Schläger an der Macht
- Dienstag, 10. Dezember 2019 @ 11:28
Eine dringender Buchempfehlung von Franz Fend
„Der großen europäische Umbau kennt zwei Sieger: die Groß- und Finanzindustrie, sowie ein weit rechts stehendes Parteienbiotop, das große Gruppen der subalter¬nen Klassen und kleinbürgerlich Schichten aufsaugt und radikali¬siert. Die einen scheffeln Rekord¬gewinne, die anderen schwin¬delerregende Zuwächse bei den Wahlen.“ Wie bei den meisten Romanen von Erwin Riess, wartet der Protagonist Groll zu Beginn mit einer profunden Einschätzung der politischen Lage auf. Diese fällt, im Unterschied zu früheren Romanen, keineswegs sarkastisch oder gar ironisch aus. Zu sehr hat sich die Lage in Europa gewandelt. Es regieren „zwielichtige Figuren, alerte Blender, rachsüchtige Studi¬enabbrecher, ausgebuffte Halun¬ken und Schlägertypen“, welche mittels Hetze gegen Minderhei¬ten, Hass auf Andersartige, bis zur Hysterie geschürte Ängste sämtli¬che zivilisatorischen Standards und soziale Sicherheiten niederreißen. Vor allem behinderte Menschen, Geflüchtete und Armutsreisenden sind der Gewalt der neuen Herren ausgesetzt.
Vor diesem Hintergrund handelt der neue Roman „Herr Groll und die Donaupiraten.“ Groll sucht im Auftrag von Mister Giordano nach einer Gruppe von Jugendli¬chen, die getarnt als Zirkustruppe aus Europa zu flüchten gezwun¬gen sind. Seine Unterstützung für die Gruppe macht ihn ebenso zu Gejagten. Vom Medien-Mob zu Verbrechern gestempelt, werden sie verfolgt von Polizei, Militär, ungarischen Faschisten, österrei¬chischen Heimwehrlern. Nicht alle überleben die Angriffe des gesun¬den Volksempfindens.
Riess besticht auch in diesem Ro¬man durch eine unglaubliche Fülle von historischen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Fakten, die gekonnt in die Romanhandlung eingeflochten werden. Der neue Riess ist der Roman zu den politi¬schen Verwerfungen, welche Eu¬ropa gegenwärtig erschüttern. Er ist auch ein Roman, der zeigt, dass diese Episode nicht mit ducken und durchtauchen zu bewältigen ist. Denn die Kräfte, die nun das Sagen haben, sind von einem mis¬sionarischen Eifer und einem terminatorischen Furor getrieben.
Erwin Riess: Herr Groll und die Donau¬piraten. Roman, Otto Müller Verlag, Salzburg 2019
(Aus „Café KPÖ“, #61)
„Der großen europäische Umbau kennt zwei Sieger: die Groß- und Finanzindustrie, sowie ein weit rechts stehendes Parteienbiotop, das große Gruppen der subalter¬nen Klassen und kleinbürgerlich Schichten aufsaugt und radikali¬siert. Die einen scheffeln Rekord¬gewinne, die anderen schwin¬delerregende Zuwächse bei den Wahlen.“ Wie bei den meisten Romanen von Erwin Riess, wartet der Protagonist Groll zu Beginn mit einer profunden Einschätzung der politischen Lage auf. Diese fällt, im Unterschied zu früheren Romanen, keineswegs sarkastisch oder gar ironisch aus. Zu sehr hat sich die Lage in Europa gewandelt. Es regieren „zwielichtige Figuren, alerte Blender, rachsüchtige Studi¬enabbrecher, ausgebuffte Halun¬ken und Schlägertypen“, welche mittels Hetze gegen Minderhei¬ten, Hass auf Andersartige, bis zur Hysterie geschürte Ängste sämtli¬che zivilisatorischen Standards und soziale Sicherheiten niederreißen. Vor allem behinderte Menschen, Geflüchtete und Armutsreisenden sind der Gewalt der neuen Herren ausgesetzt.
Vor diesem Hintergrund handelt der neue Roman „Herr Groll und die Donaupiraten.“ Groll sucht im Auftrag von Mister Giordano nach einer Gruppe von Jugendli¬chen, die getarnt als Zirkustruppe aus Europa zu flüchten gezwun¬gen sind. Seine Unterstützung für die Gruppe macht ihn ebenso zu Gejagten. Vom Medien-Mob zu Verbrechern gestempelt, werden sie verfolgt von Polizei, Militär, ungarischen Faschisten, österrei¬chischen Heimwehrlern. Nicht alle überleben die Angriffe des gesun¬den Volksempfindens.
Riess besticht auch in diesem Ro¬man durch eine unglaubliche Fülle von historischen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Fakten, die gekonnt in die Romanhandlung eingeflochten werden. Der neue Riess ist der Roman zu den politi¬schen Verwerfungen, welche Eu¬ropa gegenwärtig erschüttern. Er ist auch ein Roman, der zeigt, dass diese Episode nicht mit ducken und durchtauchen zu bewältigen ist. Denn die Kräfte, die nun das Sagen haben, sind von einem mis¬sionarischen Eifer und einem terminatorischen Furor getrieben.
Erwin Riess: Herr Groll und die Donau¬piraten. Roman, Otto Müller Verlag, Salzburg 2019
(Aus „Café KPÖ“, #61)