Spitalsschließungen überdenken!
- Donnerstag, 29. Oktober 2020 @ 18:00
Georg Erkinger, AK-Rat Steiermark, Bundesvorsitzender des GLB
Ende Oktober fand die einzige steirische AK-Vollversammlung des heurigen Jahres statt, die April Sitzung wurde mit dem Verweis auf die Corona-Pandemie abgesagt. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als befremdlich, dass die Mehrheitsfraktion FSG im Vorfeld dieser Sitzung versucht hat, das Stellen eigener Anträge zu unterbinden. So stellte Alexander Lechner, Fraktionsführer der FSG in einem Mail an die anderen Fraktionen fest: „Um eine rasche und eine effiziente Vollversammlung im Sinne der Corona-Schutzbestimmungen abhalten zu können, haben wir uns ja darauf verständigt nur gemeinsame Anträge und Resolutionen einzubringen.“
Der GLB hat dieser Vorgangsweise jedenfalls nie zugestimmt und wir werden unsere Rechte auch nicht unter dem Vorwand Corona einschränken lassen. Neben zahlreichen von der FSG verfassten gemeinsamen Anträgen, gab es daher auch eigene Anträge des GLB.
Das Behinderteneinstellungsgesetz sieht für Unternehmen, die ihren Einstellungsverpflichtungen nicht nachkommen, derzeit nur sehr geringe Ausgleichszahlungen vor. Rund 80 Prozent der betroffenen Unternehmen bevorzugen daher diese Ausgleichszahlungen, anstatt entsprechende Einstellungen vorzunehmen. Der GLB forderte daher die Anhebung der Ausgleichstaxe auf ein wesentlich höheres Niveau.
Beim GLB-Antrag für die Einrichtung einer Corona-Kinderbetreuungshotline für Eltern, PädagogInnen und Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen geschah Erstaunliches. Ohne Absprache wurde der Text von den Sozialdemokraten wortwörtlich kopiert und als gemeinsamer Antrag eingereicht. Dabei hatte die SPÖ den Antrag wenige Wochen zuvor noch im Landtag abgelehnt, doch dies dürfte im Vorfeld der Sitzung nicht aufgefallen sein.
Gleichzeitig hat die FSG bei der Forderung der Erhöhung der Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes der Mut verlassen. Ein bereits abgestimmter Antragsentwurf wurde nicht eingebracht. Der GLB hat diesen Text als dringlichen Antrag eingebracht, woraufhin die FSG bei ihren eigenen Formulierungen auf Zuweisung zum Ausschuss gestimmt hat.
GLB-Arbeiterkammerrat Georg Erkinger ging in seiner Wortmeldung auf die Vorgangsweise der Sozialdemokratie ein: „Nicht das Virus hat dazu geführt, dass es nur eine Vollversammlung gegeben hat, es war dies die Entscheidung der Mehrheitsfraktion. In anderen Bundesländern haben vor dem Sommer Vollversammlungen stattgefunden. Dort wo es gemeinsame Ansichten gibt, sind wir gerne zu gemeinsamen Anträgen bereit, wo das nicht der Fall ist, werden wir weiterhin eigene Stellen.“
Trotz Corona-Pandemie konnte sich die Sozialdemokratie nicht dazu durchringen dem GLB Antrag für den Erhalt der Spitäler in Rottenmann, Bad Aussee und Schladming zuzustimmen. Der Antrag wurde mit den Stimmen der FSG, des ÖAAB und der AUGE einem Ausschuss zugewiesen.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Antrag 1: Spitalsreform – Zurück an den Start
Die Menschen im Bezirk Liezen haben im April 2019 bei einer Volksbefragung ein deutliches Signal gegen die Schließung der drei bestehenden Spitäler in Rottenmann, Schladming und Bad Aussee gesetzt. Im heurigen Jahr hat sich im Zuge der Covid19-Pandemie gezeigt, wie wichtig eine dezentrale, dichte medizinische Versorgung ist. Gerade die – ob ihrer Anzahl an Spitalsbetten und Spitalsdichte in der Vergangenheit vielgescholtenen – Staaten waren es nämlich, die der Corona-Krise offenkundig besser trotzen konnten. GesundheitsexpertInnen haben im Verlauf der Covid19-Krise immer wieder erleichtert darauf hingewiesen, dass Österreich im OECD-Schnitt vergleichsweise gut dastehe, wenn es um Akut- und Intensivbetten in Krankenhäusern geht.
