AK-Vollversammlung OÖ 17.11.2015: Bericht der AK-Kommunikation
- Dienstag, 17. November 2015 @ 22:00
Wechsel im AK-Präsidium: Elfriede Schober folgt Christine Lengauer als Vizepräsidentin
Elfriede Schober wurde von der Vollversammlung neu ins Präsidium der Arbeiterkammer Oberösterreich gewählt. Sie folgt Christine Lengauer, die nun ihren Ruhestand antritt. Schober ist Betriebsratsvorsitzende bei Miba Sinter Austria in Vorchdorf. Elfriede Schober (45) wurde in Kirchdorf geboren und wuchs in Pettenbach auf. 1990 begann sie, in der Produktion von Miba Sinter Austria im Zwei-Schicht-Betrieb zu arbeiten. Schon zwei Jahre später wurde sie von ihren Kolleginnen und Kollegen zur Abteilungsbetriebsrätin gewählt. Im Jahr 2000 rückte sie zur stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden und Anfang 2014 zur Betriebsratsvorsitzenden auf – und das in einem Männerbetrieb.
Schober setzt sich seit langem für bessere Arbeitsbedingungen ein, insbesondere für eine gesunde Arbeitszeit: „Arbeitszeit ist Lebenszeit und muss für die Beschäftigten planbar sein. Die Balance zwischen Familie und Beruf muss möglich sein, der Arbeitsdruck in Grenzen gehalten werden. Nur so ist es Beschäftigten möglich, bis ins hohe Alter gesund zu bleiben und bis zur gesetzlichen Pension arbeiten zu gehen. Die von Wirtschaftsseite geforderte Flexibilisierung darf nicht dazu führen, dass die Beschäftigten nur noch für die Arbeit leben und noch dazu um ihre Überstundenzuschläge umfallen“, sagt sie. Ebenfalls besonders am Herzen liegen ihr eine gerechtere Verteilung, u.a. durch deutlich höhere Vermögensbesteuerung, die Erhaltung des gesetzlichen Pensionssystems sowie die Gleichbehandlung von Männern und Frauen.
Neu im AK-Vorstand: Martha Fleschurz, Gerlinde Reichhold-Burger und Gerhard Knoll
Weil Elfriede Schober zur AK-Vizepräsidentin gewählt worden ist, Herta Gruber in Pension gegangen ist und Manfred Pühringer sein Mandat zurückgelegt hat, rücken Martha Fleschurz, Gerlinde Reichhold-Burger und Gerhard Knoll in den AK-Vorstand nach. Die Vollversammlung der AK Oberösterreich hat sie heute gewählt. „Auch die drei Neuen im AK-Vorstand wissen aus ihrer täglichen Erfahrung, wie es den Beschäftigten geht und welche Probleme sie haben“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.
Martha Fleschurz (58) lebt in Linz. Sie hat die Fachschule für soziale Berufe absolviert. Seit 1992 ist sie Betriebsratsvorsitzende der Volkshilfe Oberösterreich. Außerdem leitet sie den Wirtschaftsbereich Gesundheits- und Sozialberufe der GPA-djp Oberösterreich. In der Fachgruppenvereinigung Gesundheits- und Sozialberufe des ÖGB Oberösterreich engagiert sie sich als stellvertretende Vorsitzende. Wichtig sind ihr gesunde Arbeitsplätze und die Weiterentwicklung der Kollektivverträge. In der Freizeit widmet sich Martha Fleschurz gern dem Lesen, dem Radfahren und ihrem Garten.
Gerlinde Reichhold-Burger (58) ist in Regau daheim. Seit 1989 arbeitet sie als Gesundheits- und Krankenpflegerin sowie als Angestelltenbetriebsrätin im Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck. Sie ist Frauenvorsitzende im ÖGB Vöcklabruck und Mitglied der Landes- und Bundesleitung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Fairness für Frauen in der Arbeitswelt, bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben sowie leistbares Wohnen durch geförderten Wohnbau sind die zentralen Anliegen von Gerlinde Reichhold-Burger. Privat liest sie viel, unternimmt Städtereisen und geht Schwimmen und Schifahren.
Gerhard Knoll (33) wohnt in Hörsching. Er absolvierte eine Lehre zum Anlagenmonteur, holte später die Matura nach und befindet sich derzeit im Multimedia-Diplomstudium der Rechtswissenschaften. Seit seiner Lehre ist er in der voestalpine Stahl GmbH tätig, wo er auch dem Arbeiter- und Zentralbetriebsrat angehört. Heuer im März wurde Gerhard Knoll zum Landesobmann der Freiheitlichen Arbeitnehmer gewählt. Er setzt sich für Familien sowie für eine Angleichung von Arbeitern/-innen und Angestellten unter der Einheitsbezeichnung „Arbeitnehmer“ ein. Seine Hobbies sind das Tauchen, das Reisen und sein Hund.
Sozialexperte Dr. Christoph Klein bei AK-Vollversammlung: „Das ASVG ist ein Gesamtkunstwerk“
Mit einbandagierter Hand nach einem Sturz vom Fahrrad konnte Dr. Christoph Klein die Vorteile des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) besonders anschaulich schildern. Der stellvertretende Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien und frühere Vize des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger umriss in seinem Referat bei der Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich die Vorteile der solidarischen Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung.
Was ist ein Gesamtkunstwerk? Die Definitionen von Künstlern wie Richard Wagner und Gewerkschaftern wie dem früheren Sozialminister Karl Maisel ähneln einander verblüffend: Der Wert eines Gesamtkunstwerks besteht in erster Linie darin, dass es maßgebend für die Kultur einer großen Gemeinschaft ist, dass es sich um ein gemeinsames Werk handelt. Hier ist das Prinzip der Solidarität bereits enthalten.
Auf diesem Prinzip beruhen die drei tragenden Elemente des ASVG: die Unfallversicherung, die soziale Krankenversicherung und die Pensionsversicherung. Die Unfallversicherung, so Klein, habe sich seit dem Inkrafttreten des ASVG vor 60 Jahren weit über ihre Kernkompetenzen (Heilbehandlung und Reha nach Arbeitsunfall oder Berufskrankheit, Rente bei Arbeitsunfähigkeit) hinaus entwickelt. Heute werden auch Freizeitunfälle in eigenen Einrichtungen der AUVA auf höchsten Niveau behandelt, gleichzeitig wird dort auch wissenschaftlich geforscht. Die Beiträge zur Unfallversicherung zahlen die Arbeitgeber/-innen. „Die oft gehörte Behauptung, das sei deshalb das Geld der Arbeitgeber, ist aber falsch“, so Klein: „Schließlich kaufen die sich damit von Schadenersatzhaftungen frei.“
Die Beitragsfinanzierung (im Gegensatz zur Steuerfinanzierung wie etwa in Großbritannien), die Selbstverwaltung (in die Arbeitnehmervertreter/-innen nach Maßgabe der AK-Wahlen geschickt werden), die Pflichtversicherung (im Gegensatz zur Versicherungspflicht wie etwa in Deutschland) und die geringen Verwaltungskosten nannte Klein als die großen Vorteile der sozialen Krankenversicherung. „Versicherungsschutz vom ersten Tag an, Spitzenmedizin für alle unabhängig vom Einkommen – welche private Versicherung kann das leisten?“, fragte Klein. Die Herausforderungen für die Zukunft sieht der Sozialexperte unter anderem in der Schere zwischen sinkenden Beitragseinnahmen und davoneilenden Kosten: „Die Lösung wäre, die Einnahmen von der Beschäftigung zu entkoppeln – Stichwort Wertschöpfungsabgabe. Das würde die Kosten auf Betriebe mit hoher Automatisierung und wenig Beschäftigten verschieben. „Wichtig wäre auch, die Stellung der Gebietskrankenkassen als Einkäufer von Leistungen der Ärzte gesetzlich zu stärken und mehr in zukünftige Gesundheit zu investieren: „Das rechnet sich später vielfach.“
Bei der Pensionsversicherung sei der Geniestreich im Jahr 1955 gewesen, die Idee einer minimalen Volkspension abzuschmettern und stattdessen mit dem Umlageverfahren eine echte, wertgesicherte Lebensstandardsicherung im Alter zu erreichen. „An allen drei Elementen des ASVG waren Gewerkschafter maßgeblich beteiligt, bei der Pensionsversicherung war es die Kampfkraft der Gewerkschaften, die 2003 den geplanten Kahlschlag der schwarz-blauen Regierung abwenden konnte“, sagte Klein. Unser Pensionssystem sei keinesfalls unfinanzierbar, wie immer wieder behauptet werde: „Die Horrorszenarien, was das Ansteigen des Bundesbeitrags betrifft, lassen immer die sinkenden Beamtenpensionen außer Acht. Es hat auch keinen Sinn, nur die Demographie zu betrachten. Ausschlaggebend ist: Wer bezahlt Beiträge, wer verbraucht Beiträge? Betrachtet man diese ökonomische Abhängigkeitsquote und bezieht man die Beamten in die Prognosen mit ein, sieht die Sache schon ganz anders aus.“ Kleins abschließender Appell: „Lassen wir freche Demagogie nicht siegen, lasst uns das Gesamtkunstwerk ASVG erhalten und weiterentwickeln!“
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer: Unverantwortliche Propaganda durch Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung
Heftige Kritik übt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer bei seiner heutigen Rede zur Vollversammlung der AK Oberösterreich an der unverantwortlichen Standortdebatte, die Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung vom Zaun gebrochen hatten. Damit werden Unternehmen in kollektive Depression gezogen, die Arbeitnehmer/-innen verunsichert und das Sozialsystem untergraben. Von der Landes- und Bundesregierung erwartet sich Kalliauer Antworten auf zentrale Fragen: „Wie können wir die Arbeitslosigkeit eindämmen? Wie erzielen wir Fortschritte bei der Bildung und Kinderbetreuung? Wie schaffen wir, dass Wohnen endlich wieder leistbar wird?“
Besonders besorgt zeigte sich Kalliauer über die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit steigt und steigt und das Arbeitsvolumen sinkt. „Und ich sehe sowohl im Bund als auch im Land kein substantielles Gegensteuern“, sagte der AK-Präsident. Sowohl das Konjunkturpaket des Landes, als auch das Arbeitsmarktpaket des Bundes sind zu zögerlich, um wirklich Arbeitsplätze zu schaffen. „Wesentliche Fragen wie das Bonus-Malus-System oder die sechste Urlaubswoche werden darin nicht oder nur vage behandelt“, sagt Kalliauer.
