Eine Bilanz der Verschuldung
- Dienstag, 24. Februar 2015 @ 13:54
Rosa Stein über die Steuerpolitik und die Funktionalität des Staates
Steuern gewährleisten die Funktionalität des Staates und somit der Gesellschaft. Ohne finanzielle Einnahmen kann heute kein Staat oder keine Gesellschaft längerfristig existieren. Die Haupteinnahmequellen des österreichischen Staates sind Einkommensteuer, Mehrwertsteuer und Sozialversicherungsabgaben. Diese Steuern belasten hauptsächlich ArbeitnehmerInnen und vor allem BürgerInnen mit niedrigem Einkommen. Die Unternehmer leben von der Kaufkraft der Bevölkerung und vom Vermögen des Staates. Niedrige Löhne steigern den Gewinn des Arbeitgebers, schwächen aber die Kaufkraft. Schwache Kaufkraft senkt wiederum die Unternehmensgewinne. Um diesen Widerspruch aufzulösen bedarf der Kapitalismus eines ständig steigenden Wachstums, das durch Exporte, Zuwanderung und Staatsverschuldung mittelfristig gesichert wird.
Krisen unvermeidlich
Dieses System in seiner Widersprüchlichkeit ruft unweigerlich wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Krisen hervor. Verarmung und Radikalisierung der Gesellschaft sind die Folge davon. Eine weitere Option ist die Destabilisierung der ausländischen Staaten und Gesellschaften, die nicht unbedingt systemrelevant sind, da diese Krisen im Ausland ebenfalls den Binnenmarkt stärken. Die Profiteure dieses Systems sind Banken und internationale Großkonzerne, die sich aber an der Finanzierung der Gesellschaft kaum beteiligen. Immer weniger Staaten sind in der Lage bei diesem Wachstumsrennen mitzuhalten.
Internationale Konzerne flüchten in Steueroasen. Banken und Großunternehmer entgehen den Steuern (in Österreich) durch Gruppenbesteuerung, bei der die Auslandsverluste im Inland abgeschrieben werden können. Eine Bilanzüberprüfung im Ausland ist kaum möglich. Die von Banken und Großunternehmen verursachten finanziellen Schäden werden vom Staat, also von der öffentlichen Hand getragen, egal ob er dazu in der Lage ist oder nicht. Die Profiteure dieses Wirtschaftssystems sind aus der gesellschaftlichen Verantwortung herausgenommen.
Wettlauf der Ausbeutung
Die Besteuerung der Großgewinner würde sicher nicht die wirtschaftlichen Probleme lösen, aber sie würde zu einer Deeskalation der Krise und somit zu einer gesellschaftlichen Stabilisierung führen. Derzeitige Steuerpolitik führt gerade zu einem Wettlauf der Ausbeutung der Arbeitnehmer und des Staates, da alle Unternehmer um die Produktionskosten zu senken nach immer billigeren Arbeitskräften suchen.
Für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes ist die Politik bereit, viele steuerliche Begünstigungen für die Großindustrie und die Banken einzuräumen. Es wird nur an die unmittelbare Zukunft gedacht. Über die Geheimkonten aus Liechtenstein wird in der Öffentlichkeit peinlich geschwiegen, da diese das Ergebnis der Steuerpolitik sind. Man kann es den Steuerhinterziehern nicht zur Last legen, weil sie von der Finanzpolitik dazu gerade eingeladen werden, solange sie gewisse Grenzen nicht überschreiten.
In Österreich wurde mir von der Arbeiterkammer nach meiner Anfrage bestätigt, dass jene nicht ausbezahlte Bezüge, die nicht binnen drei Monate eingefordert werden, gegenstandslos sind. Meine Schulden an das Finanzamt können Jahre später eingefordert werden. Eine Lohnsteuersenkung, die nicht von den Vermögenden finanziert wird, wird wiederum von der breiten Bevölkerung getragen, und kann durch den Abwicklungsaufwand dem Steuerzahler zu einer noch höheren Belastung werden. Laut Erwin Pröll ist die Vermögensbesteuerung eine extremistische Tendenz, die von ihm nicht geduldet wird.
