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Bekenntnis zur AK, Kritik an der Sozialpartnerschaft

  • Freitag, 21. Mai 2021 @ 15:00
OÖ
Rede von Thomas Erlach bei der 5. Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich am 21.5.2021

Heute ist ein denkwürdiger Tag, weil wir das 100-jährige Bestehen der Arbeiterkammer Oberösterreich feiern und auch den politischen Entwicklungen und dem Engagement und Einsatz der Beteiligten gedenken. Dass es die Arbeiterkammer gibt, ist dabei nicht selbstverständlich, sondern es steckt viel Einsatz dahinter, dass es letztendlich so umgesetzt werden konnte. Ich möchte einen kurzen Blick auf die Geschichte werfen.

Das Gesetz über die Errichtung der Kammern für Arbeiter und Angestellte, wurde am 26. Februar 1920 beschlossen und die AK hat ab dem Zeitpunkt ihre Arbeit aufgenommen. Nach den Februarkämpfen im Jahr 1934 wurden der Arbeiterkammer enge organisatorische und sachliche Grenzen gesetzt. Der ÖGB wurde verboten. Mit einer Verordnung der Bundesregierung vom 2. März 1934 wurde eine Einheitsgewerkschaft gegründet.

Die Arbeiterkammer wurde dieser unterstellt. Deren Präsident war per Gesetz gleichzeitig AK-Präsident. Die AK wurde dadurch geschwächt und ihrer unabhängigen Position beraubt. Den folgenden Verschlechterungen auf dem Gebiet der Sozialpolitik wurde kaum Widerstand entgegengesetzt. Nach der Entmachtung der Arbeiterkammer während der austrofaschistischen Diktatur, fand die AK nach dem Machtwechsel zur Nazi-Diktatur 1938 ein jähes Ende.

Schon bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges, nachdem die wichtigsten Vorkehrungen zur Wiederherstellung der Rechtsordnung getroffen waren, wurden die Kammern für Arbeiter und Angestellte mit Gesetz vom 20. Juli 1945 wiedererrichtet. Das Gesetz zur Wiedererrichtung der Arbeiterkammern war überhaupt das erste sozialpolitische Gesetz des befreiten Österreichs.

Die Erfahrungen des zweiten Weltkrieges haben damals zu einer Orientierung geführt, dass die Interessensvertretungen von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgebern partnerschaftlich zusammenwirken sollten, um einen raschen Aufbau des Landes zu gewährleisten und politische Entwicklungen wie in der ersten Republik dauerhaft auszuschließen.

Ausschlaggebend für das Funktionieren dieser damaligen Zusammenarbeit war ein Konsens in grundsätzlichen gesellschaftspolitischen Fragen sowohl auf Seite der Arbeitnehmervertretung wie auch auf Seite der Wirtschaftsvertretung. Dieser Konsens ist in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen, was zu Verschlechterungen der Lebens- und Einkommenssituation für uns Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geführt hat.

Nun möchte ich noch auf einen kommunistischen Gewerkschafter und seine Beiträge bei der Neugründung der AK 1945 eingehen: Ich möchte auf August Moser hinweisen den die KPÖ unmittelbar nach seiner Rückkehr aus der Emigration 1945 als Vertreter für AK nominiert hat. August Moser spielte eine aktive Rolle bei der Modernisierung des Betriebsrätegesetzes.

Moser war direkt an der Ausarbeitung des Kammerentwurfs für dieses Gesetz beteiligt und regte etwa an, auch die Vertretung der Jugend in dieses Gesetz aufzunehmen. August Moser gehörte bis 1969 der Vollversammlung der AK Oberösterreich an. Sein Name ist gemeinsam mit anderen Mitgliedern des ersten Nachkriegsvorstandes auf der Rückseite des von Prof. Alois Dorn geschaffenen Brunnens vor dem AK Gebäude in der Volksgartenstraße eingraviert. Damit wird sein Beitrag zum Wiederaufbau der Kammer gewürdigt.

Nach diesem Rückblick in die Geschichte zeigt sich, dass die Arbeiterkammer als gesetzliche Interessensvertretung der Arbeitnehmerinne und Arbeitnehmer heutzutage wichtiger ist, denn je, weil sich die politische Lage verändert hat und sozialpolitische Errungenschaften zunehmend verloren gehen.

Darum ist es dem GLB ein Anliegen auf eine Neuausrichtung im Umgang mit der Wirtschaftsvertretung zu drängen. Was unter dem Namen „Sozialpartnerschaft“ lange Zeit funktioniert hat, wurde vom ehemaligen Partner kommentarlos fallengelassen. Es gibt keinen gemeinsamen Konsens mehr über notwendige gesellschaftspolitische Maßnahmen. Die Arbeitgeberseite lässt sich ihre Wünsche von der Regierung in Gesetze gießen, ohne vorher mit der Arbeiterkammer nach einer Lösung zu suchen.

Die Zerschlagung unserer Gebietskrankenkassen und das Aushebeln der Selbstverwaltung war ein schweres Foul, und hat die zarte Basis des gegenseitigen Vertrauens zerstört. Daher braucht es nun von Seite der Arbeiterkammer einen konflikthafteren Umgang mit dem Interessensgegner. Der GLB fordert, dass die Zerschlagung der GKK wieder repariert wird.

An der Stelle möchte ich auch ganz klar äußern, dass genau aus den ebengenannten Gründen der Teil des heutigen Leitantrages zur Sozialpartnerschaft für den GLB so nicht passt und wir daher den Leitantrag nicht mit unterstützen. Aber auch der neu eingeführte 12-Stundentag und die 60-Stundenwoche stellen so ein Foul der Arbeitgeberseite dar und erfordert dringen unser Handeln.

Beim Thema Massenarbeitslosigkeit erleben wir jetzt das Phänomen, dass in einer Situation, wo beinahe 400.000 Menschen arbeitslos sind, anstelle von unterstützenden Maßnahmen und einer besseren existenziellen Absicherung über die Einführung eines degressiven Arbeitslosengeldes gesprochen wird. Die Arbeitslosenunterstützung soll mit der Bezugsdauer absinken. Notstandshilfe zeitlich begrenzt werden. Diese Diskussion zeigt wie menschverachtend die heutige Regierung agiert, und dass Menschen in ihrer Not für sie bedeutungslos sind. Gleichgültigkeit den Menschen gegenüber und soziale Kälte, das ist das neue politische Klima.

Das waren jetzt nur einige wenige Beispiele, die zeigen, dass uns in der Arbeiterkammer die Arbeit für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht ausgehen wird, und dass unsere Arbeit wichtiger ist, denn je. Abschließend möchte ich sagen, dass sich der GLB klar zur Arbeiterkammer bekennt, für starke Länderkammern ebenso eintritt wie für die Selbstverwaltung und für die finanzielle Unabhängigkeit der Arbeiterkammern. Der GLB bekennt sich klar zur Pflichtmitgliedschaft und zur AK Umlage.

In diesem Sinne wünsche ich der Arbeiterkammer und uns AK Rät*innen nach den ersten hundert Jahren auch für die nächsten hundert Jahre alles Gute und viel Kraft.

Es gilt das gesprochene Wort.