Der AK-Präsident ortet aber nicht nur ein Versagen der Politik – er ärgert sich vor allem über die Blockadehaltung und die unnötige Propaganda der Wirtschaft. „Im Zuge der längst überfälligen Steuerreform und der Entlastung der Beschäftigten ist die Wirtschaft plötzlich mit einer völlig unverantwortlichen Standortdebatte dahergekommen und hat die alte Leier von der überbordenden Bürokratie oder den hohen Lohnnebenkosten wieder ausgepackt“, so Kalliauer. Damit haben die Interessenvertretungen laut Kalliauer eine kollektive Depression bei den Unternehmen ausgelöst und die Arbeitnehmer/-innen weiter verunsichert.
Auch die andauernden Angriffe auf den Sozialstaat stellen für den AK-Präsidenten eine gefährliche Entwicklung dar. „Die durchschnittliche Mindestsicherung beträgt in Oberösterreich 388 Euro. Die Bezieherinnen und Bezieher müssen oft mit weit weniger als 1000 Euro im Monat auskommen. Umso mehr ist dieser Generalangriff auf die Mindestsicherung absolut unverständlich“, sagt Kalliauer.
Nachbessern will der AK-Präsident im Laufe der Landtagsperiode bei den Anliegen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. „Wir haben frühzeitig unsere Forderungen an die neue Landesregierung formuliert – im Übereinkommen von ÖVP und FPÖ ist davon fast nichts drinnen“, sagt Kalliauer. Er fordert ein wirksames Konjunkturpaket und Verbesserungen bei der Arbeitsmarktstrategie 2020, eine Qualitätsoffensive im Bildungsbereich und den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, die Vollzeitarbeit ermöglichen. Zudem sollen die verschränkten Ganztagsschulen bedingungslos ausgebaut werden.
Beschlüsse über Resolutionen und Anträge
Der AK-Vollversammlung lagen 26 Resolutionen und zwei Anträge zur Beratung und Beschlussfassung vor. Zwei Resolutionen brachten alle in der Vollversammlung vertretenen Gruppierungen gemeinsam ein: die Fraktion Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen (FSG), der Österreichische Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (ÖAAB), die Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA), die Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen (AUGE/UG), der Gewerkschaftlichen Linksblock (GLB) und die Liste Perspektive (LP). Eine Resolution legten FSG, ÖAAB, AUGE/UG, GLB, LP gemeinsam vor, eine weitere FSG, AUGE/UG, GLB und LP gemeinsam. Zusätzliche elf Resolutionen kamen von der FSG, vier vom ÖAAB und drei von der FA. Zwei Resolutionen und einen Antrag brachten die AUGE/UG ein, zwei Resolutionen der GLB und einen Antrag die LP.
Einstimmig angenommen wurden die Resolutionen „Verfallsfristen im Arbeitsrecht durch Gesetz abschaffen“, „20 Jahre ASchG - Arbeitnehmerschutz stärken, nicht aushöhlen“ (beide alle Fraktionen), „Bestbieterprinzip bei der Vergabe öffentlicher Aufträge weiter ausbauen“, „Mindestpflegepersonalschlüssel in Oberösterreich rasch anheben“, „Gleichstellung durch erzwingbare Betriebsvereinbarungen fördern“, „Pflegende wirksam schützen“, „Datenschutz für Beschäftigte erhalten und stärken“, „Mindestlohn und -gehalt flächendeckend auf 1.700 Euro anheben“ und „Entgeltsicherung bei strittigem Betriebsübergang vor Insolvenz reformieren“ (alle FSG).
Mehrheitlich angenommen wurden die Resolutionen „Kostenloses Nachholen des Lehrabschlusses ermöglichen“ (FSG, ÖAAB, AUGE/UG, GLB, LP), „Das ASVG weiterentwickeln – Lücken im Sozialnetz schließen“ (FSG, AUGE/UG, GLB, LP), „AMS-Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik deutlich erhöhen“, „Pflege durch Novelle zum Gesundheits- und Kranken-pflege-Gesetz aufwerten“, „Arbeitslosigkeit bekämpfen“ und „Mietrechtsreform endlich umsetzen“ (alle FSG).
Den zuständigen AK-Ausschüssen sowie dem AK-Vorstand zur Abklärung und weiteren Behandlung zugewiesen wurden die Resolutionen „Anspruch auf Wochengeldbezug ausweiten“, „Agrarmarkt-Control für Bauern, Umwelt und Konsumenten“ (beide ÖAAB), „Gesetzliche Verankerung des 13. und 14. Lohns bzw. Gehalts“, „E-Card mit Foto ausstatten und gegen Missbrauch sichern“, „Rückkehr zur Vernunft und Rechtsstaatlichkeit“ (alle FA), „Notstandshilfe: AMS-Ausbildungsbeihilfen nicht zum Partnereinkommen anrechnen“, „Frauen bei der Notstandshilfe nicht benachteiligen“ (beide AUGE/UG), „Keine Einrichtung von nationalen Wettbewerbsfähigkeitsräten durch die Europäische Union“ und „Lohnnebenkosten sind Lohnbestandteile“ (beide GLB) sowie die Anträge „Novellierung des AK-Gesetzes und der AK-Wahlordnung“ (AUGE/UG) und „Bewältigung des Flüchtlingsstromes in Europa“ (LP).
Mehrheitlich abgelehnt wurden die Resolutionen „Maßnahmenpaket zur längeren Aufrechterhaltung der Arbeitsgesundheit“ und „Sozialpartnerschaft braucht Modernisierungsschub und Neustart“ (beide ÖAAB).
Die Debattenbeiträge bei der AK-Vollversammlung
Zum vierten Mal in dieser Funktionsperiode tagte heute die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich. Zum Referat des Präsidenten, Dr. Johann Kalliauer, sowie zu den eingebrachten Anträgen und Resolutionen gab es eine intensive Debatte. Insgesamt meldeten sich neun Vertreter/-innen der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), sieben des Österreichischen Arbeiternehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes (ÖAAB), vier der Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA), drei der Alternativen und Grünen Gewerkschafter/-innen/Unabhängigen Gewerkschafter/-innen (AUGE/UG) sowie einer des Gewerkschaftlichen Linksblocks (GLB) zu Wort.
