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Das ist das Mindeste

  • Dienstag, 20. November 2012 @ 09:41
International Schon seit längerem fordert der GLB einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde.

Wurde in der Vergangenheit diese Forderung von der Gewerkschaftsführung immer reflexartig abgelehnt, so ist sie nun zumindest reif für Diskussionen in AK, ÖGB und Gewerkschaften. Bei der letzten AK-Vollversammlung in Wien wurde ein entsprechender GLB-Antrag immerhin dem zuständigen Ausschuss zur weiteren Debatte zugewiesen. Und auch in der GPA-djp findet das Thema bei immer mehr KollegInnen Anklang. Wir wollen einmal über die Grenze nach Deutschland blicken, wo u.a. die Gewerkschaft ver.di eine Kampagne für den gesetzlichen Mindestlohn führt, die auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) unterstützt wird. Den folgenden Beitrag veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung von ver.di:

Der gesetzliche Mindestlohn

Mehr ist möglich, weniger ist nicht erlaubt – ein Mindestlohn schreibt das Minimum für ein Arbeitsentgelt fest. Zu unterscheiden ist zwischen einem flächendeckenden gesetzlichen und einem branchenspezifischen Mindestlohn.

Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn für alle Branchen ist notwendig, um Menschen vor Hungerlöhnen zu schützen. 8,50 Euro ist das Mindeste, was ein Beschäftigter für eine Arbeitsstunde bekommen sollte, fordern die Gewerkschaften. ver.di und NGG (Nahrung-Genuss-Gaststätten) haben deshalb eine Kampagne für einen gesetzlichen Mindestlohn ins Leben gerufen, die vom DGB unterstützt wird.

Auch die Mehrheit der BundesbürgerInnen ist dafür, dass es eine gesetzliche untere Lohngrenze geben soll. Ein gesetzlicher Mindestlohn kommt überall dort zur Geltung, wo es nicht gelingt, existenzsichernde Tariflöhne durchzusetzen. Er hätte den Vorteil, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, für die kein Tarifvertrag gilt, vor Armutslöhnen zu schützen.

Niedrige Löhne breiten sich rasant aus. 2008 arbeiteten 6,6 Millionen Menschen in Deutschland unter der Niedriglohnschwelle. Sprich: Sie erhielten weniger als zwei Drittel des Durchschnittslohns, der – umgerechnet auf den Brutto-Stundenlohn – im Westen bei 9,50 Euro, im Osten bei 6,87 Euro liegt.

Fast 1,2 Millionen Beschäftigte arbeiteten sogar für weniger als fünf Euro in der Stunde. Wer so wenig verdient, muss sich sein geringes Einkommen vom Staat aufstocken lassen. Indirekt finanzieren die Steuerzahler damit Unternehmer, die ihre Beschäftigten für wenig Geld arbeiten lassen. Damit soll Schluss sein. Ein gesetzlicher Mindestlohn würde verhindern, dass Menschen trotz Arbeit Hilfe vom Staat brauchen.

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in 20 von 27 EU-Staaten einen gesetzlichen Mindestlohn. Die vom Staat festgelegte Lohnuntergrenze beträgt in Luxemburg 10,61 Euro pro Stunde (Stand: März 2011), in Spanien allerdings nur 3,89 Euro. Ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro würde in Deutschland die Einkommen von fünf Millionen Menschen verbessern und die Staatskasse mit über sieben Milliarden Euro entlasten. Das zeigt eine Studie von Prognos im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Die größten Kritiker eines gesetzlichen Mindestlohns sind Unternehmer- und Wirtschaftsverbände und die schwarz-gelbe Bundesregierung. Sie machen Stimmung gegen den Mindestlohn, weil er angeblich Arbeitsplätze vernichten würde. Das ist durch Studien mehrfach widerlegt worden. ver.di betrachtet einen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro als einen Einstieg, der Mindestlohn muss dann schrittweise erhöht werden.

Der branchenspezifische Mindestlohn

Auch wenn der gesetzliche Mindestlohn noch nicht durchgesetzt ist, sind in Deutschland trotzdem rund zwei Millionen Menschen durch eine Lohnuntergrenze geschützt. Möglich ist das durch branchenbezogene, allgemeinverbindliche Mindestlöhne, die es in knapp einem Dutzend Wirtschaftszweigen gibt, etwa in der Abfallwirtschaft (8,24 Euro), bei Pflegediensten (7,50 Euro im Osten, 8,50 Euro im Westen) oder im Wach- und Sicherheitsgewerbe (je nach Bundesland zwischen 6,53 und 8,60 Euro).

Diese tariflichen Mindestlöhne wurden über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz festgelegt. Das ermöglicht dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären, wenn beispielsweise ein öffentliches Interesse besteht.

Infos: www.verdi.de, www.initiative-mindestlohn.de