Die Austro-Oligarchen
- Montag, 15. Juli 2019 @ 09:15
Leo Furtlehner über die Verfilzung von Kapital und Politik
Das Ibiza-Video mit Ex-FPÖ-Chef Strache in der Hauptrolle war in mehrfacher Hinsicht ein Outing österreichischer Politik: Ein Parteichef, der eine Zeitung verkaufen will, die ihm gar nicht gehört. Der allem Patriotismus zum Trotz das heimische Wasser verscherbeln möchte. Der einem ihm nicht willfährigen Bau-Tycoon öffentliche Aufträge wegnehmen will. Und das alles für ein paar Silberlinge für die Parteikasse.
So nebenbei erwähnte Strache wie die Austro-Magnaten Glock und Benko Parteien sponsern und Novomatic „sowieso alle“ finanziert – was eine Debatte über Finanzierungspraktiken über parteinahe Vereine „am Rechnungshof vorbei“ auslöste. Ibiza hat schlagartig verdeutlicht, wie eng der Filz zwischen Großkapital und Politik ist, wie die Austro-Oligarchen Aufträge an Regierungsparteien erteilen. Aufklärung ist angesagt.
NEOS „sauber“ finanziert
Die NEOS-Chefin Meindl-Reisinger plädierte im Gefolge für absolute Sauberkeit – sie hat aber nichts dagegen, dass Oligarchen Parteien finanzieren. Kein Wunder, finanziert Haselsteiner mit seiner Strabag doch die NEOS – allein von 2012 bis 2017 mit 1,7 Mio. Euro. Dafür sitzt er im ORF-Aufsichtsrat. Und nebenbei sponsert er die Festspiele Erl, ein Kunstforum, die Hilfsorganisation Concordia und anderes mehr. Man gibt sich kulturbeflissen und sozial – zumindest mit Brosamen vom Tisch der Reichen, statt ordentlich Steuern zu zahlen.
Als Oligarchen gelten meist russische und ukrainische Raffkes, die sich Volkseigentum in Milliardenhöhe gekrallt haben und sich heute weltweit in Steuerparadiesen und Luxusressorts tummeln. Mit ihnen gemeinsam haben freilich die – übrigens vielfach mit ihren russischen „Kollegen“ durch verschlungene Geschäfte verfilzten – Austro-Oligarchen, dass keiner von ihnen mit eigener Arbeit milliardenschwer geworden ist. Bestenfalls haben sie geerbt oder eingeheiratet, üblicherweise haben sie spekuliert oder mit dunklen Geschäften ihr Vermögen machten.
Kohle und Gegenleistung
Das gilt auch für den ÖVP-Finanzier Stefan Pierer, mächtiger Boss von KTM, der im Wahlkampf 2017 die türkis gefärbte Kurz-Truppe mit satten 436.563 Euro sponserte. Da wollte sich auch die zum Imperium des steirischen Industriellen Turnauer gehörende ILAG nicht lumpen lassen, sie sponserte die ÖVP 2014 bis 2016 mit 300.000 Euro. Gegenleistung: 12-Stundentag mit 60-Stundenwoche, Senkung der Körperschaftssteuer und was notleidende Industrielle halt so brauchen.
Nahe dem russischen Vorbild sind Aufsteiger wie René Benko, bekanntgeworden durch die Übernahme von Kaufhof und Karstadt in Deutschland, Einstieg bei Kika und Leiner hierzulande und Beteiligung seiner Signa bei der deutschen Funke-Gruppe als Miteigentümer von „Krone“ und „Kurier“. Gemeinsam mit dem Aufsteiger Ronny Pecnik verschaffte er sich über die S-Immo Zugriff auf die Immofinanz und die CA-Immo. Aufmerksamkeit erregte auch der Verkauf von Top-Immobilien der Wirtschaftskammer Wien zum Schnäppchenpreis von 17 Millionen an Benkos Signa.