Die Diskussion eröffnete Rudolf Kroiß (FA). Er verteidigte das oberösterreichische Koalitionsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ gegen Kritik durch den AK-Präsidenten. Eine gute Arbeitsmarktpolitik bestehe in guten Rahmenbedingungen für Industrie und Gewerbe. Den FSG-Antrag zur Weiterentwicklung des ASVG könne seine Fraktion nicht mittragen, weil er eine neue Steuerreform und eine nicht nachvollziehbare Ausweitung der Witwen-Pension vorsehe. In der Flüchtlingspolitik warf der der Regierung vor, gegen geltendes Recht, wie die die Dublin-Verordnung, zu verstoßen.
Der neue ÖAAB-Obmann Franz Bernroitner sagte, er freue sich auf seine neue Aufgabe und teile alle Positionen, die der Präsident in seinem Bericht bezogen hatte, außer jener zur Kinderbetreuung. Kleine Gemeinden seien nicht in der Lage ein umfassendes Angebot bereitzustellen. Und er betone die Wichtigkeit der Arbeit in den AK-Ausschüssen, in der es gelte, die Anträge der Vollversammlung im Detail zu diskutieren und zu optimieren.
AUGE/UG-Fraktionsvorsitzender Martin Gstöttner bedankte sich ausdrücklich bei der scheidenden Vizepräsidentin Christine Lengauer für ihre tolle Arbeit und hieß alle nachrückenden AK-Funktionäre willkommen. Den FSG-Antrag für einen KV-Mindestlohn von 1.700 Euro begrüßte er, betonte aber die Notwendigkeit, über höhere Mindestlöhne für die Arbeitnehmer/-innen ohne Kollektivvertrag nachzudenken. Den FA-Antrag, der eine strikte Einhaltung der Dublin-Regeln für Flüchtlinge fordert, lehne er ab, weil Zäune und Mauern wie im kalten Krieg der falsche Weg seien.
Thomas Erlach (GLB) betonte, dass seine Fraktion die Sozialpartnerschaft für kein sinnvolles Modell halte. Aus seiner Sicht sei die Sozialpartnerschaft gestorben, sie gehöre beerdigt. Er rufe auf, auf die Straße zu gehen und für Arbeitnehmeranliegen zu kämpfen. Das sei die einzige Sprache, die die Wirtschaft verstehe.
Andreas Stangl (FSG) ging ebenfalls auf das oberösterreichische Regierungsübereinkommen ein. Er habe sich die Mühe gemacht, das Papier nach dem Wort „Arbeitnehmer“ zu durchsuchen und sei nur in einer einzigen Erwähnung fündig geworden. Die Worte „Brauchtum“ und „Tradition“ kämen viel öfter vor. Das sei kein Programm für die Zukunft. Das sei ein Programm der Vergangenheit.
Beatrix Soder (FSG) unterstrich die Forderung ihrer Fraktion nach einer Erhöhung des AMS-Budgets für aktive Arbeitsmarktpolitik. Sie forderte mehr Möglichkeiten für arbeitslose Menschen zur Aus- und Weiterbildung. Denn jeder von uns habe eine zweite Chance verdient, doch nicht jeder könne sich eine teure Umschulung leisten. Das AMS müsse dies ermöglichen.
Patrick Holländer (FA) forderte die Vollversammlungsmitglieder auf, gemeinsam für die gesetzliche Verankerung des 13. und 14. Lohns bzw. Gehalts einzutreten. Urlaubs- und Weihnachtsgeld müssten Jahr für Jahr hart von den Gewerkschaften in den KV-Verhandlungen erstritten werden. Würden der 13. und 14. Gehalt gesetzlich festgeschrieben, hätten alle Arbeitnehmer/-innen automatisch Anspruch auf diese wichtigen Entgelte und die Gewerkschaften könnten sich in den KV-Verhandlungen auf andere, derzeit brennende Themen konzentrieren.
Der FA-Fraktionsvorsitzende Gerhard Knoll sprach von der Notwendigkeit, die E-Card mit einem Foto auszustatten. Die einmaligen Aufwendungen dafür würden sich langfristig rechnen, weil die Kosten für derzeit betriebenen Missbrauch höher seien. Kritisch äußerte er sich gegenüber der Resolution der anderen Fraktionen, kostenlos den Lehrabschluss nachzuholen. Ein Selbstbehalt sei durchaus angebracht, so hätten die Teilnehmer/-innen mehr Ansporn, die Ausbildung abzuschließen. Auch dem Vorschlag der FSG, eine Akademisierung der Pflegeausbildung einzuführen, erteilte er eine Absage.
Birgit Berndl (ÖAAB) bat die Kammerräte/-innen um Unterstützung bei der ÖAAB-Resolution, den Anspruch auf Wochengeld auszuweiten. Derzeit würden viele Frauen mit der Kindergeldbezugsvariante „12+2“ bzw. Bezieherinnen des einkommensabhängigen Kindergelds kein Wochengeld erhalten – nämlich dann nicht, wenn eine erneute Schwangerschaft während der gesetzlichen Karenz eintritt, die Dauer des Kindergeldbezugs aber schon erschöpft ist. Es handle sich dabei um eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung, der man gesetzlich gegensteuern müsse.
Alois Silmbroth (ÖAAB) sprach sich gegen Fotos auf der E-Card aus. Das bringe nicht viel, koste nur viel Geld und zudem müsse die Karte ständig erneuert werden. Außerdem meinte er, dass wir als Konsumenten nicht zuschauen könnten, wie die Landwirtschaft ausgehungert wird und dadurch Arbeitsplätze verloren gehen.
Vizepräsident Helmut Feilmair (ÖAAB) appellierte, die Sozialpartnerschaft wieder zu dem zu machen, was sie einmal war. Sie dürfe keinesfalls durch Kleinkariertheit und Schuldzuweisungen gefährdet werden. Gerade schwierige Zeiten wie die jetzigen erforderten eine Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg. Er würde auch den Sozialpartnern empfehlen, nicht für jede Errungenschaft des anderen einen Abtausch einzufordern. Der ÖAAB bekenne sich überdies dazu, dass der Sonntag keinesfalls zu einem Arbeitstag werden dürfe.
Andreas Osterkorn (FSG) schilderte Probleme von Beschäftigten in privaten Busunternehmen. Unter anderem sei die Überprüfung des Arbeitsplatzes nach den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes – in diesem Fall des Busses – schwierig. Auch würden Beschäftigte, die ihren Arbeitgeber wechseln müssen, weil ein anderer Betrieb die öffentliche Ausschreibung einer Linie „gewonnen“ hat, um Leistungen umfallen – etwa um Jubiläumsprämien oder Vorrückungen.
Albert Maringer (FSG) erteilte der FA-Forderung, die E-Card mit Foto auszustatten, eine klare Absage. Schließlich seien alleine in Oberösterreich 1,4 Millionen E-Cards im Umlauf, vom Säugling bis zum Greis. Die Freiheitlichen würden mit unseriösen Zahlen operieren: Wenn in Wien von einem Schaden durch E-Card-Missbrauch von 1,2 Millionen Euro die Rede sei, so beziehe sich diese Zahl auf zwei Jahre bei einem jährlichen Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden. Er wolle keinen unnötigen Aufwand in der Verwaltung für eine Maßnahme, die nicht umsetzbar sei und auch nichts bringen würde, so Maringer.
Walter Haberl (FSG) kritisierte die FA-Resolution „Rückkehr zu Vernunft und Rechtsstaatlichkeit“. Man könne nicht auf der einen Seite die EU ständig kritisieren und auf der anderen Seite die Einhaltung von überholten EU-Rechtsvorschriften einfordern. Zur FSG-Resolution „AMS-Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik deutlich erhöhen“ führte Haberl aus, immer mehr Geld, das eigentlich den Versicherten zustehe, wandere zu den Betrieben. Wenn hier kein Einlenken signalisiert werde, werde man dem AMS-Budget wieder nicht zustimmen.
Johann Linsmaier (AUGE/UG) bekräftigte die Kritik am Umgang mit den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung. Er warb für die Zustimmung zur Resolution „Frauen bei der Notstandshilfe nicht benachteiligen“ der AUGE/UG. Am besten, so Linsmaier wäre es sowieso, die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe ersatzlos zu streichen.
Branko Novakovic (FSG) erläuterte, wie die Pflege aufgewertet werden müsse und sprach sich gegen massive Einsparungen beim Personal aus. Der schleichende Übergang von bestimmten Tätigkeiten von den Ärzten zu den diplomierten Krankenpflegern sei ein Problem. Es brauche jedenfalls eine gesetzliche Regelung zur Delegierung von Aufgaben und eine Anerkennung von Praxiserfahrungen.
