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AK-Vollversammlung 15.11.2016: Bericht der AK-Kommunikation

  • Dienstag, 15. November 2016 @ 18:04
OÖ Wirtschaftsexperte Marterbauer bei AK-Vollversammlung: „Miesmacherei ist gefährlich, Österreich ist EU-Spitze“

„EU-Spitze oder abgesandelt?“ lautete der Titel des Gastreferats bei der Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich. Für Dr. Markus Marterbauer, Leiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der AK Wien, ist die Antwort klar: „Das Lamentieren der Unternehmerverbände und einzelner Unternehmer ist nicht nur kontraproduktiv, sondern auch gefährlich. Österreich steht im EU-Vergleich gut da.“ Hinter der Miesmacherei stecke eine politische Strategie. „Für einen Abbau des Sozialstaats stehen wir nicht zur Verfügung“, betonte der ehemalige Mitarbeiter des Wirtschaftsforschungsinstituts. Die Fakten stünden im krassen Gegensatz zur schlechten Stimmung, so Marterbauer: „Da besteht die Gefahr einer selbsterfüllenden Prophezeiung, wenn wir nicht gegensteuern.“ Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt Österreich derzeit an vierter Stelle in der Europäischen Union: „Vor uns liegen nur Luxemburg, Irland und die Niederlande. Und da kann man sich schon fragen, ob alle diese Staaten das gesamte BIP mit redlichen Mitteln erwirtschaftet haben.“ Auch bei anderen Parametern für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes – etwa beim Index der Industrieproduktion oder bei der Exportquote – habe sich Österreich zuletzt enorm verbessert.

Bei den Konsumausgaben der privaten Haushalte allerdings hat es zwischen 2012 und 2015 kein Wachstum gegeben. Dass die deutsche Wirtschaft seit 2014 stärker wächst als die österreichische, habe viel mit den Konsumausgaben zu tun: „Da hat der 2015 eingeführte Mindestlohn viel gebracht.“ In Österreich seien zwar die Einkommen der Vollzeit-Beschäftigten real gestiegen, besorgniserregend sei aber die Zunahme der prekären Beschäftigung. Positiv zu sehen sei der merkliche Rückgang der Sparquote in den österreichischen Haushalten: „Das zeigt, dass das Vertrauen in den Sozialstaat nach wie vor sehr hoch ist.“ Wichtig sei vor allem ein Steigen der Mindestlöhne: „Beim unteren Einkommensdrittel wandern 80 Prozent der zusätzlichen Einkünfte sofort in den Konsum.“ Durch die Steuerreform würden heuer die Konsumausgaben wieder steigen. Das Klagen vieler Unternehmer, dass die Rahmenbedingungen in Österreich so schlecht seien, sei jedenfalls unangebracht, sagte Marterbauer: „Es wird von den Gewinnen zuviel ausgeschüttet und zuwenig investiert. Da verschwindet dann viel Geld auf den Finanzmärkten, das schafft keine zusätzlichen Arbeitsplätze.“

Natürlich könne man den Unternehmern nicht Optimismus verordnen, räumte der Wirtschaftsexperte ein. Hier könne und müsse der öffentliche Sektor als Impulsgeber einspringen.

Vorsicht sei geboten, wenn Deutschland als Vorbild hingestellt werde: Die Beschäftigung ist in Österreich bis 2008 stärker gewachsen als in Deutschland, seither etwa gleich stark. Warum ist dann die Arbeitslosigkeit in Deutschland gesunken? „Das hat mit den umstrittenen Reformen wie Hartz IV nichts zu tun“, räumte Marterbauer mit einem gerne verbreiteten Mythos auf, „sondern eher damit, dass die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in Deutschland um vier Prozent gesunken ist, während sie in Österreich um drei Prozent gewachsen ist.“

