AK-Vollversammlung: NR-Wahl wirft Schatten voraus
- Donnerstag, 11. April 2013 @ 18:00
Kurt Luttenberger, AK-Rat des GLB und KPÖ-Gemeinderat in Graz, freut sich über die Annahme vieler richtungsweisender Anträge in der 12. Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer vom 11. April 2013. Er weist aber auf die politischen Rahmenbedingungen hin, unter denen sie gefällt werden: „Ein im Juni stattfindende ÖGB-Bundeskongress und vor allem die Nationalratswahlen im Herbst lassen staunen und die Kreativität der letzten AK-Vollversammlung geradezu explodieren.“
ÖVP und SPÖ überboten sich in der Einforderung „sozialer Gerechtigkeit“: „Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel? – kein Problem! Sechs Wochen Urlaub? – Warum nicht? Soziale Verbesserungen für Frauen, Jugendliche, Pensionisten? – sowieso! Verbesserter Zugang zur Bildung mit interessanten Bildungsangeboten? – Wurde ja immer schon gesagt. Auf Arbeitszeitverkürzung sogar radikale darf auch nicht vergessen werden. Und so weiter und so fort“, so Luttenberger
Gute und wichtige Anträge wurden beschlossen, betont man beim GLB, sie warten nun auf Verwirklichung. Skepsis bleibt nämlich angebracht, so Luttenberger. Von den sieben einbrachten GLB-Anträgen wurden zwei, betreffend weiterer Verbesserungen im Bereich der Leiharbeit und die Einforderung von klaren Gehalts-/Lohnangaben bei Stellenanzeigen von der FSG-Mehrheit abgelehnt.
Mehrheitlich angenommen wurden die anderen fünf Anträge des Gewerkschaftlichen Linksblocks, die sich inhaltlich mit radikaler Arbeitszeitverkürzung, Erhöhung der Pensionen nach dem Verbraucherpreisindex, Novellierung des Konsumentenschutzgesetzes (Dosenpfand), Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel und um längst überfällige Verbesserungen bei der der Arbeitslosenversicherung befassen.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Antrag 1: Radikale Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn- und Personalausgleich statt erzwungener Teilzeit
Fast jede zweite Frau arbeitet Teilzeit (46 Prozent), viele davon nicht freiwillig, sondern „weil es einfach nicht anders geht". Teilzeit ist Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich, geht also voll zu Lasten der Beschäftigten. Von 1995 bis 2011 hat sich die Arbeit in Teilzeit fast verdoppelt. 1995 arbeiten vier von zehn Frauen mit Kindern bis 15 Jahre in Teilzeit - 2011 sind es sieben von zehn Frauen.
Was sind die Gründe? Befragte sind der Meinung:
+ Weil Beruf und Familie sonst nicht vereinbar sei (31 Prozent)
+ Weil Frauen den Großteil der Hausarbeit übernehmen müssten (20 Prozent)
+ Weil Frauen keinen Vollzeit-Job bekommen (14 Prozent)
+ Weil der Kindergarten nur halbtags geöffnet ist (14 Prozent)
+ Weil es einen zu pflegenden Angehörigen gibt (11 Prozent)
Und nur 10 Prozent glauben, dass so gearbeitet werde, weil die Frauen das so wollten.
Was Frauen brauchen ist radikale Arbeitszeitverkürzung für alle bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Das würde Arbeitsvolumen für viele teilzeitbeschäftigte Frauen schaffen, die sich längere Arbeitszeiten wünschen, weil sie existenzsichernden Lohn und Aufstiegsmöglichkeiten wollen. Eine Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche bzw. sechs Stunden pro Tag würde beispielsweise Vollzeitarbeitsplätze bringen, statt Frauen in Teilzeitverhältnisse zu zwingen. Auch arbeitslose Frauen und Männer und die Frauen, die sich gar nicht mehr arbeitslos melden, würden davon profitieren. Denn Arbeitslosigkeit ist die inhumanste Form der Arbeitszeitverkürzung.