Hermann Linkeseder (ÖAAB) hält eine Verkürzung der Ausbildung in der Pflege für fragwürdig. Das wäre, als würde die HTL plötzlich auf zwei oder drei Jahre verkürzt werden. Der Entwurf für das neue Gesetz sei daher eine Mogelpackung, in der nicht viel drin sei. Letztlich würden dadurch „downgegradete Schmalspurschwestern“ produziert und auf die Patienten losgelassen. Die traditionell hohen Vertrauenswerte der Diplomkrankenschwestern würden mit Sicherheit darunter leiden.
Martha Fleschurz (FSG) nahm ebenfalls zur Personalsituation in der Pflege Stellung. In der Praxis werde es auf den Stationen wohl kaum die ideale Situation mit Diplomkräften, Assistenten und Pflegehelferinnen geben. Darum müsse die einjährige Ausbildung für Pflegehelferinnen weg und die Akademisierung der Pflegeausbildung her. Denn Österreich sei eines von nur zwei Ländern, in dem es keine Akademisierung gibt.
Karl Kapplmüller (ÖAAB) betonte, er halte die Resolution für mehr Datenschutz in der Arbeitswelt für ganz wichtig. Die große Herausforderung sei das Handy als ständiger Begleiter. Das ermögliche vielfältige Kontrollen. Die Forderung nach einem KV-Mindestlohn von 1.700 Euro halte er für berechtigt, weise aber darauf hin, dass sehr viele Arbeitnehmer weit davon entfernt seien. Ohne gesetzliche Regelung werde es vermutlich nicht gehen.
Gerhard Dober (AUGE/UG) dankte dem Präsidenten für seine klaren Worte für Menschlichkeit in der Flüchtlingsdebatte. Hauptauslöser fast aller Probleme sei die Verteilungsungerechtigkeit, die es entschieden zu bekämpfen gelte. Die Resolution des ÖAAB zur Landwirtschaft halte er für legitim, weil ein Umdenken in der Landwirtschaft auch für Arbeitnehmer wichtig sei. Er regte an, bei AK-Buffets auf Bio zu setzen und so die regionale Landwirtschaft zu unterstützen.
Sonja Reitinger (FSG) verteidigte massiv die Forderung nach einer Akademisierung der Pflege. Österreich sei hier Schlusslicht in Europa, was auch die Arbeitnehmerfreizügigkeit behindere. Nicht alles am neuen Pflegegesetz sei gut, es fehlten zum Beispiel verpflichtende Sonderausbildungen. Zu den Flüchtlingen meinte sie, diese dürften nicht nur als Kostenfaktor gesehen werden, sondern brächten auch Wertschöpfung und zusätzliche Jobs.
Sabine Weichenberger (FA) betont die Dringlichkeit der Resolution ihrer Fraktion „Gesetzliche Verankerung des 13. und 14. Lohns bzw. Gehalts“. Nach wie vor gebe es Arbeitnehmer/-innen, die in Jobs ohne Kollektivvertrag arbeiten – diese seien vom Gutdünken des Arbeitgebers abhängig, ob sie 13. und 14. Monatslohn oder –gehalt bekommen. Sie ersucht, die Resolution zu unterstützen.
Thomas Erlach (GLB) nahm Stellung zur Resolution der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter/-innen „Arbeitslosigkeit bekämpfen“ und hielt fest: Was wir bräuchten, sind Arbeitsplätze und auf keinen Fall eine Verschlechterung der Zumutbarkeitsbestimmungen.
Franz Bernroitner (ÖAAB) fand, dass heute sehr gute Resolutionen und Anträge eingebracht worden seien - darunter vier gemeinsame Resolutionen. Das zeige, dass es unter den einzelnen Fraktionen eine gute Zusammenarbeit gebe mit Ernsthaftigkeit und Einigkeit. Er betonte weiters, dass er die Forderung der FSG zum Thema Bestbieterprinzip unterstütze. Sie sei längst überfällig.
Rudolf Bachmaier (FA) fand Lob für die Herangehensweise der Arbeiterkammer an ihre Bauprojekte. Diese seien äußerst vorbildlich und professionell, das Geld der AK-Mitglieder werde sehr gut angelegt. Er kündigte an, mit Anfang Februar seinen Vorsitz in der Fraktion anzugeben und appellierte an die Vollversammlung in seinen Abschlussworten, die AK möge sich um jene beruflichen Randgruppen besonders gut kümmern, die von Kollektivverträgen ausgeschlossen sind und in deren Betrieben es keine Betriebsräte gibt.
Andreas Stangl (FSG) plädierte einmal mehr für die Abschaffung der Verfallsfristen im Arbeitsrecht. Auch das kostenlose Nachholen von Lehrabschlüssen sei insbesondere ob der Behauptung der Wirtschaftsseite, es gebe einen Fachkräftemangel, nötig. Er bat um Zustimmung zur Resolution, das Bestbieterprinzip bei der Vergabe öffentlicher Aufträge weiter auszubauen. Es sei ein Skandal, dass mit Steuergeldern von Politikern/-innen Aufträge an Billigstbieter vergeben werden.
AK-Präsident Johann Kalliauer (FSG) schloss die Debatten mit einem klaren Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft. Diese gehöre nicht auf den Müll der Geschichte, der Kampf um sie sei wichtig. Jedoch sollten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und deren Vertretungen nicht davor zurückscheuen, Konflikte öffentlich auszutragen, wenn es um die Rechte der Beschäftigten geht. Dann sei es auch gut und legitim, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren – ohne in die Kategorie der Pflastersteinwerfer eingeordnet zu werden.
AK-Vollversammlung beschließt Budget für 2016: Fast 40 Prozent für den kostenlosen Rechtsschutz
Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich hat heute den Budgetvoranschlag für das Jahr 2016 in Höhe von 81 Millionen Euro einstimmig angenommen. Fast 40 Prozent der verfügbaren Mittel verwendet die AK für den Rechtsschutz ihrer Mitglieder. „Wegen der großen Nachfrage wird die Beratung weiter ausgebaut. Wir wollen noch kundenorientierter werden und unsere Angebote ständig an die Bedürfnisse unserer Mitglieder anpassen“, sagt AK-Direktor Dr. Josef Moser, MBA.
Die Einnahmen der Arbeiterkammer Oberösterreich kommen fast zur Gänze aus den Beiträgen ihrer Mitglieder. Wie schon in den Jahren zuvor wird auch 2016 wieder die arbeits- und sozialrechtliche Beratung und Vertretung der AK-Mitglieder im Mittelpunkt stehen. „Für die wachsende Nachfrage sind 31,7 Millionen Euro vorgesehen, also rund zwei Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Im Gesamtbudget werden die Kosten für den Rechtsschutz fast 40 Prozent betragen“, stellt Moser fest.
Der AK-Direktor verweist auf die hervorragende Beurteilung des AK-Beratungsangebotes: „Weit mehr als 90 Prozent der Mitglieder, die mit uns Kontakt hatten, waren zufrieden oder sehr zufrieden. Das zeigen regelmäßige Umfragen. Wir versuchen aber, noch besser zu werden.“
Auch die übrigen AK-Leistungen werden ausreichend dotiert. Für Bildung, Kultur und Jugend sieht die AK Oberösterreich 2016 insgesamt 16,7 Millionen Euro vor. Damit kann das hohe Niveau der Angebote gehalten werden: „Das reicht von der finanziellen Förderung beruflicher Weiterbildung über die Dialog-Workshops und Berufsschulvorträge, an denen jährlich rund 20.000 Jugendliche teilnehmen, bis hin zur Bildungsberatung“, informiert der AK-Direktor.
Für den Konsumentenschutz sowie für wirtschaftspolitische und wissenschaftliche Expertisen wird die AK Oberösterreich im nächsten Jahr rund 9,5 Millionen Euro ausgeben.
„Die Beiträge unserer Mitglieder sind gut angelegt“, stellt AK-Direktor Moser fest. „Allein im Arbeits- und Sozialrecht erkämpfen wir Jahr für Jahr mehr, als unser Gesamtbudget ausmacht. Werden alle Leistungen der AK Oberösterreich in Geld bewertet, fließt die von den Mitgliedern geleistete Kammerumlage in etwa dreifacher Höhe wieder an sie zurück.“
Bericht als Zusammenfassung der Aussendungen der AK-Kommunikation.
