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AK: Service und/oder Politik?

  • Montag, 8. Juli 2013 @ 11:52
Arbeiterkammer Die Arbeiterkammern sind ein österreichisches Spezifikum. Die Idee für diese Institution reicht weit in das 19. Jahrhundert zurück, als es galt ein Gegengewicht zu den 1848 gegründeten und 1868 gesetzlich verankerten Handels- und Gewerbekammern zu schaffen. Der revolutionäre Flügel der aufkommenden ArbeiterInnenbewegung lehnte die Kammern allerdings ab und setzte mehr auf das allgemeine Wahlrecht und die Gewerkschaften. Bei der Gründung nach dem Ende des ersten Weltkrieges und dem Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie sollte die Gründung der Arbeiterkammern und einer Reihe von sozialpolitischen Zugeständnissen revolutionäre Veränderungen verhindern. Schon 1917 hatte Karl Renner von der „Unentbehrlichkeit von Arbeiterkammern in der Übergangswirtschaft“ geschrieben. Kein Wunder, dass die Kammern von Anfang an ständisch und sozialpartnerschaftlich konzipiert waren.

Mit dem AK-Gesetz von 1920 galt es „Kammern zu schaffen, die den entsprechenden Kammern der gewerblichen Unternehmer nicht nur völlig gleichwertig, sondern auch in ihrem Wirkungskreis und ihrer Organisation derart ähnlich gestaltet sind, dass ein Zusammenwirken der beiderseitigen Körperschaften bei Lösung von wichtigen Aufgaben der wirtschaftlichen Verwaltung ohne Schwierigkeiten möglich sei.“

Schon bei den ersten Wahlen der Vollversammlungen 1921 dominierte die Sozialdemokratie als Freie Gewerkschaften mit 84 Prozent. Nur zweimal wurde in der ersten Republik gewählt, dann verhinderte die konservative Regierung schon vor dem eigentlichen Machtantritt des Austrofaschismus 1933 weitere Wahlen. Die Kammern wurden 1934 in das ständestaatliche System eingebaut und 1938 nach dem „Anschluß“ Österreichs an Hitlerdeutschland aufgelöst und der Deutschen Arbeitsfront angeschlossen.

Nach der Befreiung erfolgte schon 1945 die Wiedergründung unter Federführung des neugegründeten überparteilichen ÖGB. Und wieder gab es ermahnende Worte von Karl Renner: „In eben dieser Funktion sind die Arbeiterkammern nicht das, was man von ihnen, oft auch von arbeiterfreundlicher Seite, anfangs befürchtet hat, Organe des sozialen Krieges, sondern Mittler zum sozialen Frieden. Fragen, die vormals oft nur auf der Straße ausgetragen werden konnten, entscheiden sie am Konferenztisch, Erkenntnisse, die sich die Regierungen oft durch schwierige und trügerische Untersuchungen von obenher zu gewinnen suchen, ermitteln sie in einer Art ständiger Enquete von unten aus unzweideutiger Klarheit...“

Mit der Etablierung der institutionalisierten Sozialpartnerschaft als Konsequenz aus dem zum „Kommunistenputsch“ umgelogenen Oktoberstreik 1950 wurden neben Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und ÖGB, auch die AK in diese Parallelregierung eingebaut. Die Dominanz der Sozialdemokratie in den Vollversammlungen ab den ersten AK-Wahlen im Jahre 1949 wurde fortgesetzt bis heute, wenngleich eine ständig sinkende Wahlbeteiligung einen Vertrauens- und damit auch politischen Gewichtsverlust erkennen ließ.

Massiv in die Krise kam die AK 1989 mit dem Fall Rechberger. Die Privilegien des steirischen AK-Präsidenten sorgen für eine massive Vertrauenskrise, die vom damaligen FPÖ-Chef Jörg Haider für eine Kampagne zur Abschaffung der Kammern genützt wurden. Bei einer Mitgliederbefragung sprachen sich jedoch 1996 über 90 Prozent für den Weiterbestand der Kammern aus und sicherten ihre Existenz – freilich um den Preis, dass sich ihr politisches Gewicht zugunsten ihres verstärkten Servicecharakters verschob.

1998 wurde das AK-Wahlrecht geändert, die drei antiquierten Wahlkörper (ArbeiterInnen, Angestellte, Verkehrsbedienstete) abgeschafft, der Wahlzeitraum auf bis zu drei Wochen ausgedehnt, wodurch die Wahlbeteiligung wieder anstieg. Abgesehen von gelegentlichen „Vorschlägen“ aus der rechten Ecke ist heute die Funktion der AK unumstritten.

Als Unterstützung für die Lohnabhängigen sind sie durch Rechtsberatung und –vertretung, den Ausbau des KonsumentInnenschutzes usw. unentbehrlich. Ihr politisches Gewicht werfen sie allerdings viel zuwenig in die Waagschale, wie der GLB immer wieder kritisiert.