Vergöttlichter Reichtum
Die Besteuerung der Reichen wird damit eine Zumutung und ein unmoralischer Akt. Der Reichtum wird vergöttlicht und pietätvoll angebetet. Er wird nicht als eine pragmatische Folge der gewinnorientierten Strukturen gesehen, sondern als ein wunderbares Ereignis mystisch höherer Gabe. Der Siegesglanz des Reichtums ist das Ergebnis einer ganz einfachen mathematischen Rechnung. Immer höhere Einnahmen gegenüber immer geringeren Ausgaben.
Dieses Prinzip lässt sich bei Mittel- und Mindereinnahmen sehr schwer aufrecht erhalten, obwohl der Staat mit seiner Besteuerung mitverantwortlich ist. In den 1930er Jahren zur Zeit der amerikanischen Wirtschaftskrise, wagte der Präsident Roosevelt die Reichen des Landes mit bis zu 90 Prozent zu besteuern, und mit der amerikanischen Wirtschaft ging es wieder aufwärts. Die Besteuerung des Vermögens löst zwar nicht die systembedingten Krisen der Wirtschaft, aber sie wirkt stabilisierend auf die gesellschaftlich-wirtschaftlichen Prozesse.
Die Steuern sind für den Staat und seine Funktionalität eine notwendige Einnahmequelle, die den Finanzkreislauf in Schwung halten. Dieser Kreislauf kann nicht nur aus der Besteuerung der Mittelschicht und Armen aufrechterhalten werden. Das Wachstum und die Staatsverschuldung sind limitiert und können nicht den Ausfall der Besteuerung der Banken, Konzerne und Reichen ausgleichen. Griechenland ist ein Paradebeispiel dafür, dass durch rigorose Sparmaßnahmen ohne Steuereinnahmen ein gesellschaftliches Desaster herbeigeführt wird.
Ein Beitrag von Rosa Stein
Steuern gewährleisten die Funktionalität des Staates und somit der Gesellschaft. Ohne finanzielle Einnahmen kann heute kein Staat oder keine Gesellschaft längerfristig existieren. Die Haupteinnahmequellen des österreichischen Staates sind Einkommensteuer, Mehrwertsteuer und Sozialversicherungsabgaben. Diese Steuern belasten hauptsächlich ArbeitnehmerInnen und vor allem BürgerInnen mit niedrigem Einkommen. Die Unternehmer leben von der Kaufkraft der Bevölkerung und vom Vermögen des Staates. Niedrige Löhne steigern den Gewinn des Arbeitgebers, schwächen aber die Kaufkraft. Schwache Kaufkraft senkt wiederum die Unternehmensgewinne. Um diesen Widerspruch aufzulösen bedarf der Kapitalismus eines ständig steigenden Wachstums, das durch Exporte, Zuwanderung und Staatsverschuldung mittelfristig gesichert wird.
Krisen unvermeidlich
Dieses System in seiner Widersprüchlichkeit ruft unweigerlich wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Krisen hervor. Verarmung und Radikalisierung der Gesellschaft sind die Folge davon. Eine weitere Option ist die Destabilisierung der ausländischen Staaten und Gesellschaften, die nicht unbedingt systemrelevant sind, da diese Krisen im Ausland ebenfalls den Binnenmarkt stärken. Die Profiteure dieses Systems sind Banken und internationale Großkonzerne, die sich aber an der Finanzierung der Gesellschaft kaum beteiligen. Immer weniger Staaten sind in der Lage bei diesem Wachstumsrennen mitzuhalten.
