Bezieher_innen erhält eine BMS allerdings deutlich unter diesen Beträgen nur als Aufstockung auf durch Teilzeitarbeit oder auch Niedriglöhne bei Vollzeitarbeit viel zu geringe Einkommen, zu geringes Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder niedrige Pensionen.
Zusätzlich gibt es Pläne die BMS zu deckeln sowie vermehrt als Sachleistung zu gewähren und die „Anreize“ zur Arbeitsaufnahme zu verstärken. Argumentiert werden solche Verschlechterungen mit einem zu geringen Abstand zu aktuellen Erwerbseinkommen. Statt einer Verschlechterung der sozialen Absicherung ist jedoch eine Erhöhung der Mindestlöhne notwendig.
2014 lebten laut Statistik Austria bundesweit 256.405 Alleinstehende und 152.839 Menschen in Bedarfsgemeinschaften unter Armutsbedingungen. 30 Prozent der BMS-BezieherInnen sind Kinder. Bundesweit verfügen 297.000, in Oberösterreich 49.000 Menschen als „working poor“ trotz Arbeit über kein existenzsicherndes Einkommen.
Laut AK-Reichtumsticker wächst das Vermögen der reichsten zehn Prozent der Bevölkerung pro Sekunde um 958 Euro. Diese Minderheit besitzt 60 Prozent des gesamten Vermögens, hingegen müssen sich 90 Prozent der Bevölkerung mit 40 Prozent des Kuchens zufriedengeben.
In Zeiten akuter Massenarbeitslosigkeit ist die Kürzung von Leistungen, wenn Betroffene angeblich zuwenig Bemühungen unternehmen eine Arbeit zu finden, unsozial. Angesichts der fehlenden Arbeitsplätze ist daher die Bedarfsorientierung in Frage zu stellen. Es ist auch mit einem modernen Sozialstaatsverständnis nicht vereinbar, wenn Sozialämter Betroffene dazu auffordern, ihre Angehörigen auf Unterhalt zu klagen. Denn zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern bestehen nur in Ausnahmefällen tatsächlich Unterhaltspflichten.
Um eine gleichwertige, ebenbürtige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen soll die BMS auf 1.000 Euro angehoben werden. Dass das Ziel eines kollektivvertraglichen Mindestlohns von 1.700 Euro brutto noch nicht flächendeckend umgesetzt ist, darf nicht zu Lasten der Ärmsten gehen.
Die Vollversammlung der oö Arbeiterkammer fordert die oö Landesregierung und den Bundesminister für Soziales auf, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen Kürzungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung kommt. Vielmehr soll die Bedarfsorientierung aus dem Gesetz entfernt, die Unterhaltspflichten der Angehörigen entschärft und die Höhe der BMS für Alleinstehende auf 1.000 Euro angehoben werden.
Resolution 2: Tariferhöhungsstopp im öffentlichen Verkehr
Knapp ein Viertel der in Österreich zurückgelegten Wege sind Fahrten zu oder von der Arbeit. Davon entfallen im Schnitt rund 70 Prozent auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) und ca. 20 Prozent auf den öffentlichen Personenverkehr (ÖV). Wobei es größere regionale Unterschiede je nach Ausbaugrad des ÖV gibt. Laut AK-Pendlerbefragung aus dem Jahre 2012 lag der ÖV-Anteil in Steyr bei 9,1 Prozent, in Wels bei 9,6 Prozent in Linz jedoch bei 22,8 Prozent.
Die Investitionen in den Ausbau der Straße sind weit höher als jene in den öffentlichen Verkehr, und das obwohl Oberösterreichs PendlerInnen sich laut AK-Pendlerbefragung mit überwältigender Mehrheit verstärkte Investitionen in den öffentlichen Verkehr (83 Prozent) wünschen.
Auch bei den individuellen Fahrkosten kommt es zu einer Ungleichbehandlung: Während die Spritpreise aufgrund der niedrigen weltweiten Mineralölpreise gesunken sind und auch steuerlich inflationsbereinigt die Mineralölsteuer in den letzten Jahren um fast 20 Prozent zurückgegangen ist, werden die Preise im öffentlichen Verkehr für ÖV-PendlerInnen jedes Jahr kräftig erhöht. So stiegen die Preise für Wochen-, Monats- und Jahreskarten im Oberösterreichischen Verkehrsverbund (OÖVV) in den letzten Jahren zwischen 1,5 bis 6 Prozent.
Auch andere Verkehrsbetriebe wie etwa die ÖBB oder die Linz Linien erhöhen ihre eigenen Tarife fast im Jahresrhythmus. In den letzten zehn Jahren sind somit die Tickets im OÖVV durch so genannte „Tarifanpassungen“ deutlich gestiegen.
Die Konkurrenznachteile die der öffentliche Verkehr gegenüber dem privaten motorisierten Individualverkehr aufgrund einer das Auto bevorzugenden Verkehrspolitik und fehlender Kostenwahrheit ohnehin hat, dürfen durch jährlich steigende Fahrpreise nicht noch größer werden.
Die AK-Vollversammlung fordert das Land OÖ und den Oberösterreichischen Verkehrsverbund (OÖVV) auf, die Valorisierung der Ticketpreise in Form der jährlichen Tarifanpassungen auszusetzen, um dadurch die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs für BerufspendlerInnen auch hinsichtlich der Kosten zu wahren.
