Die schwarzblaue Heimsuchung
- Freitag, 20. November 2015 @ 11:46
Leo Furtlehner über die Packelei von ÖVP und FPÖ in Oberösterreich
Der blaue Vormann Manfred Haimbuchner hat seit 2009 eher unauffällig seine Netze in Richtung Kapital ausgeworfen, etwa über den vom Land mit 100.000 Euro subventionierten „Liberalen Klub“, einer Vereinigung zur Behübschung der FPÖ. Logischerweise bekräftigte die Industriellenvereinigung umgehend nach der Wahl ihre Vorliebe für eine schwarzbaue Koalition. Ob für ein so stark exportorientiertes Bundesland eine führende Rolle der FPÖ in der Landesregierung angesichts ihrer Fremdenfeindlichkeit und hoffnungslosen Verfilzung mit der rechtsextremen Szene rufschädigend ist, wurde ignoriert.
Dass Haimbuchner das Integrationsleitbildes des Landes attackierte, konterkariert auch Aussagen der Industriellenvereinigung. Verlangte diese doch kürzlich beim „Tag der Industrie“ explizit „Migration als Chance für die Wirtschaft nützen“.
Die FPÖ als Rammbock
Mit ihrer Absage an die von 2003 bis 2015 praktizierte schwarzgrüne Kooperation, an die SPÖ wegen „Unternehmer-Bashing und abstrusen Forderungen“ sowie an alle „sozialpartnerschaftlichen Kompromisse“ sieht die Industriellenvereinigung als politische Speerspitze des heimischen Kapitals offensichtlich die FPÖ als Rammbock gegen soziale und ökologische Standards. Haimbuchner griff dies mit der Forderung nach einer Wende in der Industriepolitik und Reduzierung von Umweltauflagen willig auf.
Umgekehrt führt der Schulterschluss mit der IV den sozialen Anspruch der „sozialen Heimatpartei“ FPÖ ad absurdum. Etwa wenn IV-Boss Georg Kapsch fordert, dass die „Eigenverantwortung gestärkt“ und die Lohnnebenkosten um zwei Milliarden Euro gesenkt werden sollen, was im Klartext einen Lohnraub und massive Einschnitte in die Finanzierung sozialer Ansprüche bedeutet. Dass Arbeitszeitverkürzung und Wertschöpfungsabgabe für die Industrie Teufelszeug sind und ihr einziges Ziel ist, die Reichen noch reicher zu machen, zeigt die asoziale Arroganz einer Bourgeoise, der zunehmend jede gesellschaftliche Verantwortung abhandenkommt.
Strugl in der „Komfortzone“
Höchst bedenklich sind auch die Signale von ÖVP-Landesrat Michael Strugl, der meint, Oberösterreich habe sich „sechs Jahre lang in der Komfortzone bewegt“. Diese „Komfortzone“ mag trotz allen Krankjammerns für das Kapital gelten und angesichts einer mehr als üppigen Parteienförderung für die Landtagsparteien, sicher aber nicht für die gewöhnlichen Menschen. Etwa wenn man an die Kürzungen bei den Sozialvereinen oder bei der Wohnbeihilfe denkt, von der steigenden Arbeitslosigkeit oder stagnierenden Einkommen gar nicht zu reden.
FPÖ gegen soziale Anliegen
In diesem Zusammenhang muss auch an das Stimmverhalten der FPÖ im Parlament erinnert werden. Die sich gar so sozial gebende „Heimatpartei“ stimmte nämlich ausdrücklich gegen Pflegegeld und Pflegefonds, Mindestsicherung, Unterstützung beim Job-Wiedereinstieg, das Paket gegen Lohn- und Sozialdumping, Überbrückungsgeld für Bauarbeiter, Begrenzung von Luxuspensionen, die Europäische Sozialcharta für bessere Arbeitsbedingungen, Streichung von Steuerprivilegien für Konzerne und Manager, Bankenabgabe, Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, Senkung der Maklergebühren, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und Arbeitnehmer_innenvertretungen.
