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Flexible Arbeit ist sichere Ausbeutung!

  • Donnerstag, 10. November 2016 @ 22:00
Steiermark Unter dem Titel „Flexible Arbeit ist sichere Arbeit“ versucht die Wirtschaftskammer aktuell die Ausdehnung der täglichen Normalarbeitszeit, der täglichen Höchstarbeitszeit und die Aushebelung der Kollektivverträge in Arbeitszeitfragen voranzubringen. Dies thematisierte der GLB in der steirischen AK-Vollversammlung am 10. November 2016..
Länger arbeiten, wenn viel los ist und mehr Freizeit, wenn es ruhiger im Betrieb ist. Im Klartext arbeiten wann es das Unternehmen wünscht. So weit so verständlich - die Wirtschaftskammer ist die Interessensvertretung der Unternehmen und nicht der Arbeitnehmer.

Absurd wird das Ganze nur dadurch, dass man den Arbeitenden Menschen einzureden versucht, das sei auch noch gut für sie. Erklärt uns der Werbespot der Wirtschaftskammer doch glatt, dass dies eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie bringen wird. Die GLB-KPÖ Fraktion brachte in der November Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer daher einen Antrag gegen die Forderungen der Wirtschaft nach Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden und der täglichen Normalarbeitszeit auf zehn Stunden, sowie der Verlagerung der Arbeitszeitregelungen auf die betriebliche Ebene, ein.

GLB-KPÖ Arbeiterkammerrätin Hilde Tragler bemerkte in ihrer Wortmeldung, dass es auch derzeit schon sehr flexible Arbeitszeitmodelle in den Kollektivverträgen gibt. In Zukunft aber würde es so aussehen, „dass die komplette Arbeitseinteilung über die betrieblichen Planungsstellen organisiert wird und die Beschäftigten das Unternehmensrisiko voll und ganz übernehmen müssen.“ Hilde Tragler erinnerte daran, dass das Arbeitszeitgesetz in einer Zeit entstanden ist, als die Arbeiter und Angestellten völlig den Planungen der Unternehmen ausgeliefert waren und stellte die Frage in den Raum, ob wir dahin wieder zurückwollen.

Trotz dieser Worte wurde der Antrag nicht angenommen, sondern mit den Stimmen von FSG und ÖAAB-FCG einem Ausschuss zur weiteren Bearbeitung zugewiesen. Ebenso mit den Stimmen von FSG, ÖAAB-FCG und auch FA zugewiesen wurde ein Antrag zur Erhöhung der Körperschaftssteuer auf 34 Prozent und Abschaffung der Gruppenbesteuerung. Auch der Antrag zur Wiedereinführung der kürzlich abgeschafften steirischen Wohnbeihilfe wurde zugewiesen. Mehrheitlich angenommen hingegen wurden die Anträge gegen eine verpflichtende überregionale Arbeitskräftevermittlung durch das AMS, sowie für eine Verbesserung der Entgeltinformationen in Stellenanzeigen.

Die Anträge der Fraktion GLB-KPÖ im Wortlaut:

Antrag 1: Flexible Arbeit ist sichere Ausbeutung!

Die Wirtschaftskammern Österreichs führen derzeit eine Kampagne zur Aushöhlung des Arbeitszeitrechtes durch. Kernpunkte dabei sind eine Erhöhung der täglichen Normalarbeitszeit von derzeit acht Stunden auf grundsätzlich zehn Stunden. Eine Steigerung der Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden bei Gleitzeit und bei Arbeitsplätzen, mit nicht näher definierter, geringer Belastung, sowie eine Schwächung der kollektivvertraglichen Ebene.

Mit letzter Forderung soll es Betrieben ermöglicht werden, Überstundenzuschläge de facto abzuschaffen, indem mehrjährige Durchrechnungszeiträume auf Betriebsebene vereinbart werden dürfen, ohne dass dies in den Kollektivverträgen so vorgesehen werden muss.

Regelmäßige Arbeitszeiten können laut WKO „ein Hemmschuh für ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen im Arbeitsalltag sein“. Auch Urlaubsauf- bzw. -abbau wird als Instrument zur Reaktion auf Nachfrageschwankungen angedacht.

Länger arbeiten, wenn viel los ist und mehr Freizeit, wenn es ruhig ist, bedeutet die Auftragslage des Unternehmens bestimmt und nicht der einzelne Mitarbeiter und das bei gleichzeitiger Abschaffung der Überstundenzuschläge. Es ist daher keineswegs wahr, dass diese Forderungen zu gesteigerter Lebensqualität, freier Zeiteinteilung, Rücksicht auf die Gesundheit sowie auch eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit führen, wie dies die WKO formuliert.

