Corona-Ökonomie tötet
- Montag, 13. April 2020 @ 11:31
Patrick Kaiser über den Sparwahn im Gesundheitswesen
Die Corona-Krise zeigt in den am meisten betroffenen Regionen deutlich: Ein kaputtgespartes Gesundheitswesen bringt Leid und Tod für Patient*innen und auch für das Personal, das diese Menschen trotz systembedingter Mängel mit oft extremen persönlichem Einsatz betreuen muss. Obwohl das Österreichs Spitalwesen ökonomisch krankgeredet wurde bietet es immer noch halbwegs guten Schutz. Jahrelang hat der Rechnungshof die hohe Zahl der Spitalsbetten kritisiert und einen Abbau auf „ökonomische Kennzahlen“ wie in anderen Ländern üblich gefordert. Dies konnte durch kämpferische Initiativen oder aus föderalistischen Gründen eingebremst, wenn auch nicht verhindert werden. Im Zeichen einer weltweiten Virus-Pandemie sehen plötzlich auch politische Entscheidungsträger ein, dass eine für den Notfall vorgehaltene Systeminfrastruktur nicht nur ein Kostenfaktor ist, sondern Leben retten kann.
Bei einer Virusinfektion ist wichtig, nicht in große Behandlungseinheiten wie Notfallambulanzen oder Arztpraxen gehen zu müssen, um Kreuzinfektionen zu vermeiden. Dazu hat der Ärztenotruf bis jetzt große Dienste geleistet. Denn in den Ländern, wo häusliche und patientennahe Versorgung durch Spardiktate nicht mehr existent ist, und alle kranken Menschen in Notaufnahmen strömen, verbreitete sich der Virus eklatant und führte zu einer großen Zahl an Todesfällen.
Wenn eine Infektion bereits erfolgt ist und es darum geht, die Chancen auf das Überleben für Risikogruppen zu erhöhen, sind ausreichend verfügbare Krankenbetten mit genug gut geschultem Personal sowie adäquater Schutzkleidungen (daran mangelt es auch bei uns) notwendig. Bei der Spitzenmedizin darf nicht gespart werden, um besonders schwer betroffene Menschen zu behandeln und deren Leben zu retten. Während Österreich 23,4 Intensivbetten pro 100.000 Bewohner vorhält, liegt diese Zahl in (besonders von Todeszahlen betroffenen) Italien bei 8,66.
Dort musste bis jetzt schon im Normalbetrieb entschieden werden, ob es ein Patient „wert“ ist, Beatmungstherapie zu erhalten. Patient*innen liegen und lagen dort am Gang fast erstickend auf den Stationen, und konnten nur auf die Entscheidung warten, ob für sie eine intensive Betreuung möglich ist.
Nach dem Ausnahmezustand gilt es zu evaluieren: Sparzwang und Ökonomisierung im Gesundheitssystem tötet. In ein paar Monaten wird man hoffentlich sagen können: in Österreich haben wir wahrscheinlich gerade noch die Kurve gekratzt. Aber prinzipiell ist jede*r Tote ein Mensch zu viel, der keine Versorgung haben konnte, weil es sich „finanziell nicht ausging“.
Ein Mangel an Schutzausrüstung für klinisches und außerklinisches Personal darf nicht mehr vorkommen. Der große Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal, der nur durch gute Ausbildung, bessere Bezahlung, höhere Anerkennung und eine deutliche Besserstellung bei den Arbeitsbedingungen gelindert werden kann. Die Ausrichtung des Gesundheitswesens auf ökonomische Kennzahlen kann auch zukünftigen Grippe-Epidemien in keiner Weise begegnen.
Im Verbund mit allen anderen, die derzeit als systemrelevant weiter trotz erhöhtem Ansteckungsrisiko ihrer Lohnarbeit nachgehen dürfen, müssen wir als erstes eine 35-Stundenwoche fordern, nicht viel später eine 30-Stundenwoche, bei vollem Lohnausgleich.