Elfriede Schober wurde von der Vollversammlung neu ins Präsidium der Arbeiterkammer Oberösterreich gewählt. Sie folgt Christine Lengauer, die nun ihren Ruhestand antritt. Schober ist Betriebsratsvorsitzende bei Miba Sinter Austria in Vorchdorf. Elfriede Schober (45) wurde in Kirchdorf geboren und wuchs in Pettenbach auf. 1990 begann sie, in der Produktion von Miba Sinter Austria im Zwei-Schicht-Betrieb zu arbeiten. Schon zwei Jahre später wurde sie von ihren Kolleginnen und Kollegen zur Abteilungsbetriebsrätin gewählt. Im Jahr 2000 rückte sie zur stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden und Anfang 2014 zur Betriebsratsvorsitzenden auf – und das in einem Männerbetrieb.
Schober setzt sich seit langem für bessere Arbeitsbedingungen ein, insbesondere für eine gesunde Arbeitszeit: „Arbeitszeit ist Lebenszeit und muss für die Beschäftigten planbar sein. Die Balance zwischen Familie und Beruf muss möglich sein, der Arbeitsdruck in Grenzen gehalten werden. Nur so ist es Beschäftigten möglich, bis ins hohe Alter gesund zu bleiben und bis zur gesetzlichen Pension arbeiten zu gehen. Die von Wirtschaftsseite geforderte Flexibilisierung darf nicht dazu führen, dass die Beschäftigten nur noch für die Arbeit leben und noch dazu um ihre Überstundenzuschläge umfallen“, sagt sie. Ebenfalls besonders am Herzen liegen ihr eine gerechtere Verteilung, u.a. durch deutlich höhere Vermögensbesteuerung, die Erhaltung des gesetzlichen Pensionssystems sowie die Gleichbehandlung von Männern und Frauen.
Neu im AK-Vorstand: Martha Fleschurz, Gerlinde Reichhold-Burger und Gerhard Knoll
Weil Elfriede Schober zur AK-Vizepräsidentin gewählt worden ist, Herta Gruber in Pension gegangen ist und Manfred Pühringer sein Mandat zurückgelegt hat, rücken Martha Fleschurz, Gerlinde Reichhold-Burger und Gerhard Knoll in den AK-Vorstand nach. Die Vollversammlung der AK Oberösterreich hat sie heute gewählt. „Auch die drei Neuen im AK-Vorstand wissen aus ihrer täglichen Erfahrung, wie es den Beschäftigten geht und welche Probleme sie haben“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.
Martha Fleschurz (58) lebt in Linz. Sie hat die Fachschule für soziale Berufe absolviert. Seit 1992 ist sie Betriebsratsvorsitzende der Volkshilfe Oberösterreich. Außerdem leitet sie den Wirtschaftsbereich Gesundheits- und Sozialberufe der GPA-djp Oberösterreich. In der Fachgruppenvereinigung Gesundheits- und Sozialberufe des ÖGB Oberösterreich engagiert sie sich als stellvertretende Vorsitzende. Wichtig sind ihr gesunde Arbeitsplätze und die Weiterentwicklung der Kollektivverträge. In der Freizeit widmet sich Martha Fleschurz gern dem Lesen, dem Radfahren und ihrem Garten.
Gerlinde Reichhold-Burger (58) ist in Regau daheim. Seit 1989 arbeitet sie als Gesundheits- und Krankenpflegerin sowie als Angestelltenbetriebsrätin im Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck. Sie ist Frauenvorsitzende im ÖGB Vöcklabruck und Mitglied der Landes- und Bundesleitung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Fairness für Frauen in der Arbeitswelt, bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben sowie leistbares Wohnen durch geförderten Wohnbau sind die zentralen Anliegen von Gerlinde Reichhold-Burger. Privat liest sie viel, unternimmt Städtereisen und geht Schwimmen und Schifahren.
Gerhard Knoll (33) wohnt in Hörsching. Er absolvierte eine Lehre zum Anlagenmonteur, holte später die Matura nach und befindet sich derzeit im Multimedia-Diplomstudium der Rechtswissenschaften. Seit seiner Lehre ist er in der voestalpine Stahl GmbH tätig, wo er auch dem Arbeiter- und Zentralbetriebsrat angehört. Heuer im März wurde Gerhard Knoll zum Landesobmann der Freiheitlichen Arbeitnehmer gewählt. Er setzt sich für Familien sowie für eine Angleichung von Arbeitern/-innen und Angestellten unter der Einheitsbezeichnung „Arbeitnehmer“ ein. Seine Hobbies sind das Tauchen, das Reisen und sein Hund.
Sozialexperte Dr. Christoph Klein bei AK-Vollversammlung: „Das ASVG ist ein Gesamtkunstwerk“
Mit einbandagierter Hand nach einem Sturz vom Fahrrad konnte Dr. Christoph Klein die Vorteile des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) besonders anschaulich schildern. Der stellvertretende Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien und frühere Vize des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger umriss in seinem Referat bei der Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich die Vorteile der solidarischen Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung.
Was ist ein Gesamtkunstwerk? Die Definitionen von Künstlern wie Richard Wagner und Gewerkschaftern wie dem früheren Sozialminister Karl Maisel ähneln einander verblüffend: Der Wert eines Gesamtkunstwerks besteht in erster Linie darin, dass es maßgebend für die Kultur einer großen Gemeinschaft ist, dass es sich um ein gemeinsames Werk handelt. Hier ist das Prinzip der Solidarität bereits enthalten.
Auf diesem Prinzip beruhen die drei tragenden Elemente des ASVG: die Unfallversicherung, die soziale Krankenversicherung und die Pensionsversicherung. Die Unfallversicherung, so Klein, habe sich seit dem Inkrafttreten des ASVG vor 60 Jahren weit über ihre Kernkompetenzen (Heilbehandlung und Reha nach Arbeitsunfall oder Berufskrankheit, Rente bei Arbeitsunfähigkeit) hinaus entwickelt. Heute werden auch Freizeitunfälle in eigenen Einrichtungen der AUVA auf höchsten Niveau behandelt, gleichzeitig wird dort auch wissenschaftlich geforscht. Die Beiträge zur Unfallversicherung zahlen die Arbeitgeber/-innen. „Die oft gehörte Behauptung, das sei deshalb das Geld der Arbeitgeber, ist aber falsch“, so Klein: „Schließlich kaufen die sich damit von Schadenersatzhaftungen frei.“
Die Beitragsfinanzierung (im Gegensatz zur Steuerfinanzierung wie etwa in Großbritannien), die Selbstverwaltung (in die Arbeitnehmervertreter/-innen nach Maßgabe der AK-Wahlen geschickt werden), die Pflichtversicherung (im Gegensatz zur Versicherungspflicht wie etwa in Deutschland) und die geringen Verwaltungskosten nannte Klein als die großen Vorteile der sozialen Krankenversicherung. „Versicherungsschutz vom ersten Tag an, Spitzenmedizin für alle unabhängig vom Einkommen – welche private Versicherung kann das leisten?“, fragte Klein. Die Herausforderungen für die Zukunft sieht der Sozialexperte unter anderem in der Schere zwischen sinkenden Beitragseinnahmen und davoneilenden Kosten: „Die Lösung wäre, die Einnahmen von der Beschäftigung zu entkoppeln – Stichwort Wertschöpfungsabgabe. Das würde die Kosten auf Betriebe mit hoher Automatisierung und wenig Beschäftigten verschieben. „Wichtig wäre auch, die Stellung der Gebietskrankenkassen als Einkäufer von Leistungen der Ärzte gesetzlich zu stärken und mehr in zukünftige Gesundheit zu investieren: „Das rechnet sich später vielfach.“
Bei der Pensionsversicherung sei der Geniestreich im Jahr 1955 gewesen, die Idee einer minimalen Volkspension abzuschmettern und stattdessen mit dem Umlageverfahren eine echte, wertgesicherte Lebensstandardsicherung im Alter zu erreichen. „An allen drei Elementen des ASVG waren Gewerkschafter maßgeblich beteiligt, bei der Pensionsversicherung war es die Kampfkraft der Gewerkschaften, die 2003 den geplanten Kahlschlag der schwarz-blauen Regierung abwenden konnte“, sagte Klein. Unser Pensionssystem sei keinesfalls unfinanzierbar, wie immer wieder behauptet werde: „Die Horrorszenarien, was das Ansteigen des Bundesbeitrags betrifft, lassen immer die sinkenden Beamtenpensionen außer Acht. Es hat auch keinen Sinn, nur die Demographie zu betrachten. Ausschlaggebend ist: Wer bezahlt Beiträge, wer verbraucht Beiträge? Betrachtet man diese ökonomische Abhängigkeitsquote und bezieht man die Beamten in die Prognosen mit ein, sieht die Sache schon ganz anders aus.“ Kleins abschließender Appell: „Lassen wir freche Demagogie nicht siegen, lasst uns das Gesamtkunstwerk ASVG erhalten und weiterentwickeln!“
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer: Unverantwortliche Propaganda durch Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung
Heftige Kritik übt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer bei seiner heutigen Rede zur Vollversammlung der AK Oberösterreich an der unverantwortlichen Standortdebatte, die Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung vom Zaun gebrochen hatten. Damit werden Unternehmen in kollektive Depression gezogen, die Arbeitnehmer/-innen verunsichert und das Sozialsystem untergraben. Von der Landes- und Bundesregierung erwartet sich Kalliauer Antworten auf zentrale Fragen: „Wie können wir die Arbeitslosigkeit eindämmen? Wie erzielen wir Fortschritte bei der Bildung und Kinderbetreuung? Wie schaffen wir, dass Wohnen endlich wieder leistbar wird?“
Besonders besorgt zeigte sich Kalliauer über die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit steigt und steigt und das Arbeitsvolumen sinkt. „Und ich sehe sowohl im Bund als auch im Land kein substantielles Gegensteuern“, sagte der AK-Präsident. Sowohl das Konjunkturpaket des Landes, als auch das Arbeitsmarktpaket des Bundes sind zu zögerlich, um wirklich Arbeitsplätze zu schaffen. „Wesentliche Fragen wie das Bonus-Malus-System oder die sechste Urlaubswoche werden darin nicht oder nur vage behandelt“, sagt Kalliauer.