Die gesellschaftlich notwendige Arbeit für Erziehung, Reproduktion und Pflege ließe sich so in der Partnerschaft gerechter verteilen. Heute besteht eine ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern. Die Gesamtbelastung erwerbstätiger Frauen beträgt 64 Stunden, davon 34,5 bezahlt und 29,5 unbezahlt. Die Gesamtbelastung erwerbstätiger Männer beträgt 48,4 Stunden, davon 41 bezahlt und 7,4 unbezahlt.
Besser wäre es, die gesellschaftlich notwendige Arbeit nicht ehrenamtlich machen zu lassen, sondern sie als qualifizierte, tariflich gut abgesicherte Arbeit zu bezahlen. Das ist ein Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Notwendig dazu aber sind qualifiziert betreute kinderpädagogische Einrichtungen und Schulen mit kleinen Gruppen und einem tariflich gut bezahlten Personal. Auch eine durchgängige Erwerbstätigkeit hat eine geringe Pension zur Folge wenn sie vorwiegend in Teilzeit ausgeübt wird.
Über das Problem der Altersarmut, die aus der Teilzeitarbeit entsteht, informiert als einzige Institution die Gewerkschaft. In einer Modellrechnung für derzeit typische „Frauenberufe“ wie z.B. Friseurin, Verkäuferin, Kellnerin und Angestellte im Sozial- und Gesundheitsbereich werden Erwerbsverläufe verglichen: Vollzeit mit Elternkarenz in Verhältnis zu zusätzlicher langer Teilzeit und Erwerbsunterbrechung wegen Betreuungsverpflichtungen. Die Pensionen fallen durch letzteres unter die Mindestpension in allen vier Berufen.
Wer soll das bezahlen? Noch nie wurde so viel Reichtum produziert wie heute. Aber der Reichtum ist einseitig verteilt. Nach einer Studie der Österreichischen Nationalbank besitzen elf Prozent der Haushalte mehr als 500.000 Euro und damit den Löwenanteil des gesamten Privatvermögens. Auf Jahressicht konnte der ATX, das heimische Börsenbarometer, also die Anleger, ein Plus von 27 Prozent einstreichen. Und für die Bankenrettung waren Milliarden da. Geringere Profite der Unternehmen und höhere Besteuerung der Vermögenden - dadurch wären unsere Forderungen bezahlbar.
Natürlich brauchen wir auch eine gesetzliche Regelung, dass wer auf Teilzeit wechselt, die Garantie erhalten muss, zur Vollzeit zurückzukehren zu können. Damit verbunden muss es einen gesetzlich Mindestlohn von 1.600 Euro geben.
Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Bundesregierung auf, radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich statt erzwungener Teilzeit einzuführen
Antrag 2: Pensionen im kommenden Jahr um den Verbraucherpreisindex erhöhen
Nach dem ASVG § 108f sind die Pensionen mindestens um den Verbraucherpreisindex zu erhöhen. Im Stabilitätsgesetz 2012 hat der Nationalrat beschlossen, den Erhöhungsprozentsatz im Jahr 2013 um einen Prozentpunkt und im Jahr 2014 um 0,8 Prozentpunkte zu vermindern. Dementsprechend wurden die Pensionen in 2013 nur um 1,8 Prozent erhöht, was zu einer realen Verringerung der Einkommen der aktuellen Pensionistlnnen geführt hat.
Alle Arbeiterkammerpflichtigen sind zukünftige Pensionistlnnen. Jegliche Kürzung heutiger Pensionen kürzt ihre zukünftige Pension ebenso. Eine weitere Verringerung der Pensionseinkommen in 2014 ist nicht hinnehmbar. Denn seit der Verabschiedung des Stabilitätsgesetzes hat sich die Haushaltssituation
des Staates verbessert.
Im Vergleich zum Jahr 2011 hat die Republik insgesamt fast vier Prozent Plus an Steuereinnahmen - plus 1,608 Milliarden an Lohnsteuer und plus 1,211 Milliarden Euro an Umsatzsteuer- verzeichnen können und die Ausgaben des Bundes lagen im Jahr 2012 um 3,6 Milliarden Euro niedriger. Es ist daher nicht einzusehen, warum aktuelle und zukünftige Pensionistlnnen eine weitere Verringerung des gesetzlichen Anpassungsfaktors ihrer Pensionen hinnehmen müssen. Pensionen sind keine Grundversorgung sondern es geht darum, den erarbeiteten Lebensstandard zu erhalten.
Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Bundesregierung auf, 2014 die Pensionen mindestens um den Verbraucherpreisindex zu erhöhen.
Antrag 3:
Bei Stellenanzeigen: Klarheit über tatsächlichen Monatsbruttogehalt- /-lohn
Seit geraumer Zeit gibt es gesetzliche Verpflichtungen, dass bei Stellenanzeigen auch der zu erwartende monatliche Bruttogehalt /-lohn angeführt wird. Die Praxis zeigt leider, dass hier viele Unternehmen eine negative Kreativität walten lassen um dies zu verschleiern. Oft ist bei Stellenanzeigen zu lesen „nach Kollektivvertrag“, „anteilig der Vollarbeitszeit“, „das Jahreseinkommen beträgt“ usw. Leider gibt es auch viele Unternehmen die sich überhaupt nicht an gesetzliche Vorgaben halten und gleich gar keine Summe in ihrer Stellenanzeige nennen. Ganz wichtig ist für stellensuchenden Menschen die klare Botschaft, mit welchem monatlichem Gehalt-/lohn sie rechnen können.
Die 12. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert die österreichische Bundesregierung auf die zuständigen Fachministerien anzuweisen genannte Missstände abzustellen.
Antrag 4: Novellierung des Konsumentenschutzgesetzes
Trotz vorbildhafter Mülltrennungssysteme ringen nicht wenige Regionen in unserem Bundesaland weiterhin mit unachtsam entsorgten Leergut (Getränkedosen, Flaschen u. a. Leergebinde). In der Bundesrepublik Deutschland sind 25 Cent Einsatz pro Leergebinde offenbar Anreiz genug damit die Landschaft von derartigen Leergebinde Großteils verschont wird, Offenbar scheint es notwendig zu solchen Maßnahmen zu greifen um in dieser Frage den so oft propagierten ökologischen Gedanken in Österreich und der Steiermark zum Durchbruch zu verhelfen. Ein achtbarer Beitrag für den Umwelt- und Landschaftsschutz wäre es allemal.
Die 12. Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Bundesregierung und die zuständigen Fachministerien auf den Konsumentenschutz so zu novellieren und einen Einsatz für Dosen und andere noch nicht erfasste Leergebinde, ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland, einzuführen.
Antrag 5: Wiedereinführung Zweckbindung der Wohnbaufördermittel
Mit 31.12.2008 wurde das Zweckzuschussgesetz des Bundes außer Kraft gesetzt. Damit wurde auch die Zweckwidmung der Wohnbauförderungsmittel aufgehoben. Seit Aufhebung der Zweckbindung wird mit Wohnbauförderungs-mittel spekuliert - wie in NÖ und Salzburg, oder es werden, wie in der Steiermark, Budgetlöcher damit gestopft. Der soziale Wohnbau oder der Bau von Gemeindewohnungen bleiben bei dieser Politik auf der Strecke. Die Zahl der jährlich mit Förderungsmitteln errichteten Wohnungen sinkt kontinuierlich.
Die Steiermark und insbesondere Graz als Ballungszentren steuert ungebremst auf diese Situation zu, indem es immer weniger leistbare Wohnungen gibt. Die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt zählen in der Steiermark und insbesondere in Graz zu den höchsten in Österreich. Gleichzeitig wird die Wohnbeihilfe gekürzt.
Der Vorschlag der Bundes-ÖVP die Zweckbindung der Wohnbaufördermittel wieder einzuführen ist zu begrüßen. Der für die Steiermark zuständige Landesrat Seitinger nannte in einer Aussendung den Schwenk der Bundes-ÖVP in punkto Zweckbindung sogar als „Hilfe in letzter Minute“. Nicht jedoch darf die Zweckbindung der Wohnbaufördermittel zum Spielball wegen den kommenden Nationalratswahlen werden. Diese Frage gehört von der Bundesregierung noch vor den kommenden Wahlen entschieden.