Die Trendwende, meinte Marterbauer, stünde knapp bevor: „Mehr Nachfrage, Investitionen, Qualifizierung, innovative Formen der Arbeitszeitverkürzung, Wertschöpfungsabgabe – das sind die Schlüsselworte für die Zukunft.“ Mit der Miesmacherei müsse endlich Schluss sein: „Ärmel aufkrempeln statt jammern, heißt die Devise!“

AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer: Industrielle bereiten mit ihrem Gejammere den Boden für Sozialabbau auf

Bei seiner heutigen Rede zur Vollversammlung der AK Oberösterreich unterstrich AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer die herausragenden Leistungen, die die oberösterreichischen Arbeitnehmer/-innen erbringen. Dennoch sehe man am Beispiel Steyrermühl, wie wenig Wertschätzung manche Unternehmen ihren Mitarbeitern/-innen entgegenbringen. „Und darüber hinaus gibt es sogar eine kleine, aber hartnäckige Gruppe von Betrieben, die sich an gar keine Spielregeln hält“, sagt der AK-Präsident.

Die oberösterreichischen Beschäftigten haben im Vorjahr rund 980 Millionen Arbeitsstunden geleistet. Davon waren 37,6 Millionen Überstunden – 20 Prozent davon blieben unbezahlt. Das entspricht einem Wert von rund 165 Millionen Euro, die sich Unternehmen auf rechtswidrige Weise gespart haben.

Auch bei den Steuern leisten die Arbeitnehmer/-innen mehr als ihre Arbeitgeber: Während die Summe der Lohnsteuer und Abgaben in Oberösterreich im Jahr 2014 rund 6,7 Milliarden Euro betrug, zahlten die Unternehmen im gleichen Zeitraum in ganz Österreich 6,8 Milliarden an Körperschaftssteuer. „Zudem schulden die Unternehmen dem Staat noch 7,5 Milliarden an nicht geleisteten Steuern“, sagt AK-Präsident Kalliauer. „Darum ist es nicht verwunderlich, wenn viele das Gefühl haben, die Großen können es sich richten und den Beschäftigten bleibt immer weniger.“

Gleichzeitig propagieren führende Unternehmer und Wirtschaftsvertreter tagtäglich, wie schlecht es dem „Standort“ gehe. Und diese Jammerei von Pierer, Kapsch & Co. trägt Früchte: Der Österreichische Arbeitsklima Index zeigt, dass sich der Optimismus der oberösterreichischen Beschäftigten für die wirtschaftliche Zukunft des Landes im dramatischen Sinkflug befindet. Er ist innerhalb von zwei Jahren von 87 auf 52 Prozent hinunter gerasselt. Stabil und auf hohem Niveau ist hingegen die Einschätzung der Situation im eigenen Betrieb.

„Das ist eine gefährliche Entwicklung, die weit über interessenpolitische Gegensätze hinausgeht. Mit diesem Gejammere soll der Boden aufbereitet werden für Sozialabbau, wie etwa Verschlechterungen im Pensionssystem – das sind die wahren Absichten der Industriellen“, erklärt Kalliauer. „Wenn der Standort wirklich so schlecht ist, wie etwa Pierer immer behauptet, warum macht sein Unternehmen dann permanent Gewinne? Warum investiert er dann im Innviertel? Dieser Widerspruch macht klar, worum es ihm wirklich geht.“

Zur Sprache brachte der AK-Präsident auch die Vorgänge bei der Papierfabrik Steyrermühl. Der Mutterkonzern UPM und auch das Werk in Steyrermühl haben im Vorjahr einen ordentlichen Gewinn erwirtschaftet. Im Jahr 2015 wurden pro Beschäftigtem rund 2.300 Euro in Sachanlagen investiert. Gleichzeitig wurden mehr als 68.000 Euro pro Mitarbeiter/-in an die Eigentümer ausgeschüttet.

„Daran sieht man, welchen Wert Arbeitsplätze und Menschen in Relation zu den Interessen der Aktionäre haben“, kritisiert Kalliauer und verweist gleichzeitig auf jene Firmen, die sich an gar keine Spielregeln halten: „Es gibt eine kleine, aber hartnäckige Gruppe, die sich an gar nichts hält – die haben wir heuer wieder im Schwarzbuch Arbeitswelt beim Namen genannt“, sagt Kalliauer.