Der AK-Präsident ortet aber nicht nur ein Versagen der Politik – er ärgert sich vor allem über die Blockadehaltung und die unnötige Propaganda der Wirtschaft. „Im Zuge der längst überfälligen Steuerreform und der Entlastung der Beschäftigten ist die Wirtschaft plötzlich mit einer völlig unverantwortlichen Standortdebatte dahergekommen und hat die alte Leier von der überbordenden Bürokratie oder den hohen Lohnnebenkosten wieder ausgepackt“, so Kalliauer. Damit haben die Interessenvertretungen laut Kalliauer eine kollektive Depression bei den Unternehmen ausgelöst und die Arbeitnehmer/-innen weiter verunsichert.
Auch die andauernden Angriffe auf den Sozialstaat stellen für den AK-Präsidenten eine gefährliche Entwicklung dar. „Die durchschnittliche Mindestsicherung beträgt in Oberösterreich 388 Euro. Die Bezieherinnen und Bezieher müssen oft mit weit weniger als 1000 Euro im Monat auskommen. Umso mehr ist dieser Generalangriff auf die Mindestsicherung absolut unverständlich“, sagt Kalliauer.
Nachbessern will der AK-Präsident im Laufe der Landtagsperiode bei den Anliegen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. „Wir haben frühzeitig unsere Forderungen an die neue Landesregierung formuliert – im Übereinkommen von ÖVP und FPÖ ist davon fast nichts drinnen“, sagt Kalliauer. Er fordert ein wirksames Konjunkturpaket und Verbesserungen bei der Arbeitsmarktstrategie 2020, eine Qualitätsoffensive im Bildungsbereich und den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, die Vollzeitarbeit ermöglichen. Zudem sollen die verschränkten Ganztagsschulen bedingungslos ausgebaut werden.
Beschlüsse über Resolutionen und Anträge
Der AK-Vollversammlung lagen 26 Resolutionen und zwei Anträge zur Beratung und Beschlussfassung vor. Zwei Resolutionen brachten alle in der Vollversammlung vertretenen Gruppierungen gemeinsam ein: die Fraktion Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen (FSG), der Österreichische Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (ÖAAB), die Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA), die Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen (AUGE/UG), der Gewerkschaftlichen Linksblock (GLB) und die Liste Perspektive (LP). Eine Resolution legten FSG, ÖAAB, AUGE/UG, GLB, LP gemeinsam vor, eine weitere FSG, AUGE/UG, GLB und LP gemeinsam. Zusätzliche elf Resolutionen kamen von der FSG, vier vom ÖAAB und drei von der FA. Zwei Resolutionen und einen Antrag brachten die AUGE/UG ein, zwei Resolutionen der GLB und einen Antrag die LP.
Einstimmig angenommen wurden die Resolutionen „Verfallsfristen im Arbeitsrecht durch Gesetz abschaffen“, „20 Jahre ASchG - Arbeitnehmerschutz stärken, nicht aushöhlen“ (beide alle Fraktionen), „Bestbieterprinzip bei der Vergabe öffentlicher Aufträge weiter ausbauen“, „Mindestpflegepersonalschlüssel in Oberösterreich rasch anheben“, „Gleichstellung durch erzwingbare Betriebsvereinbarungen fördern“, „Pflegende wirksam schützen“, „Datenschutz für Beschäftigte erhalten und stärken“, „Mindestlohn und -gehalt flächendeckend auf 1.700 Euro anheben“ und „Entgeltsicherung bei strittigem Betriebsübergang vor Insolvenz reformieren“ (alle FSG).
Mehrheitlich angenommen wurden die Resolutionen „Kostenloses Nachholen des Lehrabschlusses ermöglichen“ (FSG, ÖAAB, AUGE/UG, GLB, LP), „Das ASVG weiterentwickeln – Lücken im Sozialnetz schließen“ (FSG, AUGE/UG, GLB, LP), „AMS-Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik deutlich erhöhen“, „Pflege durch Novelle zum Gesundheits- und Kranken-pflege-Gesetz aufwerten“, „Arbeitslosigkeit bekämpfen“ und „Mietrechtsreform endlich umsetzen“ (alle FSG).
Den zuständigen AK-Ausschüssen sowie dem AK-Vorstand zur Abklärung und weiteren Behandlung zugewiesen wurden die Resolutionen „Anspruch auf Wochengeldbezug ausweiten“, „Agrarmarkt-Control für Bauern, Umwelt und Konsumenten“ (beide ÖAAB), „Gesetzliche Verankerung des 13. und 14. Lohns bzw. Gehalts“, „E-Card mit Foto ausstatten und gegen Missbrauch sichern“, „Rückkehr zur Vernunft und Rechtsstaatlichkeit“ (alle FA), „Notstandshilfe: AMS-Ausbildungsbeihilfen nicht zum Partnereinkommen anrechnen“, „Frauen bei der Notstandshilfe nicht benachteiligen“ (beide AUGE/UG), „Keine Einrichtung von nationalen Wettbewerbsfähigkeitsräten durch die Europäische Union“ und „Lohnnebenkosten sind Lohnbestandteile“ (beide GLB) sowie die Anträge „Novellierung des AK-Gesetzes und der AK-Wahlordnung“ (AUGE/UG) und „Bewältigung des Flüchtlingsstromes in Europa“ (LP).
Mehrheitlich abgelehnt wurden die Resolutionen „Maßnahmenpaket zur längeren Aufrechterhaltung der Arbeitsgesundheit“ und „Sozialpartnerschaft braucht Modernisierungsschub und Neustart“ (beide ÖAAB).
Die Debattenbeiträge bei der AK-Vollversammlung
Zum vierten Mal in dieser Funktionsperiode tagte heute die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich. Zum Referat des Präsidenten, Dr. Johann Kalliauer, sowie zu den eingebrachten Anträgen und Resolutionen gab es eine intensive Debatte. Insgesamt meldeten sich neun Vertreter/-innen der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), sieben des Österreichischen Arbeiternehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes (ÖAAB), vier der Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA), drei der Alternativen und Grünen Gewerkschafter/-innen/Unabhängigen Gewerkschafter/-innen (AUGE/UG) sowie einer des Gewerkschaftlichen Linksblocks (GLB) zu Wort.