Die Wiedereinführung der genannten Zweckbindung ist Gebot der Stunde geht es doch darum, ob in der Steiermark und in Graz zukünftig überhaupt noch sozialer Wohnbau bzw. der Bau von Gemeindewohnungen möglich bleibt.
Die 12. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die Österreichische Bundesregierung auf schleunigst - noch vor den Nationalratswahlen - die Zweckbindung der Wohnbaufördermittel wieder einzuführen und das Zweckzuschussgesetz dementsprechend zu novellieren.
Antrag 6: Weitere Schritte nach der Novellierung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes
Mit der Novellierung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes mit 1. 1. 2013 wurde u. a. das Ziel verfolgt, die Leiharbeitsrichtlinie der EU in nationales Recht zu gießen und die Gleichstellung und Gleichbehandlung überlassener Arbeitskräfte mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmern des Beschäftigers zu verankern.
Als weitere Schritte zur Verbesserung der Situation von Leiharbeitskräften schlägt der GLB vor:
1. Genaueste Erhebung des derzeitigen Anteils von Leiharbeitskräften an der Gesamtbeschäftigtenzahl in den steirischen Betrieben
2. Genaue Erhebung der tatsächlichen Situation von Leiharbeitskräften durch Befragung der Betroffenen, insbesondere in Hinblick auf
+ Gleichstellung überlassener Arbeitskräfte mit der Stammbelegschaft des Beschäftigtigers hinsichtlich Entgelt und Arbeitszeit
+ Information des Beschäftigers über das geplante Ende der Überlassung und über offene Stellen im seinem Betrieb
+ Information des Überlassers über wesentliche Umstände des Einsatzes beim Beschäftiger (u. a. Einstufung im Kollektivvertag, Grundlohn, Zulagen, Zuschläge, Sonderzahlungen, voraussichtliche Dauer der Überlassung
+ Unterstützung der Teilnahme überlassener Arbeitskräfte an internen Weiterbildungsmaßnahmen
+ Gesetzliche Beschränkung des Anteils von Leiharbeitskräften an der Gesamtbeschäftigtenzahl auf maximal 10 Prozent und die Einhebung von Strafen bei Überschreitung
Die 12. Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Sozialpartner auf genannte Punkte zu diskutieren, sich durch erwähnte Erhebungen den neuesten Stand auf dem Sektor Leiharbeitskräfte zu verschaffen und ehe baldigst weitere Schritte in punkte Gleichstellung überlassener Arbeitskräfte mit den Betriebsstammbelegschaften einzuleiten.
Antrag 7: Defizite der Arbeitslosenversicherung beseitigen
Die Arbeitslosigkeit erreicht wie in der gesamten Eurozone, so auch in Österreich immer neue Rekordwerte. Die schwere Systemkrise hat dazu geführt, dass Ende Februar 2013 in Österreich 404.000 Menschen Bezieherlnnen von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung waren. Die Konjunkturprognosen von IHS und WIFO deuten auf eine weitere Verschlechterung der Situation.
In Verbindung mit dieser Entwicklung geraten die Reallöhne unter Druck und stagnieren bzw. sinken in Teilbereichen. Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten sank von 2008 bis 2012 um 14.400 Personen während in dieser Zeit 113.700 mehr Teilzeitstellen geschaffen wurden.
Insbesondere Frauen sind von dieser Entwicklung stark betroffen. Im immer häufiger werdenden Fall der Arbeitslosigkeit droht aufgrund niedriger Berechnungsgrundlagen, einer niedrigen Nettoersatzrate und einer zu kurzen Auszahlungsdauer des Arbeitslosengeldes ein Abrutschen in Armut bzw. in Notstandshilfe und Mindestsicherung.
Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Bundesregierung daher dazu auf die Arbeitslosenversicherung dahingehend zu verbessern, dass diese ein Abrutschen in Armut verhindert und eine angemessene Antwort auf die Wirtschaftskrise bietet. Insbesondere wird die Bundesregierung aufgefordert:
+ die Nettoersatzrate von derzeit 55 Prozent auf 70 Prozent zu erhöhen
+ die maximale Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für alle Anspruchsberechtigten auf mindestens 52 Wochen auszuweiten
+ die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe abzuschaffen
+ über 25 jährige mit unter 25 jährigen bei der erstmaligen Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes gleichzusetzen indem die Regelung zu den arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten angeglichen wird. Über 25 jährige sollen ab 26 Wochen Beitragszeit (innerhalb von 12 Monaten) in Zukunft also auch Arbeitslosengeld erhalten.
