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AK-Vollversammlung OÖ am 12.11.2019: Kritik an der Sozialpartnerschaft

  • Dienstag, 12. November 2019 @ 18:00
OÖ
Inhaltlicher Schwerpunkt der 2. Vollversammlung der Arbeiterkammer OÖ am 12. November 2019 war ein Referat von Corinna Milborn zum Thema „Demokratie braucht guten Journalismus“. Die Infochefin von Puls4 zeichnete dabei ein düsteres Bild über den Einfluss der Internetkonzerne Google, Facebook & Co., die heute die TOP5 der globalen Multis sind und möglichst in einem gesetzlosen Raum agieren wollen. In der Debatte dazu wies GLB-Kammerrat Thomas Erlach auf die ökonomische Seite der führenden österreichischen Medien und die Abhängigkeit vom Inseratengeschäft hin und kritisierte Regierungsinserate für Krawallmedien.

AK-Präsident Johann Kalliauer (FSG) erinnerte in seinem Bericht an die Forderungen der AK an die künftige Regierung und nannte als zentrale Themen Verteilung, Steuern, soziale Sicherheit und Pensionsfinanzierung. Scharf kritisierte Kalliauer die Praxis des Arbeitsmarktservice, Arbeitslose per Algorithmus zu kategorisieren sowie die Kassenreform der gescheiterten schwarz-blauen Regierung. Er betonte die hohe Mobilität und Flexibilität der Lohnabhängigen und deren Rolle als größte Steuerzahler, wofür als Gegenleistung soziale Sicherheit verlangt werden dürfe.

In der Diskussion kritisierte Erlach die Wirtschaftshörigkeit der ÖVP. Bestätigt sieht er sich durch Aussagen von Barbara Teiber (GPA-djp) in der Kritik des GLB am Festhalten der FSG an der Sozialpartnerschaft und forderte die Zurückhaltung aufzugeben und stärker zu mobilisieren. Er wandte sich dagegen, dass Klimaschutz für zusätzliche Gewinne auf Kosten der Beschäftigten genutzt werde und forderte Ausbau der Öffis sowie Freifahrt.

Einmal mehr verwies Erlach auf die Misere im Bereich Soziales und Pflege und kritisierte, dass LH Stelzer (ÖVP) weitere Effizienz verlangte. Zu Aussagen des ÖAAB betreffend die Pensionen stellte er klar, dass Gesundheit und Arbeitsbedingungen entscheidend seien, wie lange jemand arbeiten könne. Scharf kritisierte Erlach den Generalverdacht der FP-Gewerkschafter gegen Arbeitslose Leistungen zu missbrauchen.

Von der Vollversammlung wurden 32 Anträge und Resolutionen behandelt. Die Resolution des GLB für eine Vermögensbesteuerung wurde gegen die Stimmen von ÖAAB und FA angenommen, eine Resolution zum Thema Mikroplastik wurde einem Ausschuss zugewiesen, ebenso eine gemeinsam mit der AUGE/UG eingebrachte Resolution für Arbeitsrecht in Berufsschulen.

Schließlich stand das Budget 2020 auf der Tagesordnung das sich fast ausschließlich durch 94 Mio. Euro Kammerumlage finanziert.

Die Anträge des GLB im Wortlaut:

Resolution 1: Soziale Sicherheit durch höhere Besteuerung von Reichtum finanzieren

Laut der neuen OECD-Studie „Risks that Matter Survey“ sehen rund drei Viertel der Österreicher_innen ökonomische und soziale Sicherheit als wichtigen Auftrag für die Politik. Gleichzeitig plädieren mehr als 70 Prozent für eine höhere Besteuerung des Reichtums zur Finanzierung sozialer Sicherheit.

Die laufenden Angriffe auf elementare Leistungen wie etwa die Verschlechterung der Mindestsicherung oder die Infragestellung der Notstandshilfe bedeuten in der Folge verstärkte soziale Unsicherheit. Alle seriösen Untersuchungen zeigen, dass die Konzentration des Reichtums bei einer kleinen Minderheit ständig zunimmt, während die Lebenslage eines großen Teils der Bevölkerung – vor allem durch den massiven Anstieg der Wohnkosten – zunehmend kritisch wird und auch die vielzitierte Mittelschicht unter Druck kommt.

Laut einer Untersuchung haben 27,3 Prozent der Haushalte und 33 Prozent der Frauen keine Ersparnisse und müssen froh sein, wenn am Monatsende kein Minus am Konto steht. Die Pläne für eine neue Steuerreform werden daher daran zu messen sein, ob sie diesen Entwicklungen im Sinne von sozialer Gerechtigkeit nachkommen oder die Schieflastigkeit bei Einkommen, Vermögen und Erbschaften bzw. deren Besteuerung durch Steuerzuckerl für Banken, Konzerne, Vermögende und hohe Einkommen weiter verstärken.

Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich fordert daher die aktuelle sowie die künftige Bundesregierung, insbesondere den Finanzminister, aber auch die Klubs aller Parlamentsparteien auf entsprechend der OECD-Studie „Risks that Matter Survey“ im Sinne sozialer Gerechtigkeit für die rasche Wiedereinführung einer progressiv steigenden Steuer für Vermögen und Erbschaften ab einer Million Euro tätig zu werden.

