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Blaue Gewerkschaftsfeinde

  • Donnerstag, 24. November 2016 @ 12:18
Meinung Anne Rieger über die Absichten der FPÖ

„Warum etwa halten wir in Österreich an Kollektivverträgen fest? Im Industriebereich wäre es zum Beispiel sinnvoller, mehr auf Betriebsvereinbarungen zu setzen“ drohte FPÖ-Nationalratsmandatar Bernhard Themessl (Vorarlberger Nachrichten, 18.8.16). Kollektivverträge (KV) durch Betriebsvereinbarungen zu ersetzen würde den Unternehmern noch mehr ökonomische Macht geben. Sie könnten dann einzelne Beschäftigte und Belegschaften gegeneinander ausspielen. Derzeit erschweren dies für eine Branche geltende Verträge. Die erkämpften Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung sind Schutzwälle gegen die Übergriffe auf Lohn, Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen.

Sie regeln Ansprüche, die nicht im Gesetz stehen. Voraussetzung sind starke Gewerkschaften, die etwa das 13./14. Gehalt auf KV-Ebenen durchgesetzt haben. In Betrieben ohne Betriebsrat wären ohne KV individuelle Arbeitsverträge möglich. Crowdworking zeigt, zu welchen Auswirkungen ein KV-loser Zustand führt: Jeder versucht mit noch billigeren Angeboten seine KollegInnen zu unterbieten.

1896 setzten Buchdrucker den ersten KV durch. Wer 120 Jahre später Kollektivverträge in Frage stellt, ist nicht nur ein Feind der Gewerkschaften, sondern aller abhängig Beschäftigten. Er will sie ihrer Waffen berauben, die sie gegen die mächtigen Kartelle der Unternehmer haben. Ohne KV – nur mit Betriebsvereinbarungen – könnten Unternehmer wieder teilen und herrschen wie im 19. Jahrhundert. Mit ihrem Angriff stellt sich die FPÖ sichtbar auf die Seite des Klassengegners.

So nimmt es nicht Wunder, dass etwa der damalige Kärntner FP-Landeshauptmann Gerhard Dörfler 2011 forderte, die Gewerkschaften aufzulösen. Das wäre die völlige Entwaffnung der Beschäftigten, denn die Organisierung ist die einzige Form sich gegen das Kapital zu wehren.

Im Mai 2016 ein erneuter Angriff: Diesmal war nicht der ÖGB als freiwilliger Zusammenschluss der Lohnabhängigen das Ziel, sondern die Arbeiterkammer als gesetzliche Vertretung. Der oö FP-Arbeiterkammerrat und LAbg. Rudolf Kroiß griff die AK-Umlage an.

Das säge an der Basis der Arbeiterkammer, kommentierte der GLB. Denn die Arbeiterkammern sind nicht nur demokratisch gewählte Einrichtungen der Beschäftigten, sondern quasi das wissenschaftliche Standbein der ArbeiterInnenbewegung. Mit Sachkenntnis werden Beschäftigte vor allem in Rechts-, Sozial-, Bildungs- und Konsumentenfragen beraten, Gutachten und fachspezifischen Veröffentlichungen erstellt. Auch das will die FPÖ „ihren Leuten“ rauben.

Anne Rieger ist Vorstandsmitglied des GLB-Steiermark