CETA kommt
- Mittwoch, 23. November 2016 @ 11:52
Franz Grün über das Freihandelsabkommen EU-Kanada
Am 30. Oktober haben die EU und Kanada das Freihandelsabkommen Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) unterschrieben. Ausständig ist allerdings noch die Zustimmung des EU-Parlaments, sowie die Ratifizierungen durch die Mitgliedstaaten. Lange stand CETA bei Gegnern im Schatten von TTIP. Demonstrationen gegen TTIP fanden eher Zustimmung und waren medienwirksamer als das fast ausverhandelte Freihandelsabkommen mit Kanada. Dies ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass man als Europäer den Kanadiern eher ein partnerschaftliches Miteinander auf Augenhöhe zutraute, als den auf Profitoptimierung programmierten und wirtschaftlich rücksichtslosen Amerikanern.
Gemischtes Abkommen
Mit der steigenden Anzahl der EU-Mitgliedstaaten steht die EU-Kommission vor dem Problem, dass bedingt durch die verpflichtende Zustimmung der – je nach verfassungsrechtlichen Vorgaben – nationalen Parlamente eine erhebliche zeitliche Verzögerung für das Inkrafttreten besteht. Auch die Ratifizierung durch die einzelnen Mitgliedstaaten kann bei der heutigen politischen Lage nicht mehr als gesichert anzunehmen sein. Die EU-Kommission ging bei ihren CETA Verhandlungen anscheinend davon aus, das Abkommen mit Kanada als reines EU-Abkommen (EU only) darstellen zu können. Dies hätte bedeutet, dass eine Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten nicht notwendig gewesen wäre.
Die Kernpunkte der Kritik am Freihandelsabkommen CETA sind die europäischen Standards für Verbraucher- und Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte, Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge vor Privatisierungen und die Schiedsgerichtsbarkeit.
Zustimmung
Das Chaos rund um die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens CETA schien perfekt, als sich die krisengeschüttelte Region Wallonien querlegte und der belgischen Zentralregierung die Zustimmung verweigerte. Ohne diese Zustimmung Walloniens darf jedoch die belgische Zentralregierung im Europäischen Rat die Zustimmung zum umstrittenen Handelsabkommen nicht erteilen.
Zuvor hatte allerdings der österreichische Bundeskanzler schon angekündigt, dem Freihandelsabkommen unter den gegebenen Vorlagen die Zustimmung zu verweigern. Streit gab es deswegen in der Koalition, weil die ÖVP auf die Zustimmung zum Abkommen drängte.
Die SPÖ führte im Vorfeld bereits eine Befragung unter Teilen ihrer Mitglieder (sieben Prozent) sowie knapp zehntausend anderen BürgerInnen durch. Diese ergab eine klare Ablehnung von 88 Prozent der Befragten.
Statt der Ablehnung des Freihandelsabkommens zwischen EU und Kanada hat man in aller Eile einen rund sechsseitigen Beipacktext formuliert, in dem die Bedenken Österreichs großteils ausgeräumt sein sollen und das implantieren des Textes Bedingung zur Zustimmung Österreichs gemacht wurde. Ob und in welcher Form dies geschehen ist und das Abkommen beeinflusst, kann niemand derzeit schlüssig beantworten. Österreich hat am 30. Oktober unterschrieben.
CETA und TTIP
Für die meisten CETA GegnerInnen war das Freihandelsabkommen mit Kanada schlichtweg der Türöffner für das noch mehr von Ablehnung betroffene Freihandelsabkommen zwischen EU und den USA. Ob dies tatsächlich relevant ist, kann jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben einen Präsidenten gewählt, welcher schon vor der Wahl eine klare ablehnende Haltung zu TTIP eingenommen hat. Sollte es jedoch trotzdem zu weiteren Verhandlungen in Richtung eines Freihandelsabkommens zwischen EU und USA kommen, ist davon auszugehen, dass die Europäer nicht als Gewinner hervorgehen.
Resümee
Für weitere auch bereits in Verhandlung befindliche Wirtschaftsabkommen wird die EU versuchen, sie als EU-only Abkommen zu definieren oder das Einstimmigkeitsprinzip (auch in Hinsicht auf die große Anzahl der Mitgliedsstaaten) bei gemischten Abkommen durch einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss zu ersetzen. Dazu muss allerdings der EU-Vertrag geändert werden.
Intransparenz bei derartigen Verhandlungen ist weder angebracht noch zeitgerecht. Die daraus entstehende Uneinigkeit zwischen den Staaten der EU und deren BürgerInnen bietet Rechtspopulisten eine Plattform. Die Unzufriedenheit mit den Entscheidungen von denen da oben spiegeln sich in den Wahlergebnissen der einzelnen Staaten.
