Pinker Populismus
- Sonntag, 15. Dezember 2019 @ 15:05
Leo Furtlehner über den „Tax Freedom Day“
Alljährlich im August laufen die NEOS zu populistischer Hochform auf. So erklärte auch heuer deren Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn den 5. August zum „Trauertag für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“ (OTS0012, 4.8.2019). Denn erst ab diesem Datum würden die durchschnittlichen Steuerzahler_innen für die eigene Tasche arbeiten.
Das Wehklagen über die angeblich unerträglich hohen Steuern und „Zwangsabgaben“ verdeckt freilich zweierlei: Erstens, dass Steuern und Sozialabgaben das Fundament eines soliden Staatswesens und vor allem eines ausgleichenden Sozialstaates sind. Und zweitens, dass bestimmte Kreise der Gesellschaft – etwa Kapitalgesellschaften oder Millionär_innen – dank niedriger oder gar nicht vorhandener Steuersätze und „Gestaltungsmöglichkeiten“ ihren „Tax Freedom Day“ schon Anfang Jänner begehen.
Sind Steuern schlecht?
Der pinke Populismus suggeriert, dass Steuern und Abgaben schlecht sind und vernebelt damit, dass deren Senkung durch Eigenleistung für Pension, Gesundheit, Bildung etc. ausgeglichen werden müsste und damit Menschen mit geringen Einkommen recht schnell in die Armut getrieben würden.
Die Forderung von NEOS, ÖVP, FPÖ, Industriellenvereinigung & Co. nach Senkung der Abgabenquote auf unter 40 Prozent ist daher ein eiskaltes Crash-Programm gegen den in Jahrzehnten erkämpften Sozialstaat und gleichzeitig ein Blankoscheck zu einer noch stärkeren Umverteilung zu den „oberen Zehntausend“.
Manipulative Berechnung
Berechnet wird der „Tax Freedom Day“ von der unternehmensfreundlichen, aber sozialstaatsfeindliche Lobby-Institution „Austrian Economics Center“ (AEC). Wie die oö Arbeiterkammer dazu klarstellte ist auch die Berechnung dieses Tages fragwürdig (OTS0010, 2.8.2019).
Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, setzt nämlich das AEC die Summe der geleisteten Steuern und Abgaben in Relation zum sogenannten Volkseinkommen, während im internationalen Vergleich üblicherweise das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Bezugsgröße und Basis für die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft herangezogen wird. Da das Volkseinkommen niedriger ist als das BIP, erscheint das prozentuell auf ein Kalenderjahr umgelegte Steuer-Ausmaß relativ hoch und das Datum des „Tax Freedom Day“ wird dadurch künstlich um Monate nach hinten verschoben.
Ein gut ausgebauter Sozialstaat und qualitätsvolle Infrastruktur brauchen eine faire und angemessene Finanzierung. Eine niedrigere Abgabenquote nützt nur privaten Anbietern – vor allem Banken und Versicherungen – und führt zu schlechterer sozialer Absicherung. Den Propagandisten des „Tax Freedom Day“ geht es demnach überhaupt nicht um die Entlastung der Steuerzahler_innen, sondern um den Generalangriff auf den österreichischen Sozialstaat.
Schieflage bei Steuern
Fakt ist, dass die Struktur der Steuern und Abgaben eine große Schieflage aufweist. Während die Lohnabhängigen rund acht von zehn Steuereuros aus Lohnsteuer und Mehrwertsteuer den Löwenanteil des Budgets finanzieren, bleiben Großkonzerne und Millionär_innen steuerlich geschont.
Und von einer Umstellung der Finanzierung des Sozialsystems durch Bemessung der Unternehmerbeiträge nach der Wertschöpfung statt nur nach der Lohnsumme – wie schon in den 1980er Jahren vom damaligen Sozialminister Alfred Dallinger angedacht – will man erst gar nichts hören.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
Alljährlich im August laufen die NEOS zu populistischer Hochform auf. So erklärte auch heuer deren Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn den 5. August zum „Trauertag für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“ (OTS0012, 4.8.2019). Denn erst ab diesem Datum würden die durchschnittlichen Steuerzahler_innen für die eigene Tasche arbeiten.
Das Wehklagen über die angeblich unerträglich hohen Steuern und „Zwangsabgaben“ verdeckt freilich zweierlei: Erstens, dass Steuern und Sozialabgaben das Fundament eines soliden Staatswesens und vor allem eines ausgleichenden Sozialstaates sind. Und zweitens, dass bestimmte Kreise der Gesellschaft – etwa Kapitalgesellschaften oder Millionär_innen – dank niedriger oder gar nicht vorhandener Steuersätze und „Gestaltungsmöglichkeiten“ ihren „Tax Freedom Day“ schon Anfang Jänner begehen.
Sind Steuern schlecht?
Der pinke Populismus suggeriert, dass Steuern und Abgaben schlecht sind und vernebelt damit, dass deren Senkung durch Eigenleistung für Pension, Gesundheit, Bildung etc. ausgeglichen werden müsste und damit Menschen mit geringen Einkommen recht schnell in die Armut getrieben würden.
Die Forderung von NEOS, ÖVP, FPÖ, Industriellenvereinigung & Co. nach Senkung der Abgabenquote auf unter 40 Prozent ist daher ein eiskaltes Crash-Programm gegen den in Jahrzehnten erkämpften Sozialstaat und gleichzeitig ein Blankoscheck zu einer noch stärkeren Umverteilung zu den „oberen Zehntausend“.
Manipulative Berechnung
Berechnet wird der „Tax Freedom Day“ von der unternehmensfreundlichen, aber sozialstaatsfeindliche Lobby-Institution „Austrian Economics Center“ (AEC). Wie die oö Arbeiterkammer dazu klarstellte ist auch die Berechnung dieses Tages fragwürdig (OTS0010, 2.8.2019).
Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, setzt nämlich das AEC die Summe der geleisteten Steuern und Abgaben in Relation zum sogenannten Volkseinkommen, während im internationalen Vergleich üblicherweise das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Bezugsgröße und Basis für die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft herangezogen wird. Da das Volkseinkommen niedriger ist als das BIP, erscheint das prozentuell auf ein Kalenderjahr umgelegte Steuer-Ausmaß relativ hoch und das Datum des „Tax Freedom Day“ wird dadurch künstlich um Monate nach hinten verschoben.
Ein gut ausgebauter Sozialstaat und qualitätsvolle Infrastruktur brauchen eine faire und angemessene Finanzierung. Eine niedrigere Abgabenquote nützt nur privaten Anbietern – vor allem Banken und Versicherungen – und führt zu schlechterer sozialer Absicherung. Den Propagandisten des „Tax Freedom Day“ geht es demnach überhaupt nicht um die Entlastung der Steuerzahler_innen, sondern um den Generalangriff auf den österreichischen Sozialstaat.
Schieflage bei Steuern
Fakt ist, dass die Struktur der Steuern und Abgaben eine große Schieflage aufweist. Während die Lohnabhängigen rund acht von zehn Steuereuros aus Lohnsteuer und Mehrwertsteuer den Löwenanteil des Budgets finanzieren, bleiben Großkonzerne und Millionär_innen steuerlich geschont.
Und von einer Umstellung der Finanzierung des Sozialsystems durch Bemessung der Unternehmerbeiträge nach der Wertschöpfung statt nur nach der Lohnsumme – wie schon in den 1980er Jahren vom damaligen Sozialminister Alfred Dallinger angedacht – will man erst gar nichts hören.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“