Resolution 2: Wirksame Maßnahmen gegen Mikroplastik

Weltweit werden jährlich 335 Mio. Tonnen Plastikprodukte (Stand 2016) produziert, pro Minute werden weltweit eine Million Plastikflaschen gekauft. Sechs Milliarden Tonnen Plastikmüll wurde global bislang angehäuft, etwa zehn Millionen Tonnen Plastikmüll landen jährlich in den Ozeanen und geraten im Kreislauf der Nahrungsaufnahme über Meerestiere auch in den menschlichen Organismus. Bis 2050 könnte es dort mehr Plastikteile geben als Fische. Gleichzeitig werden Kunststoffabfälle oft über weite Strecken durch Luftströmungen weltweit verteilt. Durch Abrieb und Erosion entstehen im Laufe der Zeit aus größeren Plastikteilen immer kleinere Bruchstücke.

Neben Verpackungsmaterial aus Plastik stellt Mikroplastik einen wesentlichen Anteil dieser Umweltbelastung. Plastikteilchen in einer Größe von 0,1 Mikrometer bis fünf Millimeter werden gezielt von der Industrie in Zahnpasten, Duschgels, Peelingcremen, Rasierschaum, Lippenstift, Nagellacken etc. als Schleif- oder Trübungsmittel eingesetzt und gelangen über die Kanalisation in die Gewässer und damit schlussendlich über Nahrungsmittel und Getränke auch in die Nahrungskette. Zudem entsteht durch Abrieb und Zerfall aus größeren Plastikteilen sekundäres Mikroplastik und ist mittlerweile in vielen Bereichen der Umwelt nachweisbar. Der Zerfall in immer kleinere Plastikpartikel kann Jahrzehnte dauern. Deshalb ist es wichtig, bereits heute Maßnahmen zum Schutz der Umwelt zu treffen.

In Neuseeland, den USA, Kanada, Großbritannien und Schweden wurde die Verwendung von Mikroplastik oder der Verkauf entsprechender Produkte bereits ganz oder teilweise verboten. Während Österreich beim Verbot von Plastiksackerl ab 2020 zu den Vorreitern gehört beruft man sich bei Mikroplastik auf europäische Lösungen. Aber auch wenn die Vermeidung von Mikroplastik nur einen Teilaspekt des Kampfes gegen den Plastikwahn darstellt gibt es kein schlüssiges Argument, warum Österreich keine eigenständigen Maßnahmen ergreifen sollte.

Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich fordert die aktuelle sowie die künftige Bundesregierung, insbesondere das Umweltministerium auf, rasch wirksame Maßnahmen für die Vermeidung von Mikroplastik zu ergreifen, um die Verbreitung solcher Stoffe über Nahrungsmittel und Getränke in den menschlichen Organismus zu reduzieren bzw. zu verhindern.

Gemeinsame Resolution 1 von AUGE/UG und GLB: Junge ArbeitnehmerInnen zu AkteurInnnen für ihre Rechte machen!

Lehrlinge sind junge Arbeitnehmerinnen, die im Zuge ihrer Ausbildung das für ihren Beruf erforderliche Fachwissen erwerben. Im Rahmen der Lehre werden an den Berufsschulen auch Grundlagen über die Funktionsweise unserer Demokratie und über ihre Rechte als ArbeitnehmerInnen vermittelt. Vom Bildungsministerium erlassene Rahmenlehrpläne sehen diese Information im Fach „politische Bildung“ vor.

So haben die Lehrlinge zumindest einmal davon gehört, dass es ein Arbeitszeitgesetz gibt und Kollektivverträge branchenspezifische Reglungen enthalten. Es wird auch vermittelt, dass es Interessensvertretungen wie die Arbeiterkammer gibt. Der bisherige Umfang ist aber zu wenig.

Als ArbeitnehmerInnen der Zukunft sollen Lehrlinge das Bewusstsein haben, dass sie sich nicht alles gefallen lassen müssen. Neben einer umfassenderen Schulung über ebenfalls relevante Gesetze wie das Urlaubsgesetz, das Arbeitsruhegesetz, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz etc. ist Wissen darüber erstrebenswert wie sie Betriebsratsgremien gründen können, und wer ihre konkreten AnsprechpartnerInnen bei AK und ÖGB sind. Es ist wichtig aus erster Hand zu erfahren, was eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft bedeutet.

Es ist erstrebenswert, dass Lehrlinge in die Lage versetzt werden, dass sie ihre Rechte aktiv einfordern. VertreterInnen von Arbeiterkammer und ÖGB sollen in dem Zusammenhang zur Unterstützung des Lehrpersonals in den Unterricht eingebunden werden. Dazu ist es erforderlich, dass die Stunden für politische Bildung erhöht werden und dass die Rahmenlehrpläne entsprechend geändert werden.

Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich fordert die Bildungsministerin auf den Rahmenlehrplan für Berufsschulen dahingehend zu verändern, dass die Stunden für politische Bildung erhöht werden und sich die Lehrlinge auf Basis einer umfassenderen Rechtskenntnis und unter Mitwirkung von AK und ÖGB, ihre Rechte als ArbeitnehmerInnen besser als bisher wahrnehmen und zu AkteurInnen für ihre Rechte werden können.