Trotzdem beharrt die steirische Landesregierung darauf, die Schließung aller drei Standorte durchzuziehen und ein gänzlich neues Zentralkrankenhaus in Stainach auf der grünen Wiese zu errichten. Dabei zeichnet sich ab, dass die Kosten für das von der Landesregierung gewünschten einzigen Zentralkrankenhaus für den Bezirk Liezen völlig aus dem Ruder laufen. Die – ohnehin schon immensen – Kosten von 250 Millionen Euro (auf Preisbasis 2018) könnten sich aufgrund der Bodenbeschaffenheit (Altlasten, Hochwassergefahr) des von der Regierung als „bestgeeignet“ gelobten Grundstücks durchaus verdoppeln.
Die Bevölkerung erwartet sich jetzt ein Einlenken und Überdenken der Schließungspläne. Schließlich wurden alle Einwände, die gegen ein Zentralkrankenhaus im flächenmäßig größten Bezirk der Steiermark sprechen, bisher vom Tisch gewischt:
- Die Anzahl der Nebeltage in Stainach, die an durchschnittlich etwa 100 Tagen im Jahr den Einsatz von Notarzt-Hubschraubern zumindest fraglich macht.
- Die Verlängerung der Wege zum Spital, die sich für alle BewohnerInnen Liezens - mit Ausnahme des Raumes Stainach – deutlich verlängern.
- Das erhöhte Verkehrsaufkommen zu gewissen Zeiten, das die Schätzungen der Landesregierung, was die Erreichbarkeit betrifft, zudem noch in Frage stellt.
- Die Versorgung durch die angekündigten Gesundheitszentren, die ein drastischer Rückschritt in Bezug auf Qualität, Ausstattung und Öffnungszeiten bedeutet.
- Mangelnde notärztliche und fachärztliche Versorgung durch Wegfall der Spitalstandorte in weiten Teilen des Bezirkes.
- Am Standort Rottenmann steht ein vollwertiges und neuwertiges Krankenhaus zur Verfügung, dessen Schließung wirtschaftlich und gesundheitspolitisch unsinnig erscheint.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um zurück an den Start zu gehen und einen ehrlichen und ergebnisoffenen Dialog mit der Bevölkerung zu starten.
Die 3. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die steirische Landesregierung dazu auf:
- einen sofortigen Stopp der Planungs- und Vorbereitungsarbeiten für ein Zentralspital im Bezirk Liezen zu verfügen, um eine ergebnisoffene Diskussion und Neu-Planung der Spitalsversorgung unter Einbindung der Bevölkerung sowie unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Volksbefragung vom 7. April 2019 zu ermöglichen,
- die vorliegenden Planungen bezüglich der Verringerung und Verkleinerung bestehender Spitalsstandorte in der Steiermark zurückzunehmen und den Regionalen Strukturplan Gesundheit im Hinblick auf die Lehren aus der Covid-19-Pandemie gänzlich im Sinne einer regionalen und wohnortnahen stationären Versorgung neu aufzustellen.
Antrag 2: „Kinderbetreuungs-Hotline“ in Corona-Zeiten
Die Arbeitsbedingungen der ElementarpädagogInnen, KinderbetreuerInnen und Nachmittags- bzw. FreizeitpädagogInnen haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Unfreiwillige Teilzeitarbeit ist zur Regel, die Aufgaben sind immer mehr geworden, der Verdienst blieb aber vergleichsweise gering. Die seit Jahrzehnten geforderte Senkung der Gruppengröße bzw. Erhöhung des Personalschlüssels wird bei jeder Novellierung verschoben und die PädagogInnen ein ums andere Mal vertröstet.
Eine Studie, die im Auftrag der Arbeiterkammer die Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen von KindergartenpädagogInnen in der Steiermark untersucht hat, zeigt nun auf, dass die Arbeitsbedingungen für die PädagogInnen leider sehr belastend sind. 30 Prozent der befragten PädagogInnen sind ernsthaft Burnout-gefährdet, weitere 21,8 Prozent sind bereits in einer niedrigen Burnout-Stufe, etwa 3 Prozent sind aufgrund von Burnout bereits arbeitsunfähig. Als Grund für die Überlastung werden u.a. folgende Gründe angegeben:
- zu wenig Vertretungspersonal
- zu wenig Personal insgesamt
- nicht genügend Vorbereitungszeit
- Mehrarbeit/Überstunden.