Gemeinsame Resolution 1 von AUGE und GLB: Aufhebung des Bettelverbotes
2011 beschloss der oö Landtag das Verbot des „organisierten“ und „aggressiven“ Bettelns. Mit einer Verschärfung wurde 2014 auch „organisiertes“ Betteln verboten und kann durch sektorale Bettelverbote auch „stilles“ Betteln verboten werden. Zur Bekämpfung von laufend in der Betteldebatte unterstellten Begleiterscheinungen wie Diebstahl, tätliche Angriffe, Körperverletzung, Einsatz von Kindern, Prostitution oder Menschenhandel bietet jedoch das Strafgesetzbuch eine ausreichende Handhabe und braucht es daher keine eigenen Gesetze.
Entsprechend den Wünschen der Geschäftswelt und als Ergebnis einer medialen und politischen Kampagne wurden bettelnde Menschen pauschal als „Bettelmafia“ und „Banden“ kriminalisiert, stigmatisiert, zum Feindbild erklärt, damit das soziale Klima vergiftet und die Entsolidarisierung verstärkt. Es ist bedenklich, wenn Betteln nicht als sozialpolitisches Problem, sondern nur durch die Brille von Kriminalisierung, Überwachung, Ausgrenzung und Abschiebung gesehen wird und die Notlage bettelnder Menschen und die sozialen Umstände in deren Herkunftsländern in einem angeblich vereinten Europa ignoriert werden. Da Land und Gemeinden bislang die Betreuung bettelnder Menschen sozialen Organisationen überlassen haben sind Ankündigungen die Verschärfung des Bettelverbotes mit „sozialpolitischen Maßnahmen flankieren“ zu wollen wenig glaubwürdig.
Niemand ist gezwungen bettelnden Menschen etwas zu geben, der Anblick bettelnder Menschen ist jedoch sehr wohl zumutbar. Armutsreisende stören das Bild einer heilen Konsumwelt, sie sind aber eine Erscheinungsform des realen Kapitalismus als einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft. Die Unterscheidung zwischen „still“, „organisiert“ oder „gewerbsmäßig“ bettelnden Menschen verkennt die Natur des Bettelns und dient nur zur Diffamierung. Denn gebettelt wird aus Not und nicht aus Jux oder weil es so lukrativ wäre.
Wer soziale Unterstützung kürzen, bestimmten Gruppen vorenthalten oder nur einer einheimischen „Volksgemeinschaft“ zukommen lassen will, wer mit Bettelverboten Arme statt Armut bekämpfen will, muss zwangsläufig Menschengruppen abwerten und macht die Verrohung von Moral und ethischen Empfinden salonfähig. Auch wenn die sozialen Zustände hierzulande nicht das Ausmaß wie in südosteuropäischen Ländern haben und offene Pogrome gegen die Ärmsten (noch) nicht zum Alltag gehören sind die Parallelen im Umgang mit Armut und Elend offensichtlich. Der Anblick von Armut ist nicht schön, wenn Diffamierung bettelnder Menschen dazukommt, ist dies jedoch ein Schlag gegen aufgeklärte Toleranz und soziales Denken.
Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich fordert den oö Landtag auf, das 2011 beschlossene und 2014 novellierte Bettelverbot ersatzlos aufzuheben, weil für allfällige Übergriffe das Strafgesetzbuch völlig ausreichend ist, und anstelle von Verboten Maßnahmen der Sozialpolitik zu setzen.
Gemeinsame Resolution 2 von AUGE und GLB: Mehr Chancengleichheit im Match „Lehre oder Schule“
Die Ferien in der Schule sind nicht nur für manche das Schönste an der ganzen „Veranstaltung“, sie stellen auch eine wichtige Ressource für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen dar. Eine Ressource der Auseinandersetzung mit sich selbst und der Sammlung von Lebens-Erfahrungen außerhalb eines institutionellen und zeitlichen Korsetts.
Die Schulferien umfassen an die 14 Kalenderwochen, unabhängig davon, ob die Weihnachtsfeiertage in einem Jahr „günstig“ oder „ungünstig“ fallen.
Die Entscheidung, eine Lehre zu machen und nur mehr 5 Wochen Urlaub zu haben, bedeutet somit für die Jugendlichen, von heute auf morgen pro Jahr auf neun Wochen an freier Zeit zu verzichten!
Das ist ein Verlust von über 60 Prozent der vorherigen Ferienzeit. Zusätzlich damit verbunden ist die Gefahr, dass Jugendliche ziemlich abrupt auch aus jenen sozialen Einbettungen fallen, die an ein gewisses Maß an verfügbarer Frei- und „Ferien“-Zeit gebunden sind – vor allem im Rahmen von Vereinen, die mit der Abhaltung von Trainings-Camps und ähnlichen zeitlich geblockten Aktivitäten verbunden sind.
In dem Alter, in dem sie sich zwischen Schule und Lehre entscheiden müssen, orientieren sich die Jugendlichen im Regelfall an einem relativ kurzen Zeithorizont. Der unmittelbar drohende und massive Verlust von Ferienzeit stellt somit einen schwerwiegenden Attraktivitätsnachteil für die Wahl eines Lehrberufs dar.
Die Lehre – darin sind sich die Sozialpartner einig – ist eine zentrale aber leider immer brüchiger werdende Säule einer nachhaltig wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Jede „Stellschraube“, die gefunden werden kann, um die Lehre wieder zu stärken, sollte deshalb genützt werden.
Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich lädt daher die Sozialpartner ein, Verhandlungen über eine Erhöhung des Urlaubsanspruchs für Lehrlinge auf mindestens 6 Wochen pro Jahr aufzunehmen, als eine konkrete Maßnahme, um die Attraktivität der Lehre gegenüber einem längeren Schulbesuch zu erhöhen.