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Eine ungenützte Chance

  • Mittwoch, 2. Juli 2014 @ 12:18
OÖ Heike Fischer über Teilzeitarbeit

2013 arbeiteten laut Statistik Austria 45,5 Prozent der Frauen Teilzeit. In frauentypischen Berufen wie im Gesundheits- und Sozialbereich ist Teilzeitarbeit schon fast die Norm Gegen Teilzeit, etwa bei Elternteilzeit, Familienhospizkarenz, Altersteilzeit oder Übergängen nach Kinderbetreuungszeiten ist nichts einzuwenden. Wohl aber, wenn Teilzeitstellen mit einem so geringen Stundenausmaß angeboten werden, dass der Aufwand an den Arbeitsort zu gelangen das Einkommen sofort „schluckt“.

Deshalb forderten BetriebsrätInnen der Diakonie Österreich bei den KV-Verhandlungen wiederholt eine tägliche Mindestarbeitszeit von drei bis vier Stunden bei einer Teilzeitbeschäftigung von zehn Stunden wöchentlich einzuführen. Der Arbeitgeber erwartet nämlich, dass KollegInnen fünfmal wöchentlich für zwei Stunden zur Verfügung stehen. Dabei bleibt durch die Fahrtkosten zur und von der Arbeitsstelle vom Gehalt nicht mehr viel übrig. Das Problem über eine effektivere Dienstplangestaltung zu lösen misslang bisher. Und das Zugeständnis für eine Mindestarbeitszeit bleibt nach wie vor aus. Hauptsache die KlientInnen werden kostengünstig, so wie der Kostenträger es wünscht, betreut – die Situation der KollegInnen ist eh Wurscht.

Der Arbeitgeberverband der Diakonie hat das Thema Teilzeit trotzdem weiter verfolgt und eine Erhebung in 16 relevanten Betrieben zum aktuellen Stunden- und gewünschten Anstellungsausmaß sowie den Gründen für Teilzeitbeschäftigung durchgeführt.

Über 1.500 KollegInnen, die Hälfte aller Teilzeitbeschäftigten, haben sich beteiligt, davon 88 Prozent weiblich und zwölf Prozent männlich. Von den Befragten sind 80 Prozent zufrieden mit ihren Wochenstunden, 16 Prozent würden gern mehr arbeiten und für 2,5 Prozent ist die momentane Stundenzahl zu hoch.

Als Betriebsrätin bin ich oft mit teilzeitbeschäftigten KollegInnen im Gespräch. Häufig werde ich mit arbeitsrechtlichen Fragen wie Aliquotierung, Leistung von Mehrstunden oder Dienstplangestaltung konfrontiert. Allerdings häufen sich Anfragen unserer 480 SchulassistentInnen nach der schuljährlichen Festlegung ihrer Stundenanstellungen. Hier ist ein massiver Rückschritt zu erkennen.

Wurden früher SchulassistentInnen noch für 20 bis 25 Stunden wöchentlich angestellt, so ist das heute selten. Viele KollegInnen arbeiten weniger als 15 bis 18 Wochenstunden und beklagen den enormen Gehaltsverlust. Seit 2008 sind die bewilligten Leistungsstunden vom Kostenträger für die schulische Assistenz von Kindern mit Beeinträchtigung konstant geblieben. Geändert hat sich jedoch die Anzahl der Kinder, die eine derartige Hilfeleistung benötigen. Also müssen mehr Kinder mit der gleichen Leistungsbewilligung betreut werden, für das einzelne Kind gibt es dementsprechend weniger Stunden. Da aber nicht alle Kinder in Sonderpädagogischen Zentren unterrichtet werden, sondern auch „normale“ Schulen besuchen, werden die SchulassistentInnen eingesetzt, wo solch ein Kind zu Hause ist.

Möchte eine Schulassistentin 25 Stunden arbeiten, müsste sie an mehreren Schulstandorten zugleich tätig werden können. Dies ist auf Grund der Infrastruktur nur selten möglich. So wie die gleichbleibende Anzahl Leistungsstunden auf mehr Kinder verteilt werden, so verteilt sie sich auch auf immer mehr SchulassistentInnen. Die Anzahl der Beschäftigten hat sich mehr als verdoppelt, aber die zu erbringende Gesamtleistung ist gleich geblieben. Ein Dilemma für die Betroffenen.

Auf Nachfrage zu den relevanten Ergebnissen der Umfrage für unsere Einrichtung wurde stolz berichtet, dass die Zufriedenheit mit den derzeitigen Wochenstunden mit 83 Prozent sehr hoch ist. Befragt wurden allerdings nur 92 Teilzeitbeschäftigte aus allen anderen Bereichen, aber nicht aus der Problemgruppe der von Existenzsorgen geplagten 480 SchulassistentInnen. „Weil es in der Natur des Schulablaufs liegt, dass diese KollegInnen ja teilzeitbeschäftigt sein müssen“, so die lapidare Antwort. Eine sehr oberflächliche Begründung. SchulassistentInnen verdienen nicht annähernd so viel wie LehrerInnen, die mit 24 Stunden Unterrichtsverpflichtung als vollzeitbeschäftigt gelten.

SchulassistentInnen müssen im Gegensatz dazu im Verlauf des Schuljahres Ferienzeiten und schulautonome Tage einarbeiten. Sie haben erst ab der 11. Anstellungsstunde eine Stunde wöchentlich für Organisation, Kooperation und Vor- und Nachbereitung. Die Unterschiede zwischen pädagogischem Lehrpersonal und SchulassistentInnen sind also enorm. Aber wenn es grad mal in den Kram passt, und sei es eine Teilzeiterhebung, dann wird plötzlich alles gleich gemacht.

Wem hätte es geschadet, wenn ein Teil der SchulassistentInnen in einer Erhebung ihre Wünsche kundgetan hätten? Niemandem – es hätte nur ein bestehende Problematik offensiv angegangen werden können. Eine vertane Chance für meinen Betrieb. Und welche Konsequenzen die Teilzeiterhebung für die Diakonie Österreich hat, muss sich erst noch zeigen.

Heike Fischer ist Diplompädagogin und Betriebsratsvorsitzende im Diakonie Zentrum Spattstraße Linz