Die 8. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark spricht sich daher gegen die geforderten gesetzlichen Änderungen aus und fordert daher die österreichische Bundesregierung und den österreichischen Nationalrat dazu auf, jegliche gesetzliche Verschlechterung im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes und anderer gesetzlicher Bestimmungen im Hinblick auf die Forderungen der WKO Kampagne zu unterlassen.

Antrag 2: Nein zur überregionalen Arbeitskräftevermittlung!

Die Rechte österreichischer Arbeitsloser bei der Vermittlung von Jobs durch das AMS sind nicht besonders groß. Ein Berufsschutz gilt nur während der ersten hundert Tage der Arbeitslosigkeit. Darüber hinaus gilt nur während der ersten 120 Tage des Arbeitslosengeldbezuges ein Entgeltschutz der 80 Prozent der Bemessungsgrundlage des Arbeitslosengeldbezuges beträgt. Danach gelten 75 Prozent der Bemessungsgrundlage.

Endet der Bezug von Arbeitslosengeld und tritt an dessen Stelle die Notstandshilfe, so gilt weder Entgelt noch Berufsschutz. Jede Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze gilt als zumutbar. Auch gelten generell zwei Stunden tägliche Wegzeit zwischen Wohnort und Arbeitsplatz als zumutbar.

In einer Situation in der in Österreich die höchste Arbeitslosigkeit seit 1945 herrscht und in allen Regionen ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, fordert nun die WKÖ-Tourismus-Obfrau Nocker-Schwarzenbacher neben Arbeitszeitflexibilisierung, also der Streichung von Überstundenzuschlägen auch eine überregionale Arbeitskräftevermittlung.

Nun darf sich auch derzeit jeder Arbeitssuchende auf Stellen außerhalb seiner Heimatregion bewerben, eine Vermittlung durch das AMS, verbunden mit einer Verpflichtung zur Annahme einer solchen Stelle darf aber keinesfalls erfolgen. Es ist den Betroffenen unzumutbar und eine reine Schikane, wenn hunderte Kilometer weit entfernte, schlecht entlohnte Stellenangebote vermittelt werden und bei Nichtantritt der Arbeitsstelle eine sechs- bis achtwöchige Sperre des Arbeitslosengeldes oder der Notstandshilfe verhängt werden kann. Bessere Entlohnung und Arbeitsbedingungen sowie ausreichend Lehrplätze machen jegliche Diskussion um einen etwaigen Arbeitskräftemangel im Tourismus obsolet.

Die 8. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark spricht sich daher gegen jegliche Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen bei der Annahme von Stellenangeboten, wie diese etwa bei einer überregionalen Vermittlung durch das AMS drohen könnten, aus und fordert die österreichische Bundesregierung bzw. den österreichischen Nationalrat auf jegliche gesetzliche Änderung dahingehend zu unterlassen. Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Einführung eines individuellen Entgeltschutzes für BezieherInnen der Notstandshilfe zur Beschlussfassung vorzulegen.

Antrag 3: Körperschaftssteuersatz erhöhen, Gruppenbesteuerung abschaffen!

Im Finanzministerium werden Pläne gewälzt den Körperschaftssteuersatz von derzeit 25 auf 20 Prozent zu senken. Das würde das Volumen der Steuereinnahmen von derzeit 7,5 Milliarden Euro auf 6 Milliarden Euro senken, also in der Praxis zu einem Einnahmenentfall von 20 Prozent führen.

Dabei wurde der Steuersatz erst vor rund zehn Jahren, von zuvor 34 auf 25 Prozent, gesenkt. Zudem wurde es den Unternehmen durch die Einführung der Gruppenbesteuerung ermöglicht Verluste ausländischer Tochterunternehmen anzurechnen und so die Steuerbelastung zu senken.

De facto liegt die Steuerbelastung der 570 wichtigsten Kapitalgesellschaften laut einer Analyse der Arbeiterkammer derzeit ohnehin nur bei 17,4 Prozent. Der Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer liegt hingegen bei 55 Prozent. Selbst kleine Einkommen zwischen 11.000 und 18.000 Euro jährlich unterliegen einem Steuersatz von 25 Prozent und würden damit einem höheren Steuersatz unterliegen als Millionengewinne von Konzernen.

Die Forderung nach einer weiteren Steuersenkung für ohnehin schon äußerst niedrig besteuerte Konzerne ist auch noch aus einem weiteren Grund abzulehnen. Finanzminister Schelling schafft es auch für 2017 nicht ein ausgeglichenes Budget vorzulegen. Das Geldgeschenk für Konzerne müsste also wohl durch erhöhte Neuverschuldung finanziert werden.

Die 8. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark spricht sich daher gegen jegliche Senkungspläne der Körperschaftssteuer aus und fordert den Bundesminister für Finanzen auf, eine Regierungsvorlage vorzubereiten, sowie diese dem Ministerrat zur Annahme und Weiterleitung an den Nationalrat vorzulegen. Die Regierungsvorlage muss eine Erhöhung des Körperschaftssteuersatzes auf 34 Prozent, sowie eine Abschaffung der Gruppenbesteuerung zum Inhalt haben.