Alarmierend sollte gerade für politische VerantwortungsträgerInnen sein, dass die PädagogInnen speziell von Trägern und Politik nicht viel Rückhalt erleben; es gibt viele Vorgaben, aber wenig empathische Unterstützung. Die Einkommenssituation wird als sehr unbefriedigend empfunden. 47,4 Prozent sind mit dem Gehalt unzufrieden, der Leitungszuschlag ist äußerst unattraktiv. Grund für das geringe Einkommen ist vor allem auch die unfreiwillige Teilzeitarbeit: Rund 80 Prozent der Teilzeitangestellten wollen eigentlich mehr arbeiten.
Nicht nur für LeiterInnen-Stellen finden sich daher kaum noch BewerberInnen, sondern im gesamten Kinderbildungs- und –betreuungsbereich ist das Personal knapp. Viele PädagogInnen wechseln lieber in andere Bereiche, als den erlernten Beruf unter diesen Bedingungen weiter auszuüben. Mit der Corona-Pandemie hat sich die Lage, die ohnehin schon herausfordernd genug ist, noch weiter verschärft.
Der Start des neuen Kindergartenjahres 2020/21 wirft angesichts der aktuellen Corona-Situation zahlreiche Fragen für Eltern, PädagogInnen, Tagesmütter/-väter und ErhalterInnen auf. Um eine zentrale Anlaufstelle zu schaffen, wurde deshalb in Wien eine eigene „Kinderbetreuungs-Corona-Hotline“ eingerichtet. Unter der Telefonnummer 90 141 ist die Hotline wochentags jeweils von 7:30 bis 18:00 Uhr erreichbar.
Auch in der Steiermark wäre eine solche Hotline notwendig. In der aktuellen Situation ist es dringend erforderlich, Klarheit und transparente Rahmenbedingen zu schaffen, um den Kindern, Familien und PädagogInnen einen möglichst reibungslosen Ablauf im Kindergartenalltag zu ermöglichen.
Die 3. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die steirische Landesregierung dazu auf nach Wiener Vorbild eine kostenfreie Corona-Hotline für alle Fragen von Eltern, PädagogInnen und Trägern rund um die Kinderbetreuung einzurichten.
Antrag 3: Anhebung der Ausgleichstaxe
Alle DienstgeberInnen im Bundesgebiet müssen grundsätzlich aufgrund der in § 1 Abs. 1 im Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) normierten Einstellungspflicht mindestens einen Menschen mit Behinderung auf je 25 DienstnehmerInnen einstellen. Betriebe, die dieser Verpflichtung nicht nachkommen, werden mit einer Ausgleichstaxe belastet, die laut BEinstG ab 1. Jänner 2011 mit monatlich 226 Euro für jede Person, die einzustellen wäre, festgesetzt wurde.
Die Ausgleichstaxe erhöht sich für DienstgeberInnen, die 100 oder mehr bzw. 400 oder mehr DienstnehmerInnen beschäftigen. Durch den gesetzlich festgelegten jährlichen Anpassungsfaktor sowie die Staffelung der Ausgleichstaxe je nach Anzahl der im Betrieb beschäftigten Personen ergab sich im Jahr 2020 ein Betrag zwischen 267 und 398 Euro pro offener Pflichtstelle und Monat. Dieser vergleichsweise geringe Betrag bietet einen starken Anreiz für DienstgeberInnen, sich der gesellschaftlichen Verpflichtung zur Integration von Menschen mit Behinderung durch ein kleines Pönale zu entziehen.
Selbiges bestätigt auch der Tätigkeitsbericht der Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung 2018/2019, wo zu lesen ist, dass „der Anteil jener Betriebe mit mehr als 25 Mitarbeiter/innen, die in Erfüllung der grundsätzlichen Verpflichtungen des BEinStG mindestens eine/n begünstigt behinderten Dienstnehmer/in beschäftigen 2018 österreichweit auf einen langjährigen Tiefststand von 21 Prozent gesunken [ist]. Da seit 2018 dazu keine bundesländerbezogenen Daten zur Verfügung gestellt werden, die Steiermark 2017 mit 25 Prozent eine, dem nationalen Trend entsprechende ebenfalls seit Jahren sehr geringe Erfüllungsquote aufwies, ist diese Entwicklung auch hier als gegeben anzunehmen.“
Nur ein Viertel der einstellungspflichtigen Unternehmen kommt – österreichweit, aber auch in der Steiermark – der Beschäftigungspflicht laut BEinstG nach. Drei Viertel der Unternehmen bevorzugen jedoch die Bezahlung der Ausgleichstaxe. Die Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung verweist in diesem Zusammenhang auch auf die erneut steigende Arbeitslosenquote unter Menschen mit Behinderung. Angesichts der Corona-Krise wird im Bericht auch darauf hingewiesen, dass krisenhafte Phasen in der Wirtschaft zu überproportional negativen Auswirkungen auf die Beschäftigungslage von behinderten Personen führen.