Die Debattenbeiträge bei der AK-Vollversammlung

Zum sechsten Mal in dieser Funktionsperiode tagte heute die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich. Zum Referat des Präsidenten, Johann Kalliauer, sowie zu den eingebrachten Anträgen und Resolutionen gab es eine intensive Debatte. Insgesamt meldeten sich zehn Vertreter/-innen der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), je zwei der Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) und des Österreichischen Arbeiternehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes (ÖAAB), sowie jeweils einer der Alternativen und Grünen Gewerkschafter/-innen/Unabhängigen Gewerkschafter/-innen (AUGE/UG) und des Gewerkschaftlichen Linksblocks (GLB) zu Wort.

FSG-Fraktionsvorsitzender Andreas Stangl eröffnete die Debatte und bedankte sich bei allen Fraktionsvorsitzenden für die konstruktive Zusammenarbeit. Insbesondere die gemeinsame Resolution „Kein Zurückdrängen von Kollektivverträgen“ sei in der heutigen Zeit wichtig, um Arbeitnehmer/-innen vor niedriger Entlohnung und ungesunden Arbeitsbedingungen – wie überlange Arbeitszeiten – zu schützen. In Richtung ÖAAB richtete er den Appell, in der ÖVP wieder mehr Arbeitnehmerpositionen einzubringen. Die Forderungen der Partei und des ÖAAB seien bei Arbeitnehmerthemen häufig gegensätzlich.

Thomas Erlach (GLB) sprach sich für einen Flexibilisierungs- und Prekarisierungsstopp aus. Die Wirtschaft solle den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Die Leistungen der Arbeitnehmer/-innen dürften nicht als selbstverständlich hingenommen werden. 37 Millionen geleistete Überstunden in Oberösterreich würden zeigen, dass das Potenzial für eine Arbeitszeitverkürzung vorhanden sei. Das Arbeitszeitgesetz solle verbessert werden – unter anderem solle es keine 12-Stunden-Dienste und keine Gesetzesausnahmen mehr geben.

Albert Maringer (FSG) betonte die Wichtigkeit der Sicherstellung der Versorgung schwer Brandverletzter im UKH Linz. Die Behandlung gebe es sonst in keinem Krankenhaus in Oberösterreich, auch in Salzburg nicht. Die geplante Schließung sei ein massiver Eingriff in die Gesundheitsversorgung der Arbeitnehmer/-innen. Alleine in Oberösterreich würden 50.000 Beschäftigte in der Schwerindustrie arbeiten, in der schwere Unfälle passieren könnten.

Walter Haberl (FSG) begründete, warum er gegen den Antrag der Freiheitlichen Arbeitnehmer sei, der höhere Zuschläge für Überstundenleistende fordert. Das Anliegen den Arbeitnehmern mehr Geld zukommen zu lassen sei zwar ehrenhaft. Angesichts von bereits jetzt geleisteten 253 Millionen Überstunden von denen jede fünfte weder in Geld noch in Zeit abgegolten werde, müsse es darum gehen, Überstunden deutlich zu reduzieren, statt sie attraktiver zu machen.

Karl Kapplmüller (ÖAAB) sprach sich für seine Fraktion klar für einheitliche Branchenkollektivverträge und gegen eine Verlagerung von Verhandlungen auf die Betriebsebene aus. Auch 12-Stunden-Arbeitstage lehne er entschieden ab. Es gebe schon jetzt genug Möglichkeiten für flexibles Arbeiten, die von den Unternehmen gar nichts genutzt werden. Um die Finanzierung des Sozialstaates zu sichern, sei er auch für die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe.