ÖVP und SPÖ überboten sich in der Einforderung „sozialer Gerechtigkeit“: „Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel? – kein Problem! Sechs Wochen Urlaub? – Warum nicht? Soziale Verbesserungen für Frauen, Jugendliche, Pensionisten? – sowieso! Verbesserter Zugang zur Bildung mit interessanten Bildungsangeboten? – Wurde ja immer schon gesagt. Auf Arbeitszeitverkürzung sogar radikale darf auch nicht vergessen werden. Und so weiter und so fort“, so Luttenberger
Gute und wichtige Anträge wurden beschlossen, betont man beim GLB, sie warten nun auf Verwirklichung. Skepsis bleibt nämlich angebracht, so Luttenberger. Von den sieben einbrachten GLB-Anträgen wurden zwei, betreffend weiterer Verbesserungen im Bereich der Leiharbeit und die Einforderung von klaren Gehalts-/Lohnangaben bei Stellenanzeigen von der FSG-Mehrheit abgelehnt.
Mehrheitlich angenommen wurden die anderen fünf Anträge des Gewerkschaftlichen Linksblocks, die sich inhaltlich mit radikaler Arbeitszeitverkürzung, Erhöhung der Pensionen nach dem Verbraucherpreisindex, Novellierung des Konsumentenschutzgesetzes (Dosenpfand), Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel und um längst überfällige Verbesserungen bei der der Arbeitslosenversicherung befassen.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Antrag 1: Radikale Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn- und Personalausgleich statt erzwungener Teilzeit
Fast jede zweite Frau arbeitet Teilzeit (46 Prozent), viele davon nicht freiwillig, sondern „weil es einfach nicht anders geht". Teilzeit ist Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich, geht also voll zu Lasten der Beschäftigten. Von 1995 bis 2011 hat sich die Arbeit in Teilzeit fast verdoppelt. 1995 arbeiten vier von zehn Frauen mit Kindern bis 15 Jahre in Teilzeit - 2011 sind es sieben von zehn Frauen.
Was sind die Gründe? Befragte sind der Meinung:
+ Weil Beruf und Familie sonst nicht vereinbar sei (31 Prozent)
+ Weil Frauen den Großteil der Hausarbeit übernehmen müssten (20 Prozent)
+ Weil Frauen keinen Vollzeit-Job bekommen (14 Prozent)
+ Weil der Kindergarten nur halbtags geöffnet ist (14 Prozent)
+ Weil es einen zu pflegenden Angehörigen gibt (11 Prozent)
Und nur 10 Prozent glauben, dass so gearbeitet werde, weil die Frauen das so wollten.
Was Frauen brauchen ist radikale Arbeitszeitverkürzung für alle bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Das würde Arbeitsvolumen für viele teilzeitbeschäftigte Frauen schaffen, die sich längere Arbeitszeiten wünschen, weil sie existenzsichernden Lohn und Aufstiegsmöglichkeiten wollen. Eine Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche bzw. sechs Stunden pro Tag würde beispielsweise Vollzeitarbeitsplätze bringen, statt Frauen in Teilzeitverhältnisse zu zwingen. Auch arbeitslose Frauen und Männer und die Frauen, die sich gar nicht mehr arbeitslos melden, würden davon profitieren. Denn Arbeitslosigkeit ist die inhumanste Form der Arbeitszeitverkürzung.
Die gesellschaftlich notwendige Arbeit für Erziehung, Reproduktion und Pflege ließe sich so in der Partnerschaft gerechter verteilen. Heute besteht eine ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern. Die Gesamtbelastung erwerbstätiger Frauen beträgt 64 Stunden, davon 34,5 bezahlt und 29,5 unbezahlt. Die Gesamtbelastung erwerbstätiger Männer beträgt 48,4 Stunden, davon 41 bezahlt und 7,4 unbezahlt.