Die Diskussion eröffnete Rudolf Kroiß (FA). Er verteidigte das oberösterreichische Koalitionsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ gegen Kritik durch den AK-Präsidenten. Eine gute Arbeitsmarktpolitik bestehe in guten Rahmenbedingungen für Industrie und Gewerbe. Den FSG-Antrag zur Weiterentwicklung des ASVG könne seine Fraktion nicht mittragen, weil er eine neue Steuerreform und eine nicht nachvollziehbare Ausweitung der Witwen-Pension vorsehe. In der Flüchtlingspolitik warf der der Regierung vor, gegen geltendes Recht, wie die die Dublin-Verordnung, zu verstoßen.
Der neue ÖAAB-Obmann Franz Bernroitner sagte, er freue sich auf seine neue Aufgabe und teile alle Positionen, die der Präsident in seinem Bericht bezogen hatte, außer jener zur Kinderbetreuung. Kleine Gemeinden seien nicht in der Lage ein umfassendes Angebot bereitzustellen. Und er betone die Wichtigkeit der Arbeit in den AK-Ausschüssen, in der es gelte, die Anträge der Vollversammlung im Detail zu diskutieren und zu optimieren.
AUGE/UG-Fraktionsvorsitzender Martin Gstöttner bedankte sich ausdrücklich bei der scheidenden Vizepräsidentin Christine Lengauer für ihre tolle Arbeit und hieß alle nachrückenden AK-Funktionäre willkommen. Den FSG-Antrag für einen KV-Mindestlohn von 1.700 Euro begrüßte er, betonte aber die Notwendigkeit, über höhere Mindestlöhne für die Arbeitnehmer/-innen ohne Kollektivvertrag nachzudenken. Den FA-Antrag, der eine strikte Einhaltung der Dublin-Regeln für Flüchtlinge fordert, lehne er ab, weil Zäune und Mauern wie im kalten Krieg der falsche Weg seien.
Thomas Erlach (GLB) betonte, dass seine Fraktion die Sozialpartnerschaft für kein sinnvolles Modell halte. Aus seiner Sicht sei die Sozialpartnerschaft gestorben, sie gehöre beerdigt. Er rufe auf, auf die Straße zu gehen und für Arbeitnehmeranliegen zu kämpfen. Das sei die einzige Sprache, die die Wirtschaft verstehe.
Andreas Stangl (FSG) ging ebenfalls auf das oberösterreichische Regierungsübereinkommen ein. Er habe sich die Mühe gemacht, das Papier nach dem Wort „Arbeitnehmer“ zu durchsuchen und sei nur in einer einzigen Erwähnung fündig geworden. Die Worte „Brauchtum“ und „Tradition“ kämen viel öfter vor. Das sei kein Programm für die Zukunft. Das sei ein Programm der Vergangenheit.
Beatrix Soder (FSG) unterstrich die Forderung ihrer Fraktion nach einer Erhöhung des AMS-Budgets für aktive Arbeitsmarktpolitik. Sie forderte mehr Möglichkeiten für arbeitslose Menschen zur Aus- und Weiterbildung. Denn jeder von uns habe eine zweite Chance verdient, doch nicht jeder könne sich eine teure Umschulung leisten. Das AMS müsse dies ermöglichen.
Patrick Holländer (FA) forderte die Vollversammlungsmitglieder auf, gemeinsam für die gesetzliche Verankerung des 13. und 14. Lohns bzw. Gehalts einzutreten. Urlaubs- und Weihnachtsgeld müssten Jahr für Jahr hart von den Gewerkschaften in den KV-Verhandlungen erstritten werden. Würden der 13. und 14. Gehalt gesetzlich festgeschrieben, hätten alle Arbeitnehmer/-innen automatisch Anspruch auf diese wichtigen Entgelte und die Gewerkschaften könnten sich in den KV-Verhandlungen auf andere, derzeit brennende Themen konzentrieren.
Der FA-Fraktionsvorsitzende Gerhard Knoll sprach von der Notwendigkeit, die E-Card mit einem Foto auszustatten. Die einmaligen Aufwendungen dafür würden sich langfristig rechnen, weil die Kosten für derzeit betriebenen Missbrauch höher seien. Kritisch äußerte er sich gegenüber der Resolution der anderen Fraktionen, kostenlos den Lehrabschluss nachzuholen. Ein Selbstbehalt sei durchaus angebracht, so hätten die Teilnehmer/-innen mehr Ansporn, die Ausbildung abzuschließen. Auch dem Vorschlag der FSG, eine Akademisierung der Pflegeausbildung einzuführen, erteilte er eine Absage.
Birgit Berndl (ÖAAB) bat die Kammerräte/-innen um Unterstützung bei der ÖAAB-Resolution, den Anspruch auf Wochengeld auszuweiten. Derzeit würden viele Frauen mit der Kindergeldbezugsvariante „12+2“ bzw. Bezieherinnen des einkommensabhängigen Kindergelds kein Wochengeld erhalten – nämlich dann nicht, wenn eine erneute Schwangerschaft während der gesetzlichen Karenz eintritt, die Dauer des Kindergeldbezugs aber schon erschöpft ist. Es handle sich dabei um eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung, der man gesetzlich gegensteuern müsse.
Alois Silmbroth (ÖAAB) sprach sich gegen Fotos auf der E-Card aus. Das bringe nicht viel, koste nur viel Geld und zudem müsse die Karte ständig erneuert werden. Außerdem meinte er, dass wir als Konsumenten nicht zuschauen könnten, wie die Landwirtschaft ausgehungert wird und dadurch Arbeitsplätze verloren gehen.
Vizepräsident Helmut Feilmair (ÖAAB) appellierte, die Sozialpartnerschaft wieder zu dem zu machen, was sie einmal war. Sie dürfe keinesfalls durch Kleinkariertheit und Schuldzuweisungen gefährdet werden. Gerade schwierige Zeiten wie die jetzigen erforderten eine Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg. Er würde auch den Sozialpartnern empfehlen, nicht für jede Errungenschaft des anderen einen Abtausch einzufordern. Der ÖAAB bekenne sich überdies dazu, dass der Sonntag keinesfalls zu einem Arbeitstag werden dürfe.
Andreas Osterkorn (FSG) schilderte Probleme von Beschäftigten in privaten Busunternehmen. Unter anderem sei die Überprüfung des Arbeitsplatzes nach den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes – in diesem Fall des Busses – schwierig. Auch würden Beschäftigte, die ihren Arbeitgeber wechseln müssen, weil ein anderer Betrieb die öffentliche Ausschreibung einer Linie „gewonnen“ hat, um Leistungen umfallen – etwa um Jubiläumsprämien oder Vorrückungen.
Albert Maringer (FSG) erteilte der FA-Forderung, die E-Card mit Foto auszustatten, eine klare Absage. Schließlich seien alleine in Oberösterreich 1,4 Millionen E-Cards im Umlauf, vom Säugling bis zum Greis. Die Freiheitlichen würden mit unseriösen Zahlen operieren: Wenn in Wien von einem Schaden durch E-Card-Missbrauch von 1,2 Millionen Euro die Rede sei, so beziehe sich diese Zahl auf zwei Jahre bei einem jährlichen Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden. Er wolle keinen unnötigen Aufwand in der Verwaltung für eine Maßnahme, die nicht umsetzbar sei und auch nichts bringen würde, so Maringer.
Walter Haberl (FSG) kritisierte die FA-Resolution „Rückkehr zu Vernunft und Rechtsstaatlichkeit“. Man könne nicht auf der einen Seite die EU ständig kritisieren und auf der anderen Seite die Einhaltung von überholten EU-Rechtsvorschriften einfordern. Zur FSG-Resolution „AMS-Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik deutlich erhöhen“ führte Haberl aus, immer mehr Geld, das eigentlich den Versicherten zustehe, wandere zu den Betrieben. Wenn hier kein Einlenken signalisiert werde, werde man dem AMS-Budget wieder nicht zustimmen.
Johann Linsmaier (AUGE/UG) bekräftigte die Kritik am Umgang mit den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung. Er warb für die Zustimmung zur Resolution „Frauen bei der Notstandshilfe nicht benachteiligen“ der AUGE/UG. Am besten, so Linsmaier wäre es sowieso, die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe ersatzlos zu streichen.
Branko Novakovic (FSG) erläuterte, wie die Pflege aufgewertet werden müsse und sprach sich gegen massive Einsparungen beim Personal aus. Der schleichende Übergang von bestimmten Tätigkeiten von den Ärzten zu den diplomierten Krankenpflegern sei ein Problem. Es brauche jedenfalls eine gesetzliche Regelung zur Delegierung von Aufgaben und eine Anerkennung von Praxiserfahrungen.