Beatrix Soder (FSG) bezeichnete Unterstellungen, Arbeitslose würden „sich bei Bewerbungen“ nur einen „Stempel abholen“, statt ernsthaft Arbeit zu suchen, als menschenverachtend. Viele Ältere und hier vor allem Frauen bekämen kaum mehr eine Chance und würden bei Bewerbungen verächtlich behandelt. Jenen, die für eine Kürzung der Mindestsicherung sind, hielt sie entgegen, dass sich Betroffene entblößen mussten um überhaupt Mindestsicherung zu bekommen und dass man davon schon jetzt kaum leben könne.

Martina Kronsteiner (FSG) informierte als Betriebsratsvorsitzende des UKH Linz über die bevorstehende Schließung der Verbrennungsabteilung. Die AUVA führe diese Schließung aus rein finanziellen Gründen durch. Denn eine von der AUVA selbst in Auftrag gegebene Studie habe bestätigt, dass ein Verbrennungszentrum in Nordösterreich sinnvoll sei. Künftig müsse man schwer Brandverletzte aber nach Wien oder Graz fliegen. Diese fahrlässige Verschlechterung habe auch der Landeshauptmann als Gesundheitsreferent mitzuverantworten, weil er einen Landesbeitrag von vier Millionen Euro verweigert habe.

Gerhard Knoll (FA) erzählte, dass bei der Behandlung von FA-Anträgen im zuständigen AK-Ausschuss FSG-Vertreter gefragt hätten, warum denn beispielsweise die Sicherung des Bargeldes als Zahlungsmittel eine Arbeitnehmerfrage sei. Er wolle jetzt wissen, warum etwa die Verbrennungsabteilung im UKH oder die Transparenz bei Unternehmensförderungen Arbeitnehmerfragen seien. Die sozialdemokratischen Gewerkschafter sollten die sechste Urlaubswoche für alle, die 25 oder mehr Jahre beschäftigt sind, nicht nur fordern, sondern endlich umsetzen. Der Bildungsbonus der AK müsse verdoppelt werden.

Martha Fleschurz (FSG) antwortete auf die Kritik ihres Vorredners: Knoll vertrete Positionen der Wirtschaftskammer. Die Schließung einer modernen Verbrennungsabteilung wegen vier Millionen Euro sei untragbar. Neben Brandunfällen am Arbeitsplatz würden dort bisher auch Freizeitunfälle, auch von Kindern, behandelt. Die Verlegung in eine hunderte Kilometer entfernte Stadt bedeute für schwer Brandverletzte eine große Belastung. Es passe einfach nicht zusammen, dass der Landeshauptmann sowohl Gesundheits- als auch Finanzreferent sei: Dadurch würden gesundheitspolitische Erfordernisse dem Spargedanken geopfert.

Martin Gstöttner (AUGE /UG) nahm Bezug auf die von allen Fraktionen eingebrachte Resolution mit dem Titel „Sozialstaat und Binnennachfrage stärken – unsinnige Standortdebatte beenden!“. Er bedankte sich sehr herzlich bei allen Fraktionen, dass sie diese Resolution unterstützen. Es freue ihn, dass sich in dieser Frage alle gemeinsam gefunden haben. Damit würden sie zeigen, dass die Würde und die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unantastbar seien.

Martina Blutsch (FSG) betonte mit Nachdruck, dass ihre Kolleginnen und Kollegen in der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse hervorragende Arbeit leisten würden. Die Beschäftigten würden tagtäglich mit großem Engagement für die Versorgung der Versicherten arbeiten und so die soziale Sicherheit in Österreich sicherstellen. Angriffe von Arbeitnehmer-Vertretern/-innen aus der Fraktion der Freiheitlichen Arbeitnehmer auf die Beschäftigten in der GKK finde sie daher unerträglich.

Thomas Erlach (GLB) nahm Bezug auf das Thema Arbeitslosigkeit. Wie mit Menschen ohne Arbeit umgegangen wird, sei menschenunwürdig. Weiters gäbe es im Verhältnis zu Arbeitssuchenden zu wenig freien Stellen. Auch würden ihm Qualitätskriterien für offene Stellen fehlen. Schließlich sei es nicht die Schuld der Arbeitslosen, wenn Stellen offen bleiben. Erlach forderte auch eine bessere Mindestsicherung, um Menschen zu stärken, die ihre Arbeit verlieren.