Lieber im Schatten
Wenig bekannt ist hingegen Johann Schmid, der aber mit 6,7 Mrd. Vermögen auf Platz 3 der Reichsten in Österreich rangiert. Seine Novomatic hat keine Scheu bei allen Parteien abzugrasen, wie laufend Inserate über die „Wohltaten“ des Glücksspielkonzerns und seine kulturellen Aktivitäten beweisen. Zuletzt gelang es ihm Ex-Grünen-Chefin Glawischnig ins Management zu holen. Per Intervention wurde der Wiener Ex-Bezirksrat Peter Sidlo in den Vorstand der Casinos Austria gehievt – Novomatic hat dort als Aktionär ziemlich was zu sagen.
Ebenfalls zur Kategorie Aufsteiger gehört Michael Tojner, in die Schlagzeilen geraten mit dem von rot-grün abgesegneten Heumarkt-Projekt in Wien. Schon vorher hatte er sich die Wohnbaugenossenschaft WBV der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst unter den Nagel gerissen. Aktuell erhebt er Anspruch auf Rechte in der B&C-Stiftung, Eigentümer von Lenzing AG, AMAG und Semperit.
Zahlreiche Beispiele
Die Liste der Oligarchen lässt sich beliebig ergänzen: Etwa Hannes Androsch, einst „Leider-Nein-Milliardär“, dann reich geworden durch die Privatisierung von AT&S und Salinen in Kumpanei mit Raiffeisen. Dietrich Mateschitz, zweitreichster Österreicher, großgeworden durch Red Bull und bekannt dafür, dass sein Servus TV Rechtsextremen eine Bühne bietet. Oder Gaston Glock, der sein Geschäft mit Mordinstrumenten macht, seinerzeit als Intimus von Jörg Haider galt und von 2004 bis 2011 von Schwarz-Blau I in den Aufsichtsrat der Austro-Control gehievt wurde.
Und als Paradefall wohl Frank Stronach, der es höchstpersönlich in der hohen Politik versuchte und 23 Mio. Euro investierte. Er scheiterte jedoch, weil seine Art doch wohl zu plump war und nur politische Abenteurer und Farbwechsler vom Schlage Robert Lugar anlockte. Erfahrene Oligarchen setzen hierzulande doch lieber darauf, ihre Wünsche an die Politik weniger offen zu deponieren. Wozu hat man schließlich Personal.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
Das Ibiza-Video mit Ex-FPÖ-Chef Strache in der Hauptrolle war in mehrfacher Hinsicht ein Outing österreichischer Politik: Ein Parteichef, der eine Zeitung verkaufen will, die ihm gar nicht gehört. Der allem Patriotismus zum Trotz das heimische Wasser verscherbeln möchte. Der einem ihm nicht willfährigen Bau-Tycoon öffentliche Aufträge wegnehmen will. Und das alles für ein paar Silberlinge für die Parteikasse.
So nebenbei erwähnte Strache wie die Austro-Magnaten Glock und Benko Parteien sponsern und Novomatic „sowieso alle“ finanziert – was eine Debatte über Finanzierungspraktiken über parteinahe Vereine „am Rechnungshof vorbei“ auslöste. Ibiza hat schlagartig verdeutlicht, wie eng der Filz zwischen Großkapital und Politik ist, wie die Austro-Oligarchen Aufträge an Regierungsparteien erteilen. Aufklärung ist angesagt.
NEOS „sauber“ finanziert
Die NEOS-Chefin Meindl-Reisinger plädierte im Gefolge für absolute Sauberkeit – sie hat aber nichts dagegen, dass Oligarchen Parteien finanzieren. Kein Wunder, finanziert Haselsteiner mit seiner Strabag doch die NEOS – allein von 2012 bis 2017 mit 1,7 Mio. Euro. Dafür sitzt er im ORF-Aufsichtsrat. Und nebenbei sponsert er die Festspiele Erl, ein Kunstforum, die Hilfsorganisation Concordia und anderes mehr. Man gibt sich kulturbeflissen und sozial – zumindest mit Brosamen vom Tisch der Reichen, statt ordentlich Steuern zu zahlen.