Patrick Kaiser ist GLB-Aktivist und Ersatzmandatar für die „Liste Solidarität“ im KH Nord
Die Corona-Krise zeigt in den am meisten betroffenen Regionen deutlich: Ein kaputtgespartes Gesundheitswesen bringt Leid und Tod für Patient*innen und auch für das Personal, das diese Menschen trotz systembedingter Mängel mit oft extremen persönlichem Einsatz betreuen muss. Obwohl das Österreichs Spitalwesen ökonomisch krankgeredet wurde bietet es immer noch halbwegs guten Schutz. Jahrelang hat der Rechnungshof die hohe Zahl der Spitalsbetten kritisiert und einen Abbau auf „ökonomische Kennzahlen“ wie in anderen Ländern üblich gefordert. Dies konnte durch kämpferische Initiativen oder aus föderalistischen Gründen eingebremst, wenn auch nicht verhindert werden. Im Zeichen einer weltweiten Virus-Pandemie sehen plötzlich auch politische Entscheidungsträger ein, dass eine für den Notfall vorgehaltene Systeminfrastruktur nicht nur ein Kostenfaktor ist, sondern Leben retten kann.
Bei einer Virusinfektion ist wichtig, nicht in große Behandlungseinheiten wie Notfallambulanzen oder Arztpraxen gehen zu müssen, um Kreuzinfektionen zu vermeiden. Dazu hat der Ärztenotruf bis jetzt große Dienste geleistet. Denn in den Ländern, wo häusliche und patientennahe Versorgung durch Spardiktate nicht mehr existent ist, und alle kranken Menschen in Notaufnahmen strömen, verbreitete sich der Virus eklatant und führte zu einer großen Zahl an Todesfällen.
Wenn eine Infektion bereits erfolgt ist und es darum geht, die Chancen auf das Überleben für Risikogruppen zu erhöhen, sind ausreichend verfügbare Krankenbetten mit genug gut geschultem Personal sowie adäquater Schutzkleidungen (daran mangelt es auch bei uns) notwendig. Bei der Spitzenmedizin darf nicht gespart werden, um besonders schwer betroffene Menschen zu behandeln und deren Leben zu retten. Während Österreich 23,4 Intensivbetten pro 100.000 Bewohner vorhält, liegt diese Zahl in (besonders von Todeszahlen betroffenen) Italien bei 8,66.
Dort musste bis jetzt schon im Normalbetrieb entschieden werden, ob es ein Patient „wert“ ist, Beatmungstherapie zu erhalten. Patient*innen liegen und lagen dort am Gang fast erstickend auf den Stationen, und konnten nur auf die Entscheidung warten, ob für sie eine intensive Betreuung möglich ist.
Nach dem Ausnahmezustand gilt es zu evaluieren: Sparzwang und Ökonomisierung im Gesundheitssystem tötet. In ein paar Monaten wird man hoffentlich sagen können: in Österreich haben wir wahrscheinlich gerade noch die Kurve gekratzt. Aber prinzipiell ist jede*r Tote ein Mensch zu viel, der keine Versorgung haben konnte, weil es sich „finanziell nicht ausging“.
Ein Mangel an Schutzausrüstung für klinisches und außerklinisches Personal darf nicht mehr vorkommen. Der große Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal, der nur durch gute Ausbildung, bessere Bezahlung, höhere Anerkennung und eine deutliche Besserstellung bei den Arbeitsbedingungen gelindert werden kann. Die Ausrichtung des Gesundheitswesens auf ökonomische Kennzahlen kann auch zukünftigen Grippe-Epidemien in keiner Weise begegnen.
Im Verbund mit allen anderen, die derzeit als systemrelevant weiter trotz erhöhtem Ansteckungsrisiko ihrer Lohnarbeit nachgehen dürfen, müssen wir als erstes eine 35-Stundenwoche fordern, nicht viel später eine 30-Stundenwoche, bei vollem Lohnausgleich.
Patrick Kaiser ist GLB-Aktivist und Ersatzmandatar für die „Liste Solidarität“ im KH Nord