Branko Novakovic (FSG) kündigte an, dass das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz große Veränderung im Pflegeberuf bringen werde. Es werden massenhaft Aufgaben von oben nach unten verlagert. Zur FA-Resolution „Steuervorteile bei Überstundenzuschlägen erhöhen“ erklärte „in aller Deutlichkeit“, dass die Beschäftigten in der Pflege grundsätzlich keine zusätzlichen Überstunden machen wollten und diese auch gar nicht mehr bewältigen könnten.

Beatrix Pröll (FSG) wies darauf hin, dass die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger in Deutschland das System teurer und ineffizienter gemacht habe. Sie verwahrte sich dagegen, dass Funktionäre und Bedienstete der Sozialversicherungen in der FA-Resolution „Zusammenlegung der österreichischen Sozialversicherungsträger“ pauschal diffamiert werden.

FA-Fraktionsvorsitzender Rudolf Kroiß warnte davor, in Österreich ähnliche Zustände zuzulassen wie in der deutschen Sozialversicherung. Es sei auch an der Zeit, die sechste Urlaubswoche nicht nur laufend zu fordern, sondern endlich im Parlament umzusetzen. Zur Einstellung der Brandopferbehandlung im UKH sagte Kroiß, er sei im Interesse der Verletzten für eine große österreichweite Lösung. Und er meinte, es sei teilweise gegen die Wünsche der Arbeitnehmer, flexible Arbeitszeiten abzulehnen.

Franz Bernroitner (ÖAAB) erklärte, der ÖAAB sei die soziale Kompetenz der ÖVP. Die Ausführungen von Präsident Kalliauer seien voll zu unterstützen. Die Freiheitlichen Arbeitnehmer befänden sich offenbar voll im Wahlkampf. Zur ihrer Forderung nach Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger meinte er mit einem Augenzwinkern: „Gern, aber nur wenn die Zentralisierung in meinem Heimatort Roßbach stattfindet.“

Reinhard Streinz (FSG) sagte zur Resolution 3 der FSG „Recht statt Gnade“, seine Erfahrung bei KV-Verhandlungen habe gezeigt, dass alles was nicht gesetzlich geregelt ist, auf betrieblicher Ebene oft schwer durchzusetzen ist. Rechtsansprüche auf Papamonat, Bildungskarenz und Altersteilzeit seien daher sehr wichtig.

Albert Maringer (FSG) ging auf die Aussagen von Gerhard Knoll im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger ein: 98 Prozent der Leistungen der Gebietskrankenkassen in Österreich seien harmonisiert, effiziente Strukturen gebe es bereits. Die Beschäftigten der GKK bekämen von den Versicherten regelmäßig Bestnoten. Hier von „Versorgungsposten“ zu reden, sei einem Arbeitnehmerparlament nicht angemessen.

Fraktionsvorsitzender Andreas Stangl (FSG) nahm Stellung zu den Debattenbeiträgen der Vorredner/-innen von ÖAAB und FA. Er verstehe nicht, warum die Freiheitlichen Arbeitnehmer behaupten, die Versorgung schwer verletzter Brandopfer oder das Thema Bildung seien keine Themen der Arbeiterkammer. Bildung werde immer noch stark vererbt und das benachteilige vor allem die Kinder von Arbeitnehmern/-innen. Abschließend erklärte Stangl das Abstimmungsverhalten der FSG bei den Anträgen und Resolutionen der anderen Fraktionen.