Dementsprechend empfiehlt die Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung auch, „die wiederholt geforderte Erhöhung der so genannten Ausgleichstaxe, mit deren Entrichtung sich die Unternehmen von der Einstellungspflicht freikaufen können, auf die Höhe eines kollektivvertraglichen Mindestlohnes gegenüber dem Bundesgesetzgeber uneingeschränkt aufrecht zu erhalten.“
Die 3. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die österreichische Bundesregierung dazu auf, die Ausgleichstaxe gem. § 9 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz auf ein wesentlich höheres Niveau anzuheben, um die Durchsetzung der Anstellungspflicht zu fördern.
Dringlicher Antrag 1: Erhöhung Arbeitslosengeld und mehr Personal für das AMS Steiermark
Die Covid-19-Krise führte seit Mitte März 2020 zu einer Rekordarbeitslosigkeit in Österreich. Die Zahl der Arbeitslosen geht zwar seit Mitte April zurück, den-noch liegt die Zahl der beim AMS vorgemerkten Personen weit über dem Niveau des Vorjahres. So waren Ende August 42.144 Personen beim AMS Steiermark als arbeitslos gemeldet, das ist gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel mehr. Einschließlich der 6.275 TeilnehmerInnen an Schulungen waren damit in der Steiermark 48.419 Personen ohne Arbeit. Neben der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist es von zentraler Bedeutung, die soziale Absicherung von bereits Arbeitslosen zu verbessern.
BezieherInnen von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gehören zu den am stärksten von Armut betroffenen und gefährdeten Personengruppen. Das durchschnittliche monatliche Arbeitslosengeld lag im April 2020 bei 970 Euro und somit bereits weit unter der Armutsgefährdungsgrenze von 1.286 Euro (EU-SILC 2019). Man sieht daher deutlich, dass die Leistungen nicht existenz-sichernd sind.
Der massive Anstieg an Arbeitslosigkeit und die eingeführte Covid-Kurzarbeitsbeihilfe führten zu einer enormen Antragsflut beim AMS, die v.a. die personelle Belastungsgrenze bei weitem überschritt. So waren z. B. im Zeitraum der Covid-Kurzarbeitsphase 1 (März bis Juni) beim AMS Steiermark 200 MitarbeiterInnen nur mit der Abwicklung der Kurzarbeit beschäftigt. Ende August befanden sich 76.922 Beschäftigte in mehr als 4.400 steirischen Betrieben in Corona-Kurzarbeit.
Die Covid-Pandemie führte zudem dazu, dass gewohnte persönliche Beratung der KundInnen primär durch eine digitale Kommunikation und zeitaufwendigere telefonische Beratung ersetzt wurde. Hinzu kommt die neue Corona-Arbeitsstiftung, mit der bis zu 100.000 Menschen bundesweit zusätzlich qualifiziert und gefördert werden sollen.
Mit der von der Bundesregierung zugesagten Personalaufstockung um österreichweit 250 Planstellen, von denen die Steiermark 23,2 erhält, wurde ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Es zeichnet sich jedoch jetzt schon ab, dass diese bundesweit zu gering angesetzt wurde. Um die Arbeit in ähnlicher Qualität wie im Vorjahr erbringen zu können, bedarf es im AMS Steiermark zumindest 50 weiterer Planstellen.
Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert daher die österreichische Bundesregierung auf, eine Gesetzesänderung dahingehend zu initiieren,
- wonach die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld von derzeit 55 auf 75 Prozent erhöht wird;
- eine jährliche Valorisierung der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung mit dem sozialversicherungsrechtlichen Anpassungsfaktor stattfindet
- dass das AMS Steiermark für die Erfüllung seiner Aufgaben mit zumindest 50 weiteren Planstellen ausgestattet wird.