Besser wäre es, die gesellschaftlich notwendige Arbeit nicht ehrenamtlich machen zu lassen, sondern sie als qualifizierte, tariflich gut abgesicherte Arbeit zu bezahlen. Das ist ein Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Notwendig dazu aber sind qualifiziert betreute kinderpädagogische Einrichtungen und Schulen mit kleinen Gruppen und einem tariflich gut bezahlten Personal. Auch eine durchgängige Erwerbstätigkeit hat eine geringe Pension zur Folge wenn sie vorwiegend in Teilzeit ausgeübt wird.
Über das Problem der Altersarmut, die aus der Teilzeitarbeit entsteht, informiert als einzige Institution die Gewerkschaft. In einer Modellrechnung für derzeit typische „Frauenberufe“ wie z.B. Friseurin, Verkäuferin, Kellnerin und Angestellte im Sozial- und Gesundheitsbereich werden Erwerbsverläufe verglichen: Vollzeit mit Elternkarenz in Verhältnis zu zusätzlicher langer Teilzeit und Erwerbsunterbrechung wegen Betreuungsverpflichtungen. Die Pensionen fallen durch letzteres unter die Mindestpension in allen vier Berufen.
Wer soll das bezahlen? Noch nie wurde so viel Reichtum produziert wie heute. Aber der Reichtum ist einseitig verteilt. Nach einer Studie der Österreichischen Nationalbank besitzen elf Prozent der Haushalte mehr als 500.000 Euro und damit den Löwenanteil des gesamten Privatvermögens. Auf Jahressicht konnte der ATX, das heimische Börsenbarometer, also die Anleger, ein Plus von 27 Prozent einstreichen. Und für die Bankenrettung waren Milliarden da. Geringere Profite der Unternehmen und höhere Besteuerung der Vermögenden - dadurch wären unsere Forderungen bezahlbar.
Natürlich brauchen wir auch eine gesetzliche Regelung, dass wer auf Teilzeit wechselt, die Garantie erhalten muss, zur Vollzeit zurückzukehren zu können. Damit verbunden muss es einen gesetzlich Mindestlohn von 1.600 Euro geben.
Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Bundesregierung auf, radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich statt erzwungener Teilzeit einzuführen
Antrag 2: Pensionen im kommenden Jahr um den Verbraucherpreisindex erhöhen
Nach dem ASVG § 108f sind die Pensionen mindestens um den Verbraucherpreisindex zu erhöhen. Im Stabilitätsgesetz 2012 hat der Nationalrat beschlossen, den Erhöhungsprozentsatz im Jahr 2013 um einen Prozentpunkt und im Jahr 2014 um 0,8 Prozentpunkte zu vermindern. Dementsprechend wurden die Pensionen in 2013 nur um 1,8 Prozent erhöht, was zu einer realen Verringerung der Einkommen der aktuellen Pensionistlnnen geführt hat.
Alle Arbeiterkammerpflichtigen sind zukünftige Pensionistlnnen. Jegliche Kürzung heutiger Pensionen kürzt ihre zukünftige Pension ebenso. Eine weitere Verringerung der Pensionseinkommen in 2014 ist nicht hinnehmbar. Denn seit der Verabschiedung des Stabilitätsgesetzes hat sich die Haushaltssituation
des Staates verbessert.
Im Vergleich zum Jahr 2011 hat die Republik insgesamt fast vier Prozent Plus an Steuereinnahmen - plus 1,608 Milliarden an Lohnsteuer und plus 1,211 Milliarden Euro an Umsatzsteuer- verzeichnen können und die Ausgaben des Bundes lagen im Jahr 2012 um 3,6 Milliarden Euro niedriger. Es ist daher nicht einzusehen, warum aktuelle und zukünftige Pensionistlnnen eine weitere Verringerung des gesetzlichen Anpassungsfaktors ihrer Pensionen hinnehmen müssen. Pensionen sind keine Grundversorgung sondern es geht darum, den erarbeiteten Lebensstandard zu erhalten.
Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Bundesregierung auf, 2014 die Pensionen mindestens um den Verbraucherpreisindex zu erhöhen.