Als Letzter meldete sich AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer (FSG) zu Wort. Auch er begründete die Relevanz der Versorgung von Brandopfern: Die Unternehmen zahlten Unfallversicherung, im Gegenzug seien sie von der Haftung für Arbeitsunfälle befreit. Auch wenn sie ihre Versicherungsbeiträge senken wollten, müsse das Leistungsspektrum zur Absicherung der Beschäftigten erhalten bleiben. Zudem kritisierte Kalliauer unterschiedliche lange Wartezeiten bei Fachärzten: Wenn manche Patienten/-innen nach zwei Wochen einen Augenarzttermin bekämen und andere erst nach vier Monaten, dann liege das nicht in der Verantwortung der Gebietskrankenkasse, sondern in der Verantwortung der Ärzte.

Beschlüsse über Resolutionen und Anträge

Der AK-Vollversammlung lagen 27 Resolutionen und zwei Anträge zur Beratung und Beschlussfassung vor – eingebracht von allen in der Vollversammlung vertretenen Gruppierungen: der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), dem Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (ÖAAB), den Freiheitlichen Arbeitnehmern (FA), den Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen (AUGE/UG), dem Gewerkschaftlichen Linksblock (GLB) und der Liste Perspektive (LP). Zwei Resolutionen stellten alle Gruppierungen gemeinsam, eine Resolution brachte FSG, FA, AUGE/UG, GLB und LP gemeinsam ein. Darüber hinaus legten die FSG elf, der ÖAAB und die FA je vier, die AUGE/UG drei und der GLB zwei Resolutionen vor. Zusätzlich kam vom ÖAAB und von der LP je ein Antrag.

Einstimmig angenommen wurden die Resolutionen „Sozialstaat und Binnennachfrage stärken – unsinnige Standortdebatte beenden!“ (FSG, FA, AUGE/UG, GLB, LP), „Kein Zurückdrängen von Kollektivverträgen“, „Konsumenten bei Umzug ein außerordentliches Kündigungsrecht einräumen“ (beide FSG, ÖAAB, FA, AUGE/UG, GLB, LP), „Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht stoppen“, „Arbeitsbedingte Krebserkrankungen durch zeitgemäßen Gesundheitsschutz verhindern und Leben retten“ (alle FSG) sowie „Schluss mit Steuerschonkonstruktionen“ (ÖAAB).

Mehrheitlich angenommen wurden die Resolutionen „Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik stärken“, „Recht statt Gnade – Rechtsansprüche auf Bildungskarenz, Altersteilzeit und Papamonat schaffen“, „Sechste Urlaubswoche für alle“, „Diskriminierung beim Berufsschutz für Menschen, die im zweiten Bildungsweg eine Ausbildung gemacht haben, beseitigen“, „Versorgung schwerverletzter Brandopfer im UKH Linz sicherstellen“, „Aufträge im öffentlichen Verkehr fair vergeben“, „Das Tarifsystem des OÖ Verkehrsverbundes überarbeiten“, „Mittelzuteilung für Schulen an Chancenindex binden“, „Wohnbeihilfe endlich anpassen und Verschlechterungen zurücknehmen“ (alle FSG) sowie „Monats- und Jahreskarten auch für Teilzeitbeschäftigte“ (ÖAAB).

Zuständigen AK-Ausschüssen und dem AK-Vorstand zur Abklärung und weiteren Behandlung zugewiesen wurden die Resolutionen „Kinder bei der Wohnbauförderung stärker berücksichtigen“, „Optimierungen im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz gefordert“ (beide ÖAAB), „Arbeitsrechtliche Angleichung der Arbeiter an die Angestellten mit dem Ziel einer einheitlichen Bezeichnung: Arbeitnehmer“, „Arbeitnehmer entlasten - Steuervorteil bei Überstundenzuschlägen erhöhen“, „Anpassung des Pflegegeldes“ (alle FA), „Gleiches Leid, gleiches Recht“, „Stipendium ab dem Schuleintritt“, „Rechtsanspruch auf Arbeitsmarktinklusion“ (alle AUGE/UG), „Arbeitszeitgesetz verbessern, Beschäftigte besser schützen“, „Maßnahmen gegen Energiearmut“ (beide GLB) sowie die Anträge „AK-Bildungsbonus auf 200 Euro anheben“ (ÖAAB) und „Schutz vor Konzernklagen für öffentliche Dienstleistungen“ (LP).