Als Oligarchen gelten meist russische und ukrainische Raffkes, die sich Volkseigentum in Milliardenhöhe gekrallt haben und sich heute weltweit in Steuerparadiesen und Luxusressorts tummeln. Mit ihnen gemeinsam haben freilich die – übrigens vielfach mit ihren russischen „Kollegen“ durch verschlungene Geschäfte verfilzten – Austro-Oligarchen, dass keiner von ihnen mit eigener Arbeit milliardenschwer geworden ist. Bestenfalls haben sie geerbt oder eingeheiratet, üblicherweise haben sie spekuliert oder mit dunklen Geschäften ihr Vermögen machten.
Kohle und Gegenleistung
Das gilt auch für den ÖVP-Finanzier Stefan Pierer, mächtiger Boss von KTM, der im Wahlkampf 2017 die türkis gefärbte Kurz-Truppe mit satten 436.563 Euro sponserte. Da wollte sich auch die zum Imperium des steirischen Industriellen Turnauer gehörende ILAG nicht lumpen lassen, sie sponserte die ÖVP 2014 bis 2016 mit 300.000 Euro. Gegenleistung: 12-Stundentag mit 60-Stundenwoche, Senkung der Körperschaftssteuer und was notleidende Industrielle halt so brauchen.
Nahe dem russischen Vorbild sind Aufsteiger wie René Benko, bekanntgeworden durch die Übernahme von Kaufhof und Karstadt in Deutschland, Einstieg bei Kika und Leiner hierzulande und Beteiligung seiner Signa bei der deutschen Funke-Gruppe als Miteigentümer von „Krone“ und „Kurier“. Gemeinsam mit dem Aufsteiger Ronny Pecnik verschaffte er sich über die S-Immo Zugriff auf die Immofinanz und die CA-Immo. Aufmerksamkeit erregte auch der Verkauf von Top-Immobilien der Wirtschaftskammer Wien zum Schnäppchenpreis von 17 Millionen an Benkos Signa.
Lieber im Schatten
Wenig bekannt ist hingegen Johann Schmid, der aber mit 6,7 Mrd. Vermögen auf Platz 3 der Reichsten in Österreich rangiert. Seine Novomatic hat keine Scheu bei allen Parteien abzugrasen, wie laufend Inserate über die „Wohltaten“ des Glücksspielkonzerns und seine kulturellen Aktivitäten beweisen. Zuletzt gelang es ihm Ex-Grünen-Chefin Glawischnig ins Management zu holen. Per Intervention wurde der Wiener Ex-Bezirksrat Peter Sidlo in den Vorstand der Casinos Austria gehievt – Novomatic hat dort als Aktionär ziemlich was zu sagen.
Ebenfalls zur Kategorie Aufsteiger gehört Michael Tojner, in die Schlagzeilen geraten mit dem von rot-grün abgesegneten Heumarkt-Projekt in Wien. Schon vorher hatte er sich die Wohnbaugenossenschaft WBV der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst unter den Nagel gerissen. Aktuell erhebt er Anspruch auf Rechte in der B&C-Stiftung, Eigentümer von Lenzing AG, AMAG und Semperit.
Zahlreiche Beispiele
Die Liste der Oligarchen lässt sich beliebig ergänzen: Etwa Hannes Androsch, einst „Leider-Nein-Milliardär“, dann reich geworden durch die Privatisierung von AT&S und Salinen in Kumpanei mit Raiffeisen. Dietrich Mateschitz, zweitreichster Österreicher, großgeworden durch Red Bull und bekannt dafür, dass sein Servus TV Rechtsextremen eine Bühne bietet. Oder Gaston Glock, der sein Geschäft mit Mordinstrumenten macht, seinerzeit als Intimus von Jörg Haider galt und von 2004 bis 2011 von Schwarz-Blau I in den Aufsichtsrat der Austro-Control gehievt wurde.
Und als Paradefall wohl Frank Stronach, der es höchstpersönlich in der hohen Politik versuchte und 23 Mio. Euro investierte. Er scheiterte jedoch, weil seine Art doch wohl zu plump war und nur politische Abenteurer und Farbwechsler vom Schlage Robert Lugar anlockte. Erfahrene Oligarchen setzen hierzulande doch lieber darauf, ihre Wünsche an die Politik weniger offen zu deponieren. Wozu hat man schließlich Personal.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“