Ende Oktober fand die einzige steirische AK-Vollversammlung des heurigen Jahres statt, die April Sitzung wurde mit dem Verweis auf die Corona-Pandemie abgesagt. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als befremdlich, dass die Mehrheitsfraktion FSG im Vorfeld dieser Sitzung versucht hat, das Stellen eigener Anträge zu unterbinden. So stellte Alexander Lechner, Fraktionsführer der FSG in einem Mail an die anderen Fraktionen fest: „Um eine rasche und eine effiziente Vollversammlung im Sinne der Corona-Schutzbestimmungen abhalten zu können, haben wir uns ja darauf verständigt nur gemeinsame Anträge und Resolutionen einzubringen.“
Der GLB hat dieser Vorgangsweise jedenfalls nie zugestimmt und wir werden unsere Rechte auch nicht unter dem Vorwand Corona einschränken lassen. Neben zahlreichen von der FSG verfassten gemeinsamen Anträgen, gab es daher auch eigene Anträge des GLB.
Das Behinderteneinstellungsgesetz sieht für Unternehmen, die ihren Einstellungsverpflichtungen nicht nachkommen, derzeit nur sehr geringe Ausgleichszahlungen vor. Rund 80 Prozent der betroffenen Unternehmen bevorzugen daher diese Ausgleichszahlungen, anstatt entsprechende Einstellungen vorzunehmen. Der GLB forderte daher die Anhebung der Ausgleichstaxe auf ein wesentlich höheres Niveau.
Beim GLB-Antrag für die Einrichtung einer Corona-Kinderbetreuungshotline für Eltern, PädagogInnen und Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen geschah Erstaunliches. Ohne Absprache wurde der Text von den Sozialdemokraten wortwörtlich kopiert und als gemeinsamer Antrag eingereicht. Dabei hatte die SPÖ den Antrag wenige Wochen zuvor noch im Landtag abgelehnt, doch dies dürfte im Vorfeld der Sitzung nicht aufgefallen sein.
Gleichzeitig hat die FSG bei der Forderung der Erhöhung der Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes der Mut verlassen. Ein bereits abgestimmter Antragsentwurf wurde nicht eingebracht. Der GLB hat diesen Text als dringlichen Antrag eingebracht, woraufhin die FSG bei ihren eigenen Formulierungen auf Zuweisung zum Ausschuss gestimmt hat.
GLB-Arbeiterkammerrat Georg Erkinger ging in seiner Wortmeldung auf die Vorgangsweise der Sozialdemokratie ein: „Nicht das Virus hat dazu geführt, dass es nur eine Vollversammlung gegeben hat, es war dies die Entscheidung der Mehrheitsfraktion. In anderen Bundesländern haben vor dem Sommer Vollversammlungen stattgefunden. Dort wo es gemeinsame Ansichten gibt, sind wir gerne zu gemeinsamen Anträgen bereit, wo das nicht der Fall ist, werden wir weiterhin eigene Stellen.“
Trotz Corona-Pandemie konnte sich die Sozialdemokratie nicht dazu durchringen dem GLB Antrag für den Erhalt der Spitäler in Rottenmann, Bad Aussee und Schladming zuzustimmen. Der Antrag wurde mit den Stimmen der FSG, des ÖAAB und der AUGE einem Ausschuss zugewiesen.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Antrag 1: Spitalsreform – Zurück an den Start
Die Menschen im Bezirk Liezen haben im April 2019 bei einer Volksbefragung ein deutliches Signal gegen die Schließung der drei bestehenden Spitäler in Rottenmann, Schladming und Bad Aussee gesetzt. Im heurigen Jahr hat sich im Zuge der Covid19-Pandemie gezeigt, wie wichtig eine dezentrale, dichte medizinische Versorgung ist. Gerade die – ob ihrer Anzahl an Spitalsbetten und Spitalsdichte in der Vergangenheit vielgescholtenen – Staaten waren es nämlich, die der Corona-Krise offenkundig besser trotzen konnten. GesundheitsexpertInnen haben im Verlauf der Covid19-Krise immer wieder erleichtert darauf hingewiesen, dass Österreich im OECD-Schnitt vergleichsweise gut dastehe, wenn es um Akut- und Intensivbetten in Krankenhäusern geht.