Mehrheitlich abgelehnt wurde die Resolution „Zusammenlegung der österreichischen Sozialversicherungsträger“ (FA).

AK-Vollversammlung beschließt Budget für 2017: Kostenloser Rechtsschutz wird weiter ausgebaut

Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich hat heute den Budgetvoranschlag für das Jahr 2017 in Höhe von 85,6 Millionen Euro einstimmig angenommen. Mehr als 38 Prozent der verfügbaren Mittel verwendet die AK für den Rechtsschutz ihrer Mitglieder. „Wir bauen die Beratung weiter aus und bringen unsere Angebote noch näher zu den Mitgliedern. Etwa durch die neue AK-Bezirksstelle Linz-Land, die 2017 eröffnet wird“, sagt AK-Direktor Dr. Josef Moser, MBA.

Die Einnahmen der Arbeiterkammer Oberösterreich kommen fast zur Gänze aus den Beiträgen ihrer Mitglieder. Wie schon in den Jahren zuvor wird auch 2017 wieder die arbeits- und sozialrechtliche Beratung und Vertretung der AK-Mitglieder im Mittelpunkt stehen. „Für die wachsende Nachfrage sind 32,8 Millionen Euro vorgesehen, also rund eine Million Euro mehr als im Vorjahr. Im Gesamtbudget werden die Kosten für den Rechtsschutz gut 38 Prozent betragen“, stellt Moser fest.

Die Arbeitnehmer/-innen geben dem AK-Rechtsschutz hervorragende Noten: „Laut Umfragen waren 96 Prozent der Mitglieder, die mit uns Kontakt hatten, zufrieden oder sehr zufrieden. Aber die Bedürfnisse unserer Mitglieder ändern sich. Deshalb erweitern wir unsere Angebote laufend“, so der AK-Direktor. „Zum Beispiel kommen immer mehr Anfragen von Mitgliedern, die zusätzlich selbständig tätig sind, um sich ein entsprechendes Einkommen zu sichern. Viele müssen immer wieder zwischen unselbständiger und selbständiger Arbeit wechseln oder von zu Hause aus arbeiten. Das wirft zahlreiche neue Fragen auf.“

Auch die weiteren Leistungen, die den AK-Mitgliedern direkt zugute kommen, werden ausreichend dotiert. Für Bildung, Kultur und Jugend sieht die AK Oberösterreich 2017 insgesamt 16,6 Millionen Euro vor. Damit kann das hohe Niveau gehalten werden. Moser: „Viele Veran-staltungen finden im generalsanierten AK-Bildungshaus Jägermayrhof statt, das schon wieder voll in Betrieb ist.“

Für den Konsumentenschutz sowie für wirtschaftspolitische und wissenschaftliche Expertisen wird die AK Oberösterreich im nächsten Jahr rund 10,2 Millionen Euro ausgeben.

Im nächsten Jahr setzt die AK einen Schwerpunkt zum Thema Arbeitszeit: Schon im Jänner gibt es dazu einen großen Kongress. Mit einer neuen Kontaktoffensive wird die AK wieder bei ihren Mitgliedern in den Betrieben präsent sein. Zusätzliche Leistungen sollen den Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Gesundheitsberufen angeboten werden.

„Die Beiträge unserer Mitglieder sind gut angelegt“, stellt AK-Direktor Moser fest. „Allein im Arbeits- und Sozialrecht erkämpfen wir Jahr für Jahr mehr, als unser Gesamtbudget ausmacht. Werden alle Leistungen der AK Oberösterreich in Geld bewertet, fließt die von den Mitgliedern geleistete Kammerumlage in etwa dreifacher Höhe wieder an sie zurück.“

Bericht als Zusammenfassung der Aussendungen der AK-Kommunikation.