FP-Chef Haimbuchner hat im Wahlkampf plakatiert „Das Land. Die Menschen. Meine Berufung“. Von der „Vorsehung“ hat er noch nicht gesprochen, aber eine unsoziale „Heimsuchung“ steht sehr wohl auf dem Programm. Ermöglicht wird dies durch die Prinzipienlosigkeit der ÖVP, die bei der schwarzblauen Packelei bei der Bildung der neuen Landesregierung für den ihr eigentlich gar nicht zustehenden vierten Regierungssitz ihre ganz und gar unchristliche Seele an das blaue deutschnationale Burschenschafterpack verkauft hat.
Verschärfung des Klimas
Auch wenn manche Ansagen der FPÖ für eine noch rigidere Vorgangsweise etwa gegen Migrant_innen durch rechtliche Vorgaben verfassungswidrig oder nur begrenzt realisierbar sind und daher eher symbolischen Charakter haben ist eine weitere Verschärfung des gesellschaftlichen Klimas und eine forcierte Entsolidarisierung zu befürchten. Die neue schwarzblaue Achse will verstärkt Zuwanderer_innen zu Sündenböcken machen, um vom Mechanismus des realen Kapitalismus als eigentliche Ursache wachsender sozialer Verunsicherung abzulenken.
Ein verschärfter „Law and Order“-Kurs, der vorrangig auf das Feindbild Migrant_innen und Asylwerber_innen, in der Folge aber auf alle nicht dem simplen Weltbild rechter Politik entsprechende Menschen und insgesamt auf Überwachung, Kontrolle, Ausgrenzung und Restriktion zielt, ist Ausdruck dieser Politik. Dazu passt auch, dass Oberösterreich als einziges Bundesland eine reine Männerregierung hat und damit den antifeministischen Backlash demonstriert.
Und dass die schwarzblaue Achse der SPÖ das finanziell zunehmend ausgehungerte und allgemein als „Baustelle“ bezeichnete Sozialressort belässt, zielt offenbar darauf ab der bei den Wahlen ohnehin stark geschwächten Sozialdemokratie den „Schwarzen Peter“ für weitere Verschlechterungen in der Sozialpolitik zuzuschieben.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
Der blaue Vormann Manfred Haimbuchner hat seit 2009 eher unauffällig seine Netze in Richtung Kapital ausgeworfen, etwa über den vom Land mit 100.000 Euro subventionierten „Liberalen Klub“, einer Vereinigung zur Behübschung der FPÖ. Logischerweise bekräftigte die Industriellenvereinigung umgehend nach der Wahl ihre Vorliebe für eine schwarzbaue Koalition. Ob für ein so stark exportorientiertes Bundesland eine führende Rolle der FPÖ in der Landesregierung angesichts ihrer Fremdenfeindlichkeit und hoffnungslosen Verfilzung mit der rechtsextremen Szene rufschädigend ist, wurde ignoriert.
Dass Haimbuchner das Integrationsleitbildes des Landes attackierte, konterkariert auch Aussagen der Industriellenvereinigung. Verlangte diese doch kürzlich beim „Tag der Industrie“ explizit „Migration als Chance für die Wirtschaft nützen“.
Die FPÖ als Rammbock
Mit ihrer Absage an die von 2003 bis 2015 praktizierte schwarzgrüne Kooperation, an die SPÖ wegen „Unternehmer-Bashing und abstrusen Forderungen“ sowie an alle „sozialpartnerschaftlichen Kompromisse“ sieht die Industriellenvereinigung als politische Speerspitze des heimischen Kapitals offensichtlich die FPÖ als Rammbock gegen soziale und ökologische Standards. Haimbuchner griff dies mit der Forderung nach einer Wende in der Industriepolitik und Reduzierung von Umweltauflagen willig auf.
