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Potenzial für Wertschöpfungsabgabe ist vorhanden

  • Freitag, 12. März 2021 @ 14:09
News Das Wertschöpfungsbarometer 2019 bestätigt einmal mehr das vorhandene Potenzial für eine offensive Lohnpolitik, zur Sicherung von Arbeitsplätzen sowie zur Finanzierung des Sozialstaates durch eine Wertschöpfungsabgabe, betont Georg Erkinger, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) und AK-Rat in der Steiermark.
Laut der Analyse der oö Arbeiterkammer der Bilanzen erwirtschafteten die 718.333 Beschäftigten von bis dato erfassten 1.740 Unternehmen eine durchschnittliche Wertschöpfung von 101.071 Euro. Davon entfielen 65.288 Euro auf Personalaufwand, 16.185 Euro auf Investitionen, 3.108 Euro auf Sonstiges und 15.490 Euro auf Gewinnausschüttung.

Signifikant in der AK-Studie ist, dass im Zeitraum von 2002 bis 2019 Wertschöpfung (plus 36 Prozent), Personalkosten (plus 35 Prozent) und Investitionen (plus 30 Prozent) ziemlich gleich gestiegen sind, hingegen die Gewinnausschüttung um 88 Prozent zugenommen hat. Der Rückgang der Pro-Kopf-Wertschöpfung seit 2017 bestätigt zudem auch, dass sich die österreichische Wirtschaft schon vor Corona in einer krisenhaften Entwicklung befand.

In einer Sonderauswertung wurde ermittelt, dass 126 von 800 untersuchten oberösterreichischen Betrieben mit insgesamt 212.700 Beschäftigten Corona und Kurzarbeit zum Trotz - nach Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 - Gewinne in Höhe von 630 Mio. Euro an Eigentümer*innen und Aktionär*innen ausgeschüttet, statt in die Unternehmen und für Arbeitsplätze investiert haben.

Das Wertschöpfungsbarometer widerlegt deutlich die Formel des früheren Wirtschaftskammer-Präsidenten Christoph Leitl „Die Gewinne von heute sind die Arbeitsplätze von morgen“. Die Studie macht deutlich, dass Eigentümer*innen und Aktionär*innen einen viel zu großen Anteil des von den Lohnabhängigen erarbeiteten Mehrwerts zur Mehrung privaten Reichtums missbrauchen oder am Kapitalmarkt verzocken statt zukunftsorientiert und am Gemeinwohl orientiert in die Unternehmen oder in den Sozialstaat zu investieren.

„Die Kollektivvertragsabschlüsse bleiben hinter der Produktivität zurück, die Kapitalseite verstärkt den Druck zur Senkung von Löhnen und Lohnnebenkosten, das Missverhältnis zwischen Produktivität und Lohn wird größer, die Sonntagsreden von sozialer Marktwirtschaft und Sozialpartnerschaft werden ad absurdum geführt“, kritisiert Erkinger.

Der GLB sieht sich durch die Studie in der Forderung nach einer Wertschöpfungsabgabe bestärkt. Diese visionäre Idee des früheren Sozialministers Alfred Dallinger (SPÖ) wurde bekanntlich Anfang der 1980er Jahre durch mediale Verteufelung als „Maschinensteuer“, „Experimentierfeld für linke Steuerideen“, „Vertreibungssteuer“ und „Unfug“ zu Fall gebracht.

„Eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage auf Wertschöpfungsbasis soll der Rationalisierung Rechnung tragen und Unternehmen mit hohem Personaleinsatz entlasten, scharf rationalisierende Unternehmen hingegen stärker belasten, was eigentlich auch im Interesse der Wirtschaftskammer und der von ihr vertretenen Klein- und Mittelbetriebe liegen müsste“ so Erkinger.