Am Leben gestohlen
- Donnerstag, 16. April 2020 @ 11:26
Anne Rieger über Frauenarbeit in Corona-Zeiten
Mütter, die mit dem Kleinkind am Schoß versuchen, im Home-Office zu arbeiten, sind nur die Spitze des Eisbergs. Die wenigsten haben Schreibtisch mit externem Bildschirm und externer Tastatur zu Hause. Stattdessen wird häufig mit dem Laptop vom Küchentisch oder der Couch gearbeitet – ein ergonomischer Albtraum, der in Rückenschmerzen und Verspannungen endet.
Auf vier zusätzliche Stunden in der Woche kommen Mütter in Heimarbeit. Eine davon widmen sie dem Job, drei der Kinderbetreuung. Das ist keine Erkenntnis der Corona-Situation, sondern einer Studie von 2019. Für Frauen verstärkt sich die Doppelbelastung von Familie und Beruf. „Heimarbeit, die Hölle der kapitalistischen Blutsaugerei“ nannte Rosa Luxemburg das bereits 1914. „Maßlose, zuweilen 36stündige Arbeitszeit, Millionen Überstunden, am physischen und geistigen Leben der Massen gestohlen“.
Heute wird sie als Hort der Flexibilität und Freiheit gehypt. Wie aber sieht es mit Arbeitszeiterfassung und bezahlten Überstunden aus? Frauen mit Kleinkindern arbeiten nachts, weil es tagsüber unmöglich ist. Zudem besteht die Gefahr, dass sich die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in den Familien durch die Krise wieder dauerhaft verstärkt, wenn sich Frau drei, vier, fünf Wochen lang um Haushalt und Kinder kümmert.
Wenig thematisiert werden andere Studien: Quarantäne-Maßnahmen und Reisebeschränkungen führen immer zu einem Mehr an häuslicher Gewalt. In der gegenwärtigen Situation können Frauen nicht einmal Unterschlupf bei Verwandten oder Bekannten suchen und sind oft mit den Tätern in den eigenen vier Wänden eingesperrt. Frauen-Helpline und Polizeinotruf sind nur kleine Auswege.
Die hoch gelobten Systemerhalterinnen – 70 Prozent der Beschäftigten im Lebensmittel-Einzelhandel, bei den Sozialversicherungen, den Krankenhäusern sind weiblich, bei den Elementarpädagoginnen sind es über 90 Prozent – erhalten Lob. Wieviel das mediale Lob den Regierenden materiell wirklich wert ist, sieht man am mageren SWÖ-Abschluss. Den Beschäftigten wurde in der Corona-Zeit gerade mal 2,7 Prozent Lohnerhöhung gewährt. In Zeiten, wo Billa Masken, die man häufig wechseln soll, für ein Euro das Stück verkauft.
Und ausländische 24-Stunden Pflegerinnen sowie Erntehelfer*innen gehören nicht zu den „Lieben Österreicherinnen und Österreicher“ in des Bundeskanzlers täglichem Abendgebet.
Anne Rieger ist Mitglied im Landesvorstand und erweiterten Bundesvorstand des GLB
Mütter, die mit dem Kleinkind am Schoß versuchen, im Home-Office zu arbeiten, sind nur die Spitze des Eisbergs. Die wenigsten haben Schreibtisch mit externem Bildschirm und externer Tastatur zu Hause. Stattdessen wird häufig mit dem Laptop vom Küchentisch oder der Couch gearbeitet – ein ergonomischer Albtraum, der in Rückenschmerzen und Verspannungen endet.
Auf vier zusätzliche Stunden in der Woche kommen Mütter in Heimarbeit. Eine davon widmen sie dem Job, drei der Kinderbetreuung. Das ist keine Erkenntnis der Corona-Situation, sondern einer Studie von 2019. Für Frauen verstärkt sich die Doppelbelastung von Familie und Beruf. „Heimarbeit, die Hölle der kapitalistischen Blutsaugerei“ nannte Rosa Luxemburg das bereits 1914. „Maßlose, zuweilen 36stündige Arbeitszeit, Millionen Überstunden, am physischen und geistigen Leben der Massen gestohlen“.
Heute wird sie als Hort der Flexibilität und Freiheit gehypt. Wie aber sieht es mit Arbeitszeiterfassung und bezahlten Überstunden aus? Frauen mit Kleinkindern arbeiten nachts, weil es tagsüber unmöglich ist. Zudem besteht die Gefahr, dass sich die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in den Familien durch die Krise wieder dauerhaft verstärkt, wenn sich Frau drei, vier, fünf Wochen lang um Haushalt und Kinder kümmert.
Wenig thematisiert werden andere Studien: Quarantäne-Maßnahmen und Reisebeschränkungen führen immer zu einem Mehr an häuslicher Gewalt. In der gegenwärtigen Situation können Frauen nicht einmal Unterschlupf bei Verwandten oder Bekannten suchen und sind oft mit den Tätern in den eigenen vier Wänden eingesperrt. Frauen-Helpline und Polizeinotruf sind nur kleine Auswege.
Die hoch gelobten Systemerhalterinnen – 70 Prozent der Beschäftigten im Lebensmittel-Einzelhandel, bei den Sozialversicherungen, den Krankenhäusern sind weiblich, bei den Elementarpädagoginnen sind es über 90 Prozent – erhalten Lob. Wieviel das mediale Lob den Regierenden materiell wirklich wert ist, sieht man am mageren SWÖ-Abschluss. Den Beschäftigten wurde in der Corona-Zeit gerade mal 2,7 Prozent Lohnerhöhung gewährt. In Zeiten, wo Billa Masken, die man häufig wechseln soll, für ein Euro das Stück verkauft.
Und ausländische 24-Stunden Pflegerinnen sowie Erntehelfer*innen gehören nicht zu den „Lieben Österreicherinnen und Österreicher“ in des Bundeskanzlers täglichem Abendgebet.
Anne Rieger ist Mitglied im Landesvorstand und erweiterten Bundesvorstand des GLB