Internationale Konzerne flüchten in Steueroasen. Banken und Großunternehmer entgehen den Steuern (in Österreich) durch Gruppenbesteuerung, bei der die Auslandsverluste im Inland abgeschrieben werden können. Eine Bilanzüberprüfung im Ausland ist kaum möglich. Die von Banken und Großunternehmen verursachten finanziellen Schäden werden vom Staat, also von der öffentlichen Hand getragen, egal ob er dazu in der Lage ist oder nicht. Die Profiteure dieses Wirtschaftssystems sind aus der gesellschaftlichen Verantwortung herausgenommen.
Wettlauf der Ausbeutung
Die Besteuerung der Großgewinner würde sicher nicht die wirtschaftlichen Probleme lösen, aber sie würde zu einer Deeskalation der Krise und somit zu einer gesellschaftlichen Stabilisierung führen. Derzeitige Steuerpolitik führt gerade zu einem Wettlauf der Ausbeutung der Arbeitnehmer und des Staates, da alle Unternehmer um die Produktionskosten zu senken nach immer billigeren Arbeitskräften suchen.
Für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes ist die Politik bereit, viele steuerliche Begünstigungen für die Großindustrie und die Banken einzuräumen. Es wird nur an die unmittelbare Zukunft gedacht. Über die Geheimkonten aus Liechtenstein wird in der Öffentlichkeit peinlich geschwiegen, da diese das Ergebnis der Steuerpolitik sind. Man kann es den Steuerhinterziehern nicht zur Last legen, weil sie von der Finanzpolitik dazu gerade eingeladen werden, solange sie gewisse Grenzen nicht überschreiten.
In Österreich wurde mir von der Arbeiterkammer nach meiner Anfrage bestätigt, dass jene nicht ausbezahlte Bezüge, die nicht binnen drei Monate eingefordert werden, gegenstandslos sind. Meine Schulden an das Finanzamt können Jahre später eingefordert werden. Eine Lohnsteuersenkung, die nicht von den Vermögenden finanziert wird, wird wiederum von der breiten Bevölkerung getragen, und kann durch den Abwicklungsaufwand dem Steuerzahler zu einer noch höheren Belastung werden. Laut Erwin Pröll ist die Vermögensbesteuerung eine extremistische Tendenz, die von ihm nicht geduldet wird.
Vergöttlichter Reichtum
Die Besteuerung der Reichen wird damit eine Zumutung und ein unmoralischer Akt. Der Reichtum wird vergöttlicht und pietätvoll angebetet. Er wird nicht als eine pragmatische Folge der gewinnorientierten Strukturen gesehen, sondern als ein wunderbares Ereignis mystisch höherer Gabe. Der Siegesglanz des Reichtums ist das Ergebnis einer ganz einfachen mathematischen Rechnung. Immer höhere Einnahmen gegenüber immer geringeren Ausgaben.
Dieses Prinzip lässt sich bei Mittel- und Mindereinnahmen sehr schwer aufrecht erhalten, obwohl der Staat mit seiner Besteuerung mitverantwortlich ist. In den 1930er Jahren zur Zeit der amerikanischen Wirtschaftskrise, wagte der Präsident Roosevelt die Reichen des Landes mit bis zu 90 Prozent zu besteuern, und mit der amerikanischen Wirtschaft ging es wieder aufwärts. Die Besteuerung des Vermögens löst zwar nicht die systembedingten Krisen der Wirtschaft, aber sie wirkt stabilisierend auf die gesellschaftlich-wirtschaftlichen Prozesse.
Die Steuern sind für den Staat und seine Funktionalität eine notwendige Einnahmequelle, die den Finanzkreislauf in Schwung halten. Dieser Kreislauf kann nicht nur aus der Besteuerung der Mittelschicht und Armen aufrechterhalten werden. Das Wachstum und die Staatsverschuldung sind limitiert und können nicht den Ausfall der Besteuerung der Banken, Konzerne und Reichen ausgleichen. Griechenland ist ein Paradebeispiel dafür, dass durch rigorose Sparmaßnahmen ohne Steuereinnahmen ein gesellschaftliches Desaster herbeigeführt wird.
Ein Beitrag von Rosa Stein