Trotzdem beharrt die steirische Landesregierung darauf, die Schließung aller drei Standorte durchzuziehen und ein gänzlich neues Zentralkrankenhaus in Stainach auf der grünen Wiese zu errichten. Dabei zeichnet sich ab, dass die Kosten für das von der Landesregierung gewünschten einzigen Zentralkrankenhaus für den Bezirk Liezen völlig aus dem Ruder laufen. Die – ohnehin schon immensen – Kosten von 250 Millionen Euro (auf Preisbasis 2018) könnten sich aufgrund der Bodenbeschaffenheit (Altlasten, Hochwassergefahr) des von der Regierung als „bestgeeignet“ gelobten Grundstücks durchaus verdoppeln.
Die Bevölkerung erwartet sich jetzt ein Einlenken und Überdenken der Schließungspläne. Schließlich wurden alle Einwände, die gegen ein Zentralkrankenhaus im flächenmäßig größten Bezirk der Steiermark sprechen, bisher vom Tisch gewischt:
- Die Anzahl der Nebeltage in Stainach, die an durchschnittlich etwa 100 Tagen im Jahr den Einsatz von Notarzt-Hubschraubern zumindest fraglich macht.
- Die Verlängerung der Wege zum Spital, die sich für alle BewohnerInnen Liezens - mit Ausnahme des Raumes Stainach – deutlich verlängern.
- Das erhöhte Verkehrsaufkommen zu gewissen Zeiten, das die Schätzungen der Landesregierung, was die Erreichbarkeit betrifft, zudem noch in Frage stellt.
- Die Versorgung durch die angekündigten Gesundheitszentren, die ein drastischer Rückschritt in Bezug auf Qualität, Ausstattung und Öffnungszeiten bedeutet.
- Mangelnde notärztliche und fachärztliche Versorgung durch Wegfall der Spitalstandorte in weiten Teilen des Bezirkes.
- Am Standort Rottenmann steht ein vollwertiges und neuwertiges Krankenhaus zur Verfügung, dessen Schließung wirtschaftlich und gesundheitspolitisch unsinnig erscheint.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um zurück an den Start zu gehen und einen ehrlichen und ergebnisoffenen Dialog mit der Bevölkerung zu starten.
Die 3. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die steirische Landesregierung dazu auf:
- einen sofortigen Stopp der Planungs- und Vorbereitungsarbeiten für ein Zentralspital im Bezirk Liezen zu verfügen, um eine ergebnisoffene Diskussion und Neu-Planung der Spitalsversorgung unter Einbindung der Bevölkerung sowie unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Volksbefragung vom 7. April 2019 zu ermöglichen,
- die vorliegenden Planungen bezüglich der Verringerung und Verkleinerung bestehender Spitalsstandorte in der Steiermark zurückzunehmen und den Regionalen Strukturplan Gesundheit im Hinblick auf die Lehren aus der Covid-19-Pandemie gänzlich im Sinne einer regionalen und wohnortnahen stationären Versorgung neu aufzustellen.
Antrag 2: „Kinderbetreuungs-Hotline“ in Corona-Zeiten
Die Arbeitsbedingungen der ElementarpädagogInnen, KinderbetreuerInnen und Nachmittags- bzw. FreizeitpädagogInnen haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Unfreiwillige Teilzeitarbeit ist zur Regel, die Aufgaben sind immer mehr geworden, der Verdienst blieb aber vergleichsweise gering. Die seit Jahrzehnten geforderte Senkung der Gruppengröße bzw. Erhöhung des Personalschlüssels wird bei jeder Novellierung verschoben und die PädagogInnen ein ums andere Mal vertröstet.
Eine Studie, die im Auftrag der Arbeiterkammer die Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen von KindergartenpädagogInnen in der Steiermark untersucht hat, zeigt nun auf, dass die Arbeitsbedingungen für die PädagogInnen leider sehr belastend sind. 30 Prozent der befragten PädagogInnen sind ernsthaft Burnout-gefährdet, weitere 21,8 Prozent sind bereits in einer niedrigen Burnout-Stufe, etwa 3 Prozent sind aufgrund von Burnout bereits arbeitsunfähig. Als Grund für die Überlastung werden u.a. folgende Gründe angegeben:
- zu wenig Vertretungspersonal
- zu wenig Personal insgesamt
- nicht genügend Vorbereitungszeit
- Mehrarbeit/Überstunden.