Antrag 3:
Bei Stellenanzeigen: Klarheit über tatsächlichen Monatsbruttogehalt- /-lohn
Seit geraumer Zeit gibt es gesetzliche Verpflichtungen, dass bei Stellenanzeigen auch der zu erwartende monatliche Bruttogehalt /-lohn angeführt wird. Die Praxis zeigt leider, dass hier viele Unternehmen eine negative Kreativität walten lassen um dies zu verschleiern. Oft ist bei Stellenanzeigen zu lesen „nach Kollektivvertrag“, „anteilig der Vollarbeitszeit“, „das Jahreseinkommen beträgt“ usw. Leider gibt es auch viele Unternehmen die sich überhaupt nicht an gesetzliche Vorgaben halten und gleich gar keine Summe in ihrer Stellenanzeige nennen. Ganz wichtig ist für stellensuchenden Menschen die klare Botschaft, mit welchem monatlichem Gehalt-/lohn sie rechnen können.
Die 12. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert die österreichische Bundesregierung auf die zuständigen Fachministerien anzuweisen genannte Missstände abzustellen.
Antrag 4: Novellierung des Konsumentenschutzgesetzes
Trotz vorbildhafter Mülltrennungssysteme ringen nicht wenige Regionen in unserem Bundesaland weiterhin mit unachtsam entsorgten Leergut (Getränkedosen, Flaschen u. a. Leergebinde). In der Bundesrepublik Deutschland sind 25 Cent Einsatz pro Leergebinde offenbar Anreiz genug damit die Landschaft von derartigen Leergebinde Großteils verschont wird, Offenbar scheint es notwendig zu solchen Maßnahmen zu greifen um in dieser Frage den so oft propagierten ökologischen Gedanken in Österreich und der Steiermark zum Durchbruch zu verhelfen. Ein achtbarer Beitrag für den Umwelt- und Landschaftsschutz wäre es allemal.
Die 12. Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Bundesregierung und die zuständigen Fachministerien auf den Konsumentenschutz so zu novellieren und einen Einsatz für Dosen und andere noch nicht erfasste Leergebinde, ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland, einzuführen.
Antrag 5: Wiedereinführung Zweckbindung der Wohnbaufördermittel
Mit 31.12.2008 wurde das Zweckzuschussgesetz des Bundes außer Kraft gesetzt. Damit wurde auch die Zweckwidmung der Wohnbauförderungsmittel aufgehoben. Seit Aufhebung der Zweckbindung wird mit Wohnbauförderungs-mittel spekuliert - wie in NÖ und Salzburg, oder es werden, wie in der Steiermark, Budgetlöcher damit gestopft. Der soziale Wohnbau oder der Bau von Gemeindewohnungen bleiben bei dieser Politik auf der Strecke. Die Zahl der jährlich mit Förderungsmitteln errichteten Wohnungen sinkt kontinuierlich.
Die Steiermark und insbesondere Graz als Ballungszentren steuert ungebremst auf diese Situation zu, indem es immer weniger leistbare Wohnungen gibt. Die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt zählen in der Steiermark und insbesondere in Graz zu den höchsten in Österreich. Gleichzeitig wird die Wohnbeihilfe gekürzt.
Der Vorschlag der Bundes-ÖVP die Zweckbindung der Wohnbaufördermittel wieder einzuführen ist zu begrüßen. Der für die Steiermark zuständige Landesrat Seitinger nannte in einer Aussendung den Schwenk der Bundes-ÖVP in punkto Zweckbindung sogar als „Hilfe in letzter Minute“. Nicht jedoch darf die Zweckbindung der Wohnbaufördermittel zum Spielball wegen den kommenden Nationalratswahlen werden. Diese Frage gehört von der Bundesregierung noch vor den kommenden Wahlen entschieden.
Die Wiedereinführung der genannten Zweckbindung ist Gebot der Stunde geht es doch darum, ob in der Steiermark und in Graz zukünftig überhaupt noch sozialer Wohnbau bzw. der Bau von Gemeindewohnungen möglich bleibt.
Die 12. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die Österreichische Bundesregierung auf schleunigst - noch vor den Nationalratswahlen - die Zweckbindung der Wohnbaufördermittel wieder einzuführen und das Zweckzuschussgesetz dementsprechend zu novellieren.