Franz Grün ist zuständig für die Organisation des GLB in der vida
PS: „Wir werden uns natürlich an die Ergebnisse dieser Befragung gebunden fühlen“, Bundeskanzler Christian Kern zur geplanten Mitgliederbefragung zu CETA, September 2016
Am 30. Oktober haben die EU und Kanada das Freihandelsabkommen Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) unterschrieben. Ausständig ist allerdings noch die Zustimmung des EU-Parlaments, sowie die Ratifizierungen durch die Mitgliedstaaten. Lange stand CETA bei Gegnern im Schatten von TTIP. Demonstrationen gegen TTIP fanden eher Zustimmung und waren medienwirksamer als das fast ausverhandelte Freihandelsabkommen mit Kanada. Dies ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass man als Europäer den Kanadiern eher ein partnerschaftliches Miteinander auf Augenhöhe zutraute, als den auf Profitoptimierung programmierten und wirtschaftlich rücksichtslosen Amerikanern.
Gemischtes Abkommen
Mit der steigenden Anzahl der EU-Mitgliedstaaten steht die EU-Kommission vor dem Problem, dass bedingt durch die verpflichtende Zustimmung der – je nach verfassungsrechtlichen Vorgaben – nationalen Parlamente eine erhebliche zeitliche Verzögerung für das Inkrafttreten besteht. Auch die Ratifizierung durch die einzelnen Mitgliedstaaten kann bei der heutigen politischen Lage nicht mehr als gesichert anzunehmen sein. Die EU-Kommission ging bei ihren CETA Verhandlungen anscheinend davon aus, das Abkommen mit Kanada als reines EU-Abkommen (EU only) darstellen zu können. Dies hätte bedeutet, dass eine Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten nicht notwendig gewesen wäre.
Die Kernpunkte der Kritik am Freihandelsabkommen CETA sind die europäischen Standards für Verbraucher- und Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte, Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge vor Privatisierungen und die Schiedsgerichtsbarkeit.
Zustimmung
Das Chaos rund um die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens CETA schien perfekt, als sich die krisengeschüttelte Region Wallonien querlegte und der belgischen Zentralregierung die Zustimmung verweigerte. Ohne diese Zustimmung Walloniens darf jedoch die belgische Zentralregierung im Europäischen Rat die Zustimmung zum umstrittenen Handelsabkommen nicht erteilen.
Zuvor hatte allerdings der österreichische Bundeskanzler schon angekündigt, dem Freihandelsabkommen unter den gegebenen Vorlagen die Zustimmung zu verweigern. Streit gab es deswegen in der Koalition, weil die ÖVP auf die Zustimmung zum Abkommen drängte.
Die SPÖ führte im Vorfeld bereits eine Befragung unter Teilen ihrer Mitglieder (sieben Prozent) sowie knapp zehntausend anderen BürgerInnen durch. Diese ergab eine klare Ablehnung von 88 Prozent der Befragten.
Statt der Ablehnung des Freihandelsabkommens zwischen EU und Kanada hat man in aller Eile einen rund sechsseitigen Beipacktext formuliert, in dem die Bedenken Österreichs großteils ausgeräumt sein sollen und das implantieren des Textes Bedingung zur Zustimmung Österreichs gemacht wurde. Ob und in welcher Form dies geschehen ist und das Abkommen beeinflusst, kann niemand derzeit schlüssig beantworten. Österreich hat am 30. Oktober unterschrieben.
CETA und TTIP
Für die meisten CETA GegnerInnen war das Freihandelsabkommen mit Kanada schlichtweg der Türöffner für das noch mehr von Ablehnung betroffene Freihandelsabkommen zwischen EU und den USA. Ob dies tatsächlich relevant ist, kann jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben einen Präsidenten gewählt, welcher schon vor der Wahl eine klare ablehnende Haltung zu TTIP eingenommen hat. Sollte es jedoch trotzdem zu weiteren Verhandlungen in Richtung eines Freihandelsabkommens zwischen EU und USA kommen, ist davon auszugehen, dass die Europäer nicht als Gewinner hervorgehen.
Resümee
Für weitere auch bereits in Verhandlung befindliche Wirtschaftsabkommen wird die EU versuchen, sie als EU-only Abkommen zu definieren oder das Einstimmigkeitsprinzip (auch in Hinsicht auf die große Anzahl der Mitgliedsstaaten) bei gemischten Abkommen durch einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss zu ersetzen. Dazu muss allerdings der EU-Vertrag geändert werden.
Intransparenz bei derartigen Verhandlungen ist weder angebracht noch zeitgerecht. Die daraus entstehende Uneinigkeit zwischen den Staaten der EU und deren BürgerInnen bietet Rechtspopulisten eine Plattform. Die Unzufriedenheit mit den Entscheidungen von denen da oben spiegeln sich in den Wahlergebnissen der einzelnen Staaten.
Franz Grün ist zuständig für die Organisation des GLB in der vida
PS: „Wir werden uns natürlich an die Ergebnisse dieser Befragung gebunden fühlen“, Bundeskanzler Christian Kern zur geplanten Mitgliederbefragung zu CETA, September 2016