Hermann Linkeseder (ÖAAB) hält eine Verkürzung der Ausbildung in der Pflege für fragwürdig. Das wäre, als würde die HTL plötzlich auf zwei oder drei Jahre verkürzt werden. Der Entwurf für das neue Gesetz sei daher eine Mogelpackung, in der nicht viel drin sei. Letztlich würden dadurch „downgegradete Schmalspurschwestern“ produziert und auf die Patienten losgelassen. Die traditionell hohen Vertrauenswerte der Diplomkrankenschwestern würden mit Sicherheit darunter leiden.
Martha Fleschurz (FSG) nahm ebenfalls zur Personalsituation in der Pflege Stellung. In der Praxis werde es auf den Stationen wohl kaum die ideale Situation mit Diplomkräften, Assistenten und Pflegehelferinnen geben. Darum müsse die einjährige Ausbildung für Pflegehelferinnen weg und die Akademisierung der Pflegeausbildung her. Denn Österreich sei eines von nur zwei Ländern, in dem es keine Akademisierung gibt.
Karl Kapplmüller (ÖAAB) betonte, er halte die Resolution für mehr Datenschutz in der Arbeitswelt für ganz wichtig. Die große Herausforderung sei das Handy als ständiger Begleiter. Das ermögliche vielfältige Kontrollen. Die Forderung nach einem KV-Mindestlohn von 1.700 Euro halte er für berechtigt, weise aber darauf hin, dass sehr viele Arbeitnehmer weit davon entfernt seien. Ohne gesetzliche Regelung werde es vermutlich nicht gehen.
Gerhard Dober (AUGE/UG) dankte dem Präsidenten für seine klaren Worte für Menschlichkeit in der Flüchtlingsdebatte. Hauptauslöser fast aller Probleme sei die Verteilungsungerechtigkeit, die es entschieden zu bekämpfen gelte. Die Resolution des ÖAAB zur Landwirtschaft halte er für legitim, weil ein Umdenken in der Landwirtschaft auch für Arbeitnehmer wichtig sei. Er regte an, bei AK-Buffets auf Bio zu setzen und so die regionale Landwirtschaft zu unterstützen.
Sonja Reitinger (FSG) verteidigte massiv die Forderung nach einer Akademisierung der Pflege. Österreich sei hier Schlusslicht in Europa, was auch die Arbeitnehmerfreizügigkeit behindere. Nicht alles am neuen Pflegegesetz sei gut, es fehlten zum Beispiel verpflichtende Sonderausbildungen. Zu den Flüchtlingen meinte sie, diese dürften nicht nur als Kostenfaktor gesehen werden, sondern brächten auch Wertschöpfung und zusätzliche Jobs.
Sabine Weichenberger (FA) betont die Dringlichkeit der Resolution ihrer Fraktion „Gesetzliche Verankerung des 13. und 14. Lohns bzw. Gehalts“. Nach wie vor gebe es Arbeitnehmer/-innen, die in Jobs ohne Kollektivvertrag arbeiten – diese seien vom Gutdünken des Arbeitgebers abhängig, ob sie 13. und 14. Monatslohn oder –gehalt bekommen. Sie ersucht, die Resolution zu unterstützen.
Thomas Erlach (GLB) nahm Stellung zur Resolution der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter/-innen „Arbeitslosigkeit bekämpfen“ und hielt fest: Was wir bräuchten, sind Arbeitsplätze und auf keinen Fall eine Verschlechterung der Zumutbarkeitsbestimmungen.
Franz Bernroitner (ÖAAB) fand, dass heute sehr gute Resolutionen und Anträge eingebracht worden seien - darunter vier gemeinsame Resolutionen. Das zeige, dass es unter den einzelnen Fraktionen eine gute Zusammenarbeit gebe mit Ernsthaftigkeit und Einigkeit. Er betonte weiters, dass er die Forderung der FSG zum Thema Bestbieterprinzip unterstütze. Sie sei längst überfällig.
Rudolf Bachmaier (FA) fand Lob für die Herangehensweise der Arbeiterkammer an ihre Bauprojekte. Diese seien äußerst vorbildlich und professionell, das Geld der AK-Mitglieder werde sehr gut angelegt. Er kündigte an, mit Anfang Februar seinen Vorsitz in der Fraktion anzugeben und appellierte an die Vollversammlung in seinen Abschlussworten, die AK möge sich um jene beruflichen Randgruppen besonders gut kümmern, die von Kollektivverträgen ausgeschlossen sind und in deren Betrieben es keine Betriebsräte gibt.
Andreas Stangl (FSG) plädierte einmal mehr für die Abschaffung der Verfallsfristen im Arbeitsrecht. Auch das kostenlose Nachholen von Lehrabschlüssen sei insbesondere ob der Behauptung der Wirtschaftsseite, es gebe einen Fachkräftemangel, nötig. Er bat um Zustimmung zur Resolution, das Bestbieterprinzip bei der Vergabe öffentlicher Aufträge weiter auszubauen. Es sei ein Skandal, dass mit Steuergeldern von Politikern/-innen Aufträge an Billigstbieter vergeben werden.
AK-Präsident Johann Kalliauer (FSG) schloss die Debatten mit einem klaren Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft. Diese gehöre nicht auf den Müll der Geschichte, der Kampf um sie sei wichtig. Jedoch sollten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und deren Vertretungen nicht davor zurückscheuen, Konflikte öffentlich auszutragen, wenn es um die Rechte der Beschäftigten geht. Dann sei es auch gut und legitim, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren – ohne in die Kategorie der Pflastersteinwerfer eingeordnet zu werden.
AK-Vollversammlung beschließt Budget für 2016: Fast 40 Prozent für den kostenlosen Rechtsschutz
Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich hat heute den Budgetvoranschlag für das Jahr 2016 in Höhe von 81 Millionen Euro einstimmig angenommen. Fast 40 Prozent der verfügbaren Mittel verwendet die AK für den Rechtsschutz ihrer Mitglieder. „Wegen der großen Nachfrage wird die Beratung weiter ausgebaut. Wir wollen noch kundenorientierter werden und unsere Angebote ständig an die Bedürfnisse unserer Mitglieder anpassen“, sagt AK-Direktor Dr. Josef Moser, MBA.
Die Einnahmen der Arbeiterkammer Oberösterreich kommen fast zur Gänze aus den Beiträgen ihrer Mitglieder. Wie schon in den Jahren zuvor wird auch 2016 wieder die arbeits- und sozialrechtliche Beratung und Vertretung der AK-Mitglieder im Mittelpunkt stehen. „Für die wachsende Nachfrage sind 31,7 Millionen Euro vorgesehen, also rund zwei Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Im Gesamtbudget werden die Kosten für den Rechtsschutz fast 40 Prozent betragen“, stellt Moser fest.
Der AK-Direktor verweist auf die hervorragende Beurteilung des AK-Beratungsangebotes: „Weit mehr als 90 Prozent der Mitglieder, die mit uns Kontakt hatten, waren zufrieden oder sehr zufrieden. Das zeigen regelmäßige Umfragen. Wir versuchen aber, noch besser zu werden.“
Auch die übrigen AK-Leistungen werden ausreichend dotiert. Für Bildung, Kultur und Jugend sieht die AK Oberösterreich 2016 insgesamt 16,7 Millionen Euro vor. Damit kann das hohe Niveau der Angebote gehalten werden: „Das reicht von der finanziellen Förderung beruflicher Weiterbildung über die Dialog-Workshops und Berufsschulvorträge, an denen jährlich rund 20.000 Jugendliche teilnehmen, bis hin zur Bildungsberatung“, informiert der AK-Direktor.
Für den Konsumentenschutz sowie für wirtschaftspolitische und wissenschaftliche Expertisen wird die AK Oberösterreich im nächsten Jahr rund 9,5 Millionen Euro ausgeben.
„Die Beiträge unserer Mitglieder sind gut angelegt“, stellt AK-Direktor Moser fest. „Allein im Arbeits- und Sozialrecht erkämpfen wir Jahr für Jahr mehr, als unser Gesamtbudget ausmacht. Werden alle Leistungen der AK Oberösterreich in Geld bewertet, fließt die von den Mitgliedern geleistete Kammerumlage in etwa dreifacher Höhe wieder an sie zurück.“
Bericht als Zusammenfassung der Aussendungen der AK-Kommunikation.