Antrag 4: Entgeltinformation in Stellenausschreibungen verbessern – Sanktionierung erleichtern!

Im Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (GlBG) ist die verpflichtende Angabe von Mindestentgeltinformationen bei Stellenausschreibungen geregelt. Aus Stelleninseraten sollte also hervorgehen, wie hoch das kollektivvertragliche oder sonstige Mindestentgelt ist und ob eine Bereitschaft zur Überzahlung seitens des Arbeitgebers besteht.

Leider wird diese Regelung in der Praxis nicht immer eingehalten. Der mögliche Strafrahmen ist gering. Beim ersten Verstoß erfolgt lediglich eine Ermahnung durch die Bezirksverwaltungsbehörde, bei weiteren Verstößen beträgt die Geldstrafe bis zu 360 Euro. Eine Bestrafung kann auf Antrag eines/einer Stellenwerbers/Stellenwerberin, des/der Anwalts/Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder des/der Regionalanwalts/Regionalanwältin erfolgen. Arbeiterkammern und Gewerkschaften sind derzeit nicht berechtigt Anzeigen einbringen zu dürfen.

Fehlt bei Teilzeitstellen das Arbeitsausmaß, so ist die Angabe eines kollektivvertraglichen oder sonstigen Mindestentgeltes (bei Vollzeit) zudem wenig aussagekräftig.

Die 8. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark spricht sich daher für eine Novellierung des GlBG mit dem Ziel einer verbesserten Einkommenstransparenz aus. Die ressortzuständigen Ministerien werden aufgefordert eine Regierungsvorlage zu erstellen, sowie diese dem Ministerrat zur Annahme und Weiterleitung an den Nationalrat vorzulegen. Diese soll eine Erhöhung des Strafrahmens, eine Möglichkeit zur Anzeige von Verstößen durch Arbeiterkammern und Gewerkschaften, sowie eine verpflichtende Angabe des Arbeitsausmaßes bei Teilzeitstellen enthalten.

Dringlicher Antrag: Sozialen Kahlschlag abwenden: Zurück zur Wohnbeihilfe!

Mit 1. September trat die Wohnunterstützung in Kraft und löste die Wohnbeihilfe ab. Die Umstellung von Wohnbeihilfe auf Wohnunterstützung brachte für die allermeisten Betroffenen massive Verschlechterungen mit sich.

Während die Mieten und Betriebskosten in unserem Land von 2011 bis 2015 um 15 Prozent gestiegen sind und sich die Bundesregierung bei einer Mietrechtsreform uneinig ist, wurden die Ausgaben des Landes Steiermark zur Unterstützung bedürftiger MieterInnen immer weiter zurück gefahren.

2009 betrugen die Aufwendungen für die Wohnbeihilfe 73,4 Mio. Euro (für 34.616 Haushalte), 2014 nur noch 46,3 Mio. Euro (für 27.084 Haushalte). 2011 wurde der Anteil für Betriebskosten halbiert. Mit der neuen Wohnunterstützung werden die meisten Haushalte in Zukunft noch weniger Beihilfe bekommen, viele gar keine mehr.

Von „explodierenden“ Kosten, kann also keine Rede sein. Der unter enormen Zeitdruck ohne Begutachtungsphase durchgeführte Gesetzesbeschluss ist vor diesem Hintergrund daher umso unverständlicher.

Die gravierendsten Verschlechterungen hierbei sind:
- Der Einbezug von Familienbeihilfe und Alimenten in das Einkommen
- Die Einführung einer Vermögensgrenze von 4188,80 Euro
- Die Veränderung der Berechnungsformel, die selbst bei sehr niedrigen Einkommen zu einer Absenkung der Höhe der Unterstützung führt und die Höchstbeihilfe im Einpersonenhaushalt nur mehr unter einem Einkommen von monatlich 628,32 Euro gewährt
- Die Einrechnung des Einkommens der Eltern bei Studierenden

Neben StudentInnen, PensionistInnen, MindestsicherungsempfängerInnen, Arbeitslosen sind GeringverdienerInnen - und damit viele Mitglieder der AK Steiermark, deren Interessen es zu vertreten gilt - massiv von diesen Kürzungen betroffen.

Die 8. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark spricht sich daher gegen die Abschaffung der Wohnbeihilfe aus und fordert die Steiermärkische Landesregierung dazu auf, eine Regierungsvorlage, die eine Abschaffung der Wohnunterstützung und eine Rückkehr zur Wohnbeihilfe zum Inhalt hat, zu verfassen und dem Steiermärkischen Landtag zur Beschlussfassung vorzulegen.