Antrag 6: Weitere Schritte nach der Novellierung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes
Mit der Novellierung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes mit 1. 1. 2013 wurde u. a. das Ziel verfolgt, die Leiharbeitsrichtlinie der EU in nationales Recht zu gießen und die Gleichstellung und Gleichbehandlung überlassener Arbeitskräfte mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmern des Beschäftigers zu verankern.
Als weitere Schritte zur Verbesserung der Situation von Leiharbeitskräften schlägt der GLB vor:
1. Genaueste Erhebung des derzeitigen Anteils von Leiharbeitskräften an der Gesamtbeschäftigtenzahl in den steirischen Betrieben
2. Genaue Erhebung der tatsächlichen Situation von Leiharbeitskräften durch Befragung der Betroffenen, insbesondere in Hinblick auf
+ Gleichstellung überlassener Arbeitskräfte mit der Stammbelegschaft des Beschäftigtigers hinsichtlich Entgelt und Arbeitszeit
+ Information des Beschäftigers über das geplante Ende der Überlassung und über offene Stellen im seinem Betrieb
+ Information des Überlassers über wesentliche Umstände des Einsatzes beim Beschäftiger (u. a. Einstufung im Kollektivvertag, Grundlohn, Zulagen, Zuschläge, Sonderzahlungen, voraussichtliche Dauer der Überlassung
+ Unterstützung der Teilnahme überlassener Arbeitskräfte an internen Weiterbildungsmaßnahmen
+ Gesetzliche Beschränkung des Anteils von Leiharbeitskräften an der Gesamtbeschäftigtenzahl auf maximal 10 Prozent und die Einhebung von Strafen bei Überschreitung
Die 12. Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Sozialpartner auf genannte Punkte zu diskutieren, sich durch erwähnte Erhebungen den neuesten Stand auf dem Sektor Leiharbeitskräfte zu verschaffen und ehe baldigst weitere Schritte in punkte Gleichstellung überlassener Arbeitskräfte mit den Betriebsstammbelegschaften einzuleiten.
Antrag 7: Defizite der Arbeitslosenversicherung beseitigen
Die Arbeitslosigkeit erreicht wie in der gesamten Eurozone, so auch in Österreich immer neue Rekordwerte. Die schwere Systemkrise hat dazu geführt, dass Ende Februar 2013 in Österreich 404.000 Menschen Bezieherlnnen von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung waren. Die Konjunkturprognosen von IHS und WIFO deuten auf eine weitere Verschlechterung der Situation.
In Verbindung mit dieser Entwicklung geraten die Reallöhne unter Druck und stagnieren bzw. sinken in Teilbereichen. Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten sank von 2008 bis 2012 um 14.400 Personen während in dieser Zeit 113.700 mehr Teilzeitstellen geschaffen wurden.
Insbesondere Frauen sind von dieser Entwicklung stark betroffen. Im immer häufiger werdenden Fall der Arbeitslosigkeit droht aufgrund niedriger Berechnungsgrundlagen, einer niedrigen Nettoersatzrate und einer zu kurzen Auszahlungsdauer des Arbeitslosengeldes ein Abrutschen in Armut bzw. in Notstandshilfe und Mindestsicherung.
Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert die Bundesregierung daher dazu auf die Arbeitslosenversicherung dahingehend zu verbessern, dass diese ein Abrutschen in Armut verhindert und eine angemessene Antwort auf die Wirtschaftskrise bietet. Insbesondere wird die Bundesregierung aufgefordert:
+ die Nettoersatzrate von derzeit 55 Prozent auf 70 Prozent zu erhöhen
+ die maximale Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für alle Anspruchsberechtigten auf mindestens 52 Wochen auszuweiten
+ die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe abzuschaffen
+ über 25 jährige mit unter 25 jährigen bei der erstmaligen Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes gleichzusetzen indem die Regelung zu den arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten angeglichen wird. Über 25 jährige sollen ab 26 Wochen Beitragszeit (innerhalb von 12 Monaten) in Zukunft also auch Arbeitslosengeld erhalten.