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Für globale Gewerkschaftseinheit

  • Dienstag, 28. April 2020 @ 09:34
International
Oliver Jonischkeit über 75 Jahre Weltgewerkschaftsbund

Vom 6.-17. Februar 1945 tagten über 200 Delegierte in County Hall, London, um Grundlagen für eine einheitliche weltweite Gewerkschaftsbewegung zu schaffen und die Einberufung der Gründungskonferenz des Weltgewerkschaftsbundes vorzubereiten. Beschlossen wurde ein „Manifest an die Völker und an die Werktätigen der ganzen Welt“. Am 25. September 1945 wurde die Weltgewerkschaftskonferenz im Palais de Chaillot in Paris fortgesetzt und am 3. Oktober 1945 beim 1. Kongress der Weltgewerkschaftsbund (WGB) gegründet.

In der Präambel des Statuts wird festgehalten: „Der WGB kämpft für die Schaffung einer Weltordnung, die sich auf eine friedliche Gemeinschaft von souveränen Nationen stützt, in denen die Werktätigen in vollem Umfang den Platz in der Gesellschaft einnehmen, der ihnen als Produzenten aller materiellen und geistigen Reichtümer der Menschheit in einer Welt zukommt, in der soziale Gerechtigkeit herrscht, was die Möglichkeit ausschließt, dass Menschen andere Menschen ausbeuten und unterwerfen“.

Das Hauptziel, die Befreiung der Werktätigen, soll erreicht werden durch Kampf gegen die kapitalistische Ausbeutung, umfassende Sozialgesetzgebung, Recht und die Garantie auf Arbeit – aber auch durch Kampf für internationale Entspannung, für einen gerechten und dauerhaften Frieden, Einstellung des Wettrüstens – bis hin zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung. Zu den Gründungsorganisationen gehörte auch der eben erst gegründete ÖGB.

Lange hielt die Einheit nicht: Bereits 1948 gab es aus den USA kräftige Bemühungen die Einheit zu spalten und die Gewerkschaften der „freien Welt“ extra zu organisieren. James B. Carey, Vertreter der US- Gewerkschaft CIO, bezeichnete den WGB als Kadaver, der zu Grabe getragen werden solle. Im Dezember 1949 wurde mit der Gründung des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften (IBFG) in London die Spaltung vollzogen, dem sich auch der ÖGB anschloss. Hinter dieser Spaltung stand auch die französische Regierung, welche die WGB-Zentrale aus dem Land warf, die daraufhin nach Wien verlegt wurde.

Dort fand vom 10.-21. Oktober 1953 der 3. Kongress des WGB mit über 700 Delegierten aus 79 Ländern stattfand. 1956, am Höhepunkt des „Kalten Krieges“, machte sich die österreichische Regierung zum Sprecher einer Verleumdungskampagne gegen den WGB, veranlasste die Schließung seiner Zentrale in Wien, die daraufhin nach Prag übersiedelte.

Neben dem Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung, für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, war und ist dem WGB jener für Frieden immer ein besonderes Anliegen. Bereits 1950 unterstützte auch der WGB den „Stockholmer Appell“, mit dem Hunderttausende ein Verbot der Kernwaffen forderten. Der WGB hat sich aktiv gegen den Korea- und Vietnamkrieg eingesetzt, für eine Abschaffung der Apartheid in Südafrika, gegen das faschistische Pinochet-Regime in Chile.

Das Ende der sozialistischen Staaten Europas sorgte für eine langanhaltende „Schockstarre“ im Weltgewerkschaftsbund, aus der er auf seinem 14. Kongress 2000 in Neu Delhi langsam erwachte – mit der Entscheidung, regionale Strukturen zu schaffen. Dies führte dann auch zur Gründung eines Regionalbüros für Europa, dessen Sekretariat auch der GLB angehört. Cleanthes Cleanthous von der PEO (Zypern) war Koordinator des Büros, ihm folgte Pieris Pieri – ebenfalls aus Zypern.

Mit dem 15. WGB-Kongress im Dezember 2005 in Havanna wurde dann die Umgestaltung des WGB in eine Plattform klassenorientierter Gewerkschaften vollzogen. Ab diesem Zeitpunkt gelang es vor allem in Asien, Lateinamerika und Afrika, viele Gewerkschaften als Mitglieder und Beobachter zu gewinnen. Der letzte Kongress fand vom 5.-8. Oktober 2016 in Durban, Südafrika, teil. Daran nahm neben dem GLB mit Marcus Strohmeier für den ÖGB als Beobachter teil.

Jährlich am 3. Oktober – zum Gründungsdatum des WGB – findet ein weltweiter Aktionstag des WGB statt. Je nach Stärke beteiligen sich Gewerkschaften mit Streiks, großen Demonstrationen, Seminaren – oder auch kleineren Aktionen. Zuletzt waren dies Aktionen gegen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen oder die weltweite Einführung der 35-Stunden-Woche – an fünf Tagen jeweils maximal sieben Stunden. Der GLB beteiligt sich im Rahmen seiner Möglichkeiten an den Aktionstagen.

Größere Aktionen, Demonstrationen und Streiks finden durch WGB-Gewerkschaften in Griechenland (PAME), Italien (USB) und dem Baskenland (LAB) statt, aber auch einzelne Gewerkschaften Portugals und Frankreichs (CGT), die dem WGB angehören, führen immer wieder Arbeitskämpfe. Auch in Zypern gibt es immer wieder große Aktionen des Gewerkschaftsverbandes PEO.

Der GLB war zwei Mal Gastgeber von Treffen des Regionalbüros Europa des WGB – zuletzt 2016, wobei im Anschluss an die Sitzung eine Solidaritätskundgebung für kämpfende französische Kolleginnen und Kollegen sowie gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP vor dem „Haus der EU“ in Wien stattfand. Sozusagen als Verbindung von Theorie und Praxis. Der Weltgewerkschaftsbund hat inzwischen knapp 100 Millionen Mitglieder.

Oliver Jonischkeit ist Bundessekretär des GLB und vertritt den GLB im WGB