Alarmierend sollte gerade für politische VerantwortungsträgerInnen sein, dass die PädagogInnen speziell von Trägern und Politik nicht viel Rückhalt erleben; es gibt viele Vorgaben, aber wenig empathische Unterstützung. Die Einkommenssituation wird als sehr unbefriedigend empfunden. 47,4 Prozent sind mit dem Gehalt unzufrieden, der Leitungszuschlag ist äußerst unattraktiv. Grund für das geringe Einkommen ist vor allem auch die unfreiwillige Teilzeitarbeit: Rund 80 Prozent der Teilzeitangestellten wollen eigentlich mehr arbeiten.
Nicht nur für LeiterInnen-Stellen finden sich daher kaum noch BewerberInnen, sondern im gesamten Kinderbildungs- und –betreuungsbereich ist das Personal knapp. Viele PädagogInnen wechseln lieber in andere Bereiche, als den erlernten Beruf unter diesen Bedingungen weiter auszuüben. Mit der Corona-Pandemie hat sich die Lage, die ohnehin schon herausfordernd genug ist, noch weiter verschärft.
Der Start des neuen Kindergartenjahres 2020/21 wirft angesichts der aktuellen Corona-Situation zahlreiche Fragen für Eltern, PädagogInnen, Tagesmütter/-väter und ErhalterInnen auf. Um eine zentrale Anlaufstelle zu schaffen, wurde deshalb in Wien eine eigene „Kinderbetreuungs-Corona-Hotline“ eingerichtet. Unter der Telefonnummer 90 141 ist die Hotline wochentags jeweils von 7:30 bis 18:00 Uhr erreichbar.
Auch in der Steiermark wäre eine solche Hotline notwendig. In der aktuellen Situation ist es dringend erforderlich, Klarheit und transparente Rahmenbedingen zu schaffen, um den Kindern, Familien und PädagogInnen einen möglichst reibungslosen Ablauf im Kindergartenalltag zu ermöglichen.
Die 3. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die steirische Landesregierung dazu auf nach Wiener Vorbild eine kostenfreie Corona-Hotline für alle Fragen von Eltern, PädagogInnen und Trägern rund um die Kinderbetreuung einzurichten.
Antrag 3: Anhebung der Ausgleichstaxe
Alle DienstgeberInnen im Bundesgebiet müssen grundsätzlich aufgrund der in § 1 Abs. 1 im Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) normierten Einstellungspflicht mindestens einen Menschen mit Behinderung auf je 25 DienstnehmerInnen einstellen. Betriebe, die dieser Verpflichtung nicht nachkommen, werden mit einer Ausgleichstaxe belastet, die laut BEinstG ab 1. Jänner 2011 mit monatlich 226 Euro für jede Person, die einzustellen wäre, festgesetzt wurde.
Die Ausgleichstaxe erhöht sich für DienstgeberInnen, die 100 oder mehr bzw. 400 oder mehr DienstnehmerInnen beschäftigen. Durch den gesetzlich festgelegten jährlichen Anpassungsfaktor sowie die Staffelung der Ausgleichstaxe je nach Anzahl der im Betrieb beschäftigten Personen ergab sich im Jahr 2020 ein Betrag zwischen 267 und 398 Euro pro offener Pflichtstelle und Monat. Dieser vergleichsweise geringe Betrag bietet einen starken Anreiz für DienstgeberInnen, sich der gesellschaftlichen Verpflichtung zur Integration von Menschen mit Behinderung durch ein kleines Pönale zu entziehen.
Selbiges bestätigt auch der Tätigkeitsbericht der Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung 2018/2019, wo zu lesen ist, dass „der Anteil jener Betriebe mit mehr als 25 Mitarbeiter/innen, die in Erfüllung der grundsätzlichen Verpflichtungen des BEinStG mindestens eine/n begünstigt behinderten Dienstnehmer/in beschäftigen 2018 österreichweit auf einen langjährigen Tiefststand von 21 Prozent gesunken [ist]. Da seit 2018 dazu keine bundesländerbezogenen Daten zur Verfügung gestellt werden, die Steiermark 2017 mit 25 Prozent eine, dem nationalen Trend entsprechende ebenfalls seit Jahren sehr geringe Erfüllungsquote aufwies, ist diese Entwicklung auch hier als gegeben anzunehmen.“
Nur ein Viertel der einstellungspflichtigen Unternehmen kommt – österreichweit, aber auch in der Steiermark – der Beschäftigungspflicht laut BEinstG nach. Drei Viertel der Unternehmen bevorzugen jedoch die Bezahlung der Ausgleichstaxe. Die Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung verweist in diesem Zusammenhang auch auf die erneut steigende Arbeitslosenquote unter Menschen mit Behinderung. Angesichts der Corona-Krise wird im Bericht auch darauf hingewiesen, dass krisenhafte Phasen in der Wirtschaft zu überproportional negativen Auswirkungen auf die Beschäftigungslage von behinderten Personen führen.