Umgekehrt führt der Schulterschluss mit der IV den sozialen Anspruch der „sozialen Heimatpartei“ FPÖ ad absurdum. Etwa wenn IV-Boss Georg Kapsch fordert, dass die „Eigenverantwortung gestärkt“ und die Lohnnebenkosten um zwei Milliarden Euro gesenkt werden sollen, was im Klartext einen Lohnraub und massive Einschnitte in die Finanzierung sozialer Ansprüche bedeutet. Dass Arbeitszeitverkürzung und Wertschöpfungsabgabe für die Industrie Teufelszeug sind und ihr einziges Ziel ist, die Reichen noch reicher zu machen, zeigt die asoziale Arroganz einer Bourgeoise, der zunehmend jede gesellschaftliche Verantwortung abhandenkommt.
Strugl in der „Komfortzone“
Höchst bedenklich sind auch die Signale von ÖVP-Landesrat Michael Strugl, der meint, Oberösterreich habe sich „sechs Jahre lang in der Komfortzone bewegt“. Diese „Komfortzone“ mag trotz allen Krankjammerns für das Kapital gelten und angesichts einer mehr als üppigen Parteienförderung für die Landtagsparteien, sicher aber nicht für die gewöhnlichen Menschen. Etwa wenn man an die Kürzungen bei den Sozialvereinen oder bei der Wohnbeihilfe denkt, von der steigenden Arbeitslosigkeit oder stagnierenden Einkommen gar nicht zu reden.
FPÖ gegen soziale Anliegen
In diesem Zusammenhang muss auch an das Stimmverhalten der FPÖ im Parlament erinnert werden. Die sich gar so sozial gebende „Heimatpartei“ stimmte nämlich ausdrücklich gegen Pflegegeld und Pflegefonds, Mindestsicherung, Unterstützung beim Job-Wiedereinstieg, das Paket gegen Lohn- und Sozialdumping, Überbrückungsgeld für Bauarbeiter, Begrenzung von Luxuspensionen, die Europäische Sozialcharta für bessere Arbeitsbedingungen, Streichung von Steuerprivilegien für Konzerne und Manager, Bankenabgabe, Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, Senkung der Maklergebühren, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und Arbeitnehmer_innenvertretungen.
FP-Chef Haimbuchner hat im Wahlkampf plakatiert „Das Land. Die Menschen. Meine Berufung“. Von der „Vorsehung“ hat er noch nicht gesprochen, aber eine unsoziale „Heimsuchung“ steht sehr wohl auf dem Programm. Ermöglicht wird dies durch die Prinzipienlosigkeit der ÖVP, die bei der schwarzblauen Packelei bei der Bildung der neuen Landesregierung für den ihr eigentlich gar nicht zustehenden vierten Regierungssitz ihre ganz und gar unchristliche Seele an das blaue deutschnationale Burschenschafterpack verkauft hat.
Verschärfung des Klimas
Auch wenn manche Ansagen der FPÖ für eine noch rigidere Vorgangsweise etwa gegen Migrant_innen durch rechtliche Vorgaben verfassungswidrig oder nur begrenzt realisierbar sind und daher eher symbolischen Charakter haben ist eine weitere Verschärfung des gesellschaftlichen Klimas und eine forcierte Entsolidarisierung zu befürchten. Die neue schwarzblaue Achse will verstärkt Zuwanderer_innen zu Sündenböcken machen, um vom Mechanismus des realen Kapitalismus als eigentliche Ursache wachsender sozialer Verunsicherung abzulenken.
Ein verschärfter „Law and Order“-Kurs, der vorrangig auf das Feindbild Migrant_innen und Asylwerber_innen, in der Folge aber auf alle nicht dem simplen Weltbild rechter Politik entsprechende Menschen und insgesamt auf Überwachung, Kontrolle, Ausgrenzung und Restriktion zielt, ist Ausdruck dieser Politik. Dazu passt auch, dass Oberösterreich als einziges Bundesland eine reine Männerregierung hat und damit den antifeministischen Backlash demonstriert.
Und dass die schwarzblaue Achse der SPÖ das finanziell zunehmend ausgehungerte und allgemein als „Baustelle“ bezeichnete Sozialressort belässt, zielt offenbar darauf ab der bei den Wahlen ohnehin stark geschwächten Sozialdemokratie den „Schwarzen Peter“ für weitere Verschlechterungen in der Sozialpolitik zuzuschieben.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“