Dementsprechend empfiehlt die Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung auch, „die wiederholt geforderte Erhöhung der so genannten Ausgleichstaxe, mit deren Entrichtung sich die Unternehmen von der Einstellungspflicht freikaufen können, auf die Höhe eines kollektivvertraglichen Mindestlohnes gegenüber dem Bundesgesetzgeber uneingeschränkt aufrecht zu erhalten.“
Die 3. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die österreichische Bundesregierung dazu auf, die Ausgleichstaxe gem. § 9 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz auf ein wesentlich höheres Niveau anzuheben, um die Durchsetzung der Anstellungspflicht zu fördern.
Dringlicher Antrag 1: Erhöhung Arbeitslosengeld und mehr Personal für das AMS Steiermark
Die Covid-19-Krise führte seit Mitte März 2020 zu einer Rekordarbeitslosigkeit in Österreich. Die Zahl der Arbeitslosen geht zwar seit Mitte April zurück, den-noch liegt die Zahl der beim AMS vorgemerkten Personen weit über dem Niveau des Vorjahres. So waren Ende August 42.144 Personen beim AMS Steiermark als arbeitslos gemeldet, das ist gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel mehr. Einschließlich der 6.275 TeilnehmerInnen an Schulungen waren damit in der Steiermark 48.419 Personen ohne Arbeit. Neben der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist es von zentraler Bedeutung, die soziale Absicherung von bereits Arbeitslosen zu verbessern.
BezieherInnen von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gehören zu den am stärksten von Armut betroffenen und gefährdeten Personengruppen. Das durchschnittliche monatliche Arbeitslosengeld lag im April 2020 bei 970 Euro und somit bereits weit unter der Armutsgefährdungsgrenze von 1.286 Euro (EU-SILC 2019). Man sieht daher deutlich, dass die Leistungen nicht existenz-sichernd sind.
Der massive Anstieg an Arbeitslosigkeit und die eingeführte Covid-Kurzarbeitsbeihilfe führten zu einer enormen Antragsflut beim AMS, die v.a. die personelle Belastungsgrenze bei weitem überschritt. So waren z. B. im Zeitraum der Covid-Kurzarbeitsphase 1 (März bis Juni) beim AMS Steiermark 200 MitarbeiterInnen nur mit der Abwicklung der Kurzarbeit beschäftigt. Ende August befanden sich 76.922 Beschäftigte in mehr als 4.400 steirischen Betrieben in Corona-Kurzarbeit.
Die Covid-Pandemie führte zudem dazu, dass gewohnte persönliche Beratung der KundInnen primär durch eine digitale Kommunikation und zeitaufwendigere telefonische Beratung ersetzt wurde. Hinzu kommt die neue Corona-Arbeitsstiftung, mit der bis zu 100.000 Menschen bundesweit zusätzlich qualifiziert und gefördert werden sollen.
Mit der von der Bundesregierung zugesagten Personalaufstockung um österreichweit 250 Planstellen, von denen die Steiermark 23,2 erhält, wurde ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Es zeichnet sich jedoch jetzt schon ab, dass diese bundesweit zu gering angesetzt wurde. Um die Arbeit in ähnlicher Qualität wie im Vorjahr erbringen zu können, bedarf es im AMS Steiermark zumindest 50 weiterer Planstellen.
Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert daher die österreichische Bundesregierung auf, eine Gesetzesänderung dahingehend zu initiieren,
- wonach die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld von derzeit 55 auf 75 Prozent erhöht wird;
- eine jährliche Valorisierung der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung mit dem sozialversicherungsrechtlichen Anpassungsfaktor stattfindet
- dass das AMS Steiermark für die Erfüllung seiner Aufgaben mit zumindest 50 weiteren Planstellen ausgestattet wird.